Ich habe mir den Artikel der ZEIT gerade nochmal durchgelesen und bin über diesen Satz gestolpert, der doch viel über die aktuelle Situation aussagt.
[zitat]Die Geschichte von Amazon ist eine uramerikanische Geschichte: Ein paar Jungs haben sich im Jahr 1994 in einer Garage in Seattle etwas ausgedacht, das zuvor noch niemand vermisst hat und auf das jetzt niemand mehr verzichten kann.[/zitat]
Das ist interessant. Irgendwie fröhlich flapsig. Irgendwie despektierlich. Und irgendwie stimmt es auch. Aber das Auto hat vor seiner Erfindung auch niemand vermisst. Das Mobiltelefon auch nicht. Den Kerspintomografen auch nicht, ebensowenig wie die Teflonpfanne, den Kühlschrank, den elektischen Strom, den Funkwecker und den Herzschrittmacher. Und ich kann mir schwer vorstellen, dass 1830 jemand sagte: schad, dass es das Flugzeug noch nicht gibt, sonst könnt I jetzt schnell nach New York fliegn.
In manchen Kreisen ist es ja schick Amerikaner für doof zu halten, irgendwie. Man lässt sie kopfschüttelnd machen, so wie man auch kleine Kinder gönnerhaft gewähren lässt. Manchmal machen sie was kaputt, aber dann lachen wir und so schlimm ist das, was sie angerichtet haben, dann meist doch nicht. Sie sind freundlich, umtriebig, trauen sich was, brauchen nicht für alles einen Arbeitskreis und ein Gremium, sondern probieren frecherweise einfach aus, aber irgendwie bleiben sie doch auf eine bemitleidenswerte Art unkultiviert.
Das war OK, solange sie nur auf den Mond geflogen sind und uns die Teflonpfanne beschert haben, aber jetzt wollen sie uns ans Eingemachte und an die Wäsche, sprich an die Kultur. Und niemand steht so sehr genau dafür wie Amazon. Amazon zeigt sich begeistert, weil man mit Kultur genauso schön Geld verdienen kann wie mit einem Dreierpack Tennissocken. Amerikaner halt. Hierzulande war Kultur immer in erster Linie Kultur, also mit dem Touch der Heiligkeit, fast so Ehrfurcht gebietend wie das Grabtuch von Turin. Kräftig Geld verdienen wollte man hierzulande damit zwar auch, aber eher heimlich, natürlich nicht so naiv offenherzig wie die Amerikaner und immer mit dem Nebensatz "dass es in erster Linie selbstverständlich nicht ums Geld gehe" als Ass im Ärmel.
Gehe ich auf die Zeit online" dann fällt mir zunächst einmal die grässliche Werbund für Singlesuche über 40 und die Suche nach Probanten zwecks einer Studie für die Heilung von Lymhom auf. Grässlich, wie sehr ist doch "die Zeit" abgewrackt.
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In diese Niederungen wollten sie bestimmt nie,
@Bernd Stephanny