7. Leseabschnitt: Dreizehntes bis Vierzehntes Kapitel (S. 388 bis 457)

RuLeka

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Außerdem denke ich, dass er das was er hat durchaus zu schätzen weiß und dies nicht aufs Spiel setzen möchte, so tolerant Katia auch zu sein scheint
Ja, sein bürgerliches Leben war ihm sehr wichtig. Er war nicht der Typ, der ein Außenseiterleben genossen hätte. Außerdem fühlte er sich Katia gegenüber sehr verbunden und auch sein Familienleben lag ihm am Herzen, obwohl ihm nicht jedes Kind gleich nahe stand.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Dieser Abschnitt hatte für mich sehr interessante Aspekte. Über die politischen Ansicht von Thomas Mann wird mehr bekannt und über seine Rolle diesbezüglich für die Amerikaner. Toll finde ich dabei, dass auch Katia eine Meinung vertritt. Für eine Frau tritt sie sehr überzeugend für alles ein. Mehr noch, im Hause Mann scheint sie die zu sein die sich am besten durchsetzen kann. Oft lässt Mann seine Frau Dinge erledigen, da sie sehr resolut auftreten kann.
Was mir in diesem Abschnitt nicht so zugesagt hat, ist das Geplauder über Musik. Allerdings kann ich das nicht negativ werten, da diese Leidenschaft ja zu Thomas Mann gehört, und das daher natürlich Erwähnung finden sollte. Für mich waren diese Passagen allerdings ermüdend. Aber das ist dann wohl klagen auf hohem Niveau
 

Wandablue

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Brandenburg
ch hoffe, wenn ich den "Faustus" lese, vielleicht ein wenig Zugang zur Zwölftonmusik zu bekommen
Ich nicht. In manchen Dingen bin ich rigoros. Ich habe einmal ein Stück von Schönberg angehört - dann nie wieder. Das sind Stücke für Musiker. Wie Buchpreisbücher Bücher für die Jurys sind. Meistens. Es ist besser geworden! - Schauen, was machbar ist in der Musik. Aber für mich gilt: Es muss ästhetisch sein, schön. Und Zwölftonmusik scheint das nicht zu sein. Will es ja auch nicht. Das ist ok. Nur nichts für mich.
 

Sassenach123

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An alle hier eine kurze Frage, ihr seid ja sehr gut informiert über Thomas Mann. Es kommen oft Misstöne über Brecht. Was hat es damit auf sich? Warum verachtet Brecht ihn?
 
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Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
An alle hier einee kurze Frage, ihr seid ja sehr gut informiert über Thomas Mann. Es kommen oft Misstöne über Brecht. Was hat es damit auf sich?
Darüber haben wir ja noch gar nicht gesprochen, gut, dass du es anschneidest. I c h habe allerdings keine Ahnung. Ich schätze Brecht mindestens genau so wie Thomas Mann. Ja, müsste ich eine Wahl treffen, fiele sie vllt zugunsten Brechts aus. Seine Heilige Johanna der Schlachthöfe ist unübertroffen.

Kann sein, (Mutmaßung), dass es Mann aufstieß, dass Brecht ein politischer Schreiberling ist. Kommunist. Auch wenn er das in dem Interview - das ich übrigens für sehr gelungen halte - mit dem FBI diplomatisch verschweigt. Jedenfalls waren sie politisch weit voneinander entfernt und ich ahne, dass keiner ein Fünkchen Verständnis für den anderen hatte. Dann ... wird Brecht wohl auch nicht zu Manns Bewunderern gehört haben - was dem guten Thomas sicherlich nicht geschmeckt hat.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich habe einmal ein Stück von Schönberg angehört - dann nie wieder. Das sind Stücke für Musiker
Nicht mal für die. Wir kennen eine Geigerin eines renommierten Orchesters, für sie ist es keine Qual, solche Musik zu spielen.
An alle hier eine kurze Frage, ihr seid ja sehr gut informiert über Thomas Mann. Es kommen oft Misstöne über Brecht. Was hat es damit auf sich? Warum verachtet Brecht ihn?
Brecht und Thomas Mann- die beiden vertreten konträre Ansichten sowohl persönlicher, aber v.a. politischer Art. Brecht war Kommunist und Thomas Mann ist ein typischer Vertreter der bürgerlichen Klasse. Außerdem wird Brecht Thomas Manns „ Betrachtungen eines Unpolitischen“ noch gut bekannt sein.
 

Die Häsin

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Ich nicht. In manchen Dingen bin ich rigoros. Ich habe einmal ein Stück von Schönberg angehört - dann nie wieder. Das sind Stücke für Musiker. Wie Buchpreisbücher Bücher für die Jurys sind. Meistens. Es ist besser geworden! - Schauen, was machbar ist in der Musik. Aber für mich gilt: Es muss ästhetisch sein, schön. Und Zwölftonmusik scheint das nicht zu sein. Will es ja auch nicht. Das ist ok. Nur nichts für mich.
Nun ja. Ich wäre schon zufrieden, wenn ich besseren Zugang zur Musik Mahlers fände. Für meine Musikertochter ist Mahler der Größte, und wenn ich mich hilfesuchend an sie wende, sagt sie immer: "Hör einfach hin und versuche nicht, eine Geschichte daraus zu machen". Das ist die Krux bei mir, ich bin nun mal ein Geschichtenmensch (deshalb mag ich auch Opern lieber als Konzerte) und versuche immer, etwas Erzählendes in die Musik zu deuten.

Mich beschäftigt immer noch die Stelle mit dem Streichquartett auf S. 428, wo Thomas in Gedanken eine direkte Linie vom deutschen Kulturgrund zur Barbarei der Nazis zieht. Dass die Kultur den Keim zur eigenen Vernichtung in sich trage. An anderer Stelle - die finde ich gerade nicht mehr - heißt es, dass die deutsche bzw. die europäische Kultur sich auf die Vorstellung des Teufelspakts gründe, die amerikanische Kultur dagegen nicht, und dass Mann aus diesem Grund seinen Doktor Faustus explizit für eine deutsche Leserschaft schreiben müsse - dass also amerikanische Leser das Buch gar nicht richtig verstehen, obwohl es sich in Amerika glänzend verkauft. (Kaufen und Lesen ist ja nicht dasselbe - von Umberto Eco heißt es auch, er steht in allen Regalen, aber gelesen hat ihn keiner, hehe.)
 

Circlestones Books Blog

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Wienerin auf Rügen
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Ich hoffe, wenn ich den "Faustus" lese, vielleicht ein wenig Zugang zur Zwölftonmusik zu bekommen. Ich wusste davon lange Zeit nicht mehr als den Scherz, Schönberg habe die Zwölftontechnik erfunden, weil er "Triskaidekaphobiker" war (das war er wirklich - = Angst vor der Zahl 13). Dann habe ich, als ich eine Zeitlang in einem Workshop für Klavier war, selbst ein Zwölftonstück (von Josef Matthias Hauer) eingeübt. Das gefiel mir richtig gut, es war kein Chaos, wie ich in meiner Naivität immer angenommen hatte.; und schwierig zu spielen war es auch nicht (ich bin keine dolle Klavierspielerin, war immer zu faul zum intensiven Üben). Vielleicht ist das gar nicht so ein Hexenwerk, wie ich mir einbilde.
Als Wienerin kam ich natürlich an Arnold Schönberg, Arnold Schönberg Center, nicht vorbei. Allerdings habe ich mich lieber mit seinem Leben beschäftigt, als mit der Musik, die ich gehört habe, weil ich musste. Das liegt wohl an meinen Ohren, ich kann auch mit echtem Free-Jazz wenig anfangen, auch die damaligen Slipknot" Lärmwellen meiner Teenager-Kinder an mein Ohr waren gewöhnungsbedürftig, ich habe festgestellt, meine Ohren brauchen irgend eine Form von Melodie. Der große Arnold Schönberg möge mir diese absolut unpassenden Vergleiche nachsehen, es war wirklich nur eine bunte Aufzählung.
 

Wandablue

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Brandenburg
Nun ja. Ich wäre schon zufrieden, wenn ich besseren Zugang zur Musik Mahlers fände. Für meine Musikertochter ist Mahler der Größte, und wenn ich mich hilfesuchend an sie wende, sagt sie immer: "Hör einfach hin und versuche nicht, eine Geschichte daraus zu machen". Das ist die Krux bei mir, ich bin nun mal ein Geschichtenmensch (deshalb mag ich auch Opern lieber als Konzerte) und versuche immer, etwas Erzählendes in die Musik zu deuten.

Mich beschäftigt immer noch die Stelle mit dem Streichquartett auf S. 428, wo Thomas in Gedanken eine direkte Linie vom deutschen Kulturgrund zur Barbarei der Nazis zieht. Dass die Kultur den Keim zur eigenen Vernichtung in sich trage. An anderer Stelle - die finde ich gerade nicht mehr - heißt es, dass die deutsche bzw. die europäische Kultur sich auf die Vorstellung des Teufelspakts gründe, die amerikanische Kultur dagegen nicht, und dass Mann aus diesem Grund seinen Doktor Faustus explizit für eine deutsche Leserschaft schreiben müsse - dass also amerikanische Leser das Buch gar nicht richtig verstehen, obwohl es sich in Amerika glänzend verkauft. (Kaufen und Lesen ist ja nicht dasselbe - von Umberto Eco heißt es auch, er steht in allen Regalen, aber gelesen hat ihn keiner, hehe.)
Na ja, das ist dem hilflosen Versuch einer Erklärung geschuldet. Aber es ist einfach nur Quatsch.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Die Beziehung zu seinen Kindern wird gut herausgestellt, z.B. das völlig verkorkste zu Klaus. DasGespräch zwischen den beiden offenbart, dass Thomas nicht weiß, wie er mit ihm umgehen soll. Dass er ihn weder wertschätzt noch besonders ihn für lebenstüchtig hält.

Der Umgang mit Klaus und Erika ist auch für mich seltsam. Natürlich sind die beiden längst erwachsen und lassen sich nichts mehr vorschreiben. Aber sie sind auf sein Geld angewiesen und stoßen ihn trotzdem immer wieder vor den Kopf. Dass sich Thomas das so gefallen lässt… Und dann die Sucht von Klaus und sein bedenklicher Lebenswandel. Warum spricht er da nicht mal ein Machtwort oder kümmert sich? Er lässt die Kinder einfach machen, als ob ihn das alles gar nichts anginge. Komisch, oder nicht?
 

milkysilvermoon

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Thomas Manns sexuelle Bedürfnisse nehmen im Verlauf der Handlung immer weniger Raum ein. Hat er als junger Mann mehr damit und mit seiner inneren Zerrissenheit zu kämpfen, so schwingt im Alter nur noch ab und zu etwas davon mit.

Finde ich durchaus plausibel, meist ist es ja in jungen Jahren wo die sexuelle Neigung einen großen Raum einnimmt. Ausleben konnte er sich ja eh nicht so wie vielleicht gewünscht. Außerdem denke ich, dass er das, was er hat, durchaus zu schätzen weiß und dies nicht aufs Spiel setzen möchte, so tolerant Katia auch zu sein scheint

Mir ist auch aufgefallen, dass die homoerotischen Fantasien nicht mehr eine solche Rolle spielen. Das liegt bestimmt am fortgeschrittenen Alter Manns. Ich bin auch sehr froh drum. Andere Aspekte interessieren mich mehr.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Der Umgang mit Klaus und Erika ist auch für mich seltsam. Natürlich sind die beiden längst erwachsen und lassen sich nichts mehr vorschreiben. Aber sie sind auf sein Geld angewiesen und stoßen ihn trotzdem immer wieder vor den Kopf. Dass sich Thomas das so gefallen lässt… Und dann die Sucht von Klaus und sein bedenklicher Lebenswandel. Warum spricht er da nicht mal ein Machtwort oder kümmert sich? Er lässt die Kinder einfach machen, als ob ihn das alles gar nichts anginge. Komisch, oder nicht?
Klaus und Erika hatten ja bereits in jungen Jahren Narrenfreiheit, sie hätten wohl früher in ihre Schranken gewiesen werden müssen. Aber gerade für damalige Verhältnisse ist es schon sehr speziell. Wenn ich meine Mutter, oder damals meine Oma, reden höre, durften Kinder zu der Zeit in Gegenwart von Erwachsenen gar nichts sagen
 
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milkysilvermoon

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Klaus und Erika hatten ja bereits in jungen Jahren Narrenfreiheit, sie hätten wohl früher in ihre Schranken gewiesen werden müssen. Aber gerade für damalige Verhältnisse ist es schon sehr speziell. Wenn ich meine Mutter, oder damals meine Oma, reden höre, durften Kinder zu derZeit in Gegenwart von Erwachsenen gar nichts sagen

Ja, das stimmt. Seit der Kindheit ist schon einiges schiefgegangen. Ich hatte das auch nicht nur auf die beiden Kapitel bezogen, sondern insgesamt. Man könnte ja meinen, dass Erika und Klaus mit den Jahren erwachsener und verantwortungsvoller handeln. Aber dem ist größtenteils wohl nicht so. Und das ist mir insbesondere in diesem Abschnitt aufgefallen. Schon für heutige Verhältnisse ist der Erziehungsstil recht lax. Für damalige natürlich erst recht, genau.
 

RuLeka

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Klaus und Erika hatten ja bereits in jungen Jahren Narrenfreiheit
Ich denke, zu diesem liberalen Stil trägt sehr viel Katia bei. Sie ist in einem bürgerlichen, aber sehr offenen Haushalt aufgewachsen. Ihre Großmutter war die frühe Frauenrechtlerin Hedwig Dohm. Da stand ein anderes Frauen- und Gesellschaftsbild im Raum, als bei anderen Familien.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich denke, zu diesem liberalen Stil trägt sehr viel Katia bei. Sie ist in einem bürgerlichen, aber sehr offenen Haushalt aufgewachsen. Ihre Großmutter war die frühe Frauenrechtlerin Hedwig Dohm. Da stand ein anderes Frauen- und Gesellschaftsbild im Raum, als bei anderen Familien.
Ja, super! Die Hedwig wurde zwar erwähnt und dass es bei Pringsheims lockerer zuging, merkt man spätestens an Katias Bruder..., aber ich war jetzt so auf Thomas fixiert...

Der hält sich raus, denkt an seine Kunst, an die Politik. Er spielt erziehungstechnisch keine Geige. Offenbar ist er dem Geld gegenüber ebenso lax (so lange genug da ist).
So wird ein Strick draus!
 
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kingofmusic

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30. Oktober 2018
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"Es gab zwei Männer, zu denen er nicht geworden war, und wenn es ihm gelänge, ihren jeweiligen Geist auf glaubhafte Weise zu beschwören, ließe sich ein Roman aus ihnen machen,"
Komisch, im ersten Moment habe ich geglaubt, er würde die beiden Männer zu "Felix Krull" verarbeiten :D. Aber der wird wohl erst später kommen ha ha ha.
War eine Morphiumabhängigkeit was "Normales". Kein Mensch spricht von Entzug.
Gab es zu der Zeit überhaupt schon etwas in Richtung "Entzug"?
Hier wusste ich auch nur die Fakten, also dass Thomas Mann über BBC Reden an das deutsche Volk gehalten hat.
Mir ist das alles komplett neu. Ich gewinne mit diesem Buch total.
Man kann sich die Reden an die deutschen Hörer auf Youtube anhören mit Originalgeknister des Radios/der Schallplatte im Hintergrund.
Danke für den Tipp; werde ich mal recherchieren.
Alles Mögliche fehlt. Vor allem Betroffenheit. Leid und Trauer werden weitgehend ausgespart.
Muss das denn in jedem Roman spürbar sein? Versteh mich nicht falsch: das Ganze in Nazideutschland passierte ist ein einziges Verbrechen. Wir sind alle stets von den Berichten darüber betroffen - ehrlich gesagt, bin ich aber froh, dass es hier weniger um Gefühle als um die "nackten" Tatsachen geht. Und trotz fehlender Gefühlsbeschreibungen geht es mir nah - jedes verdammte Mal, wenn ich etwas über diesen Irrsinn lese.
Auch wenn er das in dem Interview - das ich übrigens für sehr gelungen halte - mit dem FBI diplomatisch verschweigt.
Ja, das Interview war definitiv eine der stärksten Szenen dieses Abschnitts!
Slipknot" Lärmwellen
Geiler Ausdruck - der gefällt mir. Aber ich bin mit Schlüpferknoten (so meine Übersetzung :D) auch nie warm geworden ha ha ha.