7. Leseabschnitt: Kapitel 7 (Seite 207 bis 240)

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ich finde es auch so bedauerlich und schwer verständlich, dass sie sich nicht dazu entschließen konnte, zu ihrer Schwester zu gehen... ist es jetzt zu spät?

Obwohl ich bisher immer Eilishs Verhalten glaubwürdig gefunden habe und sie mir Leid getan hat, fehlt mir an der Stelle tatsächlich das Verständnis, dass sie nicht geht. Ich dachte wirklich, das ist deine Chance - du musst gehen. Gerade um den dezenten Vater zu retten und die drei Kinder.

Es gibt immer welche, die bleiben. Aus diversen Gründen.

Aber inzwischen ist bei mir auch der Gedanke aufgetaucht, dass sie wegen der drei jüngeren Kinder hätte fliehen müssen. Ich befürche, ihr Bleiben war falsch.

Mir geht es wie euch. Man konnte es schon ahnen. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass Eilish wenigstens ihre drei jüngeren Kinder durch eine Flucht in Sicherheit bringt. Diese Option war ja bereits fast unmöglich geworden. Nun ist doch noch eine Gelegenheit gekommen und sie lehnt ab. Momentan fehlt mir dafür jegliches Verständnis. Ihr Vater ist nur eine Ausrede. Sie kann nicht oft genug zu ihm, um sich zu kümmern. Sie dürfte auch kein Geld mehr für die Putzfrau haben.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Das wiederum denke ich nicht. Aber er ist nur ein Grund von vielen, u.a. dem, dass vllt Larry oder Mark wieder nach Hause kommen - und dann sind sie weg.

Ich denke, Eilish sagt sich auch selbst, dass er sie braucht. Aber in Wahrheit kann sie momentan nicht viel für ihn tun. Und das wüsste sie, wenn sie ehrlich zu sich selbst wäre. Das meinte ich mit „Ausrede“. Sie bleibt hauptsächlich wegen Larry und Mark. So stellt es sich für mich zumindest dar.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Aber in Wahrheit kann sie momentan nicht viel für ihn tun.
Sorry, ich widerspreche. Sie mag zwar nicht viel tun können, aber das ist nicht nichts (zumal sie auf eine Besserung der Zustände hofft). Die Demenz schreitet fort. Aus dem Ausland ist nicht mal ein gelegentlicher Besuch möglich, geschweige denn, ein Krankenhaus- oder Heimaufenthalt organisierbar. Ich täte mich schwer, einen demenzkranken Angehörigen sich selbst zu überlassen. Das ist definitiv keine Ausrede von Eilish, sie sieht sich klar in der Verantwortung, andere Angehörige sind nicht greifbar.
Aber Eilish hatte ja Gelegenheit, gemeinsam mit dem Vater zu fliehen. Das wäre das Gebot der Stunde gewesen.
 

milkysilvermoon

Bekanntes Mitglied
13. Oktober 2017
1.987
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Sorry, ich widerspreche. Sie mag zwar nicht viel tun können, aber das ist nicht nichts (zumal sie auf eine Besserung der Zustände hofft). Die Demenz schreitet fort. Aus dem Ausland ist nicht mal ein gelegentlicher Besuch möglich, geschweige denn, ein Krankenhaus- oder Heimaufenthalt organisierbar. Ich täte mich schwer, einen demenzkranken Angehörigen sich selbst zu überlassen. Das ist definitiv keine Ausrede von Eilish, sie sieht sich klar in der Verantwortung, andere Angehörige sind nicht greifbar.
Aber Eilish hatte ja Gelegenheit, gemeinsam mit dem Vater zu fliehen. Das wäre das Gebot der Stunde gewesen.

Bei den Zuständen im Land (Stromausfälle, oft kein Wasser, Lebensmittel teuer oder gar nicht zu bekommen, Probleme mit Telefon und Internet, Ausgangsbeschränkungen, Straßensperren usw.) kann Eilish nicht mehr viel ausrichten. Sie ist tagelang nicht zu ihm durchgekommen. Sie kann auch im Inland keine Hilfe für ihn organisieren. Das war einmal. Wie du schon sagst: Ja, sie hätte ihn mitnehmen können. Das hätte sie tun sollen. Aber auch eine Flucht ohne ihn wäre (vor allem für die Kinder) besser gewesen als das bloße Ausharren. Zumal ihr Vater ihr dafür immer wieder sein Einverständnis gab. Aber nun ist er ja gerettet.
 

Bajo

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16. Juni 2023
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Ich bin auch froh, dass der Roman nur noch 70 Seiten hat und will's nur noch hinter mich bringen!
Nicht, weil es schlecht geschrieben ist, im Gegenteil, es ist sehr gut geschrieben. Das Grauen steigert sich zur Aussichtslosigleit, die Reaktion/das Verhalten Eilishs ist nachvollziehbar. Es ist alles derart realistisch beschrieben, dass es einfach nur noch unerträglich ist. Ich lebe quasi in der Person Eilishs, durchlebe dieses Grauen. Das ist natürlich ein großer Verdienst dieses Romans, dass man quasi in eine derartige Situation versetzt wird, die man - glücklicherweise - nur aus den täglichen Nachrichten kennt.
 

Federfee

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13. Januar 2023
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Ich bin auch froh, dass der Roman nur noch 70 Seiten hat und will's nur noch hinter mich bringen!
Nicht, weil es schlecht geschrieben ist, im Gegenteil, es ist sehr gut geschrieben. Das Grauen steigert sich zur Aussichtslosigleit, die Reaktion/das Verhalten Eilishs ist nachvollziehbar. Es ist alles derart realistisch beschrieben, dass es einfach nur noch unerträglich ist. Ich lebe quasi in der Person Eilishs, durchlebe dieses Grauen. Das ist natürlich ein großer Verdienst dieses Romans, dass man quasi in eine derartige Situation versetzt wird, die man - glücklicherweise - nur aus den täglichen Nachrichten kennt.
Es ging mir genau so und ich war froh, das Buch zuklappen zu können. Harter Tobak, genial geschrieben.
 

Bajo

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16. Juni 2023
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Ich will mir kein Urteil anmaßen, inwiefern ihre psychische Situation, ihre Überforderung, ihr Wunsch, Larry möge zurückkommen, ihr Verlust, die Realität zu erkennen, ihre fatale Entscheidung rechtfertigt.
In ihrer Ausmahmesituation der totalen Überforderung, Schlafmangel, Angst um Kinder und Vater, ist ihr Verhalten nachvollziehbar. Von aussen betrachtet würde jeder klar denkende Mensch das Angebot der Schwester zur Flucht annehmen. Das klare Denken ist aber Voraussetzung, und das mache man mal an Eilishs Stelle.
Auch wäre möglich, dass das Fluchtangebot eine Falle ist, halte ich aber für unwahrscheinlich .
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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dass vllt Larry oder Mark wieder nach Hause kommen - und dann sind sie weg.
Das ist zum Ende hin das, was sie hier noch hält.
Das ist natürlich ein großer Verdienst dieses Romans, dass man quasi in eine derartige Situation versetzt wird, die man - glücklicherweise - nur aus den täglichen Nachrichten kennt.
Das sehe ich auch als großen Verdienst dieses Buches. Eine Lehrstunde in Empathie.
 

Nosimi

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27. März 2024
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Jetzt wütet also der Bürgerkrieg weiterhin, schlimmer als vorher und die Befreier werden auch zu Tätern, das neue Regime ist nicht besser als das alte.
Es zeigt, dass man noch mitten drin ist im Konflikt. Es gibt kein Konzept, nur einen Feind. Es geht ums unterdrücken der "anderen" auf beiden Seiten, nicht ums errichten einer Gemeinschaft.
Obwohl ich bisher immer Eilishs Verhalten glaubwürdig gefunden habe und sie mir Leid getan hat, fehlt mir an der Stelle tatsächlich das Verständnis, dass sie nicht geht
Absolut. Sie hat vor lautet innerer Zerrissenheit völlig aus den Augen verloren, wie es für ihre Familie und sie selbst weiter gehen soll.
Gut, dass wenigstens ihre Schwester gehandelt hat, so dass der Vater in Sicherheit ist.
Aber vor was für einen riesigen Scherbenhaufen steht sie nun! Sie hat -in ihrer Verblendung - doch alles in ihrer Macht stehende für den Vater getan. Sich aufgeopfert um ihm und ihren Kindern gerecht zu werden. Sie hst such so oft kn Gefahr gebracht, weil Simon nicht mit zu ihr ziehen wollte und sie ihn nicht mit Gewalt verpflanzen konnte. Und dann idt Simon verschwunden und sie kommt fast um vor Sorge - um dann zu erfahren, dass ihre Schwester seine Evakuierung in die Hand genommen hat. Natürlich versteh ich auch die Schwester und es war der richtige Schritt. Und trotzdem fühle ich dieses Gefühl der Leere, dass in Eilish herrschen muss.
Man sieht es doch in der Ukraine.
Ja das ist wahr. Soviele bleiben um ihr u Hsuse zu verteidigen. Auch Mütter mit Kindern.
Jetzt wird es langsam unerträglich, sowohl für den Leser als auch für Eilish. Krieg, Zerstörung überall, Wasser rationiert.
Das fand ich auch in diesem Abschnitt, es spitzt sich weiterhin zu.
Ohne demokratische Grundlage löst nur ein despotisches Machtsystem das nächste ab.
Sehe ich auch so. Und hat uns die Geschichte gelehrt.
Das finde ich auch. Ich lese manchmal atemlos weiter, weil ich mich in Eilishs Gefühlslage hineinversetze.
Das ging mir auch so bei diesem Abschnitt.
Gut, dass hier der Autor nicht in einem Sieg der Rebellenarmee den Konflikt aufgelöst hat. Denn das wäre zu einfach gewesen
War auch noch zu früh fürs Ende.
 

Nosimi

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27. März 2024
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Ihr Vater ist nur eine Ausrede. Sie kann nicht oft genug zu ihm, um sich zu kümmern.
Das wiederum denke ich nicht. Aber er ist nur ein Grund von vielen, u.a. dem, dass vllt Larry oder Mark wieder nach Hause kommen - und dann sind sie weg.
Ich sehe es wie @Wandablue. Es ist keine Ausrede, es ist ihr Vater, der zunehmend dement wird. Sie liebt ihn, sie fühlt sich für ihn verantwortlich. Sie will ihm helfen und weil er stur ist und sein Haus nicht verlassen will nimmt sie so oft sie kann diese Strecke durch die zerbombte Stadt mit dem Fahrrad,.Später zu Fuß auf sich, um sich um ihn zu kümmern. Sie kann ihn nicht im Stich lassen und er will sich nicht verpflanzen lassen. Das zermürbt.

Aber Eilish hatte ja Gelegenheit, gemeinsam mit dem Vater zu fliehen
Es wäre die beste Lösung gewesen, aber ich hatte das Gefühl,.dass sich ihr Vater nicht so leicht zum Gehen überreden lässt. Weder zu Eilish und den Klndern, noch woanders hin. Ist aber mehr mein Gefühl jnd meine persönliche Einschätzung.
 

Nosimi

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27. März 2024
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Eilish und ihre Kinder leben im Auge des Sturms, in einer schwer umkämpften Gegend. Zwar von den Rebellen befreit und doch gibt es nur andere Regeln neuer Herren - die Situation hat sich nicht verbessert. Zum Einkaufen müssen sie auf die Regimeseite, die Inflation wuchert, Wasser wird rationiert und täglich gibt es Gefechte und Bombenangriffe.
Eilishs Verstand scheint zu zersplittert. Durch die ständige Bedrohung, den massiven Schlafmangel, der anhaltenden Sorge um Vater und Kinder werden ihre Selbstgespräche, die doch für sie Zwiegespräche mit Larry sind immer substantieller.
Ihre Schwester schickt Geld und Schleuser. Das beste, was sie vom Ausland aus tun kan (und das rationalste). Doch Eilish will nicht gehen, will ihren Vater, ihren Sohn und ihren Mann nicht zurücklassen. Ach hätte sie doch ihre drei jüngeren Kinder mit den Schleuser zu ihrer Schwester geschickt! Doch durch die ständige Bedrohung, Angst, Sorge und der schweren körperlichen Erschöpfung durch Schlafmangel und körperliche Arbeit ist Eilish nicht in der Lage eine sinnvolle Entscheidubg zu treffen. Dann ist auch noch der Vater verschwunden. Eilish sucht ihn, macht sich Sorren, kann ihn nicht finden - und erfährt dann von der Schwester,.dass sie ihn evakuiert hat. Von Aines Standpunkt völlig verständlich und erstaunlich, wie sie es geschafft hat. Von Eilish Standpunkt aus ein Schlag ins Gesicht, nachdem sie sich bis an sie Grenze des Schaffbarens für den Vater aufgeopfert hat.
 

Nosimi

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27. März 2024
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Flucht mit altem Herrn, der sich nichts sagen lässt und auf den kaum aufzupassen ist,Kleinkind und noch 2 andere Kinder? Never. Das ist nicht das Einfachste.
Sicher, das sehe ich schon auch so. Aber in der Theorie wäre es natürlich besser für alle. Ich bin ja davon überzeugt,.dass der Vater nicht mit Eilish geflohen wäre. Er wollte ja nicht mal zu ihr und den Enkeln. Wie die Schlepper ihn nach Kanada brachten würde mich mal interessieren.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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trotzdem fühle ich dieses Gefühl der Leere, dass in Eilish herrschen muss.
Die Sorge um ihren Vater hat sie verrückt gemacht und dann muss sie erfahren, dass ihre Schwester alles geregelt hat.
Von Eilish Standpunkt aus ein Schlag ins Gesicht, nachdem sie sich bis an sie Grenze des Schaffbarens für den Vater aufgeopfert hat.
Wer sich um Eltern oder Elternteile kümmert, macht oft die Erfahrung, dass diese eher auf die Kinder hören, die kaum da sind. Da wundert es mich nicht, dass Simon, der nicht bereit ist , zu Eilish zu ziehen, was sinnvoll wäre und für Eilish vieles leichter machen würde, mit der arrangierten Flucht der Schwester einverstanden ist.
 

Nosimi

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27. März 2024
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Wer sich um Eltern oder Elternteile kümmert, macht oft die Erfahrung, dass diese eher auf die Kinder hören, die kaum da sind. Da wundert es mich nicht, dass Simon, der nicht bereit ist , zu Eilish zu ziehen, was sinnvoll wäre und für Eilish vieles leichter machen würde, mit der arrangierten Flucht der Schwester einverstanden ist.
Ja so eine ähnliche Erfahrung hab ich auch schon machen müssen. Und deswegen glaub ich auch,dass Eilish wie vor den Kopf gestoßen ist von der Info ihrer Schwester. Und ich habe ewig versucht meine sture Oma dazuzubewegen, ihre eigene Wohnjng 100 km entfernt von aus aufzugeben und zu uns zu ziehen. Sie hat sich so verweigert,war nicht bereit die Oberpfalz zu verlasen, ist dann in ihrer Wohnung gestürzt, lag 3 Tage und ist an den Folgen gestorben. Da hab ich lang mit gehadert.