5. Leseabschnitt: Seite 301 bis Seite 367

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich fand die ganze Szene abstoßend.
Vor allem bringt sie die Handlung nicht weiter. Erneut wird männliche Macht und Willkür demonstriert. Mimin hat das Ganze allerdings mitbekommen (war das der Sinn der Szene?) und lässt sich dadurch von Hirut überzeugen, die Klamotten des Kaisers anzuziehen.

Darüber hinaus verliert Hirut zunächst die Kontrolle über ihren Körper, scheint dann aber gestärkt daraus hervorzugehen. Zudem gefällt ihr auch die neue Aufgabe als Leibwächter. Irgendwie soll hier wohl eine feministische Linie vertreten werden, auch wenn mir das nicht richtig schlüssig rüberkommt.
Sie ist neu und unbefleckt, frei von Blut und Angst. Sie ist wieder heil. 366
Das glaube, wer will. Das geht wieder in den Bereich der Heldensage.

Für Fifi könnte es gefährlich werden. Carlos ist ein unberechenbarer Despot. Die Köchin sammelt Kräuter für eine Abtreibung - auch das wird ziemlich hart und emotionslos geschildert. Die Frau auch hier das Opfer männlicher Zudringlichkeiten. Die Köchin ist auch weise, sie warnt Fifi:
Von jetzt an wird es mit ihm schlimmer werden, sagt die Köchin. Er wird zu allen grausamer sein, vor allem zu dir. Lass uns von hier weggehen, jetzt gleich. 345
Auch ich erwarte nichts Gutes für Fifi. Sie hat keinerlei Stellung in dieser Gesellschaft.

Die Details von Carlos' Zurechtweisung hätte ich in dem Ausmaß auch nicht gebraucht. Er ist ein Antisemit, braucht Ettore aber als Berichterstatter und spielt ein doppeltes Spiel.
 

ulrikerabe

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14. August 2017
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Ich fand die ganze Szene abstoßend
Vor allem ist es das dritte Mal, dass uns eine Vergewaltigungsszene geschildert wird. Die Gewalbereitschaft gegenüber Frauen habe ich schon beim ersten Mal verstanden. Ich mag das nicht nochmal und noch mehr lesen.
Ich glaube wirklich, dass manchmal weniger Worte mehr sind.
Parole Parole Parole - da gabs mal einen Song ;-).
Vielen Dank für den Ohrwurm....
 
G

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Nichts davon erfahre ich im Roman.
Das erfährt man nicht direkt. Das stimmt. Aber indirekt schon. Man erfährt in dem Buch, dass Abessinier auf Seiten der Italiener mitmarschieren. Abessinier also gegen Abessinier kämpfen. Dies verwundert doch sicher. Und die Vielvölkerstaaten sind eine Erklärung dafür. Unterschiede und Zwistigkeiten wurden von europäischen Mächten geschickt ausgenutzt. So dass die Bevölkerung von Eritrea den Italienern diente, wahrscheinlich auch ursächlich für die spätere Abspaltung von Eritrea.
Ich glaube irgendwo im Buch wurden auch Fotos mit verschiedenen Völkern erwähnt.
Dennoch stimme ich dir zu, denn im Roman erfährt man über dieses Völkergemisch wenig. Deswegen auch mein Einwurf/Artikel dazu. Kann natürlich auch jeder selbst nachlesen.
Wobei das zentrale Abessinien das Wohngebiet der Abessinier (Tigre, Tigray, Amhara, Harari, Argobba und Gurage) ist und darin ebenso nur noch die Agaugruppe und einige Oromogruppen siedelten. Alle anderen Gruppen siedelten in den Gebieten um dieses zentrale abessinische Gebiet. Auch der Krieg wird wohl eher das zentrale und damit auch bedeutende Gebiet betroffen haben.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Eigentlich völlig unverständlich, warum sie das tun. Warum laufen Menschen solchen Witzfiguren hinterher? Wenn sie für ihre eigenen Interessen kämpfen würden, könnte man das verstehen. Doch in Wirklichkeit stehen Symbolfiguren für das ganz Große und in der Realität geht es immer um handfeste Interessen.
Wobei es diese Witzfiguren auch heute noch gibt.
Und die Strukturen öfters so aufgebaut sind Eliten zu fördern und zu unterstützen, zumindest solange bis ein Gefüge kippt und schließlich zerbricht.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Ich hätte nicht gedacht, dass mich irgendetwas in diesem Roman zum Lachen bringt. Aber Hirut hat es geschafft: Kidane will Hirut mal wieder vergewaltigen und sie reagiert mit einem Gähnen. Herrlich! Der Effekt, den ihre demonstrative Langeweile hat – obwohl ich sicher bin, dass der erste Gähner nicht beabsichtigt war, aber Hirut ist lernfähig ;-) – ist niederschmetternd für sein Ego und sein Stehvermögen. Die Männer in diesem Roman sind unglaublich primitiv. Sie definieren sich über das Kämpfen und ihre Libido. Wenn sie hier der Erfolg verlässt, kratzt das an ihrem Stolz und Ego.
Diese Szene verleitet zum Lachen ja. Aber gleichzeitig hat dies auch etwas märchenhaftes. Ist jemand denn in so einer Situation zum Gähnen bereit? Dies wirkt eher wie ein erzählerischer Kniff. Dennoch fand ich dies gut.
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Jetzt scheint es aber auch für Fifi gefährlich zu werden. Carlo hat mitbekommen, dass Fifi und Seifu sich kennen. "Er hört: Faven? Er hört: Bitte. Seifu." (S.338) Carlo weiß nun, dass sie eine Verräterin ist. Während Seifu nun wahrscheinlich dasselbe von ihr denkt. Eine mutige Frau, aber ich habe die Befürchtung, dass das nicht gut ausgehen wird.
Ja, hier hatte ich ähnliche Gedanken!
 
G

Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Ein Roman sollte auch ohne Wiki funktionieren. Toll, wenn der Leser noch mehr erfahren will und deshalb auf andere Quellen zurückgreift. Aber es wäre sinnvoll gewesen, die Handlung mehr in den historischen Zusammenhang einzubetten.
Aber der Roman funktioniert doch ohne Wiki. Ein Land wird überfallen und wehrt sich. Hat aber noch eigene Probleme. Und die Überfallenden haben diese eigenen Probleme auch. Dazwischen die menschlichen Schicksale und alles gekleidet in einem eigentümlichen Gewand. Zumindest hatte ich diesen Eindruck.
 
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Während ein Äthiopier vor innerer Scham vergangen wäre und für immer gebrochen, wird der Italiener nur noch brutaler und rachedurstiger. Man hätte sich gewünscht, er wäre zumindest verletzt worden. Haben Eunuchen nicht so hübsche Stimmchen?
Wobei ich hier die Zeichnung etwas zu gewollt und in gut/böse (schwarz/weiß) aufgeteilt fand. Aber gut, Kidane steht ja auch für einen etwas unsympathischen Äthiopier und Ettore ist auch in Grautönen gehalten.
 
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Gelöschtes Mitglied 2403

Gast
Francesca Melandri hat das in „ Alle, außer mir“ vor drei Jahren schon besser hingekriegt.
Anders und gut, aber besser, ich weiß nicht, für mich sind beide Bücher herausragend. Nur in einer unterschiedlichen Art. Aber ich denke man muss den Schattenkönig mögen. Durch seine spezielle Gestaltung wird dies aber nicht jeder Lesende können.