Zusammenfassung:
1901 stirbt der erste Teil des reisenden Trios: Der
Prinz. Er lässt sich im Familiengrab der Singers beidetzen, wohin ihm Winaretta 42 Jahre später folgen wird. Epitaph: Selig im Glauben, selig in der Liebe.
Ein Paar, das auf seine Art Erfüllung gefunden haben muss.
Bösewicht
Jean Lorrain stürzt sich auf den Klatsch um die Witwe- weit unter der Gürtellinie...
Es folgt eine weitere Charakterisierung Lorrains: Aggression, Selbsthass, Maßlosigkeit, Klatschmaul, Satanismus. Erst die Künstlerin Jaquemin schafft es, ihn in die Schranken zu weisen. Erst macht sie ihm Angst, dann verklagt sie ihn erfolgreich, so dass er pleite wird. Gut gemacht!
Auch Pozzis Klinik wird von Lorrain verunglimpft: Erst lässt er sich dort operieren, dann verbreitet er üblen Klatsch.
Irgendwas muss Pozzi an dieser Unperson gereizt haben. Vielleicht hat man Lorrain aber auch nicht so ernst genommen. Wir wissen es nicht.
Wieder ein paar Einsprengsel über einen Einbruch bei
Montesquiou, Kugeln auf einen Dreyfusischen Anwalt. Letztes ist interessant, weil der Täter frei gesprochen wurde: Man habe nicht auf einen Menschen, sondern auf eine Idee geschossen
. So gut erging es Oscar Wilde vor einem englischen Gericht nicht, dessen Prozess nun noch etwas ausführlicher erläutert wird. Die britische Justiz hat wenig übrig für abstrakte Ideen: Wilde muss in Haft.
Jean Lorrain wird von Kriminellen gerne als geistiger Anstifter genannt. Das bringt ihnen zwar keinen Freispruch, trotzdem setzt ihm die Presse zu:
[zitat]Literatur könne wie Gift wirken, verkündete die Presse beharrlich. S. 223[/zitat]
Dass Lorrain zu Mord und Missbrauch angestiftet haben soll, geht ihm doch zu weit. Wilde wird als der irische Lorrain bezeichnet, niemand will dessen Freund sein.
Endlich gibt es Fakten aus
Pozzis Familie. Tochter Catherine hält zur Mutter und ergreift Partei. In einem Streit bekommt sie schon einmal die Schläge des Vaters zu spüren, hält ihren Vater für selbstgerecht und unmoralisch. (Hey, da ging es richtig ab! Nix von wegen disziplinierte Zurückhaltung!)
Für ihre Mutter empfindet C. Mitleid. Der mittlere Bruder Jean wiederum ergreift in einem Brief Partei für den Vater. Er ist der Meinung, die Mutter solle die Liaison mit Emma F. tolerieren und ihnen das Elternhaus erhalten. Diese Ansicht entspricht wohl auch der eingangs beschriebenen französischen Ehe.
Catherine bekommt die Chance, in England zu studieren. Ihre Mutter erstickt dieses akademische Flämmchen sofort und nimmt ihrer Tochter damit die Chance, ein selbst bestimmtes Leben zu führen. Sie ebnet ihr den Weg in dasselbe Schicksal, das sie selbst erlitten hat. Daran sieht man, dass Frau Pozzi entweder wirklich religiös verblendet oder egoistisch ist und die Tochter bei sich halten will. 1909 bricht die Familie endgültig auseinander, eine Scheidung gibt es jedoch nicht. Catherine heiratet, wird schwanger, trennt sich. Tragisch, dass sie denselben Fehler wie ihre Mutter begeht.
Die Presse schießt sich auf den Dreyfusarden Pozzi ein, er ist perfekt geeignet: seine Judenliebe, seine Internationalität, der Atheismus, das Freidenkertum, sein Fortschrittsglaube machen ihn zur Zielscheibe, was ihn aber wenig tangiert. Er setzt seine Karriere fort, lernt in Amerika den zuküntigen Nobelpreisträger Alexis Carrel kennen, lernt viel von ihm über gute Nähte und macht sich zu dessen Sprachrohr. Die Tierversuche lesen sich nicht so leicht - arme Wanda!
Zwischendrin Einsprengsel über Bild und Werk und Rezeption desselben; Übergang zum Bildnis des Dorian Grey; Übergang zum dramatischen Tod Wildes und Lorrains unter Absonderung diverser unangenehmer Körpersäfte: Sie starben wie sie lebten
.
Für mich interessant: Auf alten Fotos wird nicht gelächelt, weil die Belichtungszeiten zu lang und der Respekt vor der neuen Technik zu groß war. Genau das hatte ich mich vor kurzem beim Anschauen alter Bilder gefragt: Warum gucken die alle so grimmig?