Der Algorithmus macht es, dass du mit musst

Wandablue

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Ich liebe Romane, die über etwas berichten, was in die Zeit passt.

Damit meine ich aber nicht das Politische, das Tagesgeschehen.
Ja, auf die Gefahr hin, dass ich mich unbeliebt mache, die sogenannte Migrantenliteratur habe ich zum jetzigen Zeitpunkt ziemlich über. Obwohl das Problem des Migrantismus momentan wieder aktuell ist, mich gruselt, wenn ich Zeitung lese. Oder Dokus schaue. Oder die News. Deutschland für alle? Was haben wir angerichtet?

Ich meine aber was ganz anderes. Romane wie „Dave“ von Rapheala Edelbauer, die sich mit dem Phänomen der KI beschäftigen. Das Beispiel ist gut, wenngleich natürlich in diesem, meinem Fall, zweischneidig. Weil ich R. Edelbaurers Art, die Dinge anzugehen, nicht so goutiere (ja, überhaupt nicht, um ehrlich zu sein). Sie schreibt überambitioniert und zu manieriert, aber die Richtung stimmt. Sie packt Themen an, die es auf den Punkt bringen. Also zumindest mit „Dave“ hat sie es getan. Ihr Erstling „Das flüssige Land“ war eine Art Geschichtsaufarbeitung.

Ich möchte etwas über die Gegenwart lesen. Und über die Zukunft. Und über Zustände. Über die Entwicklung des Verkehrs, der Umwelt. Oder auch, wohin es wohl mit der digitalen Welt steuert. Da ist Vieles schon Gegenwart, was als Science Fiction angedacht war. Verkehrsmässig wird das Auto über kurz oder lang als Personentransportmittel abgeschafft - da bin ich hundertprozentig sicher. Wir werden China und fahren Rad. Das ist nicht das Schlechteste. Die Oma im Süden besuchen? Kein Problem. Eine mehrtägige Radtour auf autofreien Velobahnen. Das fluppt. Welche Partei will das? Die wähle ich!

Einer meiner Lieblingsautoren ist Dave Eggers. Er macht genau das, was ich lesen will. Er schreibt über etwas Bedeutsames. Zeitgemäßes. Zugegeben, er ist nicht hoch literarisch. Wenngleich nicht so trivial wie Andreas Eschbach, dessen Romane ich lesen würde, wenn sie eine Spur besser geschrieben wären und nicht von Allgemeinplätzen triefen würden. Sorry, Andreas, ist so.

In Every, einer Art Fortsetzung von Circle, schreibt Eggers über die Monopolstellungen eines Digitalen Rundumversorgungsnetzes, Every. It s amazing, people.
Ich lache über Everyphones, über "Thoughts statt Things“, einer sehr bedenklichen Vernichtungsanlage, die alles, was es gibt, vernichtet, aber zuerst scannt, damit man es mit einem 3D-Drucker jederzeit wieder nachmachen k ö n n t e – über die 40erBande, die alles entscheidet und dgl. mehr. Die Phantasie des Autors ist grandios. Schon allein der Klappentext des Buches ist lustig. Endlich mokiert sich jemand mal über diese scheußlichen Klappentexte.

Dave Eggers wird oft missverstanden. Denn Figurenzeichnungen und Charaktere aufzubauen ist nicht seine Absicht. Seine Figuren sind Schablonen. Muster, die etwas aufzeigen. (Er kann auch Charakter, was er mit „Josie“ zeigte und mit „Zeitoun“).

Na ja, so was meine ich. Dave Eggers ist natürlich nicht der einzige. Wer hält uns einen Spiegel vor und zeigt, wo es hingeht? Oder redet zumindest über eine bedeutsame Entwicklung dieser Welt. Dieter Nuhr tut das auch. Ich lach mich schief über ihn. Oder lachte. Leider gilt auch hier; früher war er besser.

Und überhaupt, wo gehts hin? Wir bekommen ja nicht einmal ein Tempolimit und ich habe den Eindruck, dass die Grünen sich von der FDP ganz schön über den Tisch haben ziehen lassen. Warum eigentlich? Die FDP hat lächerlich wenige Prozente und tritt auf wie wie wie - ach mir fehlen die Worte dafür. Graf Rotz.

Also wo gehts hin?
Redet mit. Phantasiert. Wünscht. Und das eine oder andere Buch, das sich mit der Thematik befasst, habt ihr sicherlich auch beizusteuern.

Eure Donnerstagswanda
Buchinformationen und Rezensionen zu Every von Dave Eggers
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Helmut Pöll

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Einer meiner Lieblingsautoren ist Dave Eggers. Er macht genau das, was ich lesen will. Er schreibt über etwas Bedeutsames. Zeitgemäßes. Zugegeben, er ist nicht hoch literarisch.
Da bin ich völlig bei Dir. Eggers hat mit "Circle" sehr treffend die Allmacht von Konzernen wie Google thematisiert, wenn auch nicht sehr literarisch. Ich denke das will er bei diesen Themen auch nicht, sondern setzt auf eine möglichst leichte Verständlichkeit.
Also wo gehts hin?
Vermutlich geht es in eine Richtung, die McEwan in "Maschinen wie ich" beschrieben hat. Es wird immer mehr "hilfreiche" Tools geben. Der Haushalts- oder Pflegeroboter wird kommen, ebenso wie die selbstfahrende Transportkapsel. Der Preis dafür ist vielleicht eine - pardon - schleichende Verblödung.
 

ulrikerabe

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Dave Eggers wird oft missverstanden. Denn Figurenzeichnungen und Charaktere aufzubauen ist nicht seine Absicht. Seine Figuren sind Schablonen. Muster, die etwas aufzeigen. (Er kann auch Charakter, was er mit „Josie“ zeigte und mit „Zeitoun“).
Ich bin dann wohl eine, die Dave Eggers missversteht. Ich fand The Circle so langweilig. Google hat unsere Daten, Facebook auch?! Ich war entsetzt, aufgerüttelt, hätte ich nicht gedacht..... :D
 

Wandablue

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Ich bin dann wohl eine, die Dave Eggers missversteht. Ich fand The Circle so langweilig. Google hat unsere Daten, Facebook auch?! Ich war entsetzt, aufgerüttelt, hätte ich nicht gedacht..... :D
Das darfst du (*großmütigbin*). Da ist aber so viel Wortwitz gewesen. ich kann mich besonders an eine Szene erinnern recht vorne: da war Mae am Bildschirm. Alles klar. Kannte sie. Dann kam ein Monitor dazu. Ok, eine Herausforderung. Sie konnte immer noch denken. Dann noch ein Monitor und noch einer. Etc. Plötzlich war kein Raum mehr für eigene Gedanken. //Das zum Bsp fand ich ziemlich gut in Szene gesetzt.
 
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Naibenak

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Ich persönlich bin da komplett anders positioniert. Migration ist DAS Thema, das mich sehr umtreibt und beschäftigt. Nicht (nur), weil es ständig überall etwas darüber zu lesen gibt, sondern weil es die Gegenwart ist, die Zukunft und ein Zustand (um es mal mit deinen Worten zu benennen) ;) Klar gibt es genug andere Themen, um die man sich "kümmern" kann und muss. Dies hier gehört meiner Meinung nach aber absolut zu den wichtigen und aufklärungsbedürftigen... Gerade lese ich eine Lektüre, die mich wieder einmal erschauern und fast schon weinen lässt. Es ist für uns hier im "bequemen" Westeuropa kaum vorstellbar, unter welch krassen, menschenunwürdigen, dramatischen, lebensbedrohlichen Zuständen bspw die afrikanischen Nachbarn leben müssen. Es sei denn sie fliehen. Oder sie werden exekutiert. Sie haben genau diese Wahl. Es ist entsetzlich... Und deshalb wird Migration immer an der Tagesordnung stehen. Und ich finde es sehr wichtig, dass viele Menschen drüber schreiben. Gern auch mal positive Berichte von geglückter Migration, denn die wird es doch sicher auch mal geben ;) Diese Lektüre hier lese ich in dem Zusammenhang;

Buchinformationen und Rezensionen zu Gott ist nicht schüchtern: Roman von Olga Grjasnowa
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Von Dave Eggers hab ich viel gehört, oft Gutes, aber gelesen habe ich ihn bis heute nicht... allerdings subbt nach wie vor

Buchinformationen und Rezensionen zu Der Circle: Roman von Dave Eggers
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bei mir :cool:
 

Christian1977

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8. Oktober 2021
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Hm! Zu DAVE (nicht Eggers, sondern der edelbäuerliche) hatte ich ja gerade schon erwähnt, dass mich der Roman enttäuscht hat. Thematisch stimme ich dir aber zu, KI und Zukunftsthemen allgemein sollten in der Literatur einen größeren Raum einnehmen. Ian McEwan hat das ja auch nur so mittelmäßig hinbekommen.

Dave (Eggers, nicht der edelbäuerliche) war in "The Circle" recht unterhaltsam, aber ich mochte die ganzen Klischees nicht, und die Figuren gingen mir regelrecht auf den... Den Nachfolger werde ich wohl nicht lesen. Dafür steht bei mir im Regal noch dieser hier, den ich schändlicherweise immer noch nicht gelesen habe, obwohl der Film so hinreißend war:

Dave Eggers - Bei den wilden Kerlen (wird hier nicht angezeigt)

Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.

Beeindruckt hat mich zuletzt in diesem Bereich aber


Genial umgesetzt und gleichzeitig so berührend.

Außerdem fand ich einen Selfpublisher-Titel aus dem Jugendbuchbereich einfach nur toll:


Beim Thema "Migration" stimme ich nicht mit dir überein. Ich denke, gegenwärtig ist es zurecht eines der am häufigsten verwendeten Topics der Gegenwartsliteratur. Gerade da so viele Menschen auf der Flucht sind wie nie zuvor...
 

Wandablue

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18. September 2019
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Beim Thema "Migration" stimme ich nicht mit dir überein. Ich denke, gegenwärtig ist es zurecht eines der am häufigsten verwendeten Topics der Gegenwartsliteratur. Gerade da so viele Menschen auf der Flucht sind wie nie zuvor...
Ich habe auch nicht gesagt, dass es nicht wichtig ist, sondern, dass ich momentan genug davon habe, weil .. ich schon so vieles davon gelesen habe.
 

Literaturhexle

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Ich habe auch nicht gesagt, dass es nicht wichtig ist, sondern, dass ich momentan genug davon habe, weil .. ich schon so vieles davon gelesen habe.
Ja, das hast du wirklich! Und nur weniges davon hast du uns ans Herz legen können - also innerlich aus vollem Herzen...
Manches fandst du eben wichtig wie dieses Identititti...

Es mag wichtig sein und Horizonte eröffnen. Mir ist es zu trostlos. Ich stehe dazu, dass mich Migrationsliteratur spontan eher abschreckt, auch wenn mir im Einzelfall etwas entgehen sollte. Dasselbe gilt für die KI. Weil´s hier alle so gut fanden, habe ich mir

Buchinformationen und Rezensionen zu Maschinen wie ich von Ian McEwan
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ausgeliehen und gelesen. Ganz interessant, aber nicht meins. Beide Themen sind so entsetzlich beklemmend, ohne dass man am Grundzustand etwas ändern könnte. Tut mir leid, dass ich da nicht richtig ins Plaudern komme:(
 

Naibenak

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Ich habe auch nicht gesagt, dass es nicht wichtig ist, sondern, dass ich momentan genug davon habe, weil .. ich schon so vieles davon gelesen habe.
Ja das stimmt :) Und genau dies ist bei mir etwas anders. Aber liegt vielleicht ja auch einfach nur daran, dass ich nicht so sehr viel lese und deshalb noch nicht so gesättigt bin :D Allerdings glaube ich nicht, dass ich es jemals wäre...
 

Die Häsin

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Ich trage als am Thema nur mäßig Interessierte den Klassiker zum Thema KI bei:

Leider konnten wir zu diesem Buch keine Daten ermitteln.

Asimov, der Erfinder der drei Robotergesetze:
1. Ein Roboter darf keinem Menschen Schaden an Leben und Gesundheit zufügen.
2. Ein Roboter muss menschlichen Befehlen gehorchen, sofern Regel 1 dem nicht entgegensteht.
3. Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, sofern Regel 1 und 2 dem nicht entgegenstehen.
(aus dem Gedächtnis zitiert)

Wieviel trotz dieser drei einleuchtenden und lückenlos erscheinenden Regeln immer noch schiefgehen kann, bewies Asimov eindrücklich, ich habe viel Spaß gehabt (habe diese Geschichten in den Siebzigern gelesen).
Im übrigen sind Asimovs Roboter nicht durchgehend intelligent, manche sind sogar ziemlich doof. Aber die intelligenten richten mehr Schaden an als die doofen.
 

Literaturhexle

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Immerhin haben wir gerade einen (Arbeits-) Migrationsroman gemeinsam gelesen und mochten ihn beide. ;)
Ja, man muss aufpassen. Ich würde auch sagen, dass ich diesen ganzen Identitätskram nicht brauche...
Aber es fällt heute soviel unter das Schlagwort "Identität", dass ich mir die Frühjahrsvorschauen kaum anschauen müsste, wenn ich konsequent ausschließen würde...
 

ulrikerabe

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Ich würde auch sagen, dass ich diesen ganzen Identitätskram nicht brauche...
Ich würde sagen, dass es sehr viel gibt, was "wir" in einer weißen bildungsaffinen neurotypischen hetero Cis Gesellschaft nicht brauchen. (Ich sage ja auch, dass ich keine Bücher über "ggogle/amazon/fb...ist böse" Literatur brauche, um darüber nachzudenken) ;)

Der "Kram" ist wichtig um aus Minderheit Normalität zu machen. Ich finde das Angebot an Literatur gut und wichtig dazu. Zum Glück haben wir die Freiheit darüber zu schreiben und zu lesen, was und wieviel wir wollen.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Minderheiten werden aber trotzdem immer Minderheiten bleiben. Es fragt sich auch, wieviel Raum eine Minderheit einnehmen sollte, soviel wie die Mehrheit?

Davon ganz abgesehen, interessieren mich eben auch noch andere Sachen. Zum Beispiel die Verkehrsentwicklung. Oder die Warenbestellung. Oder der Massentourismus.

Natürlich ist Kling auch Klamauk. Aber er zeigt auch in amüsanter Weise auf, wohin es gehen könnte, wenn wir nicht entgegensteuern. Außerdem finde ich das Känguru spitze.
 

ulrikerabe

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Minderheiten werden aber trotzdem immer Minderheiten bleiben. Es fragt sich auch, wieviel Raum eine Minderheit einnehmen sollte, soviel wie die Mehrheit?
Ich glaube hier muss man unterscheiden, ist der Status ein selbstgewählter oder nicht. Selbstverständlich müssen Menschen, die einer Minderheit angehören, weil sie es sich nicht aussuchen können, mit welcher Hautfarbe, körperlichen oder psychischen Beeinträchtigung, sexueller oder geschlechtlicher Orientierung sie leben, gleich zu behandeln sind wie die sogenannte Mehrheit. Aber ich denke, das sind wir sowieso d'accord.
 

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