6. Leseabschnitt: "Eine Stadt mit schlechtem Ruf" bis "Eine junge Familie" (ab S. 419)

Literaturhexle

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2. April 2017
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6. Leseabschnitt: "Eine Stadt mit schlechtem Ruf" bis "Eine junge Familie" (ab S. 419)
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Nichtsdestotrotz, ich habe weitergelesen. Rom!

Rom macht alles anders. Rom erfindet und schreibt nicht selbst, es erobert. Um seine Ruhmestaten schriftlich zu fixieren leistete man sich schreibkundige Sklaven und Bücher wurden von Kopisten vervielfältigt und nur an einen "erlesenen" Kreis verteilt.

Autoren waren arm, Lehrer waren arm... das kommt dabei raus, wenn sich nur eine Elite bestimmte Dinge leisten kann.

Außerdem musste laut gelesen werden. Der Leser hat dem Schriftstück/ dem Verfasser seine Stimme geliehen. Auch schon die Griechen glaubten, dass Texte Stimmen suchen, Sprecher vereinnahmen, Macht über ihn ausüben. Dieses gefährliche Unterfangen überließ man eher einem Sklaven.

Erst später wurde den Machthabern bewusst, dass es eine schlechte Idee ist, wenn Untertanen lesen und schreiben können. Allzuleicht konnten umstürzlerische Ideen damit verbreitet werden.

Und mit dem Lesen kamen die schlechten Augen aber auch irgendwann die Erkenntnis, dass man durch Glasprismen die Buchstaben vergrößern konnte. Die Brillengläser ließen dann auch nicht mehr lange auf sich warten. Teuer zwar und mal wieder nur für Reiche erschwinglich, aber die Augenschwäche betraf hauptsächlich Ü50er. Schwer arbeitende Bauern und Sklaven wurden selten so alt.

Der erste Abschnitt im zweiten Buch lässt mich wehmütig an die Griechen zurückdenken. Allzu kriegerisch und barbarisch erscheinen mir die Römer, die uns doch soviel befestigte Wege und Wasserleitungen hinterlassen haben. Mal schauen, ob mich das große Latinum noch überzeugen kann.
 

petraellen

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11. Oktober 2020
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Rom macht alles anders. Rom erfindet und schreibt nicht selbst, es erobert. Um seine Ruhmestaten schriftlich zu fixieren leistete man sich schreibkundige Sklaven und Bücher wurden von Kopisten vervielfältigt und nur an einen "erlesenen" Kreis verteilt.
zumindest haben sie erkannt, das Griechenland kulturell ihnen überlegen war. Mary Beard resümierte die damalige Situation ganz trefflich: Erfindung der Griechen, Begierde Roms. S. 429. Das ist schon aussergewöhnlich zu üblichen Arroganz imperialer Mächte vgl. S. 430 . "Anstandslos erkannten die Römer die Überlegenheit der Griechen und wagten es , deren Errungenschaften zu nutzen ... S. 430. Sie haben es nicht ignoriert, sondern weiter fortgeführt. Was wäre, wenn sie es zerstört hätten? Verboten hätten als Supermacht?
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Ich komme nur langsam voran, sorry, bin auch noch nicht durch mit dem Abschnitt, aber hier schon mal meine ersten Eindrücke:

Die erste Eingebung die ich beim lesen dieses Abschnitts hatte ist, dass ich nun endlich mal Fahrenheit 451 lesen muss. Ich habe es mir vor Jahren bereits gekauft, doch ich habe es immer wieder verworfen.



Die Zerstörung der Bibliotheken in Sarajewo ist tragisch, auch dies war mir nicht bewusst, obwohl ich alles andere damals als Jugendliche bereits mitbekommen habe. Es ist enorm wie viele solcher "Buchschicksale" die Autorin bisher zusammengetragen hat. Erschütterung empfand ich auch, als sie über die Bibliotheken in den Konzentrationslagern berichtete. Da habe ich nun schon so viele Bücher über dieses Thema verfolgt, und dennoch ist es komplett neu für mich.

Als berichtet wird, dass die Römer sich das Schreiben von den Griechen abgeschaut haben, musste ich an Asterix und Obelix denken. „Die spinnen, die Römer“, ich weiß zwar nicht warum mir dieser Gedanke kam, aber dieses Buch macht einfach verrückte Sachen mit mir. Makaber ist in dem Zusammenhang auch, dass die Sklaven damals die ganze Arbeit mit den Büchern hatten, fertigten sie komplett an.
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Rom macht alles anders. Rom erfindet und schreibt nicht selbst, es erobert. Um seine Ruhmestaten schriftlich zu fixieren leistete man sich schreibkundige Sklaven und Bücher wurden von Kopisten vervielfältigt und nur an einen "erlesenen" Kreis verteilt.
Tatsächlich geht mir das beim Lesen auch im wahrsten Sinne des Wortes so: "Rom macht alles anders" - auch die ganze Leseerfahrung ist irgendwie anders. Es ist "mehr los", mehr "knallhartes" Business - spannend, welchen Effekt die Verlagerung des Berichts aus Ägypten und Griechenland nach Rom hat.

Richtig gut gelungen sind für mich auch die Parallelen, die Vallejo zwischen Roms Aggression, wirtschaftlicher Macht und geographischer Ausdehnung und der Globalisierung zieht. Es ist immer wieder erstaunlich, dass sich die Welt nicht erneuert, sondern sich die Geschichte einfach nur wiederholt.
Besonders interessant, wenn auch erschreckend, fand ich die Ausführung zu den Sklaven, ihre Rolle und wie einfach es war, zum Sklaven zu werden. Gleichzeitig ist es tatsächlich erstaunlich, wieviel wissen, die Römer ihren Sklaven zugestanden - Bildung wurde ja wirklich outgesourced - das hätte auch vollumfänglich schiefgehen können....Kein Wunder also, dass es lange Zeit kein Interesse der Eliten gab, dass das Volk lesen kann. Ich musste da auch direkt an die Lutherübersetzung der Bibel denken, die war der katholischen Kirche ja auch alles andere als recht.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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So, und bin ich komplett durch;)



Bücher sind Kinder der Bäume…wie wahr. Ich habe wieder viele schöne Sätze gefunden, dies ist einer davon

Damals war es nicht so einfach an jedes Buch zu kommen, da erst Kopien angefertigt werden mussten, und man nicht immer zu dem Kreis gehörte, dem dies zugänglich gemacht wurde. Welch ein Glück, dass dies heute anders ist. Und Raubkopien gab es damals auch schon, das brachte mich dann tatsächlich zum schmunzeln.
Gefallen hat mir sehr, dass die Autorin auch auf die Rolle der Frau in Bezug auf Bücher eingeht.

Auch in diesem Abschnitt gab es wieder eine enorme Fülle an Informationen, ich brauche nach wie vor sehr lange um voranzukommen. Aber es ist nicht störend, im Gegenteil, mir macht es Spaß langsam zu lesen um soviel wie möglich mitzubekommen
 

Wandablue

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Die Grafitti bewertet Vallejo m.E. aber ziemlich über. Klar, es gibt wunderschöne, aber die allermeisten sind üble Kritzeleien und nur dazu gedacht, Eigentum zu zerstören.

Dass Lesen und Buchhandlungen so junge Sachen sind, ist einem nicht so bewusst. Und wir armen Unterprivilegierte (alle, die nicht ganz ganz reich sind)- dürfen auch endlich lesen. Was wir jetzt auch tun. Sie hat noch kein Wort zu all den überflüssigen Büchern gesagt, zum ganzen Schund.
Brillen - tragt ihr eine Sehhilfe? Wär auch mal ein Plauderthema wert. Aber auch ohne Lesen wird die Sehkraft im Alter schlechter, es ist nicht das Lesen, es ist das Alter.
 

petraellen

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Die Grafitti bewertet Vallejo m.E. aber ziemlich über. Klar, es gibt wunderschöne, aber die allermeisten sind üble Kritzeleien und nur dazu gedacht, Eigentum zu zerstören.

Dass Lesen und Buchhandlungen so junge Sachen sind, ist einem nicht so bewusst. Und wir armen Unterprivilegierte (alle, die nicht ganz ganz reich sind)- dürfen auch endlich lesen. Was wir jetzt auch tun. Sie hat noch kein Wort zu all den überflüssigen Büchern gesagt, zum ganzen Schund.
Brillen - tragt ihr eine Sehhilfe? Wär auch mal ein Plauderthema wert. Aber auch ohne Lesen wird die Sehkraft im Alter schlechter, es ist nicht das Lesen, es ist das Alter.
Irgendwie verstehe ich diesen Beitrag nicht. Was soll er zum Ausdruck bringen? Bitte das jetzt nicht negativ verstehen. Ich lese ihn schon etwas ratlos. :)
 

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Die erste Eingebung die ich beim lesen dieses Abschnitts hatte ist, dass ich nun endlich mal Fahrenheit 451 lesen muss. Ich habe es mir vor Jahren bereits gekauft, doch ich habe es immer wieder verworfen.
Ich habe es mal als Theaterstück gesehen und würde gerne auch die graphic novel, die es dazu gibt, gerne einmal lesen.
Richtig gut gelungen sind für mich auch die Parallelen, die Vallejo zwischen Roms Aggression, wirtschaftlicher Macht und geographischer Ausdehnung und der Globalisierung zieht. Es ist immer wieder erstaunlich, dass sich die Welt nicht erneuert, sondern sich die Geschichte einfach nur wiederholt.
Das finde ich auch. Immer wieder findet man bei Vallejo Hinweise auf Vorreiter der Gobalisierung, in diesem Abschnitt geht es ja auch um Hybridliteraturen. Hybride werden ja auch erst seit kurzem in den Kulturwissenschaften eingehend behandelt. Spannend!
Auch in diesem Abschnitt gab es wieder eine enorme Fülle an Informationen, ich brauche nach wie vor sehr lange um voranzukommen. Aber es ist nicht störend, im Gegenteil, mir macht es Spaß langsam zu lesen um soviel wie möglich mitzubekommen
Ganz genauso geht es mir auch. Wobei ich diesen Abschnitt im Vergleich zum vorangegangenen fast schon "entspannt" fand.
Brillen - tragt ihr eine Sehhilfe? Wär auch mal ein Plauderthema wert. Aber auch ohne Lesen wird die Sehkraft im Alter schlechter, es ist nicht das Lesen, es ist das Alter.
Naja, bei manchen ist es auch einfach eine angeborene Sehschwäche. Ich trage vom Kindergarten an eine Brille, damals noch mit sehr dicken und schweren Gläsern...
 

petraellen

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11. Oktober 2020
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Welchen Teil verstehst du nicht?
Irgendwie verstehe ich diesen Beitrag nicht. Was soll er zum Ausdruck bringen? Bitte das jetzt nicht negativ verstehen. Ich lese ihn schon etwas ratlos. :)
Welchen Teil verstehst du nicht?
La invención de los libros en el mundo antiguo“ heißt in grober Übersetzung „Die Erfindung der Bücher in der antiken Welt“.


Ihr Thema beschränkt sich auf die Antike Welt. Graffiti war ein Ausdruck für Schriftzeichen, Bilder.

Graffiti ist der Plural des aus dem italienischen stammenden Worts graffito. Es leitet sich etymologisch aus dem Griechischen von γράφειν (graphein) ab, was schreiben und zeichnen bedeutet. Wikipedia

Bei dem Begriff Brille bezieht sie sich doch nur darauf, wie ein Prisma geholfen hat, zu Sehen. Also Anfänge einer Brille.
Vallejo schreibt, dass es mühsam und ermüdend war zu lesen. Warum?

„In seinen Versen erwähnte der Dichter Partial : „die schwachen Augen“, derer, die auf Tafeln lesen, und Quintilian empfahl all jenen mit schwachen Sehvermögen, nur Bücher zu lesen, die mit Tinte auf Papyrus oder Pergament, schwarz auf Lehmbraun, geschrieben seien. So wissen wir, da, dass der billigste und greifbarste Schriftträger unserer Vorfahren seine Spuren hinterließ. S. 483

Die folgenden Seiten wird die Weiterentwicklung“eines riesigen Smaragds“ (s. 483) als Lesehilfe beschrieben.

„Und wir armen Unterprivilegierte (alle, die nicht ganz ganz reich sind)- dürfen auch endlich lesen. Was wir jetzt auch tun. Sie hat noch kein Wort zu all den überflüssigen Büchern gesagt, zum ganzen Schund.“

Was sind Schundromane in der Antike? Was sind Unterprivilegierte in der Antike?

Vallejo beschreibt doch eine Entwicklung der Bücher im Rahmen der Antike.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
@petraellen: Die Autorin unternimmt mancherlei Ausflüge in die Moderne, auch dahin, wo man es nicht erwartet, z.B. in ihre Schulzeit, etc. Warum sollte sie nicht auch ein Wort zum heutigen Schund haben - sie kommentiert alles.

Und zu den Grafitti - danke, ich kannte den Plural bereits - hat sie eine positivere Einstellung als ich. Nein, sie schreibt nicht nur über die Grafitti der Antike - sie macht wieder einen Ausflug in die heutige Welt, nicht gelesen?

Unterpriviliegierte in der Antike waren alle, die kein Bürgerrecht hatten und alle Frauen und alle, die nicht reich waren, weil nur die sich die Bücher leisten konnten. Heute dürfen auch Unterprivilegierte lesen. Wir z.B. Klar, wir fühlen uns nicht unterprivilegiert, aber von Königs und Milliardärs aus gesehen, sind wir es. Wir gehören nicht zur Oberschicht. Dank der Verbreitung des Alphabets (und der Erfindung des Buchdrucks) dürfen wir jedoch auch lesen.

Und schwache Augen können vom Lesen kommen, aber : in der Tat kommen sie nicht nur dadurch. War nur eine launige Anmerkung am Rande.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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@Wandablue
Ich empfinde es als sehr angenehm, dass sich Frau Vallejo NICHT über Schundliteratur auslässt.
Gerade weil heute fast jeder lesen kann, das Lesen also ein Massenphänomen ist, gibt es dazu wahrscheinlich sehr unterschiedliche Meinungen. Für den einen ist es Schund, für den anderen willkommene Ablenkung, oder was auch immer.
 
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petraellen

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11. Oktober 2020
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Die Autorin unternimmt mancherlei Ausflüge in die Moderne, auch dahin, wo man es nicht erwartet, z.B. in ihre Schulzeit, etc. Warum sollte sie nicht auch ein Wort zum heutigen Schund haben - sie kommentiert alles.
Warum sollte sie sich über Schund auslassen? Es müsste doch dann erst einmal geklärt werden, ob es in der Antike Schund gab oder was darunter zu verstehen war.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Warum sollte sie sich über Schund auslassen? Es müsste doch dann erst einmal geklärt werden, ob es in der Antike Schund gab oder was darunter zu verstehen war.
Keineswegs. Ich sagte doch, dass die Autorin - und das hast du sicherlich selbst gemerkt, nicht strikt bei der Antike bleibt - sondern heitere Ausflüge nach überallhin macht. Spätestens beim nächsten LA ist sie bei den Buchhändlern der Moderne.
 
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