Buch und Autor

Anjuta

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Was macht das Lesen über den Gefängnisalltag von Sam Millar erträglich für mich? (Auch ohne Tee, @apple) Ich habe mich das beim Lesen oft gefragt, denn wenn man sich zwischendurch ein Bild des Erzählten vor Augen führt, wird es wirklich unerträglich. Ich denke, es ist diese ironische Haltung gegenüber dem britischen System, aus dem die unverrückbare Gewissheit zu sprechen scheint, dass die Iren eben doch im Recht und die Guten sind. Da kann man das Treiben von "Lizzy Windsor" und ihren Chargen anscheinend irgendwie ertragen, sogar für viele Jahre nackt im Gefängnis unter ständiger Folter und Angst. So jedenfalls habe ich Sam Millars Irlandteil des Buches gelesen (der USA-Teil wird dann komplett anders von Ton und Haltung her).
Erbauliches Lesen wünscht
Anjuta
 

apple

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@Anjuta, das klingt so entsetzlich (und alles unter dem Mantel der Justiz), das man/frau Herrn Millar größten Respekt entgegenbringen muss.
war das, was er im Interview angedeutet hat, tatsächlich nur die Spitze des Eisbergs? jahrelang nackt im Gefängnis? nie wissen, welche Brutalität als nächstes kommt?
Herrje, das klingt für mich nicht so, als ob ich es ohne Tee schaffen könnte (= legale Droge aller NordNorddeutschen und natürlich aller Friesen).

Was ich gelesen habe ist sehr eindringlich, sehr päsent, also verdrängen könnte ich da nichts, der Mann schreibt gut: unter die Haut und mitten ins Herz.
 
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Anjuta

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Liebe @apple, Das Grauen ist bei Sam Millars Lesern sicher unabwendbar. Vor allem wenn wir uns klarmachen: das passierte wirklich vor gar nicht sooo langer Zeit ( in meiner Lebenszeit) mitten in unserer europäischen Heimat. Da muss wohl jeder Leser seine Mechanismen des Aushaltenkönnens anwenden. Tee ist auch für mich als eher Mittel Norddeutsche ein wirklich gutes Mittel. Aber viel interessanter ist für mich, wie er selber das durchhalten konnte. Und da ist für mich diese Haltung der ironischen Überheblichkeit das wirklich Interessante und literarisch und zeitgeschichtlich Wertvolle des Buches.
Aus diesem Grund ist mein Fazit über den Amerikateil des Buches dann auch eher zurückhaltender. Der ließ mich recht unbeeeindruckt zurück.
Liebe Grüße Anjuta
 
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apple

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liebe @Anjuta, willkommen im Club der Teetrinker als Mittel der Wahl (der Club steht selbstverständlich auch MittelNordDeutschen offen und allen anderen auch ;-)

interessant dein Hinweis, dass Ironie, gepaart mit Überheblichkeit hilfreich sind, Schlimmes zu ertragen und sogar zu überstehen. In der Psychologie gilt Humor (in welcher Form auch immer) als einer der wichtigsten Faktoren für Resilienz, der Fähigkeit sich nach Schicksalsschlägen wieder zu "berappeln".
Diese Art des bissigen/lakonischen/überhöhten Humors wird den Iren ja gern nachgesagt - dass man nämlich nicht nur trinkfest sein sollte, wenn man mit ihnen zu tun hat, sondern auch was einstecken können sollte und zwar auf allen Ebenen ...
 
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Anjuta

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Liebe @apple,
danke für deine interessante Interpretation aus Sicht der Psychologie.
Schöne Lektüre und Teetrinken wünsche ich dir für diesen grauen Sonntag.
Anjuta
 
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