6. Leseabschnitt: Kapitel 54 bis Ende (S. 365 bis Ende)

Emswashed

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9. Mai 2020
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Es hört nicht auf. Es hört nicht auf, absurd und zusammenhanglos zu sein.
Erst rückt Kadoke wieder nur mit einer Halbwahrheit zu seiner Affäre raus und redet sich auch noch dreist ein "ihr [Anat] damit die Situation zu erleichtern" zu wollen und dann will und kann er sich nicht zwischen zwei Lebensentwürfen entscheiden.
Anat ist auch eindeutig der diesseitigen Welt entrückt und sieht das Handeln ihres Mannes wieder mal als Gottes Prüffung... wie verquer ist das denn?!
Aufopferungsvoll backt sie Kekse für das wöchentliche Techtelmechtel. Erst habe ich mit einem GPS-Sender in der Dose gerechnet, aber sowas gabs im 19. Jahrhundert ja nicht. Wie konnte sie so sicher sein, dass ihr Mann nicht auch von den Keksen isst, oder hat sie es in Kauf genommen. Und warum nimmt sich der Autor ausführlichst Zeit für die Sexszenen, während er die Gemütsregungen sämtlicher Frauen im Dunkeln lässt.

Aber was unterstellt mir Grünberg, wenn er auf der vorletzten Seite andeutet, dass [jegliches Missverständnis] mit "oberflächlichem Lesen zu tun hat. Oh ja, den Zaunpfahl habe ich winken sehen, schmolle aber, weil ich echt nicht weiß, was ich da übersehen haben soll.

Die kurze Rückkehr zum Palästinensermord im Namen des Jüdischen Glaubens, reicht mir nicht als Rechtfertigung für diese Geschichte.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Haha, Ems. Es kommt drauf an, wie man schaut.

Da hat also die durchtriebene und verzweifelte Anat zum Präventivschlag ausgeholt! Na, in Wirklichkeit stellt sich das alles ein bisschen anders dar. Wenn man nachzählt, wieviele Rakten und Bomben täglich auf Israel fallen, ist man nicht mehr so sehr geneigt, das Märchen von den netten Nachbarn aufrechtzuerhalten.

Die Botschaft versteht man wohl: was mir im Weg steht (Israel), mache ich platt.
Ich teile diese Ansicht nicht.
 

sursulapitschi

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18. September 2019
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Ich bin jetzt wirklich verärgert. Müssen wir uns tatsächlich noch eine wild konstruierte Dreiecksgeschichte antun, nur um das Thema Homosexualität abzudecken, den Bogen an Gegensätzen weit möglichst zu spannend und dann einen Anlass zu haben, über Schuld und unschuldige Orte zu philosophieren?
Ja, natürlich ist die Situation und die Beziehung wunderbar anstößig und symbolträchtig. Damit könnte man monatelang Kinder im Deutschunterricht in den Wahnsinn treiben und gemeinsam mit dem Geschichtslehrer ein Projekt auf die Beine stellen, aber ich habe keine Lust dazu, das zu analysieren.
Hier versucht jemand nach Kräften zu schockieren, um dann mit der Moralkeule auszuholen. Das ist mir zu plump.
Der Schlussgag mit Michette ist ganz nett, aber auch den muss er mit Moral zustopfen.
 

sursulapitschi

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Renie

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An diesem letzten Abschnitt gefällt mir, dass Kadoke langsam in seinem neuen Leben ankommt, sich damit arrangiert und sein eigenes Ding macht, unabhängig davon, was andere davon halten könnten. Wobei er an letzterer Einstellung noch arbeiten muss. Er zieht sein Ding zwar durch, hat aber dennoch Angst vor dem Urteil der anderen und verplempert seine Zeit mit Rechtfertigungen und Erklärungen. An Opfer-Anat beißt er sich die Zähne aus. Nachvollziehbar, dass sie not amused ist, dass ihr Ehemann ein Verhältnis hat. Anstatt ihn zum Teufel zu schicken, suhlt sie sich jedoch in ihrer Opferrolle und nimmt gern die Leiden auf sich, die ihr der Ewige auferlegt hat, da sie noch nicht schwanger ist. Doch scheinbar gibt es hier unterschiedliche Opferstandards. Beim Fremdgehen ihres Mannes geht es nur um sie. Doch als sich das Objekt von Kadokes Begierde als ein Palästinenser erweist (Geschlecht egal), der ein Mörder am Volk Israel sein wird, geht es nicht mehr nur um sie. Also bringt sie den Liebhaber um die Ecke und rettet somit ihr Volk. Was ist schon ihre Kinderlosigkeit gegen den Untergang eines ganzen Volkes.
Anat setzt dem Rezept ihrer Mutter, was eine glückliche Ehe betrifft, im Übrigen noch einen drauf, von wegen "Gleichgewicht des Schreckens, bei dem die betreffenden Parteien nicht zögern dürfen, notfalls Gewalt anzuwenden,...". Wäre es mal bei den Suppenkellen geblieben. Stattdessen drohte dem Ehemann der Gifttod, wenn auch als Kollateralschaden.
 

Xirxe

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Was für ein Ende! Ob da nicht noch was kommt? Der Autor meinte ja, Kadoke sei ihm so sympathisch, dass er nach Muttermale einfach über ihn weitergeschrieben habe.
Ansonsten kann ich nichts mehr hinzufügen, was @Renie nicht schon wohlformuliert festgehalten hat. Witzig fand ich noch die Auswahl an Keksdosen: Hier wurde wohl die Wahrscheinlichkeitsrechnung in die Praxis umgesetzt ;)
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Und am Ende ist sie dann doch schwanger. Ich hatte schon vermutet, dass sie heimlich verhütet, und alles nur Theater ist, naja. Mit Gift habe ich nicht gerechnet, ich bin dem Autor was das angeht voll auf den Leim gegangen. Anästhesie Gesäusel, dass sie dann das Gefühl hätte dabei zu sein, erschien mir sehr realistisch, wosie doch sonst auch immer sehr verquer reagiert hat.
Schon makaber, dass am Ende fast alles wieder beim Alten zu sein scheint. Kadoke wird wieder verachtet, und sogar Michette taucht wieder in seinem Leben auf. Er vertröstet sie erstmal auf morgen,aber wie ich ihn kenne, ist das Thema noch lange nicht durch. Und Vater lebt noch!
Stoff für einen weiteren Roman bietet das Ende ja allemal, doch ich bin froh mich anderen Büchern widmen zu können.
 

Sassenach123

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Grünberg schreibt gerade an seinem dritten Roman über Kadoke. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das lesen möchte.
Kennst du den ersten Teil? Wenn ja, ist der vom Stil her mit diesem vergleichbar? Wenn man sich Berichte über seine Vorgängerromane durchliest sind sie ja durchweg positiv.
 

MRO1975

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11. August 2018
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Es hört nicht auf. Es hört nicht auf,
Damit fasst du den letzten LA treffend zusammen. Ca. 70 Seiten immer dasselbe. Dann noch ein Mord, um zum Ende zu kommen. Gähn...

Aber was unterstellt mir Grünberg, wenn er auf der vorletzten Seite andeutet, dass [jegliches Missverständnis] mit "oberflächlichem Lesen zu tun hat. Oh ja, den Zaunpfahl habe ich winken sehen, schmolle aber, weil ich echt nicht weiß, was ich da übersehen haben soll.
Den Zaunspfahl habe ich gesehen und für einen schwachen Verteidungsversuch gehalten. Hier war nix zu überlesen, alles viel zu grell.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Kennst du den ersten Teil? Wenn ja, ist der vom Stil her mit diesem vergleichbar? Wenn man sich Berichte über seine Vorgängerromane durchliest sind sie ja durchweg positiv.
Das Buch ist nicht so grotesk wie „ Besetzte Gebiete“. Dort war ich nur kurzfristig irritiert, als sich herausstellte, dass die Mutter von Kadoke einen Penis hat. Und man schüttelt natürlich auch den Kopf, wenn Kadoke Michette bei sich aufnimmt. Professionell ist das nicht.
Aber nur zum Bedenken: „ Besetzte Gebiete“ wird in den Niederlanden als Grünbergs bester Roman gefeiert. Dort scheint man ein anderes Verständnis von Humor zu haben.
 

claudi-1963

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29. November 2015
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Eigentlich tragisch, das Kadokes Affäre zu so einer Tat führt, doch irgendwie hatte ich damit gerechnet. Den das Kadoke sich mit einem Mörder eingelassen hat, geht in Anats Augen ganz und gar nicht. Ich denke da ist Kadoke natürlich weitaus toleranter als die ganzen Juden aus seinem Dorf. Den diese mussten schon jahrelang mit den Auseinandersetzungen der Palästinenser leben. Trotzdem sollte man nicht alle über einen Kamm scheren, den Fahed ist alles andere als ein Mörder gewesen, den sonst hätte er wohl kaum eine Jüdin geheiratet.

In vielen Regionen Israels läuft das miteinander zwischen Palästinensern und Juden auch sehr gut, es gibt wenig Probleme. Doch ich denke gerade in der Westbank ist das sicherlich weitaus schwieriger.
Warum hat er Anat nun doch erzählt das er sich mit einem Mann eingelassen hat? Und warum erzählt er ihr das er Palästinenser ist, wo er doch weiß was für Probleme sie mit denen hat? Hätte er sich nicht denken können, das Anat irgendwann so eine Tat begeht?

Das sie nun zusätzlich auch noch schwanger ist hat gerade noch gefehlt. Nun ist er wieder einsam, den Anat will ihn nie mehr wiedersehen. Wobei das mit dem Kind sehr wahrscheinlich nicht so einfach ist, den das wird sie immer verbinden.

Mir allem hätte ich gerechnet, nur nicht das Michette wieder auftaucht. Jetzt auf einmal ist Kadoke wieder gut genug für sie. Obwohl sie weiß, das er kein Psychologe mehr ist, will sie wider von ihm behandelt werden? Die Frau hat sie doch nicht mehr alle. Jetzt bin ich auf jedenfall davon überzeugt, das Michette damals die Geschichte nur erfunden hat.
Den hätte ihr Kadoke das alles angetan, wäre sie sicherlich nicht mehr ihm nachgereist.
 

claudi-1963

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29. November 2015
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Grünberg schreibt gerade an seinem dritten Roman über Kadoke. Ich bin mir noch nicht sicher, ob ich das lesen möchte.
Stimme ich dir teilweise zu. Einerseits wäre ich neugierig wie es weitergeht, doch anderseits weis ich nicht ob ich mir so eine weitere Satire antun soll. Zwar konnte ich mich darauf einlassen, weil ich wusste das alles hier überspitz ist was er geschrieben hat, doch anstrengend war es mitunter trotzdem. Ich hatte irgendwie schon eine etwas ernsteren Geschichte erwartet und nicht so eine Satire.

Vielleicht hättest du uns vorher warnen sollen, was Grünberg für Bücher schreibt? :D