9. Leseabschnitt: Kapitel XLI bis Ende (Seite 929 bis 738)

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich bin in Kapitel 43 und möchte heute zum Ende kommen, weil morgen die neue Leserunde beginnt (mit einem echten Kontrastprogramm, hehe ....).

Leverkühns Ehepläne sind gescheitert - wie, nach dem Teufelspakt, zu erwarten war. Nicht nur das, er hat auch seinen Freund verloren, der für ihn den Brautwerber machen sollte. (Dass Leverkühn ausgerechnet den äußerst gutaussehenden, charmanten Rudolf zu der Angebetenen schickte, hat allerdings ein Gschmäckle. Und man fragt sich, ob da Absicht dahintersteckte - ob er sich nicht klar darüber war, dass er dadurch womöglich eine Ehe stiftet - und ob das nicht sein eigentlicher Plan war? Er muss doch, so wie der ganze Roman aufgebaut ist, gewusst haben, dass die Ehe nichts für ihn ist.)

Das gehört eigentlich in den vorherigen LA - glaube ich ...? - deshalb in Klammern. Ich hab mal eine Frage an die, die etwas langsamer lesen oder ein besseres Gedächtnis haben als ich. @tinderness macht ja ein Päuschen ....
Also, ich frage mich ganz prosaisch, wovon Leverkühn eigentlich lebt.
Er verweigert Dirigiertätigkeit, überhaupt Auftreten in der Öffentlichkeit. Das gehört zu seinem Charakter, er sagte es ja schon als Jugendlicher. Also bleibt ihm keine Einkommensquelle als die Tantiemen für seine Musikwerke. Kann man davon leben?
Man kann ja zum Beispiel auch vom Schriftstellern nicht leben, es sei denn, man schreibt Bestseller wie vom Fließband - und selbst Bestsellerautoren treten in der Öffentlichkeit auf, schreiben Drehbücher oder üben beratende Tätigkeiten aus.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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So, außer mir ist zwar gerade niemand da, aber ich vermelde, habe fertig.

Meine Vermutung oder Spekulation, dass Leverkühn seinen Freund extra deshalb auf "Brautwerbung" geschickt hat, damit dieser selbst die angepeilte "Braut" heiraten möge, war richtig. Er sagt es am Ende selbst.

Er sagt am Ende selbst noch so einiges, was - wegen der äußerst artifizellen, wie aus der Zeit gefallenen Sprache - teils schwer verständlich teils gruselig-komisch wirkt, und vollends gruselig ist es, wie die zu diesem Monolog geladenen Gäste einer nach dem anderen den Raum verlassen. Erzählkunst wie von einem anderen Stern.

Ich muss nochmal im "Zauberer" nachlesen, wie Thomas Manns Beziehung zu seinem Enkel - wie hieß er noch? Fridolin? - eigentlich war. Der soll ja das Vorbild zu Nepomuk gewesen sein. Dieser Nepomuk kommt mir sehr merkwürdig vor - wer weiß, wie der geworden wäre, hätte er Gelegenheit gehabt, erwachsen zu werden. Dass zum Beispiel ein fünfjähriges Kind von sich selbst in der dritten Person spricht, das finde ich recht eigenartig. Thomas Mann muss sich mit kleinen Kindern ausgekannt haben - nehme ich mal an aufgrund seiner Familiengeschichte -, er hat diesen Akzent bestimmt ganz bewusst gesetzt, ebenso wie den Spitznamen Echo.

(Persönliche Schlussbemerkung: es wird mir ab morgen bös auf die Füße fallen, dass ich nun in eine Krimileserunde komme. Passt gerade gar nicht so recht ...
Auf jeden Fall werde ich mit meiner geplanten Lektüre der Erählungen von TM weitermachen.)
 

Die Häsin

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In dem biographischen Roman "Der Zauberer" von Colm Tóibín gibt es eine kleine Szene über die "Vision", die Thomas Mann in Italien gehabt haben soll. Bei Wiki heißt es, diese Vision sei Inspiration für die Begegnung mit dem Teufel gewesen. Im "Zauberer" nimmt die Stelle leider nur wenige Sätze ein. Thomas Mann besichtigte ein Kunstwerk aus dem 2. Jhdt v.Chr. und gewann während dieser Besichtigung einen klaren Plan von seinem ersten Roman "Die Buddenbrooks", von dem er sich bis dahin nur verschwommene Vorstellungen gemacht hatte.

Frido Mann, das Vorbild für "Echo", ist natürlich nicht gestorben - ich habe online ein Interview mit ihm gefunden, das aus 2021 datiert. Als Thomas Mann seiner Familie die Sterbekapitel vorlas, ist er naturgemäß auf Befremden gestoßen; aber man war dergleichen natürlich gewohnt. Schon in den "Buddenbrooks" hat Mann Leute aus seiner eigenen Familie porträtiert. Der Bericht, den Tóibín von dieser Szene gibt, ist eher verhalten.
 
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9. Mai 2020
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Wow! Was für ein Ende! @Die Häsin hat nicht zuviel versprochen. Ihren Ansporn habe ich es zu verdanken, dass ich gestern den letzten LA in einem Rutsch las.

Selten hats mich so gegruselt und gleichzeitig getrauert (um Nepomuk). Das muss ich erst einmal sacken lassen.

Ich werds auch auf keinen Fall nacherzählen, denn das ist eindeutig das Sahnehäubchen auf dem schwer verdaulichen Höllenritt, durch den TM uns da schickt.
 
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Also, ich frage mich ganz prosaisch, wovon Leverkühn eigentlich lebt.
Er verweigert Dirigiertätigkeit, überhaupt Auftreten in der Öffentlichkeit.

Ich bin davon ausgegangen, dass ihm Geld aus Familienvermögen zur Verfügung stand und auch die Gönnerin (Tolna o.s.ä.) ihm nicht allein zur Seite stand. Er hat ja nun kein ausschweifendes Leben geführt und ich denke, dass so mancher Aufenthalt außerhalb seines Wohnsitzes umsonst zur Verfügung stand, da die Leute sich mit Leverkühn einfach schmücken wollten.
Aber TM lässt sich nicht weiter darüber aus, das stimmt!
 
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Es gibt wohl verschiedene Ausgaben dieses Werks und anscheinend besitze ich nicht dieses
Ruprecht Wimmer verdanken wir den konzisen Abriss dieser komplizierten Wirkungsgeschichte, einen Apparat mit textkritischen Hinweisen und zahlreichen Sachinformationen sowie den Abdruck sämtlicher durch Selbstzensur geopferten Passagen.
 

Die Häsin

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Ich nicht, leider. Ich wollte unbedingt eine gebundene Ausgabe haben und habe mir eine antiquarisch gekauft. Sie ist recht hübsch, aber so alt, dass die Seiten Tendenz zum Einreißen haben, wenn ich meine Bookdarts setze, da muss ich schon sehr vorsichtig sein.
Ich habe das Buch daher weiterhin auf meiner Liste, die ich immer bereithalte, wenn ich an Antiquariaten vorbeikomme.
 
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Manchmal hilft auch Wiki. Ich fand es zum Beispiel interessant zu wissen, dass "Capercailzie" engl. Auerhahn bedeutet, da Leverkühn am Schluss den Teufel selbst "Auerhahn" oder "Awerhahn" nennt.
 
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