6. Leseabschnitt: Buch V. (Seite 413 bis Ende)

GAIA

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27. Dezember 2021
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Thüringen
Puh, das ging jetzt aber alles ganz schön fix.
Ehrlich gesagt, hatte ich manchmal das Gefühl, nicht mehr so recht mitkommen zu können, bei dem was jetzt Olenka tatsächlich zum Ende hin geplant hat mit Daria zu tun.

Aber first things first: Erst einmal empfand ich mal wieder großes Mitgefühl mit Olenka. Gleich auf der ersten Seite des LA, wenn sie realisiert, wie gut es tut, den eigenen Namen liebevoll ausgesprochen zu hören nach sechs Jahren.

Die Offenbarung, WER Viktor umgebracht hat, war meines Erachtens nicht das Überraschendste an der Offenbarung. Vielmehr wie kaltblütig (dieser Begriff nun für eine andere Person in diesem Figurenkarussell) Lada die Eizellspenderin pragmatisch innerhalb weniger Sekunden über die rechtmäßige Verfolgung der Mörderin ihres Ehemannes gestellt hat. Wie ganz am Anfang, als wir von Lada das erste Mal hörten, zeigte sie sich erbarmungslos bezüglich ihres Wunsches Kinder zu bekommen. Da ist es wichtiger, dass die Spenderin weder in Haft kommt noch ermordet wird, bevor eine weitere Spende zustande gekommen ist. Und wenn ich das im Nachhinein reichtig verstehe, hat sie postmortem (also nach Viktors Tod) die zweite Spende erhalten und noch ein Kind mit ihrem Schwiegervater "gezeugt". Oder? Es hieß doch, dass sie mit zwei Kindern in Wien gesehen wurde, richtig?

So zeigt sich jede Frau in diesem Roman auf ihre ganz eigene Weise skrupellos. Und trotzdem in ihren Motiven nachvollziehbar. Wirklich eine Leistung der Autorin.

Was ich eben noch nicht ganz verstanden habe ist, was Olenka ganz zum Schluss bezüglich dem Auftauchen von Roman erhofft. Erst dachte ich, sie wolle ihm alles erklären und dazu bringen, dass er Daria verhört zu den Anschuldigungen und die Wahrheit über Viktors Tod herauspresst. Aber die letzten Sätze klingen eher so, als ob sie sich ihrem eigenen Schicksal hingibt und sich dessen bewusst ist, dass Roman sie töten wird.
Ich fürchtete mich nicht. Ich würde nicht fortlaufen. Nicht schreien.
Vielleicht in dem Wissen, dass ständige Flucht nicht die Lösung ist. Und lieber ein einziges Wiedersehen mit ihrem Geliebten sich mehr lohnt, als noch weiter so dahinzuexistieren.

Nochmal zum Glossar. Einige Hinweise zu Staatsmännern etc. fand ich doch sehr interessant. Kurios finde ich Erklärungen dazu, wer Väterchen Frost ist. Viele andere Begrifflichkeiten haben sich schon beim Lesen aus dem Zusammenhang ergeben. Aber gut, muss jede*r Lektor*in selbst entscheiden.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Mich überfordert der letzte LA.
Was ist mit Daria los? Ist sie, wie Olenka spontan vermutete, schwer krank oder hat die Geschichte mit den Haaren doch andere Gründe? Irgendwie kam mir diese Stelle etwas verkürzt vor, überhaupt das ganze letzte Kapitel.
Dass am Ende offenbleibt, wie es weitergeht, finde ich dagegen eine gute Entscheidung. Klar ist, dass diese Kindesentführung, wie Daria sie sich vorstellt, nicht funktionieren kann. Mir scheint, dass sie in diesem Punkt in einer Traumwelt lebt - glaubt sie im Ernst, dass das Kind mit Begeisterung ihren Grießauflauf essen wird?
Ich finde es ein interessantes Stilmittel, wie die Erzählerin immer wieder von Gerüchen spricht. Aufgefallen ist mir das schon früher, aber diesmal springt es geradezu ins Auge. Der Geruchsmischmasch im Bad, der Geruch Romans in der Wohnung ...
Ich weiß noch nicht recht, wie ich das Buch beurteilen soll. Klar ist: es ist mit unglaublicher Kunst gestrickt, der Informationsfluss ist stets so dosiert, dass die Spannung hoch bleibt, es fehlt nicht an Emotion, an Lokalkolorit, an Tiefe und an dem, was man Kopfkino nennt. Klar ist, jedenfalls für mich, dass man praktisch sofort wieder von vorn beginnen müsste, mit dem Wissen, das die Autorin häppchenweise serviert hat, um alles richtig zu verstehen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Emswashed

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9. Mai 2020
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Open End! Viele Fragen wurden beantwortet, dafür tauchen neue auf.

Ich halte Daria für durchgedreht! Nach ihrer ersten Spende tauchte sie unter, aber wie Olenka wohl richtig vermutet, musste ihr dabei jemand geholfen haben. Es kann nicht Roman gewesen sein, die Helfer müssen aus Iwans (Mohnhändler) Reihen stammen.
Ist der Mord an Viktor eine Kurzschlusshandlung Darias gewesen, oder wurde sie gelenkt, vielleicht sogar schon im Zusammenspiel mit Lada, die ihren (zeugungsunfähigen) Mann los werden wollte.
Roman scheint von Olenkas Schuld überzeugt und hat vielleicht "fatalerweise" Daria auf Olenka angesetzt, um sie zu finden.
Aber das passt auch nicht so ganz, denn Daria hat sich ganz auf ihre "finnische Tochter" fixiert und erhofft sich sogar Hilfe von Olenka.
Och menno, was für ein Durcheinander!!

Also ich plädiere für eine Fortsetzung, weil das jetzt ein (für mich) sehr unbefriedigender Schluss ist.

Andererseits habe ich genug Einblicke in die dunkle Seite der Fertilisationsmaschinerie und ihre Opfer (und damit schließe ich die reichen Kunden ausdrücklich ein) bekommen.

P.S. Ich glaube, das Daria wirklich Krebs hat. Sie hat es mit den Spenden und den damit einhergehenden Hormonbehandlungen übertrieben. Ich denke nicht, dass die Mädchen vorher darüber aufgeklärt werden. Verrückt geworden ist sie allemal. Eine Diagnose, die ich auch gern auf Lada ausweiten möchte.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ja, das letzte Kapitel wurde im Gegensatz zu den früheren sehr schnell abgehandelt und nicht alle Fragen sind beantwortet.
Die gute Fee - als solche sieht sich Olenka selbst, in dem sie die Kinder vor Daria schützt.
es ist mit unglaublicher Kunst gestrickt, der Informationsfluss ist stets so dosiert, dass die Spannung hoch bleibt,
Es ist schon fast etwas zu raffiniert gebaut . Immer wieder bekommt man als Leser ein weiteres Puzzlestein geliefert, aber es bleiben noch genügend Fragen. Das erfordert Geduld und Konzentration.
 

Literaturhexle

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Puh! Jetzt musste ich doch noch zu Ende lesen, dem letzten LA fehlte es nicht an Spannung - auch mir nicht!
Mit einem offenen Ende hatte ich nicht gerechnet. Meine Gedanken sind ein Kuddelmuddel aus den Gedanken, die ich bei euch oben gelesen habe, allerdings kann man ja nur spekulieren, nicht wissen.

Ein passender Schluss, der dadurch irgendwie realistisch bleibt und zum Denken zwingt. Jetzt gehe ich aber erstmal schlafen. Morgen setze ich meine Überlegungen fort.
 

Querleserin

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Wadern
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Mir geht es ähnlich wie euch. Ich finde den offenen Schluss sehr gut. Roman kommt und Olenka ergibt sich ihrem Schicksal, und ist von seiner Gnade abhängig. Ob er sie töten wird oder ihr glauben wird, der ganze „Bericht“ scheint an ihn gerichtet, bleibt offen.
Haben Lada und Daria vorher schon vereinbart, Viktor umzubringen? Oder war es eine spontane Entscheidung? Wer hat Daria geholfen unterzutauchen? Fragen, die uns die Ich-Erzählerin nicht beantwortet, weil sie es selbst nicht weiß, die somit offen bleiben.
Daria ist offensichtlich psychisch und physisch krank, Olenka erwägt sie zu töten, um die Kinder im Hundepark zu schützen. Während viele andere Kapitel sehr ausführlich geschildert wurden, hängen wir beim letzten etwas in der Luft. Über mein Fazit muss ich auch noch nachdenken.
 

Literaturhexle

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Lada die Eizellspenderin pragmatisch innerhalb weniger Sekunden über die rechtmäßige Verfolgung der Mörderin ihres Ehemannes gestellt hat
Das habe ich zweimal lesen müssen, weil ich zunächst nicht glauben konnte, was ich las. Aber auch hier bleibt offen, ob sie die Eizellenspenderin schützt oder ob es ein abgekartertes Spiel ist und der neue Geliebte, mit dem sie offentlichtlich relativ nahtlos eine Familie gegründet hat, schon auf dem Sprung stand. In diesem Milieu ist alles denkbar. Auch Olenka geht, wenn es für sie persönlich drauf ankommt, über Leichen, wie ihre Geständnisse gerade im letzten LA noch einmal belegen. In Gegenden, in denen das Gesetz des Stärkeren regiert, scheint sich ein Überlebenstrieb herauszubilden, der unserem Sozialverständnis diametral entgegensteht.

Vielleicht in dem Wissen, dass ständige Flucht nicht die Lösung ist. U
Das hat sie ja lange genug gemacht. Ständig Putzen und der Kampf ums Überleben. Die Mutter mit der Urne ist in Sicherheit. Olenka hängt nicht mehr am Leben, das ihr nichts mehr bieten kann. Sie legt ihr Schicksal in die Hände des Geliebten.

Nochmal zum Glossar. Einige Hinweise zu Staatsmännern etc. fand ich doch sehr interessant. Ku
Mir ist es lieber, es werden ein paar mehr Begriffe erläutert als nötig. So kann sich jeder heraussuchen, was er braucht. Letztens haben wir ein Glossar schmerzlich vermisst (es fällt mir aber nicht ein bei welchem...)- zum Glück gibt es dann Google;)

Was ist mit Daria los?
Ich denke, sie ist schwer krank an Leib und Seele. Die zahlreichen Spenden haben sie zerstört. Irgendjemand hat sie finanziell über Wasser gehalten und geschützt. Ich persönlich gehe davon aus, dass Lada da mit im Boot saß. Im Angesicht der Krankheit und ihrer latenten Einsamkeit hat sie sich in die Kindergeschichte verrannt.
Roman scheint von Olenkas Schuld überzeugt und hat vielleicht "fatalerweise" Daria auf Olenka angesetzt, um sie zu finden.
Ich glaube eher, Olenka hat ihn selbst gerufen, indem sie Iwan um Hilfe bat. Daria scheint mir zu verwirrt, um noch planvoll zu handeln. Auch hat Olenka ja keinerlei Belege für einen Verrat an ihrer Person entdecken können. Iwan und Roman scheinen Verbindungen zu haben.
Die gute Fee - als solche sieht sich Olenka selbst, in dem sie die Kinder vor Daria schützt.
Ein schönes Bild, wie ich finde.
 

GAIA

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27. Dezember 2021
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Thüringen
Aber auch hier bleibt offen, ob sie die Eizellenspenderin schützt oder ob es ein abgekartertes Spiel ist
Ich muss zugeben, dass mir bisher gar nicht der Gedanke gekommen war, es könnte schon vorab ein abgekartetes Spiel gewesen sein. Vor allem, weil Olenka das Paar Viktor und Lada wie frisch Verliebte auf ihrem Sofa im Büro wahrgenommen hat. Aber natürlich, das kann Lada auch locker spielen und der erleichterte Viktor merkt nichts vom Plan. Dann würde auch passen, warum Daria genau in dem Moment zufällig nach langer Abwesenheit wieder auftaucht. Perfide, aber möglich. Und da es in diesem Roman so einige perfide Vorgehensweisen gab... Mist, noch eine weitere Möglichkeit in meinem Kopf zum verwirrenden, mehrschichtigen Spiel der zwielichtigen Figuren. o_O
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Nachdem ich die Lektüre etwas sacken lassen habe, stört mich das offene Ende nicht mehr. Im ersten Monent war ich etwas enttäuscht, wie kurz das Schlusskapiel war.
Nicht alle Fragen beantwortet? Ja, klar, hier gibt es keinen tollen Ermittler, sondern Olenka, die Hauptfigur, erzählt ihre Geschichte und das, was sie davon wissen kann. Absolut stimmig!
Was passiert, wenn Olenka und Roman aufeinandertreffen? Das darf sich jeder Leser selbst zusammenspinnen. Wird er Olenka töten? Sie ist jedenfalls bereit dazu. Die wichtigsten Menschen, neben Roman, sind in Sicherheit.
Oder liebt Roman Olenka so sehr, wie sie ihn?
 

otegami

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17. Dezember 2021
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Ich muss zugeben, dass mir bisher gar nicht der Gedanke gekommen war, es könnte schon vorab ein abgekartetes Spiel gewesen sein. Vor allem, weil Olenka das Paar Viktor und Lada wie frisch Verliebte auf ihrem Sofa im Büro wahrgenommen hat. Aber natürlich, das kann Lada auch locker spielen und der erleichterte Viktor merkt nichts vom Plan. Dann würde auch passen, warum Daria genau in dem Moment zufällig nach langer Abwesenheit wieder auftaucht. Perfide, aber möglich. Und da es in diesem Roman so einige perfide Vorgehensweisen gab... Mist, noch eine weitere Möglichkeit in meinem Kopf zum verwirrenden, mehrschichtigen Spiel der zwielichtigen Figuren. o_O
Ich gestehe: ich hatte diese Möglichkeit vor dem Lesen Deines Beitrages auch noch nicht in Betracht gezogen. Aber er ergibt Sinn! (Diese 'Zufälligkeiten' greifen alle ineinander!)

Boah, also diese Kaltschnäuzigkeit machte mir echt zu schaffen! Z.B. auf S. 443, wo Olenka über das Ende von Daria sinnt: 'Auf den Balkon mit ihr. Auf das Dach des Hochhauses. Meine Sorgen hätten sich erledigt.' (Sie spricht von einem Menschen!!!!)

Dann wie Lada sich blitzschnell sich von der liebevollen Ehefrau (und frischgebackenen Mutter) in ein eiskaltes Biest wandelt und die Hoffnung auf ein weiteres Kind (durch die Spende von Daria) höher stellt als den Verlust ihres Ehemannes.

Ich bin sowas von heilfroh und dankbar, dass ich nicht von solchen Narzissten umgeben bin!