7. Leseabschnitt: Sechstes Buch - Die Witwe und die Ehefrau (S. 707 - 843)

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Da ich jetzt Leseabschnitt 7 und 8 in einem "Rutsch" - passend heute ;) - gelesen habe, hier das Wichtigste aus dem 6.Buch.

Die Witwe ist Doro, die inzwischen wieder Lowick Manor bezogen hat und die trotz Versuch Mrs. Cadwalladers sie zu einer neuen Ehe zu überreden, fest entschlossen ist, nicht mehr zu heiraten.
Auch die Arbeit ihres Mannes wird sie liegen lassen, symbolisch verschließt sie seine "Synoptische Tabelle" mit einer persönlichen Bemerkung in einen Umschlag - es ist wie eine Befreiung für sie, da sie endlich zugegeben kann, dass sie Zweifel an seiner Arbeit hegt:
" Siehst du jetzt nicht, dass ich meine Seele nicht der deinen unterwerfen konnte, indem ich ohne Hoffnung etwas bearbeite, woran ich nicht recht glaube?" (715)
Währenddessen beschließt Will, der noch nichts von dem Kodizill weiß, nach London zu gehen, um dort sein Glück zu versuchen und verabschiedet sich von Doro, ohne sich zu offenbaren.
Allerdings deutet die Erzählerin an, dass sich Doro in ihn verliebt hat. Doro liebkost das Bild von Wills Großmutter.
"Damals wusste sie noch nicht, dass es Amor war, dem sie ihr Lebewohl entgegenschluchzte..." (726) - da scheint noch etwas zu kommen. Doch ihre Zukunftspläne sehen erst einmal anderes vor: "Ich würde gern ein großes Stück Land kaufen, es trockenlegen und darauf eine kleine Siedlung errichten lassen, wo jeder arbeiten und gute Arbeit leisten soll." (730)
Gibt es Faust-Kenner unter uns? Für mich ist das ein klarer Bezug zu Fausts Utopie am Ende von Teil II, kurz bevor er stirbt, das aber nur am Rande ;)
Eine weitere Entwicklung ist die neue Stellung Fred Vincys, der Assistent von Caleb Garth wird. Ein glücklicher Zufall sorgt dafür, dass er Mr. Garth wegen eines Streits um die Eisenbahn beiseite steht und so ergibt sich alles Weitere. Es ist die Chance für Fred, sich zu beweisen und sich der Liebe Marys als würdig zu erweisen. Lediglich Mrs. Garth muss noch überzeugt werden ;)
Die Erzählerin deutet voraus, dass es zwei Möglichkeiten der Entwicklung gibt: "Was würde sich als die bessere Voraussicht offenbaren - ihr nüchternes Denken oder Calebs begeisterte Großzügigkeit?" (749)
Auch sein Vater ist noch nicht überzeugt von dieser neuen Anstellung, jedoch heimlich durchaus stolz auf seinen Sohn. Fred ist inzwischen auch von Mrs. Garth darauf aufmerksam gemacht worden, dass Mr. Farebrother ebenfalls Gefallen an Mary hat und ist eifersüchtig, obwohl diese ihre Entscheidung für ihn längst gefällt hat, allerdings muss er sich erst beweisen - da bleibt sie eisern.
Mit der Ehefrau ist Rosamond gemeint, deren teurer Lebensstil gemeinsam mit den Ausgaben für Haus und Möbel Lydgate in finanzielle Probleme stürzt. Es wird deutlich, dass sie sich nicht mehr leisten können, so weiterzumachen wie bisher.
In den folgenden Kapiteln bzw. in den Auseinandersetzungen zwischen Rosamond und Tertius wird deutlich, dass er ihr zwar unmissverständlich deutlich macht, dass es so nicht weitergehen kann, dies aber an ihr abzuprallen scheint. Ihre Gleichgültigkeit, ihre Passivität gepaart mit ihren Tränen führen dazu, dass Lydgate "keine Macht" (775) über sie hat. Die Ehe kühlt sich zunehmend ab, er zeigt zwar Zärtlichkeiten, ist aber wütend auf sie, während sie sich untadelig verhält, aber nicht bereit ist, ihren Lebensstil aufzugeben.
"Doch Lydgate konnte nicht verhindern, dass er mit Grauen auf die unvermeidlichen künftigen Diskussionen über Ausgaben und die Notwendigkeit eines vollständigen Wandels in ihrem Lebensstil blickte." (792)
Währenddessen erfährt endlich auch Will, der immer noch nicht abgereist ist, von Rosamond die Verfügung Casaubons. Bevor er Doro ein letztes Mal (?) trifft, spricht ihn auf einer Auktion Raffles an und erkundigt sich nach seiner Mutter, die von ihrem "Stiefvater", also Bulstrode, um ihr Erbe betrogen wurde.
Es kristallisiert sich heraus, dass Bulstrode die Witwe eines Pfandleihers, der in illegale Geschäfte verwickelt war, von denen Bulstrode gewusst hat, geheiratet hat. Zuvor sollte deren Tochter, die der Familie den Rücken gekehrt hatte, gefunden werden. Sie wurde ausfindig gemacht, allerdings wusste außer Bulstrode nur Raffles davon, der dafür bezahlt worden ist, dass er schweigt. Und jetzt ist er wieder da, um Bulstrode zu erpressen, der vor allem fürchtet, seinen Reputation und gesellschaftlichen Status zu verlieren. Aus dem Grund will er Will gegenüber alles wieder gut machen, er scheint zu bereuen, doch Ladislaw ist stolz und will sein Geld nicht mehr.
Das letzte Kapitel widmet sich der Witwe und dem Abschied zwischen Doro und Will, das letztlich von Unausgesprochenem beherrscht wird. Zumindest Doro weiß am Ende des Gespräches, dass er sie liebt.
"Der Kummer war vertrieben, da sie zum ersten Mal spürte, dass sie liebte und dass sie geliebt wurde." (841)
Will hingegen bleibt im Ungewissen, denn er ist sich sicher, sie würde ihrem Ehemann niemals trotzen.
 

ElisabethBulitta

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8. November 2018
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Gibt es Faust-Kenner unter uns? Für mich ist das ein klarer Bezug zu Fausts Utopie am Ende von Teil II, kurz bevor er stirbt, das aber nur am Rande

Bin ich nicht, aber danke für den Hinweis!

Also ich muss schon sagen: Dieser Abschnitt mit einer Menge interessanter Neuigkeiten auf. In einer Soap könnte es nicht abwechslungsreicher vonstattengehen. Rosamonds Ehe ist, wie schon geschrieben, reichlich abgekühlt. Rosy hat inzwischen ihr Kind verloren (wobei ich selber das Reiten auch als leichtsinnig empfinde), finanziell steht das Ehepaar vor dem Ruin, und hier merkt man, wie naiv und unreif Rosamond wirklich ist: "Rosamond (...) glaubte, eine gute Haushaltsführung bestünde schlicht darin, dass man von allem das Beste bestellte (...)." (S. 779) Wobei sie damit ja nicht Unrecht hat, aber wenn man es sich nicht leisten kann, muss man halt auf die Quantität zugunsten der Qualität verzichten. Auch den Satz "Was kann ich tun?" (S. 787) fand ich klasse und vielsagend. Aber auch Lydgate selbst trifft Schuld: "wenn man überhaupt etwas machte, so sollte man es auch anständig machen" (S. 779) - und auch hier stellt man sich die Frage, was man sich denn leisten kann.

Dass Fred jetzt einen für sich passenden Weg gefunden hat, gefällt mir, und ich hoffe, er verfolgt ihn auch weiter. Sehr gut an dem Abschnitt, als Fred zur Garth findet, haben mir die Gedanken über die Eisenbahn gefallen, wo deutlich wurde wie (manchmal auch zurecht) skeptisch Forschritt gesehen wird. Hier ist interessant, dass es gerade auch die Ungebildeten sind, die sich dem Fortschritt entgegenstellen, man kann allerdings ihre Ängste verstehen. "Brennnesseln muss man nicht säen ..." (S. 737) ist auch wieder ein Satz, der mir sehr gut gefällt. Überhaupt mag ich es an dem Buch, dass viele verschiedene Themen angesprochen werden.

Fred "wollte - wie die meisten jungen Gentlemen - eine Beschfäftigung, die aller Unannehmlichkeiten bar war." (S. 751) Auch hier wieder eine "Weisheit", die die Zeiten überdauert hat.

Mit dem Satz "Neuigkeiten verbreiten sich oft gedankenlos und wirkungsvoll wie Blütenpollen, den die Bienen davontragen ..." (S. 793) - Hier nimmt Eliot die Gerüchteküche auf die Schippe - und das m.E. zu Recht.

Eliot bezeichnet die Menschen in Middlemarch als Menschen, die "von einer Rasse abstammten, die dringend einer Blutauffrischung bedurfte." (S. 800) - hier wird die Abgeschlossenheit der Kleinstadt von der Umwelt, aber auch die Geschlossenheit innerhalb der Klassen kritisiert. Und wie man weiß, ist das auch wirklich vonnöten. Mich hat der Satz daran erinnert, was ich manchmal über die Menschen sage, die bei uns in den kleinen Dörfern wohnen und seit Jahrhunderten eine geschlossene Gesellschaft bilden. Manchmal bin ich so fies wie Eliot.

Die Szene bei der Versteigerung, wie das Rostgitter versteigert wird, hat mir ebenfalls richtig gut gefallen und mich sehr erheitert.

Überhaupt arbeitet Eliot viele kleine Szenen, die eigentlich im Nebenbei erzählt werden könnten, sehr heraus und stellt sie damit fast schon ins Zentrum, was insgesamt ein wunderschönes, oft auch amüsantes, auf jeden Fall aber bedenkenswertes Panorama dieses Kleinstadtlebens bildet. Allein schon deshalb lohnt es sich, das Buch zu lesen.

Ein wenig tut mir Farebrother leid. Er ist allen zugewandt, hilft wo er kann, ist verständnisvoll, aber er scheint immer den Kürzeren zu ziehen. Es würde mich wirklich freuen, wenn er auch noch einmal, abgesehen davon, dass er jetzt immerhin Geld verdient, etwas Glück finden würde.

Und dann die Geschichte um Will und Bulstrode. Letzterer hat wirklich so richtig Dreck am Stecken, ein Emporkömmling par excellence, der wahrscheinlich auch richtig über Leichen gehen würde, wenn er Profit daraus schlagen würde. Wobei es mir im Prinzip gefallen hat, dass Will auf eine Entschädigung verzichtet. Ich bin gespannt, ob es auch so bleibt. Jedenfalls ist er mir inzwischen sympathischer geworden.
 
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Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich lese jetzt sehr schnell, hin und wieder wohl auch etwas flüchtig, weil die Leserunde mit "Hundert Jahre Einsamkeit" bevorsteht und ich obendrein ab Ende Januar in einem anderen Forum eine Leserunde mit Oblomow mitmache. Aber ich habe ja "Middlemarch" schon früher einmal gelesen.

Heute habe ich die Unterredung zwischen Bulstrode und Ladislaw gelesen, in der Bulstrode Ladislaw Geld anbietet. Er tut das auf eine Weise, die auf Will beleidigend wirken muss - bei mir steht die Wendung "... Ihnen jährlich fünfhundert Pfund zuzugestehen, solange ich lebe, und bei meinem Tode einen entsprechenden Betrag zu hinterlassen - ja,mehr noch, wenn mehr zu einem löblichen Vorhaben Ihrerseits unbedingt notwendig sein sollte." Das klingt mehr nach einem widerwillig zugestandenen Almosen als nach einem wirklichen Bedürfnis nach Wiedergutmachung. (Vermutlich hat sich Casaubon bei seinen Gaben an Ladislaw ähnlich angestellt.) Mein Eindruck von Bulstrode ist ohnehin nicht der beste, wie er die Fragwürdigkeit seines Geschäfts vor sich selbst damit entschuldigt, dass er das gewonnene Geld ja zum Ruhme Gottes einsetzt - das ist so eine echte Pharisäer-Einstellung.

Die Autorin schreibt dazu:
"Es gibt keine Doktrin, die nicht in der Lage wäre, unsere Moral zu verschlingen, wenn sie nicht durch eine tiefsitzende Gewohnheit im Zaume gehalten wird, jedem einzelnen Mitmenschen unmittelbar Sympathie entgegenzubringen." Was wohl bedeutet, dass bei aller Wohltätigkeit ein Mensch, der seinen Nächsten nicht liebt, immer korrumpierbar ist und sein wird - ein Leitsatz, der (etwas schöner formuliert) aus der Bergpredigt stammen könnte.

Wills Handeln hat die Sympathie der Erzählerin und wirkt integer, trotzdem habe ich bei ihm ständig den Eindruck, dass er rein instinktiv so handelt, wie er es tut, ohne nachzudenken, rein aus dem Bauch heraus. Er ist überhaupt eine, wie ich finde, etwas rätselhafte Figur, irgendwie schwer fassbar. Interessant in diesem Zusammenhang, wie Eliot mehrmals erwähnt, dass auch sein Gesicht keine feste Form zu haben scheint und immer wieder anders wirkt, je nach seiner Stimmung (ich finde jetzt die Stelle nicht, meine aber, das mehrmals so gelesen zu haben).
 

Querleserin

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Er ist überhaupt eine, wie ich finde, etwas rätselhafte Figur, irgendwie schwer fassbar.
Er fällt eindeutig aus dem bestehenden Figurentableau heraus. Auch gesellschaftlich steht er am Rande, seine Herkunft ist (noch) nebulös, er hat keinen festen Beruf und ungewöhnliche Eigenschaften, die die Autorin an irgendeiner Stelle hervor hebt. Mir ist im Gedächtnis geblieben, dass er sich bei Besuchen lang auf dem Teppich ausstreckt. Eine wahrlich seltsame Angewohnheit ;)
 

Literaturhexle

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Er fällt eindeutig aus dem bestehenden Figurentableau heraus. Auch gesellschaftlich steht er am Rande, seine Herkunft ist (noch) nebulös, er hat keinen festen Beruf und ungewöhnliche Eigenschaften, die die Autorin an irgendeiner Stelle hervor hebt. Mir ist im Gedächtnis geblieben, dass er sich bei Besuchen lang auf dem Teppich ausstreckt. Eine wahrlich seltsame Angewohnheit ;)
Die Autorin arbeitet ihre Charaktere im Verlauf der Geschichte immer weiter aus. Zum jetzigen Zeitpunkt nehme ich Will sein Ehrgefühl ab. In der damaligen Zeit bedeuteten Ehre , Ansehen und Anstand ungleich mehr als heute.
Zu Beginn des Romans schien Will ein lebenslustiger Student zu sein, der auf Kosten des Onkels lebte. Dann hat ihn "der Blitz getroffen" und nach Middlemarch gespült. Durch den Job beim Pioneer konnte er sich vom Geldhahn des ungeliebten Verwandten lösen. Geld ist zum Leben nun mal notwendig, wichtig war es ihm aber nie, das wird mehrfach erwähnt.

Will hat seine Mutter früh verloren. Er weiß, dass sie die Familie aufgrund der Entdeckung unredlicher Geschäfte verlassen hat und kann bei der Eröffnung Bulstrodes 1 und 1 zusammenzählen: Er wird sich doch nicht eines zweifelhaften Erbes bedienen, dass seine geliebte Mutter BEWUSST ausgeschlagen hat und wegen dessen sie von zu Hause abgehauen ist!?!
Natürlich ist das alles hier schon ein kleines bisschen soap-opera-mäßig :), aber ich nehme Will dieses Ehrgefühl ab.

Wo wir schon bei diesem Gespräch zwischen Will und Bulstrode sind: Auf Seite 820 scheint ein Hinweis zu sein, dass Bulstrode auch dafür verantwortlich ist, dass Vincys Geschäfte so schlecht laufen: Er scheint Färbstoffe geliefert zu haben, die Vincys Seide (war sehr wertvoll!) verdorben hat... Vincy sagt ja zu seiner Tochter, er brauche selber jemanden, der ihm hilft... Dann muss es schon ziemlich schlecht stehen!
 

Literaturhexle

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Rosamond ist ein ziemliches Früchtchen. In diesem Abschnitt kommt sie erneut denkbar schlecht weg: Sie schäkert mit dem ungeliebten Cousin ihres Mannes, biedert sich dieser vermeintlich adligen Familie regelrecht an, die diese Liebe jedoch nicht erwidert.

Die Ehe kühlt merklich ab. Rosamond sieht keine Veranlassung, die Wünsche ihres Mannes zu erfüllen. Sie plaudert Geheimnisse aus, fragt ihren Vater um finanzielle Unterstützung, damit sie weiter ihren feudalen Lebensstil unterhalten kann und reitet munter aus... Letzteres führt zu einer Fehlgeburt, die sie überraschend schnell verwindet. Auch daran kann man erkennen, dass sie eine ziemlich gefühlsarme Frau ist.
 

Literaturhexle

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Überhaupt arbeitet Eliot viele kleine Szenen, die eigentlich im Nebenbei erzählt werden könnten, sehr heraus und stellt sie damit fast schon ins Zentrum, was insgesamt ein wunderschönes, oft auch amüsantes, auf jeden Fall aber bedenkenswertes Panorama dieses Kleinstadtlebens bildet. Allein schon deshalb lohnt es sich, das Buch zu lesen.
Das empfinde ich nach wie vor genauso!
Mir ist ein weiteres Zitat ins Auge gefallen, dass zum aktuellen politischen Geschehen passt (S. 742):
[zitat]Caleb befand sich in einer Lage, deren Schwierigkeit jeder kennt, der versucht hat (...) mit Bauern zu argumentieren, die sich im Besitz einer unwiderlegbaren Wahrheit befinden, die sie aufgrund eines intensiven Gefühlsvorgangs wissen und wie die Keule eines Riesen auf das sorgfältig zurechtgeschnittene Argument fallen lassen konnten (...)[/zitat]

Das erinnert mich an die einfachen polemischen Antworten, die politische Agitatoren und deren Anhänger auf schwierige Zusammenhänge geben...:confused:
 

Literaturhexle

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Bin ich nicht, aber danke für den Hinweis!
Das wollen wir doch in diesem neuen Jahr noch ändern, liebe Elisabeth! Vielleicht sollten wir den Faust doch in die Weltliteraturrunde aufnehmen, sonst wird es nie etwas:confused:.

Es würde mich wirklich freuen, wenn er auch noch einmal, abgesehen davon, dass er jetzt immerhin Geld verdient, etwas Glück finden würde.
Das wäre ihm zu wünschen. Wo es hier so viele Beziehungen zu bestaunen gibt, sollte doch auch für den guten Pfarrer ein nettes Frauchen dabei sein ;)
 

SuPro

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28. Oktober 2019
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Jetzt habe ich gerade mit diesem Leseabschnitt begonnen und ich muss jetzt unbedingt loswerden, dass ich mich gerade fast kaputt gelacht habe. Worüber?
Über Mrs. Cadwallader!
„Sie werden ganz sicher verrückt werden so ganz alleine in diesem Haus, meine Liebe. Sie werden Wahnvorstellungen bekommen. Wir müssen uns alle ein wenig Mühe geben, um bei Verstand zu bleiben und die Dinge bei dem selben Namen zu nennen wie die anderen Leute auch. Zugegeben, für die jüngeren Söhne und Frauen, die kein Geld haben, ist es eine Art Vorsorge, wenn sie verrückt werden: man kümmert sich dann um sie. Aber Sie dürfen da nicht hingeraten…“ (Seite 712)
Köstlich ;-)
 

Wandablue

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18. September 2019
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Fertig. Das Lesen wird gefälliger, weil auch die Handlung gefälliger wird. Nichtsdestotrotz- aber ich will euch nicht länger damit nerven, dass ich die Übersetzung nach wie vor nicht immer gelungen finde.

Der Konflikt Nikolausens Bulstrodes beschäftigt mich am meisten. Ich mag ihn. Das einzige was ihm daran fehlt ein "guter Christ" zu sein, ist, dass normalerweise das Gewissen immer feiner und nicht grober wird und man seine Motive immer besser und besser kennt - und sich deshalb, "je mehr Christ, desto weniger für schätzenswert und fehlerlos" hält. Bulstrode ist zweifelsfrei dem religiösen Ehrgeiz verfallen.

An ihm reagiert die Autorin wohl ihre eigenen Erlebnisse mit dem Bodenpersonal ab. Bodenpersonal kann einen immer zur Verzweiflung bringen.

Sind Bulstrodes Motive auch zweifelhaft, wählt er dennoch den Weg der Wahrheit und der Wiedergutmachung.

Eine Pfandleihe zu betreiben ist per se nichts ehrenrühriges.

Man hatte seltsame Fesseln in der damaligen Zeit. Was wohl die Fesseln unserer Zeit sind?

xxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxxx

Während ich Will und Dorothea nicht so spannend finde. Sie hätten nur einmal Klartext miteinander reden sollen - und überhaupt ist Dorothea ohne Mann besser dran.

Will ist auch ein Dummie. Natürlich hätte ich Bulstrodes Entschädigung angenommen, nur nicht in dieser niedrigen Höhe.

Stolz - ist ein echter Hinderungsgrund in dieser Story.
Wie wertet ihr ihn ? Im Buch und generell?

Wer mir auch sehr gefällt, ist - erstaunlicherweise - Rosamond. Sie ist die einzige, die macht, was sie will. Kein Ehemann, kein dies oder das, keine Konvention hindert sie daran, selbstbestimmt zu leben. Herrlich.

Lydgate ist auch eine Sympathiefigur. Wenngleich durch seine Art des Stolzes auch beeinträchtigt. Er hätte es annehmen sollen, als seine Frau den Schmuck opfern wollte. Mit ein bisschen Nach-Hilfe, könnte man aus Rosamond eine taffe Frau machen. Sie braucht noch ein Kind und klare Ansagen.

Fred und Mary - langweilig.

Was ist eigentlich das große PLUS dieses Romans, schriftstellerisch gesehen? Eurer Meinung nach?
Findet ihr die Figuren gut gezeichnet? Drückt sie sich klar aus?

Jetzt les ich, was ihr erzählt habt.
 

Wandablue

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18. September 2019
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ber auch Lydgate selbst trifft Schuld:

Er ist dabei umzulernen und auch Rosamond hätte das Potential dafür.
Überhaupt mag ich es an dem Buch, dass viele verschiedene Themen angesprochen werden.

Yes.

und seit Jahrhunderten eine geschlossene Gesellschaft bilden.

Wird immer weniger. Mach dir keine Sorgen - es ist nur eine normale Beobachtung. Die Tatsache "geschlossener Gesellschaften" nimmt man ja auch etwas humorig zur Kenntniss. Wer mehr als 20 Jahre in einer solchen Gesellschaft lebt, ist immer noch "der/die Fremde/r." Aber es wird besser, finde ich.

Kleine Anekdote: Als ich eine Vermieterin mal fragte (ich zog oft um) - ob sie von "hier" sei, antwortet sie im Tone der Entrüstung. NEIN. Es stellte sich heraus, dass sie im Nachbardorf geboren wurde.

Ein wenig tut mir Farebrother leid
Ein wahrer Christ.

der wahrscheinlich auch richtig über Leichen gehen würde, wenn er Profit daraus schlagen würde

Da bin ich mir nicht so sicher. Obwohl an ihm zelebriert wird, was es heißt, seine queren Motive mit hehren zu überkleiden.
 

Wandablue

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dass er das gewonnene Geld ja zum Ruhme Gottes einsetzt - das ist so eine echte Pharisäer-Einstellung.

So einfach ist das nicht.

Es gibt keine Doktrin, die nicht in der Lage wäre, unsere Moral zu verschlingen,

Einer dieser schlecht übersetzten Sätze! Nächstenliebe kann man sich nicht "zur Gewohnheit" machen. Das glauben zwar die Humanisten - aber es ist nicht richtig.
ass er sich bei Besuchen lang auf dem Teppich ausstreckt.

haha, das hat mir gefallen. Er traut sich auszubrechen aus dem gebührlichen Verhalten. Auf der anderen Seite ist er auch darin gefangen.

In der damaligen Zeit bedeuteten Ehre , Ansehen und Anstand ungleich mehr als heute.

Nein. Es hat nur einen Bedeutungswandel gegeben.
Natürlich ist das alles hier schon ein kleines bisschen soap-opera-mäßig

Danke. Ich bin froh, dass ich das nicht alleine so sehe.
Seide (war sehr wertvoll!)

ist es immer noch ... Seide ist Tierquälerei!!
Rosamond ist ein ziemliches Früchtchen

Und trotzdem die einzige Figur, die sich von niemandem beherrschen lässt. Sie gefällt mir deswegen sehr gut.

Ich lese weiter ...
 

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30. Dezember 2015
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Und trotzdem die einzige Figur, die sich von niemandem beherrschen lässt. Sie gefällt mir deswegen sehr gut.
Sie weigert sich der finanziellen Realität ins Auge zu blicken, da sie nicht willens ist, ihren Lebensstandard aufzugeben. Ich empfinde sie als Träumerin, die sich eine Romanze mit Will erhofft, um Abwechslung in ihr Leben zu bringen. Zudem ist sie nicht empathisch, für mich die unsympathischeste Frauenfiguren - zweifellos aber gut gezeichnet.
Zu Bulstrode will ich an der Stelle noch nichts sagen ;)
 

Wandablue

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Sie weigert sich der finanziellen Realität ins Auge zu blicken, da sie nicht willens ist, ihren Lebensstandard aufzugeben. Ich empfinde sie als Träumerin, die sich eine Romanze mit Will erhofft, um Abwechslung in ihr Leben zu bringen. Zudem ist sie nicht empathisch, für mich die unsympathischeste Frauenfiguren - zweifellos aber gut gezeichnet.
Zu Bulstrode will ich an der Stelle noch nichts sagen ;)

Unsympathisch ist sie schon: aber unabhängig von männlicher Meinung wie keine andere der Frauens.
 

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Auch die Arbeit ihres Mannes wird sie liegen lassen, symbolisch verschließt sie seine "Synoptische Tabelle" mit einer persönlichen Bemerkung in einen Umschlag - es ist wie eine Befreiung für sie, da sie endlich zugegeben kann, dass sie Zweifel an seiner Arbeit hegt:
" Siehst du jetzt nicht, dass ich meine Seele nicht der deinen unterwerfen konnte, indem ich ohne Hoffnung etwas bearbeite, woran ich nicht recht glaube?" (715)
Spitzenmäßig, finde ich das, das ist die erste Stelle im Buch wo ich echt lauthals gelacht habe und Strike gerufen habe, sensationell! Was für eine Strafe "ins Grab hinein", schließlich hat er ja auch " aus dem Grab heraus" gezeigt, was er für ein armseliger Kerl war! Zudem, was für ein Befreiungsschlag für Dodo, herrlich!
 

nineLE

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Rosamond ist ein ziemliches Früchtchen. In diesem Abschnitt kommt sie erneut denkbar schlecht weg: Sie schäkert mit dem ungeliebten Cousin ihres Mannes, biedert sich dieser vermeintlich adligen Familie regelrecht an, die diese Liebe jedoch nicht erwidert.

Die Ehe kühlt merklich ab. Rosamond sieht keine Veranlassung, die Wünsche ihres Mannes zu erfüllen. Sie plaudert Geheimnisse aus, fragt ihren Vater um finanzielle Unterstützung, damit sie weiter ihren feudalen Lebensstil unterhalten kann und reitet munter aus... Letzteres führt zu einer Fehlgeburt, die sie überraschend schnell verwindet. Auch daran kann man erkennen, dass sie eine ziemlich gefühlsarme Frau ist.
Absolut, und auch dieses oberflächliche von profanen und unwichtigen Dingen des Lebens getriebene Betriebsamkeit Rosamonds schreibe ich ihrer fehlenden oberflächlichen sinnfreien Erziehung zu, die keinerlei (Lebens)werte beinhaltete!
Während ich Will und Dorothea nicht so spannend finde. Sie hätten nur einmal Klartext miteinander reden sollen - und überhaupt ist Dorothea ohne Mann besser dran.
Ähm, Klartext reden? In der damaligen Zeit? Wohl kaum möglich und schon gar nicht nachdem wir Dodos Einstellung nun kennengelernt haben und ihre hohen Werte und dann ist sie ja gerade erst Witwe geworden un dsich ihrer Gefühle zu Will noch gar nicht so klar, unvorstellbar, dein Ansinnen!
Wer mir auch sehr gefällt, ist - erstaunlicherweise - Rosamond. Sie ist die einzige, die macht, was sie will. Kein Ehemann, kein dies oder das, keine Konvention hindert sie daran, selbstbestimmt zu leben. Herrlich.
Selbstbestimmt? Auf wessen Kosten und WODURCH lebt sie denn bitte selbstbestimmt?

Abwechslung in ihr Leben zu bringen. Zudem ist sie nicht empathisch, für mich die unsympathischeste Frauenfiguren - zweifellos aber gut gezeichnet.
Ganz genau das, ihre "Freundschaft" zu Mary hat sie zeit ihres Lebens ausschließlich dazu benutzt sie auszuhorchen oder ihre handwerklichen Fähigkeiten zu benutzen, da sie selbst ein Nichtsnutz ist, sich aber für großartig und engelsgleich hält, da haben wir es wieder... Wie im wahren Leben!
 

nineLE

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4. November 2019
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In der damaligen Zeit bedeuteten Ehre , Ansehen und Anstand ungleich mehr als heute.
Nun, das denke ich nicht, heute ist es nur vollkommen anders verpackt als früher, die WERTE haben sich geändert, mit dem Anstand hast du lieder vollkommen Recht der ist heute, auch aufgrund der Verrohung unserer Sprache und der ungleichen Flutung durch digitale Medien teilweise vollkommen abhanden gekommen, so sind Ehre und Ansehen heute wohl gleich zu setzten mit materieller Zurschaustellung von Werten wie SUV´s, Markenklamotten etc... Gräßlich!
atürlich ist das alles hier schon ein kleines bisschen soap-opera-mäßig :), aber ich nehme Will dieses Ehrgefühl ab.

Ja, ich auch.
 

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