6. Leseabschnitt: Teil III. / Kapitel 9 bis 17 (Seiten 421 bis 512)

buchregal

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8. April 2021
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So, nun habe ich den letzten Abschnitt auch gelesen.

Die Resi führt den Gellert zum Grab seines Vaters und Gellert, der lange gezögert hatte, ist glücklich. Er drängt die Martha dazu, das Interview mit Alois zu führen. Martha hätte sich wahrscheinlich nicht vorstellen können, was sich da ergibt. Leider hat die Erregung darüber nicht lange vorgehalten und die Dunkelblumer sehen das zum größten Teil ja auch ganz anders. Das sieht man ja auch, wie sich Bürgermeister Koreni windet und die Hakenkreuze als Tat von Jugendlichen, die keine Ahnung haben, entschuldigen will. Das kann so sein, aber ich denke, nicht nur die ausgesprochenen Einstellungen, sondern auch das Unausgesprochene in dem Ort hat Auswirkungen auf die nächsten Generationen.

Die Flocke taucht wieder auf und hat im Die Frau und Tochter vom Reinhold im Kofferraum rübergebracht.

Als dann weitere Flüchtlinge über die Grenze geholt werden, kann man sich in Dunkelblum als Helden darstellen und so übertünchen, wie braun man ist. Dr. Sterkowitz findet bei den

Die Tote auf der Rotensteinwiese wird zu einem Mann, weil ein Helm gefunden wurde. Die Diebin in der Tankstelle war also die Nichte von Inge Stipsits, die nicht wieder aufgetaucht ist. Und die verschwundene Hand taucht ausgerechnet beim Karli wieder auf. Aber wie ist das Knöchelchen in Antals Glocke geraten?

Lowetz hat die Dielen kaputtgemacht, um etwas zu finden, das im Kasten liegt. Im fällt das ausgerechnet ein, als er sich mit Flocke unterhält. Bei Sichten kann er gar nicht viel mit den Aufzeichnungen anfangen.

Dunkelblum bekommt einen neuen Arzt. Ich finde, dass sie diesen dunkelhäutigen Dr. Bello verdient haben.
 

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8. April 2021
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Ich habe die Vermutung, dass das die Inge ist.
So sieht es aus.
Dieses Interview hat mich an die Tonbandaufnahmen von Adolf Eichmann erinnert. Man versetzt die Leute in ihr altes Leben zurück und schon sind sie darin völlig versunken. Alles Unrecht, jede Konsequenz und Erkenntniss scheint plötzlich verschwunden.
Solche Menschen sehen ja ihr Unrecht nicht, sie glauben sich immer noch im Recht. Wie soll es da zu Erkenntnissen kommen?
Hat Horka das Fingerglied in die ursprüngliche Ladenklingel getan, damit es in seinem Haus nicht klingelt. Das würde bedeuten, dass er die Inge Stipsits vergewaltigt und getötet hat. Zuzutrauen wäre es ihm. Der Roman deckt nicht alles auf...
Was eigentlich auch gut ist. Denn Dunkelblum hat viele Geheimnisse, einige wurden aufgedeckt, aber eben nicht alle.

Richtig krass ist das mit dem Interview. Jetzt muss ich mal fragen, hat es im Ernst Leute gegeben, die sich in den Achtzigern noch so geäußert haben? Und nicht Leute im Exil oder in Haft, sondern aus einem normalen bürgerlichen Dasein heraus? Mal abgesehen von der Verirrung selbst, wie kann jemand so blöd sein, sich so darzustellen?
Ich glaube, dass es Menschen gibt, die ihre Gesinnung nicht aufgegeben haben und ihr Leben lang der Meinung sind, dass alles gut war. Sie haben vielleicht nicht so offen darüber geredet, aber es braucht nur einen minimalen Anstoß, dann bricht es hervor.
 

buchregal

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8. April 2021
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Lowetz wird erst jetzt mit aller Deutlichkeit klar, dass mit seiner Mutter das Wissen um viele Geschehnisse in Dunkelblum unwiderruflich dahin ist - vielleicht auch ein kleiner Hinweis an uns 'jüngere' Lebende, mit den 'Alten' zu reden.

Das merkt man nur leider immer erst, wenn es zu spät ist. Heute würde ich manches gerne wissen wollen, habe aber niemanden mehr, den ich fragen kann. Doch vor Jahren noch, wäre ich auf diese Fragen gar nicht gekommen. Das hat sich erst ergeben, als ich mich intensiver mit der Historie beschäftigt habe.
nämlich, dass der Sterkowitz ein falsches Geburtsdatum bekommen hat und somit im Krieg eigentlich viel älter war. Da steckt bestimmt auch eine Reinwaschung dahinter.
Vielleicht war es aber wirklich nur ein Fehler. Nur weil er die Listen bestätigt hat, wurde bestimmt nicht nur an verschiedenen Stellen gemauschelt.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Ist das nicht rührend? Bei diesem Buch passt jeder Schnipsel.

Sehr raffiniert gemacht, ja. Ich finde solche komplexen, verschachtelten Romane immer wieder beeindruckend. Ich denke, es bedarf einer sorgfältigen Vorarbeit, bevor man sich ans Schreiben setzt. Mich würde die Entstehungsgeschichte des Buches interessieren. Und manchmal würde ich gerne in die Notizen der Autorinnen und Autoren spicken. :D

Was eigentlich auch gut ist. Denn Dunkelblum hat viele Geheimnisse, einige wurden aufgedeckt, aber eben nicht alle.

Ja, wie ich schon vermutet habe, wird nicht alles aufgelöst. Aber das ist wohl Absicht und ich finde, es passt in diesem Fall auch ganz gut. Ich kann damit leben, dass es noch ein paar Geheimnisse gibt - wie im echten Leben. Vermutlich wird es deshalb auch keine Fortsetzung geben.
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Normalerweise steh ich nicht auf diese Zaunpfahlwinkmethode, aber in dieser "alle"umfassenden Geschichte, war sie, zumindest bei mir, bitter nötig (nein, liebe Wanda, ich habe mir leider keine Notizen gemacht, was ich allerdings schon nach dem 2. LA bereut habe).

Ja, ich war auch froh drüber. Ich lese normalerweise sehr aufmerksam und finde Wiederholungen langweilig. Aber hier hat es geholfen. Ich werde das Buch beizeiten aber noch mal hervorkramen. Ich glaube, dass mir trotzdem das eine oder andere durch die Lappen gegangen sein könnte.

Interessant finde ich auch, dass die Lesenden die Zusammenhänge sehen, während die Figuren, die inmitten des Geschehens sind, das Offensichtliche nicht erkennen.

Dazu passt die Erzählperspektive wirklich perfekt.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Das sieht man ja auch, wie sich Bürgermeister Koreni windet und die Hakenkreuze als Tat von Jugendlichen, die keine Ahnung haben, entschuldigen will. Das kann so sein, aber ich denke, nicht nur die ausgesprochenen Einstellungen, sondern auch das Unausgesprochene in dem Ort hat Auswirkungen auf die nächsten Generationen.
Es fällt das Wort "Bagatelle" und das ist empörend. Genau wie die Tatsache, dass jüdische Friedhöfe zumindest in unsere Umgebung immer abgeschlossen sind - aus Sicherheitsgründen. Eine Schande!

Dass ich so langsam gelesen habe, hat den Vorteil, dass ich nun von all euren klugen Gedanken profitierien kann. Auf die Sache mit dem Helm bin ich noch von selbst gekommen, aber das Knöchelchen hatte ich nicht mehr auf dem Schirm. Aber klar, als ich eure Beiträge gelesen habe, fiel es mir wieder ein.

Über den farbigen Doktor Bello musste ich laut lachen. Hoffentlich hat er die Nerven, die er in Dunkelblum sicher braucht. Man wird dort auf ihn angewiesen sein und manch einer wird seine Vorurteile hinunterschlucken müssen. Aber vielleicht lernt auch der ein oder andere "in der Not" etwas dazu?
 

Barbara62

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Ich kann noch ein paar Informationen zum Buch aus der Veranstaltung mit Eva Menasse im Literaturhaus Hamburg vom 31.08. beisteuern:

- Dunkelblum ist ausdrücklich kein Dorf, sondern eine Kleinstadt, das war ihr wichtig. Grund dafür ist die Grafschaft.

- Reales Vorbild ist die Stadt Rechnitz, die traurige Berühmheit dadurch erlangte, dass man dort am 24./25.03.1945 ungarische Zwangsarbeiter massakrierte. Das Massengrab wurde bis heute nicht gefunden!

- Ähnliche Verbrechen ab es an ca. 120 Orten entlang des Walls, die Massengräber wurden anderswo aber entdeckt.

- Interessiert hat sie an dem Sujet, wie unterschiedlich die Menschen damit weiterleben.

- Alle Fakten sind penibel recherchiert, nur die Figuren sind erfunden.

- Ihre "Pinnwand" hat Eva Menasse nur im Kopf. Die Puzzleteile findet sie beim Schreiben.

Damit ist wohl geklärt, warum die Toten im Roman verschwunden bleiben. Ich tippe ja auf die Wiese an der Grenze in Ehrenfeld, die der Ferbenz nicht bebaut haben will.
 
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Sassenach123

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Dieses Interview hat mich an die Tonbandaufnahmen von Adolf Eichmann erinnert. Man versetzt die Leute in ihr altes Leben zurück und schon sind sie darin völlig versunken. Alles Unrecht, jede Konsequenz und Erkenntniss scheint plötzlich verschwunden.
Leider ist er, ähnlich wie Eichmann, immer noch überzeugt von dem was damals geschah. Es war schon heftig zu lesen wie er über die Augen Hitlers schwärmte
 

Sassenach123

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Genau so ist es! Bei mir hatte es schon geklingelt, als der Helm als Fundstück in der Nähe der Gebeine gefunden wurde. Hier wird nun ein wunderschöner Schuh draus: warum tut sie das? Aus LIEBE.

Und aus Liebe zu ihrer Mutter hat sie den Fund mit einem Helm versehen, damit weiter von einer lebenden Tante Inge geträumt werden kann. Ist das nicht rührend? Bei diesem Buch passt jeder Schnipsel.
Ohne euch wäre mir das jetzt definitiv entgangen. Ich hatte das mit dem gestohlenen Helm gar nicht mehr auf dem Schirm. Dies ist ein Roman wo man sich 1000 Notizen machen muss, damit einem nichts entgeht.
Aber ich hab ja euch;)
 

Sassenach123

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Hätte es zu der Zeit schon Handys gegeben, wäre das Drama um Flocke nicht entstanden. Eine beherzte Tat, wenn es auch besser gewesen wäre, eben jemanden zu informieren.
Lowetz fällt dann zu guter letzt doch noch ein, wo er selbst die Unterlagen hingepackt hat, und erkennt gar nicht, welche Informationen sich darin befinden.
Der Roman bot enorm viele Infos, und ich bin mir sicher, ein paar Dinge habe ich definitiv überlesen.
Das Karli mit den Schmierereien zu tun hatte, habe ich mir gedacht, allerdings war sein Opa etwas unfair bei dem Gespräch mit Sterkowitz, denn seine Bemerkung hat den Jungen dazu geführt, und nun spielt er den ahnungslosen. Die Dunkelblumer ändern sich wohl nie, wenn es um gewisse Dinge geht.
 

Sassenach123

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Reales Vorbild ist die Stadt Rechnitz, die traurige Berühmheit dadurch erlangte, dass man dort am 24./25.03.1945 ungarische Zwangsarbeiter massakrierte. Das Massengrab wurde bis heute nicht gefunden!
Das Rechnutz als Vorbild diente, habe ich mitbekommen, dass das Massengrab bis heute nicht gefunden wurde, wusste ich nicht. Schon eine traurige Vorstellung