5. Leseabschnitt: Teil III. Kapitel 1 bis 6 (Ende) plus Anhang

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Ich finde die Folterszenen aus zwei Gründen unverzichtbar. Erstens, weil wir, was unsere Lektüre angeht, zum Teil hartgesottene Leser sind - wer zb das Unglück hat, Jack Ketchum gelesen zu haben, weiß was ich meine. Die Angstschwelle ist da vergleichsweise oft schon recht hoch. Und zweitens geht es ja bei Orwell dezidiert um Gehirnwäsche. Das ist ein Topos, das wir inflationär gebrauchen: ob Parlamentsreden oder Werbung für Backmischungen, manche Menschen nennen alles Gehirnwäsche. Was Gehirnwäsche wirklich heißt, wissen wir, wenn wir Orwell gelesen haben.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
@Die Häsin: Habe mir auch 1985 zugelegt. Wenn du Zeit und Lust hast, können wir es gemeinsam lesen und uns austauschen.

Sehr gerne. Bisher habe ich nur reingelinst, ich muss erst noch den Husar auf dem Dach fertig lesen; den habe ich in den letzten Tagen vernachlässigt ... Ich schätze, dass ich ab Sonntag oder Montag ins Jahr 1985 reisen könnte, passt Dir das auch oder möchtest Du es noch etwas hinausschieben? Wäre auch kein Problem.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Sehr gerne. Bisher habe ich nur reingelinst, ich muss erst noch den Husar auf dem Dach fertig lesen; den habe ich in den letzten Tagen vernachlässigt ... Ich schätze, dass ich ab Sonntag oder Montag ins Jahr 1985 reisen könnte, passt Dir das auch oder möchtest Du es noch etwas hinausschieben? Wäre auch kein Problem.
Noch habe ich es nicht, ich melde mich, sobald der Postbote es bringt. Denke Mitte der nächsten Woche könnten wir starten.
 

nellsche

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1. September 2018
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Ich habe den letzten Abschnitt gestern noch gelesen. Die Folter, die Winston durchmachen musste, war heftig. Und soooo lange. Traurig fand ich die Begegnung mit Julia und dass beide letztlich den anderen verraten haben. Beide sind gebrochen worden. Irgendwie ist das Ende hoffnungslos und traurig....

Sehr gut hat mir dann nich die Zeittafel gefallen. Tolles Wissen über Orwell.
 

nellsche

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1. September 2018
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Komisch fand ich, dass O’Brian so viele historische Vergleiche heranzieht, sich auf die Nazis und die russischen Kommunisten bezieht, wo sie doch das Wissen um die Vergangenheit ausrotten wollen, sogar schon ausgerottet haben. Seinen eigenen Argumenten zufolge müsste O’Brian das selbst alles gar nicht mehr wissen, ist er doch ein überzeugtes Parteimitglied.
Ja, das hat mich auch gewundert.
 

nellsche

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Eine furchtbare Quälerei. Ich kann mir keine Folterszenen ansehen, darüber zu lesen, ist auch nicht besser. An die Szene mit der Ratte konnte ich mich noch erinnern, allerdings nahm sie in meiner Erinnerung einen viel größeren Raum ein. Auch ich würde dabei Land und Leute verraten. Winston wurde systematisch gebrochen, alles ausgelöscht, bis er den GB liebt. Ich fand diesen letzten Abschnitt gruselig. Ob er jetzt erschossen wird? Desillusionierter kann man die Lesenden nicht zurücklassen. Keine Hoffnung nirgends.
Ich denke, dass es völlig normal und menschlich ist, wenn man in Foltersituationen schwach wird.

Ich empfand das Ende auch absolut hoffnungslos. Ganz schön deprimierend....
 
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wal.li

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Was für ein deprimierendes Ende. Winston, der einer kompletten Gehirnwäsche erfolgreich unterzogen wurde, vegetiert offensichtlich ohne Ziel nur noch vor sich hin. Da er vermutlich auch keinen Nutzen für die Gesellschaft bringen wird, vermute ich, wird er wie vermutet auch erschossen werden.

Ja, ich fand es auch sehr deprimieren und ohne Hoffnung. Ich dachte irgendwie, genauso wie 2+2=5 ist, kommt Winston im Moment der Liebe durch eine Kugel um, die er sich einbildet. Bitter.
 
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wal.li

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Und dass der Akteur dabei O'Brian ist, der die einzige Hoffnung in diesem Buch darstellte, das macht die Sache auch nicht besser.

Mir kam es so vor, als ob Winston von allen verraten wurde, auch von Julia und Charington. O´Brian war mir gleich verdächtig.
 

wal.li

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In den Anmerkungen steht, dass Orwell selbst seinen Roman oft mit einer Satire gleichgesetzt hat.

Als ich das las, war ich sehr überrascht. Das mit der Satire hat sich mir nicht erschlossen. Es wirkte wie eine ziemlich düstere Dystopie ohne Silberstreif und mit erschreckendem Bezug zur heutigen Zeit. Wie sich die Welt entwickelt, konnte der Autor natürlich nicht wissen, was es eher noch schlimmer macht.
 

ulrikerabe

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Ich gebe es zu, den Anhang über Neusprech habe ich mir gespart. Das war für mich nach der Lektüre unpassend. Ich werde es wohl nachholen.

Vielleicht sind es alles Dinge, die mir aufgefallen sind, weil ich das Buch nicht zum ersten Mal lese, aber grundsätzlich legt Orwell schon von Anfang an Spuren, wie sich die "Beziehung" zwischen Winston Smith und O'Brien entwickelt:
S. 38 [zitat] "Für eine Sekunde war O'Briens Blick auf ihn gefallen...Aber für den Bruchteil einer Sekunde hatten sich ihre Blicke getroffen, udn in diesem Bruchteil einer Sekunde wusste Winston - ja, er wusste! - dass O'Brien dasselbe dachte wie er.[/zitat]
S. 292 "Du hast es gewusst, Winston, sagte O'Brien. Hör auf ich selbst zu belügen. Du hast es gewusst - du hast es immer gewusst."

Oder der Traum den Winston hatte: Wir treffen uns an dem Ort, an dem es keine Dunkelheit gibt. O'Brien bestätigt Winston, dass sie sich dort wiedersehen. Im Keller des Ministeriums für Liebe, in den Verhörräumen.
 
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ulrikerabe

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Eine furchtbare Quälerei. Ich kann mir keine Folterszenen ansehen, darüber zu lesen, ist auch nicht besser. An die Szene mit der Ratte konnte ich mich noch erinnern, allerdings nahm sie in meiner Erinnerung einen viel größeren Raum ein. Auch ich würde dabei Land und Leute verraten. Winston wurde systematisch gebrochen, alles ausgelöscht, bis er den GB liebt. Ich fand diesen letzten Abschnitt gruselig. Ob er jetzt erschossen wird? Desillusionierter kann man die Lesenden nicht zurücklassen. Keine Hoffnung nirgends.
Die Ratte hatte bei mir auch mehr Raum. Aber vielleicht liegt das auch an der Filmszene. Das kann gut sein, dass ich hier etwas vermische.
 
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ulrikerabe

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So. Ich habe fertig, Flasche leer.
Ich habe große Teile des Romans als Hörbuch gehört. Es wird fantastisch vorgelesen und macht den Text viel intensiver. Bis zum dritten Teil, als Winston gefoltert wird, kann man das aushalten. Danach nicht mehr. O´Brien bekommt eine schmeichlerische Attitüde, die nur vor Falschhheit strotzt. Winston winselt, jammert, sucht nach Antworten... Das war grhört zuviel für mich, deshalb habe ich nun heute Abend zu Ende GELESEN.

Was soll ich sagen? Ich kann die Begeisterung um diesen Roman nicht nachvollziehen. Ein wichtiges Buch. Ja. Schullektüre. Ja. Aber eigentlich unerträglich! Eine Utopie, eine herrschende Partei, eine Bruderschaft im Untergrund. Winston fällt auf den vermeintlichen Regimegegner O´Brian rein und wird aufs Brutalste geläutert. Diese Folterszenen empfand ich in dieser Ausführlichkeit redundant und Effekt heischend. Man hatte schon längst verstanden, es hätte auch Raum 101 nicht mehr sein müssen (obwohl man nach soviel Geheimniskrämerei natürlich wissen will, was es damit auf sich hat). Die Ausführungen über NeuSprech wiederholen die bekannten Kernaussagen, was sie zum Ende des Buches noch sollen, erschließt sich mir nicht.

Die Farm der Tiere muss ich nicht mehr lesen. Ich weiß nun, warum ich dieses Buch in den 80ern abgebrochen habe: Meine Freunde erzählten, wie trostlos es sei. Wofür braucht man das? Vor dem Hintergrund dieses Ausgangs empfinde ich Habecks Vorwort als viel zu bedeutungsschwer. Warum ein Vollblutpolitiker hier für ein Vorwort herangezogen wurde, verstehe ich ebenfalls nicht. Wäre nicht ein Historiker ein ausgewogenerer Essayist gewesen? Zumal sich das Buch nicht nur an Gefahren von rechts wendet, sondern auch von links. Es geht um ALLE Diktaturen!

Nein. Leider hat mir das letzte Drittel gar nicht gefallen. Versuch gescheitert.
Das ist jetzt nur der Versuch einer Erklärung. Aber "wir", heute, haben schon sehr viel gehört, gelesen, gesehen. Über Diktaturen, Folter, Vernichtungslager, Massengräber. Überall auf der Welt. Vielleicht musst das 1949 erst noch stärker in die Köpfe der Menschen hinein, wozu der Mensch alles fähig ist.
 
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ulrikerabe

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Für mich auch ein schönes Beispiel, wie Orwell etwas andeutet, was später kommt. Auf S. 282 steht: [zitat]An Julia dachte er kaum...er liebte sie und würde sie nicht verraten. Aber das war nur eine Tatsache, so wie eine arithmetische Regel.[/zitat]

Kurz darauf gelten arithmetische Regeln nichts mehr. Zwei und Zwei ist nicht mehr vier.
 

Literaturhexle

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Ich habe auch nochmal durchgeblättert. Auch dieser Roman ist wirklich stimmig konstruiert. Es finden sich Andeutungen für den weiteren Verlauf.
Nicht umsonst gilt 1984 als Klassiker der Weltliteratur.
 
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sursulapitschi

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Überall auf der Welt. Vielleicht musst das 1949 erst noch stärker in die Köpfe der Menschen hinein, wozu der Mensch alles fähig ist.
Gut möglich.
Ich überlege, ob nicht auch der Geschmack damals anders gewesen ist als heute. Vielleicht mochte man es einfach ausführlicher. Ich denke zum Beispiel an "Vom Winde verweht" oder "Kalifornische Sinfonie". Das sind zwei Bücher, die ich in letzter Zeit noch einmal gelesen habe und die ich plötzlich viel weitschweifiger fand als anno Schnee beim ersten Lesen.
 
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