6. Leseabschnitt: Seite 205 bis 244

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich finde ja dass der Abgebildete eine gewisse Ähnlichkiet mit Gerard Depardieu hat. Aber das löst auch einen gewissen Widerwillen in mir aus.

Ich kannte das Bild schon früher und habe, ehrlich gesagt, die Haltung der Arme und Hände nie beachtet. Nur das Gesicht, und das finde ich oberflächlich streng, im Innern aber freundlich.
Gestern abend habe ich das Bild meiner 31jährigen Tochter gezeigt und sie nach ihrer Meinung gefragt.
Sie sagte sofort: "Der sieht aus wie so ein Erbonkel, den sein (malender oder dichtender) Neffe fragt, ob er ein paar Hunderter für eine Italienreise haben könnte. Der Onkel schimpft und nennt das eine Schnapsidee, und als der Neffe zur Tür rausgeht, steckt der Onkel ihm noch rasch - mit Grummeln - eine volle Brieftasche zu."
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Geht es dabei nicht um Voreingenommenheiten? Was wir denken, glauben wir auch zu sehen?
Es ist aber nicht so, dass ich bei jedem Bild, das ich sehe, automatisch an Gerard Depardieu denke :)

Also wenn mir jemand ein Bild zeigt und sagt, schau, ist das nicht ein dicker französischer Schauspieler (auch wenn jemand ganz anderer abgebildet ist), dann könnte es sein. Aber wenn mir jemand ein Bild zeigt, und sagt "Hey ein Banker!", dann sehe ich auch vielleicht einen. Habe ich aber nicht.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Dieser Abschnitt war interessant, man erfährt viel über die Entwicklung und den medizinischen Fortschritt, dem Pozzi sehr aufgeschlossen war. Es zeugt von Weitsicht seinen Kollegen zu unterstützen, als er merkt, dass er nicht auf Interesse stößt.
Ansonsten bin ich teilweise schockiert, was es zu dieser Zeit für Laster gab. Äther zu trinken beispielsweise, ich habe vorher noch nie etwas darüber gelesen. Unvorstellbar.
Pozzi und seine Frau gehen nach fast 30 Jahren getrennte Wege. Ob es daran lag, dass die Kinder nun ihr eignes Leben führten. Bis auf den Jüngsten, der ja psychiatrisch behandelt wird. Habe ich da etwas überlesen in den vorherigen Abschnitten? Mir war gar nicht bewusst, dass die Pozzis ein Sorgenkind in diesem Sinne hatten.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Barnes' spontane Interpretation des Porträts hat mich überrascht, weil ich in dem Dargestellten eher einen gütigen, originellen Alten à la Dickens erkennen würde - sieht man von der Haltung der Ellbogen ab, die schon etwas aggressiv wirkt.
Aber natürlich kann ein Bild ganz anders wirken, wenn man es im Original sieht, statt reproduziert auf einer Buchseite.
interessant fand ich auch die Enthüllung, dass er über das Gemälde des Mannes im roten Rock erst Interesse an Pozzi und seinem Leben bekommen hat.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Pozzis langjährige Liaison mit Emma war eine Flucht aus seiner gefühlskalten Ehe.
Das war anscheinend sogar sehr offensichtlich, da sein Sohn dies in einem Brief an seine Schwester genauso formulierte. Es muss für die Kinder schwer gewesen sein dies zu ertragen
 
Zuletzt bearbeitet:

Xirxe

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19. Februar 2017
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interessant fand ich auch die Enthüllung, dass er über das Gemälde des Mannes im roten Rock erst Interesse an Pozzi und seinem Leben bekommen hat.
Pozzi ist an sich nicht so bekannt, da ausser seinen Fachschriften nicht allzu viel von ihm überliefert ist. Die Ausstellung in der dieses Bild präsentiert wurde, bekam sehr viel Aufmerksamkeit, auch durch dieses Bild. Es ist ja schon sehr auffallend und durchaus beeindruckend.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Hier im sechsten Abschnitt stößt die fragmentarische Textgestaltung an die Grenzen meines Leseflusses. Kaum habe ich mich in Pozzis häusliche Szenen niedergelassen und ergreife für Catherine Partei, da wird die Aufmerksamkeit wieder auf die Dreyfus-Affaire gelenkt.
Das habe ich auch so empfunden. Die Sprünge zwischen den Geschichtchen sind jetzt doch sehr arg zu spüren und ich wünschte mir, dass Barnes sich mehr auf Pozzi und seine Familie konzentriert hätte. Langsam ist meine Aufmerksamkeit erschöpft.
Die Überlegungen zum Roman, zur Kunst. Ein Buch ist nicht moralisch oder unmoralisch, sondern einfach nur gut oder schlecht geschrieben. Und: „ Kunst entsteht nicht aus guten Absichten.“
Solche Überlegungen finde ich auch immer anregend. Allerdings geraten sie mir hier etwas kurz. Ich bevorzuges, wenn ein Autor/Denker nicht nur schöne Worte macht, sonder auch ein bisschen erklärt. Warum führt Barnes das nicht weiter aus? Er beschreibt so viele Kunstwerke, wendet aber diese Aussagen nicht auf sie an, oder ist mir das entgangen?

Wir erfahren jetzt wichtige Details aus Pozzis Karriere und Leben.
Ich dachte, darum ginge es in dem Buch. Der Rest hätte gern kürzer ausfallen können.

Im allgemeinen fragt man sich: muss man das alles wissen? Will man es wissen? Waren diese Gestalten einen Nachruf wert? Don't know.
Nö.

Was ich sehr vermisse, ist die Anbindung an die Politik der Zeit. Wenigstens einige Orientierungssätze hätten drin sein können.
Da stimme ich dir zu. Mir fehlt auch die Gesamteinkleidung, der Rahmen. Irgendwie wirkt es verzettelt.

Böser ausgedrückt: historischer Klatsch und Tratsch unter dem Deckmantel einer Pseudobiographie von Herrn Pozzi. Aber immerhin schön formuliert ;)
Barnes hat sicherlich mehr gewollt als das, vllt. eine Art Sittengemälde der Zeit. Leider verliert er sich dabei für meinen Geschmack zu sehr in Einzelbetrachtungen. Etwas mehr Mörtel hätte das Ganze zu etwas Großartigem werden lassen.

Volle Zustimmung für alle drei Punkte. Die Details aus Pozzis medizinischer Karriere dürften für mich sehr gerne detaillierter sein, aber das interessiert Barnes offensichtlich nicht. Die politischen Umstände fehlen mir sehr. Pozzi war Senator - wie wurde er das, was waren seine Aufgaben und wofür hat er sich politisch eingesetzt? Und die Details über die B-Promis bleiben bei mir definitiv nicht hängen. Also Licht und Schatten, aber definitiv mehr Licht. Ich überlege inzwischen, ob ich mir die Biografie über Pozzi anschaffen soll, um die Leerstellen auszufüllen.
Sehr schön auf den Punkt gebracht, wobei mein Interesse defintiv nicht ausreichend genährt wurde, mir die Biografie anzuschaffen und diese zu lesen.