Brauchen wir Amazon?

supportadmin

Administrator
29. Oktober 2013
2.548
2.666
49
Das fragt Iris Radisch, die Literatur-Journalistin und Ressortleiterin Feuilleton bei DIE ZEIT.

Die Interviewten waren 20 namhafte Publizisten und Autoren wie Günter Wallraff, Roger Willemsen und Jonathan Franzen.

Diplomatisch gibt sich beispielsweise Willemsen auf die Frage "Was halten Sie von den Nachrichten über die Arbeitsbedingungen bei Amazon?" Seine Antwort: "Sie sollen kapitalistisch sein, höre ich."

Gewohnt differenziert gibt sich auch Büchner-Preis-Trägerin Sibylle Lewitscharoff.
"Ich wünsche diesem entsetzlichen Monopolisten den Untergang."

Alles in allem ein sehr interessanter Artikel.
http://www.zeit.de/2014/30/buchhandel-amazon-autoren
 

Maycroft

Mitglied
19. Mai 2014
151
74
24
41
RLP
Was mir wieder sauer aufstößt und das habe ich in einem anderen Beitrag hier schon geschrieben: es geht wieder nur in die Richtung wie böse Amazon doch ist, aber und ich sage es gerne noch mal es macht sich keiner Gedanken darum was man selbst falsch macht.

Diese verdammte Engstirnigkeit der verantwortlichen ist einfach zum kotzen und noch mehr der Medien die sich noch nicht mal die mühe machen etwas zu recherchieren.

Fakt ist doch Thalia hat in der Vergangenheit massiv versucht die Konkurrenz zu zerstören, sie haben ihre Marktmacht ausgenutzt um die Verlage massiv zu erpressen.

Weltbild hat gerade vor kurzem 1/4 glaub ich seiner Belegschaft vor die Tür gesetzt, weil das Management scheiße gebaut hat.

Bertelsmann schließt seine komplette Buchclub Sparte, die Mitarbeiter werden entlassen.

Statt sich hinzustellen und zu sagen "Wir haben und machen noch Fehler und das müssen wir beheben" kommt "schaut was Amazon macht, die machen uns kaputt, die behandeln ihre Mitarbeiter schlecht und setzen die Verlage unter druck"

Es ist echt ein erbärmliches Bild was die Branche da abgibt.
 

Maycroft

Mitglied
19. Mai 2014
151
74
24
41
RLP
Diese Interviews zeigen aber auch wo die Probleme sind, wie z.B. @Elke Bergsma und einige andere Autoren schreiben, haben sie vom System nie eine Chance bekommen und ich glaube das liegt auch ein Teil des Hasses gegen Amazon begraben, früher konnten sich die Verlage wie Götter durch die Lande bewegen, Buchhandlungen wie Thalia konnten utopische Preise verlangen damit überhaupt ein Buch den Weg zu den Kunden findet usw usw.

Einigen wird es nicht so wirklich gefallen das sie nicht mehr die große Macht haben wie sie es gewöhnt waren...
 
  • Like
Reaktionen: Helmut Pöll

Dani

Neues Mitglied
24. Februar 2015
24
17
4
38
Krefeld, Germany
www.blog-und-stift.de
Wenn ich das dann noch mal ausgraben darf ... es ist auch nicht leicht, in der Verlagswelt ein Bein auf den Boden zu kriegen. Ich war ja mit meinem Thriller schon bei zwei Literaturagenturen - die erste habe ich schweren Herzens verlassen müssen, weil die Agentin erkrankt war. Die zweite habe ich verlassen, als die Zusammenarbeit stark nachließ, kaum daß die Verlage nicht sofort und unmittelbar angebissen hatten.
In dieser Zeit habe ich aber wahnsinnig viel gelernt und ja, Verlage und Buchhändler und alles - das ist wirklich ein System. Entweder man funktioniert konform oder man gehört eben nicht dazu. Und ich kann mir schon vorstellen, daß Amazon diesem Konglomerat quer kommt, denn jetzt ändern sich Dinge.
Zum Glück - für Autoren wie für Leser. Denn so bekommen Leser tolle, andere, frische Dinge zu lesen, an die die Verlage sich sonst vielleicht nie rangetraut hätten. Bei meiner Profilerin z.B. wurde kritisiert, daß ihr Privatleben zu langweilig wäre ... klar, sie ist jetzt eben nicht der x-te Ermittler mit Alkohol- und Scheidungsproblemen. Was ist? Die Leser sind froh, daß sie mal was anderes auf den Reader oder ins Regal bekommen.
Ich verfolge die Diskussionen um Amazon interessiert und finde es erschreckend, wie unreflektiert die Mainstreammedien da draufhauen. Natürlich ist bei Amazon nicht alles super, aber daß die anderen auch keine Heiligen sind, wurde ja hier schon gesagt ...
 
  • Like
Reaktionen: Matthias Töpfer

Helmut Pöll

Moderator
Teammitglied
9. Dezember 2013
6.575
11.113
49
München
Diese Interviews zeigen aber auch wo die Probleme sind, wie z.B. @Elke Bergsma und einige andere Autoren schreiben, haben sie vom System nie eine Chance bekommen und ich glaube das liegt auch ein Teil des Hasses gegen Amazon begraben, früher konnten sich die Verlage wie Götter durch die Lande bewegen, Buchhandlungen wie Thalia konnten utopische Preise verlangen damit überhaupt ein Buch den Weg zu den Kunden findet usw usw.

Einigen wird es nicht so wirklich gefallen das sie nicht mehr die große Macht haben wie sie es gewöhnt waren...
Ja, da ist schon was Wahres dran, @Maycroft , und das was @Dani oder @Elke Bergsma sagen, das kann ich leider aus eigener Erfahrung nur bestätigen.
Der Buchmarkt war lange Zeit ein ins sich geschlossenes System, in dem es kaum Veränderungen gab, während rundherum sich durch die technische Weiterentwicklung alles änderte. Ob bei Banken oder in Reisebüros, viele mussten umdenken, nur die Buchbranche schien gegen diese Veränderungen gefeit zu sein. Klar verkaufte Amazon auch gedruckte Bücher, aber irgendwie war das nur ein grosser Distributor mehr.
Richtig geändert hat sich die Welt für die Buchbranche mit dem E-Book, weil jetzt plötzlich keine Millionen-Investitionen nötig waren um Bücher auf den Markt zu bringen. Das stellt alles auf den Kopf. Vielleicht ist der Ärger der Buchbranche auf Amazon vergleichbar mit dem Ärger, den die Kalligraphen damals auf Gutenberg empfunden haben. Aber auch das wäre etwas kurzsichtig, denn Amazon hat im Grunde ja keine bahnbrechenden Erfindungen gemacht, sondern nur Neuentwicklungen früh und konsequent genutzt. Vielleicht kommt diese Wut also teilweise auch aus der Einsicht selber manche Entwicklungen zu lange belächelt und letztlich verschlafen zu haben.
 
  • Like
Reaktionen: Atalante

Dani

Neues Mitglied
24. Februar 2015
24
17
4
38
Krefeld, Germany
www.blog-und-stift.de
Ich bin nicht mal sicher, ob die Branche überhaupt schon so weit ist. Teilweise mit Sicherheit - bis Ende letzten Jahres habe ich bei einem Startup gearbeitet, das den Verlagen in Sachen Discoverability auf die Sprünge helfen und sie ins neue Zeitalter begleiten wollte. Da habe ich auch einen tiefen Einblick gewonnen und festgestellt: Über einen Kamm scheren kann man die auch nicht. Einer meiner Chefs sagte immer, das E-Book wird so als Tabubruch empfunden, wie es wohl seinerzeit das Taschenbuch wurde. Das war mir nun wieder neu, ich bin ja mit Taschenbüchern groß geworden ... aber die waren wohl anfangs auch verpönt und haben sich dann doch irgendwann etabliert. Und da wird das E-Book auch nicht aufzuhalten sein.
 

Helmut Pöll

Moderator
Teammitglied
9. Dezember 2013
6.575
11.113
49
München
Einer meiner Chefs sagte immer, das E-Book wird so als Tabubruch empfunden, wie es wohl seinerzeit das Taschenbuch wurde. Das war mir nun wieder neu, ich bin ja mit Taschenbüchern groß geworden ... aber die waren wohl anfangs auch verpönt und haben sich dann doch irgendwann etabliert. Und da wird das E-Book auch nicht aufzuhalten sein.
Das mit dem Taschenbuch war mir auch neu @Dani . Nein, das E-Book wird sich nicht aufhalten lassen, weil es einfach viel zu viele Leute als sehr praktisch ansehen. Ich denke auch dass das E-Book eher das taschenbuch ersetzen wird.
 

Dani

Neues Mitglied
24. Februar 2015
24
17
4
38
Krefeld, Germany
www.blog-und-stift.de
Vermutlich, in den USA ist man da ja auch schon viel weiter. Ich find E-Books super, nur tausche ich mit meiner Mutter und Freunden immer Bücher hin und her und da kriegt man mit E-Books ja schon mal gern Probleme. Wär schön, wenn sich das mal geben würde ... und wenn E-Books hierzulande nicht so lächerlich teuer wären. Die von den Verlagen jedenfalls.
Als Selfpublisher benutze ich jedenfalls kein DRM auf meine E-Books, ich will meine ehrlichen Kunden nicht nerven.
 

Atalante

Aktives Mitglied
20. März 2014
859
1.095
44
atalantes.de
Für Kindle gibt es doch jetzt die Möglichkeit eines Familienaccounts.

Ich finde das Bashing gegen Amazon auch sehr undifferenziert.

Da ich in der Provinz lebe, kaufe ich schon seit Jahrzehnten Bücher auch bei Amazon. Klar, wir haben hier sogar eine kleine Buchhandlung, doch deren Sortiment entspricht nicht meinen Lesevorlieben. Also muss ich dort bestellen, was ich in letzter Zeit auch bisweilen mache. Allerdings weiß ich aus erster Hand, daß gerne weiter erzählt wird, was der eine oder andere so liest. Das finde ich nicht gut.

Mein Sohn hat in seiner Pubertät unheimlich viel gelesen, den Stoff hat er sich bei Amazon geordert. Ich glaube kaum, daß er in dieser Lebensphase zur Buchhandlung geschlurft wäre, schon gar nicht hätte er zuvor dort seine Bestellung telefonisch aufgegeben.

Englische Literatur im Original konnte der Laden vor Ort nur zu überteuerten Preisen anbieten.

Und meine beste Anekdote ist der Kommentar zu einer Nachfrage, ob der neue Genazino schon vorhanden wäre. O-Ton: "Ach, der italienische Heilige."

Natürlich gibt es auch Läden mit einen ansprechenden Sortiment, ausgewählt von kompetenten Buchhändlern und auch hier vor Ort hat sich seit einiger Zeit manches verbessert, aber Amazon verteufele ich deswegen doch nicht.

Auch die Haltung der Verlage finde ich interessant. Manche möchten unbedingt, daß ich eine Rezension nicht nur auf meinem Blog veröffentliche, sondern auch bei Amazon einstelle. Andere fragen, ob ich nicht lieber auf einen Buchhändler in meiner Gegend verlinken möchte. Tja,:rolleyes:
 

Helmut Pöll

Moderator
Teammitglied
9. Dezember 2013
6.575
11.113
49
München
atürlich gibt es auch Läden mit einen ansprechenden Sortiment, ausgewählt von kompetenten Buchhändlern und auch hier vor Ort hat sich seit einiger Zeit manches verbessert, aber Amazon verteufele ich deswegen doch nicht.
Das sehe ich ganz genauso, @Atalante . Vor allen Dingen finde ich an dieser Diskussion interessant, dass oft so getan wird, als ob die Veränderungen in der Buchbranche von den Aktivitäten dieser einen großen Firma abhingen. Mit anderen Worten: gäbe es Amazon nicht oder könnten wir die über Nacht wegzaubern, dann wäre alles wie vorher und gut. Aber das ist doch nicht so.
Selbst wenn sich Jeff Bezos sensationell verspekulieren und alles in den Graben fahren würde: was sich doch nicht zurückdrehen lässt ist die technische Entwicklung, die Möglichkeit E-Books zu produzieren, über schnele Internet-Verindungen zu verbreiten und auf einer Vielzahl von Geräten zu lesen.
 

Marley

Autor
7. Oktober 2014
626
840
44
Melbourne
Das E-Book als Tabubruch wie damals die Taschenbuchausgaben - amüsiert mich, diese Aussage. Lesen ist zum Glück keine Frage des Einkommens mehr. Und so soll es sein und auch bleiben!
 
  • Like
Reaktionen: Aljana

Maycroft

Mitglied
19. Mai 2014
151
74
24
41
RLP
Das sehe ich ganz genauso, @Atalante . Vor allen Dingen finde ich an dieser Diskussion interessant, dass oft so getan wird, als ob die Veränderungen in der Buchbranche von den Aktivitäten dieser einen großen Firma abhingen. Mit anderen Worten: gäbe es Amazon nicht oder könnten wir die über Nacht wegzaubern, dann wäre alles wie vorher und gut. Aber das ist doch nicht so.
Selbst wenn sich Jeff Bezos sensationell verspekulieren und alles in den Graben fahren würde: was sich doch nicht zurückdrehen lässt ist die technische Entwicklung, die Möglichkeit E-Books zu produzieren, über schnele Internet-Verindungen zu verbreiten und auf einer Vielzahl von Geräten zu lesen.

Tja sie werden halt praktisch gezwungen zu reagieren, gerade vor kurzem hab ich eine Pressemitteilung gelesen das Thalia eine Autorenplattform plant, da dacht ich mir auch "ach ne kommt ihr jetzt auch mal drauf".

Ich hab in letzter Zeit mit einigen Indiautoren geredet und die allgemein Meinung war, "Amazon behandelt uns gut und bezahlt uns gut" über die Konkurrenz hatte niemand eine besonders positive Meinung, von unfreundlicher Behandlung, über schlechtem Service und Unterstützung bis hin zur miserablen Bezahlung gab es alles, da wundert es nicht weiter das die meisten Autoren bei Amazon sind.
 
R

ReiGeHe

Gast
Es war schon immer ein Fehler, Konkurrenten nicht ernst zu nehmen. Langfristig wird nicht derjenige Erfolg haben, der über den Wettberber schimpft, sondern derjenige, der sich die Frage stellt: Was muss ich tun, um den gleichen Erfolg zu haben, oder besser zu sein, als mein Konkurrent.
 

Bernd Stephanny

Neues Mitglied
7. Mai 2015
9
18
4
71
Die genannten Autoren brauchen Amazon sicher nicht, oder nur am Rande, weil ihre Verlage dadurch eine zusätzlich Geldquelle entdeckt haben. Dafür spricht schließlich Frau Kampas Aussage: An Amazon kommen wir nicht vorbei .

Gehe ich auf die Zeit online" dann fällt mir zunächst einmal die grässliche Werbund für Singlesuche über 40 und die Suche nach Probanten zwecks einer Studie für die Heilung von Lymhom auf. Grässlich, wie sehr ist doch "die Zeit" abgewrackt.

Der Internetversandhändler diktiert der Welt niemals die Regeln, nach denen Bücher gelesen, geschrieben und publiziert werden, das machen immer noch Leser und Autoren, aber die Zeitautorin, möchte das gerne nach dem Prinzip: Jeder Aufhänger ist besser, wie gar keiner, rüberbringen.
.
 
  • Like
Reaktionen: ReiGeHe

InFo

Autor
9. August 2015
498
628
44
www.andreashagemann.com
Vielleicht fehlt mir hier die Erfahrung, wie kann sich denn Amazon im Service von anderen Anbietern unterscheiden? Meint ihr das in Bezug auf die Distribution von "Papierbüchern" oder in der Erstellung von eBooks?

Ich denke, wir können froh sein, dass es Amazon gibt. Selbst große Verlage setzen unglaubliche Mengen mit Amazon um. Sie wären dumm diesen Kanal zu ignoriere. Abgesehen davon gibt es keine Plattform, auf der Bewertungen von Literatur so gepflegt werden. Ohne diese würde ich bei buch.de, buecher.de oder anderswo ins Fettnäpfchen greifen. Als Indi Autor muss ich gestehen, ist mir der Absatzkanal egal, solange ich meine zugesicherte Marge auch erhalte. Und das wird auch bei den "Großen" nicht anders sein, woher also die Kritik? Und bei der Erreichbarkeit gibt es zu Amazon keine Alternative. Darüber hinaus liefern sie doppelt so schnell wie andere. Was allerdings nicht bedeutet, dass ich die Arbeitspraktiken von Amazon gutheiße. Deutsche Verlage zu zwingen ihre Bücher auf eigene Kosten nach Polen zu schicken, um bei Streiks in Deutschland lieferfähig zu sein, ist sicher keine Glanzleistung.
 

Helmut Pöll

Moderator
Teammitglied
9. Dezember 2013
6.575
11.113
49
München
Ich habe mir den Artikel der ZEIT gerade nochmal durchgelesen und bin über diesen Satz gestolpert, der doch viel über die aktuelle Situation aussagt.
[zitat]Die Geschichte von Amazon ist eine uramerikanische Geschichte: Ein paar Jungs haben sich im Jahr 1994 in einer Garage in Seattle etwas ausgedacht, das zuvor noch niemand vermisst hat und auf das jetzt niemand mehr verzichten kann.[/zitat]
Das ist interessant. Irgendwie fröhlich flapsig. Irgendwie despektierlich. Und irgendwie stimmt es auch. Aber das Auto hat vor seiner Erfindung auch niemand vermisst. Das Mobiltelefon auch nicht. Den Kerspintomografen auch nicht, ebensowenig wie die Teflonpfanne, den Kühlschrank, den elektischen Strom, den Funkwecker und den Herzschrittmacher. Und ich kann mir schwer vorstellen, dass 1830 jemand sagte: schad, dass es das Flugzeug noch nicht gibt, sonst könnt I jetzt schnell nach New York fliegn.

In manchen Kreisen ist es ja schick Amerikaner für doof zu halten, irgendwie. Man lässt sie kopfschüttelnd machen, so wie man auch kleine Kinder gönnerhaft gewähren lässt. Manchmal machen sie was kaputt, aber dann lachen wir und so schlimm ist das, was sie angerichtet haben, dann meist doch nicht. Sie sind freundlich, umtriebig, trauen sich was, brauchen nicht für alles einen Arbeitskreis und ein Gremium, sondern probieren frecherweise einfach aus, aber irgendwie bleiben sie doch auf eine bemitleidenswerte Art unkultiviert.

Das war OK, solange sie nur auf den Mond geflogen sind und uns die Teflonpfanne beschert haben, aber jetzt wollen sie uns ans Eingemachte und an die Wäsche, sprich an die Kultur. Und niemand steht so sehr genau dafür wie Amazon. Amazon zeigt sich begeistert, weil man mit Kultur genauso schön Geld verdienen kann wie mit einem Dreierpack Tennissocken. Amerikaner halt. Hierzulande war Kultur immer in erster Linie Kultur, also mit dem Touch der Heiligkeit, fast so Ehrfurcht gebietend wie das Grabtuch von Turin. Kräftig Geld verdienen wollte man hierzulande damit zwar auch, aber eher heimlich, natürlich nicht so naiv offenherzig wie die Amerikaner und immer mit dem Nebensatz "dass es in erster Linie selbstverständlich nicht ums Geld gehe" als Ass im Ärmel.

Gehe ich auf die Zeit online" dann fällt mir zunächst einmal die grässliche Werbund für Singlesuche über 40 und die Suche nach Probanten zwecks einer Studie für die Heilung von Lymhom auf. Grässlich, wie sehr ist doch "die Zeit" abgewrackt.
.
In diese Niederungen wollten sie bestimmt nie, @Bernd Stephanny
 

Marley

Autor
7. Oktober 2014
626
840
44
Melbourne
Also vor vielen Jahren (bevor er zum Hassobjekt wurde) habe ich mal gelesen (ich bin mir sicher in einem Printbuch über erfolgreiche Personen und deren Denkweise), dass er eigentlich - ich glaube mit seiner Frau - IRGENDEIN Internetgeschäft aufziehen wollte. Da kamen ihm Bücher in den Sinn. Er hat dann ziemlich schnell Freunde mit einspannen müssen, da knieten sie alle in seiner Garage und packten Ware ein, ihm selbst war bis dahin gar nicht die Idee gekommen Packtische zu organisieren haha, das hatte wohl ein Freund oder Bekannter vorgeschlagen. Also alles recht naiv angegangen. Das wird so leider nicht mehr erwähnt. Ich finde es jedoch wichtig. Und zwar deshalb, weil er nicht auszog, um den Buchhandel umzustrukturieren, sondern es sich eher so ergeben hat.
Das ist auch das, was ich persönlich sehr spannend finde, weil ich grundsätzlich am Unternehmergeist interessiert bin. Ebenso, dass bei Amazon die Abteilungsleiter häufiger rotieren. Aus dem Grund, dass das was einer vielleicht vorher abgelehnt hat (um sich selbst und seine eigene Abteilung zu schützen und es sich für die nächsten 20 Jahre gemütlich macht), jetzt plötzlich von der anderen Seite her (andere Perspektive) verteidigt werden muss. Frisch bleiben, innovativ sein, das ist grundsätzlich etwas was ich bewundere. Mut zum Risiko und eine Vision haben - komme was wolle.

Irgendwann haben die alteingesessenen Verleger auch mal Visionen gehabt. Und dann sind sie eingeschlafen, weil es so kuschelig im Sessel hinterm Schreibtisch war. Vergessen wird dabei gerne, es ging nie um Kultur, es ging um schnödes Geld.

Wer Entwicklungen verschlafen hat braucht jetzt auch nicht zu meckern. Ich kenne das von einigen großen Ladenketteninhabern, die nichts mit Büchern zu tun haben, von Australien her. Die haben alle geschlafen was Internet angeht und nun jammern sie und möchten den Kunden möglichst staatlich verbieten lassen in Amerika zu kaufen, weil sie einfach zu lange auf echte Geschäftsräume gesetzt haben.
 

Bernd Stephanny

Neues Mitglied
7. Mai 2015
9
18
4
71
Also bitte, nur weil Iris Radisch es auch getan hat, muss sie das nicht in der Form bekunden, dass Amazon ein gefährlicher Gigant sei. Wenn ja, dann sind das der Autohersteller mit dem Stern und und die größte deutsche Bank auch, ganz abgesehen von Münchens größtem Fußballverein.
Natürlich hat sich das Interview wiedermal auf namhafte Autoren beschränkt. Wer liest schon ein Statement von Herrn Schnorzkiporzki, oder Frau Lassmiranda, welche beide als sogenannte Indies bei Amazon verlegen und manchmal schlecht, aber auch manchmal recht gut verkaufen.
Dabei muten die Antworten dieser von Frau Radisch so ernannten repräsentativen Autoren recht grotesk und sowas von nichtssagend an.
Die sind ja schon im Pool der Großen und müssen allenfalls mal Angst bekommen, wenn sie ein zwei Flops hinwerfen, die fast keine Sau kauft.
Ich wollte die mal sehen, ob sie dann auch nicht selber zu Amazon wechseln, um wenigstens einige Euros zu scheffeln, wenn kein Verlag sie mehr haben will.

Ich bin kein Freund der Amazon-Politik. Ich bin auch kein Freund der Indie-Masche. Aber Amazon bietet eine reelle betriebswirtschaftliche Plattform. Früher oder später trennt sich auch da die Spreu vom Weizen, wie man jetzt schon erkennen kann. Da bleiben auch bei Amazon nur noch die guten Autoren übrig.
Das Amazon so ist wie er (es ) ist, liegt daran, dass sie keine Konkurrenz haben und die Buchbranche sich immer noch uneins ist.
 
  • Like
Reaktionen: Helmut Pöll