Der erste Satz....

Wandablue

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Schön aussehen und schön schnacken.
Beim ersten Besuch der Schwiegereltern oder Vielleicht-Schwiegereltern zieht man sich eingermassen hübsch an und versucht einen guten ersten Eindruck zu machen. Denn für den ersten Eindruck gibts keine Wiederholungsmöglichkeit. Beim künftigen Arbeitgeber ist es ganz genau so.

Nun hat unser Buch ja schon ein wunderbares Äußere oder, wenn es schon nicht wunderbar ist, dann wenigstens ein charakteristisches (Das Cover. Wir sprachen darüber).

Nun darf der künftige Schwiegersohn oder die potenzielle Schwiegertochter aber auch nicht stumm bleiben. Ob sie oder er oder es mit einem lässigen "Hi Alter" daherkommt oder "Wie schön, Sie kennenzulernen" oder "Ich hab schon viel von dir gehört, wa eh - und nicht viel Gutes war dabei" - äh, ja, das hinterläßt Spuren.

Unser Roman von uns in die Hand genommen, weil sein Äußeres aus irgendwelchen Gründen attraktiv erschien, spricht nun seinen ersten Satz.

„Last night I dreamt I went to Manderley again“. Diesen Satz kennt wohl jeder echte Bibliophile.

Wie steht es denn heute mit den ersten Sätzen? Haben sie ihre Bedeutung verloren, weil es so wenig bedeutsame Roman noch gibt oder so wenig bedeutsame erste Sätze???

In Hard Land von Benedict Wells bekennt der Autor, er hätte seinen ersten Satz gestohlen.
„In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb. “

Seine weibliche Protagonistin K. lernt in der Buchhandlung erste Sätze auswendig und zitiert sie bei passender Gelegenheit. Nachahmenswert?

Dass wir zitierte erste Sätze wiedererkennen und das Zitieren Sinn ergäbe, würde voraussetzen, dass wir alle diesen oder jenen Roman auch gelesen haben.

Mit der Flut der Neuerscheinungen und der Masse der Romane in unserer modernen Zeit, haben erste Sätze es inzwischen schwieriger zu punkten.

Oder?

Der erste Satz, das ist unser Thema. Für jeden, der mitdiskutieren möchte.


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Die Häsin

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"Schließlich gab ich mein neues Leben und die Menschen auf, die mir geholfen hatten, es aufzubauen, und kehrte zurück in die Welt der rätselhaften Spiele und geheimen Systeme, aus der sie mich zuvor befreit hatten."

Poeten der Nacht von Barry McCrae
Das ist übrigens der erste Satz des Prologs. Das erste Kapitel beginnt mit dem Satz: "Aber am Anfang waren da nur Wörter."

Ich glaube, diese beiden Sätze waren damals ausschlaggebend für den Kauf des Buchs.
 

Wandablue

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"Hätte Samuel gewusst, dass seine Mutter weggehen würde, hätte er vielleicht besser aufgepasst, hätte ihr genauer zugehört, sie eingehender beobachtet, sich ein paar wichtige Dinge aufgeschrieben."
aus Geister von Nathan Hill

Erste Sätze können viel bewirken, machen aber auch große Versprechnungen, die eingehalten werden wollen. Ich weiß nicht, wie Schriftsteller arbeiten, aber ich würde, glaube ich, erst ganz zum Schluss des Buches über einen ersten Satz nachdenken wollen.

Ob mich allein ein Cover und ein genialer erster Satz zum Kauf eines Buches animieren könnten.... doch, ich denke schon.
 

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Für mich ist der erste Satz nicht entscheidend. Dafür lese ich viel zuviele Bücher, die mit völlig unverständlichen Prolog-Szenen anfangen (bei Thrillern ist das zum Beispiel große Mode).

Aber ein mitreißender, zündender erster Satz ist auf jeden Fall kein Nachteil für ein Buch.
 

Literaturhexle

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Wenn ich im Laden oder der Bücherei eine neue Lektüre suche, lese ich generell immer rein. Ob es der erste Satz ist oder der erste Absatz/Abschnitt, vermag ich nicht zu sagen. Doch ist er wichtig für mich. Manche Bücher schaffen schon da, eine Atmosphäre zu erzeugen, die mich in ihren Bann zieht...

Benedict Wells hat seinen ersten Satz in Hardland ja nicht umsonst geklaut. Er ist einfach gut und vereinigt zwei schwer kombinierbare Gegensätze: Liebe und Tod.
Herrlich der erste Satz von Anna Karenina:rolleyes:: kennt ihr alle, mit den glücklichen und unglücklichen Familien. Einfach wahr.

Ich würde behaupten, dass Schriftsteller von Rang IMMER auf den ersten Satz achtgeben. Auch weill sie wissen, dass viele Leser es tun. Manche springen mir ins Auge. Die habe ich dann auch in der o.g. Rubrik gepostet.
Die Klassiker verfügen alle über erste Sätze, die neugierig machen. Ich bin gerade meine kleine Dörlemann Ecke durchgegangen: da passt jeder Satz;)
 

Renie

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renies-lesetagebuch.blogspot.de
Tatsächlich fallen mir erste Sätze nur dann auf, wenn sie gut sind (subjektiv betrachtet ;)). Und gut bedeutet für mich, wenn sie sofort meine Aufmerksamkeit und Neugierde geweckt haben. Einen schlechten ersten Satz würde ich nicht als solchen wahrnehmen, also einfach darüber hinweglesen, ohne dass dieser bleibenden Eindruck hinterlässt. Ich würde daher einige gute erste Sätze aus meiner Erinnerung herauskramen können, aber keinen einzigen schlechten. Wobei ich ehrlich sein will: ich kann mich nur an die Bücher erinnern, die einen guten ersten Satz hatten. Diesen müsste ich dann allerdings nachlesen. ;)
 

Die Häsin

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Rhönrand bei Fulda
Zitat von narr.de unter der Überschrift "Spannung und Textverstehen"

„Der Physiker Leonardo Vetra roch brennendes Fleisch, und es war sein eigenes.“ Beim ersten Satz aus dem Bestseller "Illuminati" von Dan Brown reichert der Leser den Text um das zukünftige Ereignis an, dass der Physiker sterben wird. Der Leser ist an den Text gefesselt, bis er weiß, ob die negative Konsequenz eintritt oder nicht.
https://www.narr.de/spannung-und-textverstehen-18155-1/

Meine ältere Tochter hat das Buch damals nach diesen ersten beiden Sätzen weggelegt und gesagt: "Wenn ein Buch schon so anfängt, will ich es nicht lesen." *)

Man kann es anscheinend nicht allen recht machen mit dem ersten Satz. :D

*) Wobei sie durchaus gern Spannungsromane liest, gern phantastische Romane, "mindfuck"-Romane (Parallelwelten, Zeitreisen etc.) und auch History. Nur nicht so reißerisches Zeug.
 

MRO1975

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Der erste Satz ist für mich nur ein Ausscheidekriterium. Ist er richtig schlecht, lege ich das Buch gleich wieder weg. Ist er gut, fällt mir das evtl. positiv auf und ich lese weiter. Aber erinnern kann ich mich an keinen, auch nicht an die vermeintlich richtig guten. ;)