7. Leseabschnitt: 2. Buch / Kapitel 3 (S. 339 bis S. 398)

Anjuta

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8. Januar 2016
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Essen
Vivaldo zieht um die Häuser und hadert mit seiner Beziehung zu Ida. Aber mit was eigentlich genau? Ich werde nicht schlau draus. Es ist ein Mix aus Eifersucht, Bindungsangst und Fremdheitsgefühl irgendwie - immer überlagert von dem permanent präsenten und eine Spannung herstellenden Schwarz-Weiß-Gegensatz -, das ich immer noch nicht greifen kann und das uns auch der Autor sehr angestrengt zu übermitteln versucht. Zum Beispiel so:
Vielleicht liebte sie ihn, vielleicht tat sie das wirklich: aber warum blieben sie einander dann so verschlossen? Vielleicht war er es, der nicht wusste, wie man gibt, der nicht wusste, wie man liebt. Liebe war ein Land, über das er nichts wusste. Und mit äußerstem Widerwillen fragte er sich, ob er sie vielleicht gar nicht liebte. Vielleicht wagte er nur deshalb, sich ihr darzubieten, weil sie nicht weiß war. Vielleicht hatte er irgendwo im tiefsten Inneren gespürt, dass sie nicht wagen würde, ihn zu verachten.
Ach so!:rolleyes:
Jedenfalls erscheint es mir so, dass in diesem Kapitel der Roman etwas auf der Stelle tritt. Wohin geht die Entwicklung noch? Hier erstmal leider gar nirgendshin!
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Hier erstmal leider gar nirgendshin!
Schade, dass Du das so empfindest.
Die drei Personen, die in diesem Kapitel im Mittelpunkt stehen, mit ihren Schwierigkeiten und Gefühlen und Gedanken, werden für mich deutlich nahbarer.
Dass Cass und Richard ebenfalls eine Beziehung haben, die auf vergleichsweise großen Unterschieden beruht, war mir bisher nicht bewusst. Und somit haben jetzt Alle, bis auf Eric, im Grunde genommen das gleiche Problem: die (scheinbare) Nichtanerkennung durch die Anderen. Nur Eric hat wohl seinen Frieden damit gemacht.
Wenn er sich selbst nicht liebte, würde auch Yves ihn nie lieben können. Seite 273
Er akzeptiert sich so wie er ist und entwickelt damit offenbar ein solches Selbstwertgefühl, dass ihm die Meinung der anderen Menschen mehr oder weniger egal ist.
Währenddessen sich Vivaldo mit seiner Eifersucht selbst zermürbt, wird klar, wie wenig von diesem Selbstwertgefühl bei ihm vorhanden ist. Ob eine Liebe so überhaupt funktionieren kann? Und die Begegnung mit Jane ist auch nicht gerade förderlich, denn hier wird deutlich, dass er nirgendwo dazugehört: weder zu den Italienern (hat nicht jemand geschrieben, Vivaldo sei Ire?) noch zu den Schwarzen. Aber ich glaube, es wird ihm in dieser Nacht auf dem Dach klar, wie sehr er Ida liebt.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Teilweise stand ich in diesem Abschnitt echt auf dem Schlauch, so dachte ich bei dem gemeinsamen Essen von Cass und Vivaldo, dass sie mit ihm eine Liason anfangen möchte. Ich habe erst gar nicht an Eric gedacht. Aber irgendwie scheint Cass das jetzt zu brauchen, so blöd sich das auch anhören mag. Ich heiße Fremdgehen nicht gut, aber sie hat sich nach ihren Beschreibungen her gar nicht mehr als Frau wahrgenommen, dass es fast unausweichlich war, dass so was geschieht. Ich frage mich nur, ob die Ehe mit Richard überhaupt noch eine Chance hat.
Rufus taucht ab und an in den Gedanken der Freunde auf, wahrscheinlich völlig normal, dass sich nach einer gewissen Zeit der Trauer der Alltag einschleicht und man nur noch gelegentlich an die Verstorbene Person denkt. Außerdem ist ja auch einiges los im Leben der anderen. Nicht nur Cass und Richard haben ihre Probleme. Eric scheint da noch der abgeklärteste zu sein. Er war auch so fair zu Cass ihr von Yves zu erzählen. Wobei ich mich auch dort frage, ob er Yves gegenüber genauso ehrlich sein wird, wenn der bald zu ihm kommt.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Aber ich glaube, es wird ihm in dieser Nacht auf dem Dach klar, wie sehr er Ida liebt.
Die große Frage ist, ob das ausreichend ist um die Beziehung zu erhalten. Sie stoßen ja leider doch auf viele Vorurteile, dass kann auf die Dauer ganz schön zermürbend sein. Es ist ja nicht nur Vivaldos Familie, auch bei den Nachbarn und dem Vermieter stören sie sich an ihrer Verbindung. Schrecklich
 

ulrikerabe

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S. 388
Hier wärst du nicht gern schwarz und dort wärst du nicht gern Spanier.... Die Frage ist was wollen wir sein!

Das ist die Frage aller Fragen.

Damit setzt Baldwin auch einen interessanten Blickpunkt. Denn er schreibt fast ausschließlich über Weiße und ihre Suche nach Identität.

S. 340
...erinnere ich mich, meine ich mich zu erinnern, wie es war jung zu sein...als alles Fühlen, Schmecken - alles - so neu war und selbst Leiden war herrlich, weil es daneben nichts anderes gab.

So wirkt es im Nachhinein. Um nichts in der Welt möchte ich je wieder so jung sein.
Kenn ich, beides. :)
 
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ulrikerabe

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Die große Frage ist, ob das ausreichend ist um die Beziehung zu erhalten. Sie stoßen ja leider doch auf viele Vorurteile, dass kann auf die Dauer ganz schön zermürbend sein. Es ist ja nicht nur Vivaldos Familie, auch bei den Nachbarn und dem Vermieter stören sie sich an ihrer Verbindung. Schrecklich
Ich habe auch den Eindruck, dass es für Ida nicht reicht. Eigentlich habe ich den Eindruck, dass es Ida schon ziemlich reicht. Wobei ich die Szene mit den zerschlagenen Tellern schon einen Tic zu dramatisch empfand.
 

ulrikerabe

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Vivaldo zieht um die Häuser und hadert mit seiner Beziehung zu Ida. Aber mit was eigentlich genau? Ich werde nicht schlau draus. Es ist ein Mix aus Eifersucht, Bindungsangst und Fremdheitsgefühl irgendwie - immer überlagert von dem permanent präsenten und eine Spannung herstellenden Schwarz-Weiß-Gegensatz -, das ich immer noch nicht greifen kann und das uns auch der Autor sehr angestrengt zu übermitteln versucht. Zum Beispiel so:

Ach so!:rolleyes:
Jedenfalls erscheint es mir so, dass in diesem Kapitel der Roman etwas auf der Stelle tritt. Wohin geht die Entwicklung noch? Hier erstmal leider gar nirgendshin!
Den Eindruck habe ich leider auch beim Lesen. Immer wieder dasselbe Hadern, in unterschiedlichen Konstellationen.
 
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ulrikerabe

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14. August 2017
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Bei Eric habe ich mich tatsächlich gewundert, dass er mit Cass ins Bett geht. Ich dachte er sei über die Phase des Orientierens und Ausprobierens hinaus.
Oder ist ein Mann mit ein bisschen Gezittere tatsächlich so leicht umzupolen. Glaub ich nicht.
 
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Literaturhexle

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2. April 2017
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Jedenfalls erscheint es mir so, dass in diesem Kapitel der Roman etwas auf der Stelle tritt. Wohin geht die Entwicklung noch? Hier erstmal leider gar nirgendshin!
Du hast es sehr gut in Worte gefasst. Befindlichkeiten. Immer wieder Befindlichkeiten. Wahrscheinlich hoch interessant für Menschen, die sich auch so zerrissen fühlen. Diese Zerrissenheit zwischen den Polen bringt Baldwin sehr gekonnt zum Ausdruck. Das muss man ihm lassen. Man kann sich das Innenleben seiner Protas gut vorstellen.

Dass Cass und Eric eine Liaison beginnen, hat mich überrascht. Baldwin hat uns so viel von dieser einzigartigen Liebe zu Yves berichtet.... Kaum macht Eric jemand Avancen, kann er nicht widerstehen. Das hat nichts mehr mit Ausprobieren zu tun. Wahrscheinlich ist er bisexuell und kann schlecht etwas anbrennen lassen. Regelmäßigen Kontakt zu seinem französischen Lover scheint er auch nicht zu suchen (allerdings dürfte das damals noch irre teuer gewesen sein).
Cass ist die frustrierte Hausfrau. Die Kinder spielen nur statische Rollen. Man muss sich kaum um sie kümmern, es sei denn, sie werden von Schwarzen niedergestreckt. Sie hat also genug Zeit, auf Freiersfüßen zu wandeln. Interessant, dass alle Beziehungen innerhalb eines solch kleinen Figurenkreises vonstatten gehen. Eric hatte doch wohl auch mal ein Verhältnis mit Rufus, oder?

Ida kann ich am besten verstehen. Sie verdient das Geld, sie kauft ein, putzt, kocht. Sie kümmert sich um das Leben, während Vivaldo große Reden schwingt und mehr Geld ausgibt, als er verdient und von der großen Karriere träumt. Ida hat gesunden Menschenverstand, bringt die Dinge auf den Punkt - z.B. als Vivaldo mit seiner Familie telefoniert.
Tatsächlich scheint sich bei Ida eine kleine Karriere anzubahnen. Anstatt dass V. es ihr gönnt, läuft er Amok vor Eifersucht und lässt sich zulaufen. Wie ein kleines, motziges Kind. ich habe ein Problem mit den männlichen Figuren:rolleyes:.