7. Leseabschnitt: Buch Drei, Zweiter Teil (Seite 393 bis 441/Ende)

Literaturhexle

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2. April 2017
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Dieses Buch eignete sich perfekt für unseren Kreis! Ohne euch hätte ich manche Anspielung mit Sicherheit nicht entdeckt. Mir hat das Verschachtelte mit den unterschiedlichen Perspektiven unheimlich gut gefallen. Man musste sich natürlich konzentrieren, wurde dafür aber reichlich belohnt.
Es geht um einen verschollenen Schriftsteller, sein Buch - und um noch viel mehr. Eine außergewöhnliche, faszinierende Lektüre, die ich mit 5 Sternen bewerten muss.
Wie Barbara schon sagte, man bekommt einen Einblick in den Literaturbetrieb, speziell in die Probleme von Literaten, die zwischen den Kulturen agieren und das auf eine unaufdringliche, nachvollziehbare Weise.
Der Roman gefiel mir ähnlich gut wie "Treue" von Hernan Diaz. Auch da durfte man denken und kombinieren;)
Hoppla!
Das sollte ins Fazit und ist mir verrutscht. Also wundert euch nicht, wenn es dort nochmal auftaucht;)
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Hätte mir zu Beginn jemand gesagt, dass wir nichts Elementares über den Inhalt von "Das Labyrinth des Unmenschlichen" erfahren und worin die Faszination für so viele völlig unterschiedliche Menschen liegt, hätte ich gezweifelt, ob ich das Buch überhaupt zu Ende lesen will. Im Laufe der Lektüre ist es mir dann erstaunlicherweise immer weniger wichtig geworden und zuletzt ist es mir ganz egal gewesen.

Exakt diesen Gedanken hatte ich auch. Tatsächlich könnte man das als Schwäche des Romans auslegen. In diesem Fall stört es mich aber nicht so, wie es ein anderes Buch vermutlich getan hätte.

Der Roman gefiel mir ähnlich gut wie "Treue" von Hernan Diaz. Auch da durfte man denken und kombinieren;)

Was die unterschiedlichen Perspektiven und das Mitdenken angeht, habe ich mich auch mehrfach an „Treue“ erinnert gefühlt. Inhaltlich ganz anders, aber in Sachen Raffinesse auf einem Level.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich habe von Anfang an nicht erwartet, das Buch, um das es die ganze Zeit geht, in Sarrs Buch zu lesen. Wie es mit Mythen so geht: jede konkrete Darstellung wäre eine Entzauberung. Es ist besser so.
So richtig begreiflich ist mir Elimanes Verbitterung am Ende aber gerade deshalb nicht. Das Schicksal, totgeschwiegen zu werden, teilt er mit unzähligen anderen Schriftstellern. Nicht zuletzt mit unserem Erzähler selbst. Daraus das Recht herzuleiten, dass in seiner Gegenwart niemand lesen darf, nicht mal die Kinder der Familie ein Schulbuch, scheint mir doch etwas arg verstiegen. Doch ein wenig verstiegen und überambitioniert ist ja in diesem Buch alles - auch dieser Brief mit dem "Brunnenloch" zum Beispiel, was hier erzählt wird, ist unsagbar grässlich, aber eine solche Romantisierung des Bösen, wie sie in der Ansprache des Folterers an das Kind durchscheint, kann ich ganz schlecht vertragen. Es ist natürlich ein Problem, mit dem sich viele Autoren, die über "absolut Böses" schreiben, herumschlagen müssen. Auch Mankell zum Beispiel, der ja auch viel über Afrika geschrieben hat (und Grangé sowieso, der ist Meister darin). *

Ich bin noch gar nicht sicher, was ich aus dem Buch machen soll. Mir geht immer noch dieses Bild im ersten LA herum, wie der Erzähler das "Labyrinth" in Empfang nimmt und in die Gesäßtasche steckt. Das ist so ein Moment, wo Bedeutungsschwere und Komik zusammen auf der Kippe stehen, weil dieses Wegstecken, wie einen Fahrschein oder Einkaufszettel, so belanglos wirkt, als sei das Buch ein Wegwerfartikel. Aber vielleicht lese ich da auch etwas hinein, was gar nicht so beabsichtigt ist. Und solche Stellen gibt es viele, auch bei dem Dialog zum Beispiel, den ich im Kommentar zum vorletzten LA zitiert habe, dieser Ausspruch Gombrowicz' gegenüber der "haitianischen Dichterin". Es steckt ein bisschen Shakespeare-Geist in dem ganzen Roman, Tragik und Witz direkt nebeneinander. Als wolle der Autor uns immer wieder zwischendurch zurufen: "Leute, nun macht doch nicht solche Gesichter!" (Oder auch mit Brecht: "Glotzt nicht so romantisch!" :rofl )

*) Mir fällt da ein Buch von Robert Merle ein, geschrieben nach einigen Interviews mit dem Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß:


Das hat einen ganz anderen Ansatz, die Grausamkeit und Unmenschlichkeit werden darin auf eine ganz banale Ebene heruntergebrochen. Am Ende bleibt ein einsamer Mann in der Zelle, der sich die Stiefel blankwichst, mit nichts als Leere im Hirn.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Das Ende ist doch einfach wirklich gelungen. Nicht nur der Brief von Musimbwa hat es mir angetan, tatsächlich holt mich der Schluss komplett ab und macht die schwarze Magie komplett greifbar. Diégane wartet nun also nur noch auf den Tod, den Elimane ihm zukommen lassen wird, da er seinen Wunsch nicht erfüllt hat und sich (wie all die anderen) zwischen ihn und die Literatur gestellt hat. In dem Zusammenhang hat mir auch sehr gefallen, dass Diégane das Notizbuch im Wasser versenkt - ist das nicht auch das Gewässer mit dem Krokodil und der Erblindung vom Beginn? So oder so: ein rundes und in der Tat sehr schlüssiges und beeindruckendes Ende. Einzig die Engelmann-Geschichte konnte mich nicht überzeugen. Dreißig Jahre hinter diesem Mann herjagen, wo Elimane doch Menschen auch so auf geistiger Ebene in den Selbstmord treiben konnte? Das erscheint mir innerhalb der Anlagen des Texts doch etwas weit hergeholt. Und da bin ich mir auch gar nicht mehr sicher: Wusste Elimane überhaupt, dass Engelmann Ellenstein getötet hat? Insgesamt besitzt dieser Strang etwas zu viel Gewicht innerhalb der Gesamtkomposition - dennoch bin ich sehr zufrieden (nicht vollkommen, aber sehr).