Abschließend meine Meinung: ich gehe nicht davon ab, hier zwei vollkommen verschiedene Bücher gelesen zu haben - zwei Episoden, die vermeintlich überhaupt nicht miteinander im Zusammenhang stehen, und außer der Tatsache, dass man den 'irischen Sturkopf' nie leugnen konnte, hätten es zwei vollkommen verschiedene Leute sein können, die in die Ereignisse verstrickt sind.
Ich bin ganz ehrlich: den ersten Teil (Irland) fand ich herausragend, spannend, unsagbar, da habe ich mitgefühlt und -gelitten und war dankbar für die Art des Schreibens: fast sachlich, aber durchsetzt von viel Humor und Sarkasmus, was auch das Unerträgliche erträglicher machte. Den zweiten Teil dagegen - ich kann mir nicht helfen - den hätte es für mich ehrlich gesagt nicht gebraucht. Da fand ich die Person 'Sam' nicht wirklich wieder, die Geschehnisse waren oft zu sehr auseinandergerissen, mir fehlten Informationen, manche Fragezeichen haben sich bis zum Schluss auch nicht aufgelöst.
Gab es nie einen Weg aus der Illegalität heraus? Diese Frage beschäftigte mich im gesamten zweiten Teil. In Irland habe ich nachvollziehen können, dass Sam da, wo er nun einmal aufwuchs, kaum in der Lage war, eine neutrale Position einzunehmen und zwangsläufig sich der Sache 'Irlands' annehmen musste, wobei oftmals eher 'Rache' als das eigentliche 'politische Ziel' die Antriebsfeder schien, zumindest bei Sam. Aber, wie gesagt, das alles war für mich in der Entwicklung nachvollziehbar. Dann aber die USA - Einwanderung mit falschen Papieren, illegales Casino, der Überfall... Abgesehen davon, dass ich immer noch glaube, dass der Schritt nach Amerika Sam womöglich das Leben gerettet hat (in Irland wäre er bestimmt weiter in den Kreislauf des Krieges eingestiegen): was war der Motor für all die anderen Entscheidungen? Die Gelegenheit? So richtig plausibel ist mir das bis zum Schluss nicht geworden.
Abgesehen davon hatte ich, sorry, ständig den Film 'Das große Dings bei Brinks' vor Augen, eine Krimikomödie, die allerdings den Raubüberfall von 1950 auf das Geldtransportunternehmen Brink's in Boston aufgreift. Trotzdem spukte mir dieser Film die ganze Zeit durch den Kopf, und so nahm ich irgendwie auch die Buchhandlung nicht mehr ganz ernst - zumal der Überfall, nochmals sorry, dermaßen dilettantisch ausgeführt wurde, dass man nur staunen kann, dass nicht mehr schief ging. Die Art der Gerichtsverhandlung reihte sich dann in dieses Empfinden ein - trotz des riesigen Aufwands (personell wie finanziell) wurden letztlich die meisten Anklagepunkte fallengelassen (kann man so sehen, wie
@Helmut Pöll - ich fand die Angelegenheit eher peinlich, auch wenn man vielleicht mit Sam sympathisieren mag).
Vielleicht hat
@Helmut Pöll recht, dass sich der erste Teil nicht ohne den zweiten verkauft hätte. Das fände ich dann allerdings sehr armselig, denn der erste Teil gehört für mich zu den authentischsten Autobiografien, die ich je gelesen habe. Ein wichtiges Stück Zeitgeschichte ist hier aus erster Hand dokumentiert worden, und zwar abseits der offiziellen und deutlich anderen Version der Briten. Das wäre für mich ein Grund, über Preisverleihungen nachzudenken. Nicht jedoch der zweite Teil, dessen Entwicklung für mich auch mit fragwürdigen individuellen Entscheidungen zusammenhing.
Insgesamt jedoch war es eine interessante Lektüre, die es nun zu verarbeiten gilt. Besten Dank dafür noch einmal...