Der 7. LA ist für mich ein absoluter Lesehöhepunkt. Es fängt schon an mit einer Einstimmung der so unbekannt bleibenden Ich-Erzählerin, die uns deutlich macht, worum es in diesem Roman geht, ohne uns über das Thema belehren und aufklären zu wollen: grandios: S. 507:
[zitat]Tugend und Laster waren Schuß und Kette unseres frühesten Bewusstseins, und sie werden das Gewebe unseres letzten bilden, ungeachtet aller Veränderungen, die wir Feld, Fluß und Berg auferlegen, aller Wandlungen von Wirtschaft und Lebensweise. [/zitat]
Das Thema von dem guten und dem schlechten Kern in jedem Menschen zieht sich streng und konsistent tatsächlich durch diesen ganzen Roman, ohne dass der Autor uns aber mit der Nase drauf stößt. Nein: das macht hier die Weltliteratur aus, mit der wir es zu tun haben. Wir lesen Landschaftsbeschreibungen, schauen dem Treiben der Menschen zu beim Lesen und immer kreist es um dieses Thema, mag der Autor sich auch scheinbar noch so weit von ihm entfernen. Es bleibt im Fokus, ohne aufdringlich zu werden!!!
Ein ganz großartiges Kapitel ist dann auch das Vater-Sohn-Gespräch zwischen Adam und Caleb (S. 550 ff.).
Ich bekomme den Eindruck, der Autor kennt seine Helden tatsächlich. Und so schildert er sie uns in unterschiedlichen Situationen, die zum Teil unwichtig erscheinen und zur Handlung nicht viel beitragen. Aber weit gefehlt: der Autor ist sich bei all diesen Szenen bewusst, dass er damit auch jeweils ein kleines Mosaiksteinchen des Charakters seiner Helden an die Leser vermitteln kann. Mosaiksteinchen aber, die nicht er selbst für uns zusammensetzt, sondern mit denen er den Leser seine eigenen Schlüsse ziehen lässt. Und so kreisen wir in der Lektüre im Sog von Gut und Böse, von Tugend und Laster und wissen nie so genau, auf welcher Seite wir selber stehen und uns bewegen.