Lieder eines fahrenden Gesellen, S. 509 ff.
Jonah geht nach Europa. Er schwärmt davon, dort richtig frei sein zu können und nur nach seinem Talent beurteilt zu werden. Zum ersten Mal hat er das Gefühl, nicht kategorisiert zu werden. Er schafft es an die Oper und singt in der Mailänder Scala. Chapeau!
Joey bleibt zurück und weiß zunächst nichts mit sich anzufangen. Er bewirbt sich um verschiedene Stellen als Begleiter, merkt aber, dass er nur Jonah begleiten kann und will. Schließlich geht er nach Atlantic City und wird Barpianist. Um den Anforderungen dieses neuen Jobs gerecht zu werden, beschäftigt er sich mit moderner und schwarzer Musik und entwickelt sein Improvisationstalent fort. Er wird erstmals selbständig - so richtig scheint er seine Profession aber noch nicht gefunden zu haben. Aber es ist ein erster Schritt auf dem Weg der Abnabelung von Jonah.
In der Bar lernt er Teresa kennen und er verliebt sich in sie, auch wenn er es nicht gleich merkt. Sie ist weiß und die beiden müssen das übliche Versteckspiel spielen, weil niemand ihre Beziehung akzeptieren würde.
Ruth und ihr Mann Robert tauchen ohne Vorankündigung bei Joey auf. Sie sind offenbar untergetaucht/auf der Flucht. Joey hilft ihnen soweit er kann, dann verschwinden sie wieder. Der Graben zwischen den Geschwistern scheint wieder kleiner geworden zu sein.
Bei David wird Krebs diagnostiziert. Joey besucht ihn im Krankenhaus und erlebt, wie sein Vater zusehends abbaut und immer weniger wird. Joey schreibt an Ruth und Jonah. Doch die beiden scheinen die Nachricht nicht erhalten zu haben. Es ist Joeys Aufgabe, seinen Vater in den Tod zu begleiten.
Joey fasst sich ein Herz und fragt David, wie es zu dem Bruch mit Delias Familie gekommen ist. David erzählt ihm von dem Streit. Der Streit darum, wie die Stroms ihre Kinder erziehen wollen, war nur ein Teil der Geschichte. Dr. Daley hatte David vorgeworfen, an der Bombe mitgebaut zu haben. Die Bombe habe nur dazu gedient, Farbige zu töten. David verteidigt sich. Er meint unter anderem, dass die Bombe nichts mit schwarz oder weiß zu tun gehabt habe, worauf Dr. Daley behauptet, alles habe mit dieser Frage zu tun - nur Weiße, wie David, verstünden das nicht. An dieser Stelle verweist David darauf, dass er nicht weiß, sondern Jude sei und ebenfalls mit Ausgrenzung zu kämpfen habe und die Juden ebenfalls versklavt und verfolgt worden sind. Daraufhin eskalierte der Streit und Dr. Daley ging. Der Bruch wurde nie überwunden, weil sich beide Seiten im Recht fühlten.
David und Dr. Daley stritten, welches Volk am meisten gelitten habe. Das konnte nur böse enden. Dass auch anderen Leid zugefügt wurde, rechtfertigt das eigene Leid nicht und mindert es auch nicht. Der Hinweis auf das Leid anderer wirkt aber auch wie ein Vorwurf, dass man als Leidender kein Mitgefühl für das Leid anderer habe.
Ich will mir kein Urteil erlauben, ob an dem Vorwurf, die Schwarzen würden nur ihre eigene Diskrimierung sehen, etwas dran ist. Wenn im Einzelfall Diskriminierung empfunden wird, so sollte dem jedenfalls nachgegangen und dies nicht relativiert werden. Man kann sich berechtigter Weise die Frage stellen, ob die Atombombe auch auf andere/europäische Gebiete abgeworfen worden wäre, bspw. Berlin, oder ob die mit dem Abwurf verbundene Machtdemonstration nicht doch leichter fiel, weil ein „fremdartigeres“ Volk betroffen war.