5. Leseabschnitt: Teil III. / Kapitel 1 bis 8 (Seiten 335 bis 421)

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Hier schreiten die Aufdeckungen bzw. Recherchen diverser Leute fort.

Die Leute vom Friedhofsprojekt haben eine Filmstudentin dabei, Martha, die eine Hiesige ist. Sort of. Sie wandert durchs Dorf und fotografiert, videoiert. Ihr Projekt ist subsumiert "Wider die österreichische Geschichtsvergessenheit". Dieser Titel ist jetzt eine herbe Kritik an Ö direkt von der Eva. Die Eva und die Martha, die setze ich mal gleich.

Der InterimsBürgermeister Koreny entdeckt das gefälschte Wassergutachten. Demgemäß hätte Dunkelblum genug Wasser und es wäre auch günstig. Allerdings müsste man auf der Rotsteinwiese tief graben, um dort die Wassertürme und -Speicher einzurichten und wir wissen ja, dass man auf der Rotsteinwiese tunlichst nicht tief graben sollte ...

Der Koreny entscheidet sich dann auch dafür, die Papiere zu verbrennen. Er kann einem direkt leid tun, denn es ist noch nicht ausgestanden. Der FaludinBauer, der eigene Berechnungen angestellt hat, regt eine Vorabstimmung an, bei der der Bürgermeister schlecht aussieht.

Gellert, der wirklich der Sascha ist, und Lowertz und Rehberg unterhalten sich. Auch Lowertz ist nicht ganz ehrlich. Er will das Märchenbuch, das die Flocke dem Projekt gestiftet hat, wieder mitnehmen und entwendet es. Dann geht er davon, um die Papiere der Mama zu suchen. Der Rehberg erzählt ein wenig aus der Vergangenheit ... der Sascha erzählt, wie er dazu kommen ist, den getöteten Juden des Zweiten Weltkriegs ein angemessenes letztes Schächtelchen zu schenken.

Der geflickte Schurl hat auch einiges hinter sich. In der Hitlerjugend aktiv. Mit dabei gewesen als die Juden erschlagen/erschossen wurden. Im Knast gewesen. Aber er ist unvorsichtig und erhält eine nachhaltige Warnung, Gesichtsschraffur. Der Doktor S. flickt ihn zusammen.

Die Schurls haben den Rosmarins ihre Obstplantage gestohlen. Die Rosmarinerin haben sie vergewaltigt und dann sind die Rosmariner endlich weggegangen. Der Horka hat sich in der RosmarinVilla eingenistet.

Kommentar:. Man möchte alle in einen Sack stecken und draufhauen.
Nicht genug, der Schurl stiftet seinen Enkel an, was zu unternehmen.
Werden sie wieder mit allem davonkommen?

Die Presse fällt ein. Nun werden manche unvorsichtig ...
Wo die Flocke ist, wird als Vermutung an uns weitergegeben.

Die Grüns waren im KZ, glaub ich. Der Antal will darum nicht reden. Aber es würde erklären, warum die Mutter nicht mit zruckkommen is.

Resümee: Weiterhin großes Kino, aber es zieht sich a weng.
 
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Emswashed

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9. Mai 2020
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@Wandablue Jetzt habe ich mich extra mit dem 5. LA beeilt, damit ich Flocke wohlbehalten weiß, aber Pustekuchen! Flocke zeigt keine Locke!

Der Eindruck, dass wirklich alle Dorfbewohner mehr oder weniger am Kriegsgeschehen beteiligt waren, als Täter und auch als Opfer, vertieft sich hier.
Und diese Sedimentschicht wird durch den Wasserstreit, die bevorstehende Grenzöffnung und pflichtversessenen Totenhegern und -gräbern aufgewühlt. A bisserl viel, was da zsamm kimmt. Aber eine äußerst fulminante, gelungene Komposition.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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Aber nur die Alten wissen Bescheid.
Das sieht man schön an der Versammlung, wie der Bürgermeister besonders die Alten fixiert, als es um die Grabungen auf der Rotensteinwiese geht. Trotzdem ahnen auch einige „Mittelalten“ was oder haben davon gehört, im letzten LA wird das erwähnt im Gespräch Tonis mit seiner Frau.
zu den Filmaufnahmen Mathas:
Dunkelblum stand aufrecht, auch wenn manches bröckelte, aber die vergessenen, vermissten Steine lagen auf dem Rücken oder Bauch. (340)
Sehr treffend beschrieben! Auch der Besuch Ferbenz bei Agnes ist vielsagend. Was bedeuten die Namen, die Agnes aufzählt? Die getöteten Zwangsarbeiter? Die vertriebenen Juden?
Mutig ergreift Leonore das Wort bei der Versammlung
nach Arbeitern aus dem Osten, die hier gestorben sind, zum Kriegsende, also erfordert. (375)
Und jetzt kommt die Presse! Und Lowetz versteht plötzlich, warum er sich früher immer so unwohl in Dunkelblum gefühlt hat.
Die Aussage des Richters, der sich auf die Hitlerjungen, die unter Zwang gehandelt haben wollen, bezieht, bringt deren Einstellung auf den Punkt:
Es kann sich der nicht auf unwiderstehlichen Zwang berufen, der niemals den leisesten Versuch gemacht hat, sich diesem Zwang zu entziehen. (417)
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Was bedeuten die Namen, die Agnes aufzählt?
Es sind die deutschen Namen mit der ungarischen Übersetzung bzw. umgekehrt. Beispielsweise heißt Fischer auf Ungarisch Halász. Und wie man sieht, hat auch der gute Ferbenz eine ungarische Herkunft.
Nach der Entdeckung des Gutachtens macht es Sinn, dass der Ferbenz so liebend gerne dieses Grundstück haben wollte - aber woher wusste er davon? Damit wäre richtig gutes Geld zu verdienen gewesen, wenn man dort den Speicher bauen würde.
Deutlich wird, wie bei so vielen Geheimnissen und Vertuschungen die Menschen plötzlich einen großen Zusammenhang vermuten - was auch kein Wunder ist. Und vielleicht stimmt es ja auch, dass das Alles zusammenhängt. Was soll man nur glauben, was nicht?
Die Presse ist in ihrem Element, sämtliche Vorurteile der tumben Provinz mal wieder bestätigt. Alt-Nazis, verstockte MitläuferInnen - nichts hören und nichts sehen wollen, damals wie heute, selbst die Opfer schweigen lieber.
Lowetz, Gellért und Rehberg forschen weiter in der Vergangenheit, wenn auch bevorzugt in der eigenen und zumindest die beiden Letzteren erkennen nicht das (scheinbar) Offensichtliche. Rehberg wusste doch schon, dass seine Tante verheiratet war - wieso er in dieser Richtung nicht weiterforscht, verstehe ich nicht. Zu unwichtig?
Der geflickte Schurl taucht zum ersten Mal auf, oder? Ein gutes Beispiel, wie ein schlechtes Gewissen mit der eigenen Not gerechtfertigt wird. Einerseits ist die mildtätige Frau Rosmarin des jungen Schurls einzige Wohltäterin gewesen; andererseits ging es den Schurls so schlecht, da war diese Aneignung der Obstbäume doch mehr als gerechtfertigt. Und außerdem war ihr Verhalten ja so unangemessen ...
Ach, eine Art Stammbaum des Ortes wäre schön gewesen. Vorne der Stadtplan, hinten die Personen und die Zusammenhänge - das werde ich mir beim nächsten Mal auf jeden Fall aufzeichnen und -schreiben.
 
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Literaturhexle

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Der Roman ist schon sehr sauber konstruiert worden. Ich ziehe meinen Hut vor Menasse!
Diese kleinen Andeutungen, bei denen man sich freut, wenn sie einem ins Auge fallen (gewiss sehe ich nur die Hälfte davon;)).
Und erst kürzlich hatte er die paar Hundert Schilling Schmerzensgeld, die er für eine mit schweren Mängeln behaftete Fernreise (Hitlergruß!) vor Gericht erstritten... 344
Da erinnert man sich schnell an die Zeitung im Zug, wo der Fremde gleich an den Ferbenz denkt.

Nach wie vor bewundere ich manche Formulierung:
  • Danach kam schon gleich Dunkelblum, im Wettbewerb der Grüfte.
  • Sie handeln für ein Gewissen, von dem sie nicht wissen, wie weit es in Wahrheit reichen muss.373
  • Aber sich erinnern, das können eigentlich nur die, die dabei gewesen sind! 387
  • Diese Leute, diese Täter, sind anschließend noch zu Landschaftsgärtnern geworden

    Der Zierbusch packt als erster aus. Angeblich weiß er selbst nicht, warum er vom Arrest verschont wurde. Ist das glaubwürdig? Wenn letztlich der Vater Schweigegeld verteilt hat? Nein, ich tippe eher auf Schweigen aus Kalkül.

    Der Horka durfte die Frauen "züchtigen". Wie pervers ist das? Vergewaltigung als Strafe für ein loses Mundwerk oder als Prophylaxe, den Mann zum Schweigen zu bringen. Horka war wirklich der Mann für alle Fälle. Und der geflickte Schurl hat ihn fast noch erwischt bei seinem Rundgang durch die Villa - der Hosenstall stand ja auf.
 

Literaturhexle

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Dieser Titel ist jetzt eine herbe Kritik an Ö direkt von der Eva
Ich hab ja dieser Tage auch den Fanzi von E. Schmidauer gelesen. Da geht es tatsächlich auch ums Schweigen und Verdrängen im Burgenland. Auch in dem Buch waren Unschuldige erschossen und verscharrt worden...
Es kann tatsächlich sein, dass die Aufarbeitung in Österreich noch weniger intensiv gewesen ist als in Deutschland - eben wegen der verzwickten Opfer-/UND Täterrolle.

aber es zieht sich a weng.
Nö. Ich genieße jede Zeile:)

dass der Ferbenz so liebend gerne dieses Grundstück haben wollte - abe
Jaa! Stimmt! das musste ja auch noch geklärt werden.

Der geflickte Schurl taucht zum ersten Mal auf, oder?
Bislang wurde nur der Name immer wieder genannt, er war in jener Nacht eben dabei und eigentlich eher ein Mitläufer. Nach seiner Haft schreit er sich die Empöung aus dem Leib und wird dafür fürs Leben gezeichnet von seinen "Kameraden". Wer macht sowas? Ich hatte mich schon lange gefragt, wo das Attribut "Geflickt" herkommt. Nun wissen wir auch das.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Hier kommen schrittweise alte Dinge ans Licht.
Sehr gut gezeichnet war die Versammlung im Hotel, als es um die Wassergeschichte ging . Wie sich da welche aus bestimmten Gründen auf die eine oder andere Seite schlagen und wie subtil der alte Ferenz im Hintergrund die Fäden zieht. Auch was von der Aussagekraft mancher Gutachten zu halten ist.
Die Spannung bleibt: Wo steckt Flocke? Was ist mit ihr passiert?
Und am geflickten Schurl sieht man schön, warum manche damals mitgemacht haben. Obwohl die Frau Rosenheim so freundlich war.
Neben der Konstruktion muss man Frau Menasse auch für ihre Figurenzeichnung loben. Psychologisch sehr stimmig und vielfältig.
Dunkelblum ist auch eines meiner Bücherhighlights dieses Jahres und es ist unverständlich, warum dieses Buch nicht auf der Liste für den Deutschen Buchpreises zu finden war. Zu wenig aktuell, zu wenig die gegenwärtigen Debatten streifend. Nicht wieder eine Nazi - Geschichte, wo doch Diversität und Geschlechtergerechtigkeit gefragt sind?
 

Literaturhexle

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Zu wenig aktuell, zu wenig die gegenwärtigen Debatten streifend. Nicht wieder eine Nazi - Geschichte, wo doch Diversität und Geschlechtergerechtigkeit gefragt sind?
Das kann man pauschal nicht sagen. Auch Ahrens und Loschütz spielen in dieser bewegten Zeit, wenn sie auch Familiäres in den Fokus stellen. Aus meiner Sicht besteht die Longlist aus Proporz: aktuelle Themen, Politik, Experimentierfreudiges, Männlein/Weiblein... alles will abgelichtet sein. Dann braucht man noch verschiedene Ansprüche: was fürs Feuilleton, was für den Handel... Ach, und der Verlagsproporz. Eurocrash kommt schon vom KiWi. Allerdings hat Hanser auch zwei Titel auf der Liste (mit Zsolnay drei).

Allerdings muss man ehrlich sein: es gibt weit mehr als 20 Bücher in dieser Saison, die eine Nominierung verdient hätten!
Freuen wir uns, dass wir so einen guten Lauf in unseren LR haben und auf die DBP Liste nicht angewiesen sind!
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Noch unbegreiflicher, warum manche Rezensentinnen das Buch mit einem oder zwei Sternen bewerten.
Weil es genug Leute gibt, die Masse statt Klasse lesen. Wenn ihnen dann was Anspruchsvolles in die Finger kommt, nehmen sie sich nicht die Zeit dafür, weil schön 20 andere Bücher auf dem Reader lauern und warten.
Die gutherzigen Schreiberlinge geben in so einem Fall nach 100 Seiten auf und geben 5 Sterne gespickt mit Platitüden (Wanda weiß, wen ich als Bsp nennen würde:D).
Die von sich Überzeugten schreiben einen flotten Verriss, der am Ende doppelt so viele Klicks hat wie eine seriöse Rezi. Ich finde das sauschade und ist eine Frechheit den Autoren gegenüber.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
weil schön 20 andere Bücher auf dem Reader lauern und warten.
Das ist bei uns auch so. Aber .... es ist ein Unterschied, ob ich mit dem Roman nicht fertig werde, weil ich einfach zu doof dazu bin oder ob der Roman schlecht ist. Ich bin für die Einführung einer Rezensentinnenprüfung. Die paar Männer, die mit in den Communities sind, (darunter 3 Döösbattels, mindestens) lassen wir erst mal außen vor.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Dunkelblum ist auch eines meiner Bücherhighlights dieses Jahres und es ist unverständlich, warum dieses Buch nicht auf der Liste für den Deutschen Buchpreises zu finden war.
Vielleicht weil die Einreichefrist vorbei war? Sie endete am 26. März 2021 und für manche Bücher, die in diesem Jahr erscheinen, kann das durchaus zu knapp. Laut eigener Aussage arbeitete sie drei Jahre an diesem Buch und sie zweifelte schon, ob sie den Vorschuss für dieses Buch behalten dürfe, weil sie einfach nicht vorankam.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Vielleicht weil die Einreichefrist vorbei war? Sie endete am 26. März 2021 und für manche Bücher, die in diesem Jahr erscheinen, kann das durchaus zu knapp. Laut eigener Aussage arbeitete sie drei Jahre an diesem Buch und sie zweifelte schon, ob sie den Vorschuss für dieses Buch behalten dürfe, weil sie einfach nicht vorankam.
Man kann einreichen, ohne schon auf dem Markt zu sein. Bis September muss man erschienen sein. - - Ist aber dennoch denkbar. Andererseits hätte man dann auch noch bis Oktober mit der Herausgabe warten können, denn ab diesem Zeitpunkt ist man im nächsten Jahr dabei.