5. Leseabschnitt: Seite 167 bis 204

Literaturhexle

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Hier sprechen wir über den ersten Teil "Wie man sich als Gast benimmt" ab Seite 167 bis 204.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Essen
Dieser LA enthält zumindest teilweise am ehesten bisher Biografieartiges. Es geht um Pozzis Liebesleben und seine Reisen mit Emma Fischoff, um eine seiner großen Errungenschaften, das Krankenhaus Broca, seine Tochter Catherine, seine neue Behausung in der Avenue d'Ièna.
Und: noch im LA 4 hatte sich Barnes mehr als abschätzig über die Zeit geäußert, die er hier beschreibt (s. S. 152 oder meinen Post unter 4.LA), aber nun relativiert er vollkommen alle Bewertungen, die aus der Zukunft über die Vergangenheit gemacht werden.
[zitat]Warum drängt es die Gegenwart ständig, über die Vergangenheit zu urteilen? Sie muss ziemlich neurotisch sein, diese Gegenwart, ie sich der Vergangenheit überlegen fühlt und dabei die nagende Furcht nicht loswird, dass sie es womöglich doch nicht ist. .... Woher nehmen wir uns das Recht zu einem Urteil? Wir sind die Gegenwart, das ist die Vergangenheit: In der Regel genügt das den meisten von uns[/zitat]
Es geht ihm also gar nicht um eine wertende Beschreibung. Er überlässt es vielmehr jedem selbst, seine Schlüsse zu ziehen und das eine als dekadente Abwegigkeit, das andere wiederum als leider verlorene Eleganz und "Savoir vivre" zu erkennen.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Versuch einer Zusammenfassung:
Zwei Gäste im Hause Proust: Beide benehemen sich extrem unhöflich, bezeichnen die Wohnung als hässlich. Die Gäste sind Oscar Wilde und unser Graf - zwei bekannte, streitbare Persönlichkeiten.

Wir bekommen ein sehr breites Spektrum über Pozzi und seine Familie vermittelt: Die Eheleute Pozzi sind nicht glücklich miteinander, das wurde schon deutlich. Nach außen halten sie aber die Fassade aufrecht, im Innereren gibt es zunehmend erbitterte Streitereien, von der die Tochter später berichten und auch eine Novelle "Agnes" über ihre unglückliche Beziehung zum Vater schreiben wird. Über Jahre hat Pozzi eine Beziehung mit Emma Fischoff, mit der er zahlreiche Europareisen unternimmt. Sie scheint eine Frau zu sein, die ihm mehr bedeutet, als die zahlreichen Geliebten, die er gehabt haben soll. Das Paar legt sogar "Morganatische Gelübde"ab, die einen amtlichen Segen geben sollen. Nun denn. Zwischendurch reist Pozzi aber auch mit seiner Frau ("um uns das Verständnis seiner Ehe zu erschweren";))

Pozzis berufliche Blüte: Pozzi baut das Krankenhaus in Broca nach neuesten internationalen Erkenntnissen um und modernisiert. Er hat auch immer die ethische Seite des Berufes im Blick. Das Fresco vonClarin (S. 175) ist äußerst imposant, dafür würde heute im Gesundheitswesen kein Geld ausgegeben.
Pozzi erwirbt den ersten gynäkologischen Lehrstuhl in Paris. Seine Antrittsrede hält er in der Broca. Er warnte vor Operationswütigkeit(!), appelliert an das Gewissen des Operateurs. Sehr moderne Standpunkte.

Der Graf: wird von dem skandalträchtigen Dandy Jean Lorrain nach wie vor verfolgt. Offenbar reagiert Montesquiou nicht auf die Provokationen. Lorrain ist es ihm nicht wert, sich mit ihm zu duellieren. Es bleibt eine Dauerfehde, in der Lorrain den Grafen immer wieder literarisch vorführt.

Vergangenheit und Gegenwart: Die Vergangenheit ist der Spielball der Gegenwart. Die Gegenwart der Vergangenheit macht sich aber selten Gedanken um ein Urteil in der Zukunft. Zwei sehr kluge Bemerkungen.
Warum drängt es die Gegenwart ständig, über die Vergangenheit zu urteilen?

Klatschgeschichten vornehmlich über Frauen: Sarah Bernhardt nahm sich die gleichen Rechte wie viele Männer. Sie wurde als Hure abgestempelt, man überlegte, ob sie nymphoman sei- evtl in Folge einer Frigidität...
Meine Herren! Hatten die Leute denn nichts anderes zu denken?! Wer will das alles so genau wissen? Was wurde da in Quellen hinein interpretiert? Die Gutste soll sich sogar eine Drüse implantieren gelassen haben. Gehen diese Spekulationen nicht ganz schön weit? Soooo intim berichtet die Gala-Bunte selbst heute nicht:eek:.

Wie valide sind die Behauptungen um Pozzis Liebesleben vor diesem Hintergrund? Der Mann ist furchtbar erfolgreich, seine kolossalen Ämter und Positionen sind beeindruckend(S. 196). Sollte er da noch Zeit zur Verführung ständig neuer Gespielinnen haben?
Irgendetwas ist aber dran, das wird aus den Quellen der Tochter deutlich, in deren Psyche sich die gespaltenen Eltern widerspiegelt. Sie geht mit dem Vater hart ins Gericht, was nicht wundert: wahrscheinlich war er selten zu Hause. Offenbar hat Catherine zunächst zwei intensive Beziehungen zu jungen Frauen, schließlich heiratet sie Edouard Bourdet, bekommt ein Kind.
Die ganz große Liebe wird der Dichter Paul Valery für sie - aber auch die Hölle. Klingt zumindest intensiv!
Ich meine in Erinnerung zu haben, dass es drei Pozzi-Kinder gibt. Ob wir von den anderen auch noch etwas hören? Die Vater-Tochter-Beziehung zu Catherine war auf alle Fälle schwierig. Ob da Mutter und Oma mitgewirkt haben: Wir wissen es nicht;)

Fazit: Es wurde wirklich viel über absolut intime Details geklatscht in jenen Tagen.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wieder eine hervorragende Zusammenfassung, liebe @Literaturhexle!
Eine Bemerkung Barnes zur Ehesituation der Pozzis habe ich mir noch ergänzend markiert:
"Aber wenn eine Situation dauerhaft unmöglich - oder zumindest unlösbar - ist, kann man sich darin auch einrichten, ja, es sich gemütlich machen." (173)
Im letzten Abschnitt wurden bereits Pozzis Errungenschaften auf dem Gebiet der Gynäkologie hervorgehoben, am 1.1.1899 erhält er den ersten Lehrstuhl für Gynäkologie in Paris.
Seine Antrittsrede beginnt er mit den Worten "das ideale Leben bestehe darin, dass ein Mensch im reifen Alter eine Idee verwirklichen kann, die er in seiner Jugend ersonnen hat." (176)
Beruflich hat seine Ziele erreicht.
Erneut erweist sich Pozzi als "moderner" Arzt, der davor warnt, zu schnell zu operieren. Bemerkenswert.
Ein Erklärungsversuch für den tiefen Hass den Lorrain gegenüber Montesquiou empfunden hat, liefert uns Barnes in diesem LA:
Er hasst ihn so, "wie ein Homosexueller, der sich (tapfer) recht weit aus der Deckung gewagt hat, einen Homosexuellen hasst, der aus Vorsicht das Spiel der Gesellschaft mitspielt und dem gesellschaftliche Konventionen mehr gelten als die Wahrheit." (181)
@Anjuta hat bereits erwähnt, dass Barnes seine eigenen Bewertungen der Vergangenheit in Frage stellt: "Wir wissen doch mehr und alles besser, nicht wahr?" (182)
Die sexuellen Klatschgeschichten sind tatsächlich unglaublich, interessanterweise hat sich aber ein Aspekt nicht verändert,
"damals wie heute war sexueller Klatsch vornehmlich dazu da, eine Frau zu verdammen." (183)
Auch heute noch bezeichnen Jugendliche einen jungen Mann, der viele Beziehungen/Affären hat, als "player", während eine junge Frau mit "bitch" bezeichnet wird.
Barnes setzt sich intensiv mit Pozzis Ruf als notorischen Verführer auseinander. Auch das alles nur Klatschgeschichten, die auf Neid gründen? "Woher nehmen wir uns das Recht zu einem Urteil" (187) Die Quellenlage ist jedenfalls recht lückenhaft, es fehlen, außer Catherines Aussagen, weibliche Quellen.
Für Barnes zumindest scheint Pozzi vor allem deswegen so interessant, da er "ein vernünftiger Mensch in einer verrückten Zeit" (188) gewesen ist und "ein Mann der Wissenschaft und Rationalität, nicht der Religion. Sein Blick in die Zukunft galt Fortschritten in der Medizin" (189)
 

Literaturhexle

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damals wie heute war sexueller Klatsch vornehmlich dazu da, eine Frau zu verdammen." (183)
Auch heute noch bezeichnen Jugendliche einen jungen Mann, der viele Beziehungen/Affären hat, als "player", während eine junge Frau mit "bitch" bezeichnet wird.
Gemein, oder? Das hat mich schon zu meiner Zeit als junge Frau geärgert und dass es heute noch so ist. Wirklich schade! Das soll nicht heißen, dass ich "lockere Lebenswandel" unterstütze. Es geht mir nur um die Gleichberechtigung der Geschlechter!
 

Querleserin

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Gemein, oder? Das hat mich schon zu meiner Zeit als junge Frau geärgert und dass es heute noch so ist. Wirklich schade! Das soll nicht heißen, dass ich "lockere Lebenswandel" unterstütze. Es geht mir nur um die Gleichberechtigung der Geschlechter!
Habe tatsächlich den Anlass genutzt und in meinem 12er Kurs nachgefragt, wir behandeln passenderweise gerade Jugendsprache ;). Und es hat sich nichts verändert, traurig und frustrierend. Aber das ist ein eigenes Thema.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Im 5. Abschnitt und über der Hälfte des Buches geht es jetzt etwas mehr um Pozzis Leistungen in der Medizin, aber auch um seinen privaten Lebenswandel.
War die Segnung seiner außerehelichen Beziehung zu Emma Fischoff seinem Gewissen geschuldet, oder war sie (die Segnung) ein Element in Pozzis Verführungskünsten, bei der sich jede Frau respektiert und ehrenhaft fühlen sollte? Wir wissen es nicht!:p Auf jeden Fall scheint sein Lebensstil, außer seiner Tochter und seiner Frau, keinem aufzustoßen. Mit dem Blick auf seine berufliche Tätigkeit, ist das natürlich äußerst sinnvoll. Nicht auszudenken, wenn sich nur eine Frau beschwert, oder in den illustren Kreisen Andeutungen gemacht hätte.
 

Querleserin

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Auf jeden Fall scheint sein Lebensstil, außer seiner Tochter und seiner Frau, keinem aufzustoßen. Mit dem Blick auf seine berufliche Tätigkeit, ist das natürlich äußerst sinnvoll. Nicht auszudenken, wenn sich nur eine Frau beschwert, oder in den illustren Kreisen Andeutungen gemacht hätte.
Und das spricht dafür, dass er kein notorischer Verführer war, oder?
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
[zitat]Auf jeden Fall scheint sein Lebensstil, außer seiner Tochter und seiner Frau, keinem aufzustoßen.[/zitat]

Wenn man Autoren wie Zola glauben will, war das tatsächlich in den oberen Gesellschaftsschichten etwas völlig Normales. Bei Zola kommen immer wieder hohe Beamte (zb Richter), Bankiers oder Unternehmer vor, die praktisch ein Doppelleben führen mit zwei kompletten Familien, und nicht selten tun die Frauen desgleichen.

Das Stück "Juliette Faustin", das Edmond de Goncourt für Sarah Bernhardt geschrieben haben soll, kenne ich nicht, aber es gibt einen Roman mit diesem Titel. Die Titelfigur ist selbst Schauspielerin und eine, die ihre Arbeit sehr ernst nimmt. Ich habe eben das erste Kapitel noch einmal überflogen; es heißt von ihr, dass sie braune Locken habe - vielleicht hatte Goncourt wirklich die Bernhardt vor Augen - und über ihren Geliebten Lord Annandale steht da: " ... schön war die melancholisch milde Sanftmut seiner blauen Augen, schön das seidige Gelock von Haar und Bart, schön die durchsichtige Helle, die nur der Haut des Engländers eigen ist."
Ach ja. Die Haut des Engländers! :D
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Dass man Pozzi auch mit „sexsüchtig“ und „ Verführer seiner Patientinnen“ in Verbindung bringt, hängt vielleicht auch mit dem Beruf des Gynäkologen zusammen. Für manche ist ein Gynäkologe ständig den Reizen einer Frau ausgesetzt, für die hat die ärztliche Untersuchung immer einen Beigeschmack von sexueller Erregung. Dabei war er in seinen Liebesleben einfach ein Mann seiner Zeit, d.h. außereheliche Affären waren an der Tagesordnung.
Er scheint mir nur ein sehr sympathischer, diskreter Liebhaber gewesen zu sein.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Fazit: Es wurde wirklich viel über absolut intime Details geklatscht in jenen Tagen.
Das hat mich wirklich überrascht. Nicht, dass Affären an der Tagesordnung waren, sondern dass man so unverblümt über sexuelle Details sprach. Will man wissen, ob eine bedeutende Schauspielerin frigide war oder nicht?
Vergangenheit und Gegenwart: Die Vergangenheit ist der Spielball der Gegenwart. Die Gegenwart der Vergangenheit macht sich aber selten Gedanken um ein Urteil in der Zukunft. Zwei sehr kluge Bemerkungen.
Warum drängt es die Gegenwart ständig, über die Vergangenheit zu urteilen?
Diese Überlegungen sind sehr interessant. Warum urteilen wir über die Vergangenheit? Weil Entscheidungen, die damals getroffen wurden, die Gegenwart beeinflussen. Man sagt doch, die Gegenwart ist ohne die Vergangenheit nicht erklärbar. Z.B. die Probleme der Weimarer Republik hängen u.a. mit dem Versailler Vertrag zusammen. Der wiederum erklärt sich aus der Wilhelminischem Politik usw.
Wir beurteilen also die Vergangenheit danach, ob wir damalige Entscheidungen für richtig halten für unsere Gegenwart.
Der Gegenwart als Vergangenheit liegt wenig am Urteil späterer Generationen, dabei müssten Entscheidungen nachhaltig getroffen werden.
Oder meint Barnes hier weniger das Politische,sondern mehr das Gesellschaftliche?
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Diese Überlegungen sind sehr interessant. Warum urteilen wir über die Vergangenheit?

Einmal natürlich aus historischem Interesse - weil man wissen möchte, warum es so kam, wie es heute ist. Aber nach meiner Erfahrung steckt hinter dem Interesse an Vergangenem auch oft ein Gutteil Chauvinismus. Man möchte sich vergewissern, dass wir heute "besser" sind. Gerade wenn ich populäre historische Romane lese (was ich nur sehr selten mache, es ist nicht "mein" Genre), fällt mir immer wieder auf, wie dort geradezu mit Genuss Seuchen, mangelnde Hygiene, miese Arbeitsbedingungen und Faustrecht ausgebreitet werden.

Diese irren Spekulationen über die angebliche Frigidität der Bernhardt haben mich aber überrascht. Das ist ja noch weit schlimmer als die heutige Klatschpresse.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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hängt vielleicht auch mit dem Beruf des Gynäkologen zusammen. Für manche ist ein Gynäkologe ständig den Reizen einer Frau ausgesetzt,
Das ist ein sehr interessanter, naheliegender Gedanke! Der Wunsch als Vater des Gesankens;). Und der Neid ob der vielen Möglichkeiten:D

Oder meint Barnes hier weniger das Politische,sondern mehr das Gesellschaftliche?
Ich finde diese Überlegungen passen auf beides. Aich gesellschaftliche Entwicklungen fußen auf der Vergangenheit.
Diese irren Spekulationen über die angebliche Frigidität der Bernhardt haben mich aber überrascht. Das ist ja noch weit schlimmer als die heutige Klatschpresse.
Und wie! Auch dass öffentlich mit Operationen hausieren gegangen wird! Wer prahlt denn mit einer Totaloperation?! Zumal die damals weit gefahrvoller war? Die voyeuristischen Männer! Richtig widerlich, wie über die Bernhardt getratscht wird. Furchtbar sexuell motiviert.
 

Die Häsin

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11. Dezember 2019
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Rhönrand bei Fulda
Auf der letzten Seite des Leseabschnitts habe ich mich nochmals recht amüsiert über Catherines Beziehung zu Edouard Bourdet, der "seiner Liebe in Briefen leidenschaftlich Ausdruck geben konnte, aber kaum ein Wort herausbrachte, wenn er mit ihr zusammen war."

Vielleicht hatte er einen Ghostwriter? Es gibt genau so eine Szene in Rostands Cyrano. Der junge und hübsche Christian beglückt seine Roxane mit überwältigend poetischen Liebesbriefen, gibt aber beim Rendezvous nur "ich liebe dich" heraus. Weil er seine Briefe von Cyrano schreiben lässt. Passenderweise kam der wie Pozzi aus Bergerac ... :p
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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In diesem Leseabschnitt erfahren wir mehr über Pozzis Leben und seine Lieben. Emma scheint ja über Jahre eine Art Ehe zur Linken mit Pozzi zu führen, Ehegelübde im Urlaub inclusive. Aber trotzdem scheint er auch anderen Verführungen nicht abgeneigt.
Bei Männern wird das geduldet, sogar mit wohlwollendem Augenzwinkern, Frauen sind dann immer gleich Huren oder krankhaft (nymphoman) veranlagt. Hat sich das wirklich so viel verändert in unserer Gegenwart? :( Ich denke da nur an die schnellen Einordnungen wie Schlampe oder toller Hecht.

Pozzi ist jedenfalls ein vielschichtiger Charakter, einerseits wissenschaftlich arbeitend, sein Lehrbuch der Gynäkologie blieb über Jahrzehnte lieferbar; seinen Patientinnen begegnet er mit Empathie, er macht sich Gedanken wie er der Untersuchung die Peinlichkeit nehmen kann usw. Dann aber auch wieder der Ehemann, der seine Frau zunehmend ablehnt, er scheint sich auch negativ über sie äußern. Nur nach außen hin, wahren sie den Schein.

Catherine wiederholt die Fehler ihrer Mutter, auch ihre Erwartungen an die Ehe sind die ähnlich. Schade, aber nicht ungewöhnlich.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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Offenbar reagiert Montesquiou nicht auf die Provokationen. Lorrain ist es ihm nicht wert, sich mit ihm zu duellieren. Es bleibt eine Dauerfehde, in der Lorrain den Grafen immer wieder literarisch vorführt.

Das ist die schlimmste Strafe, die Lorrain erfahren kann. Der Graf scheint seinen Charakter zu kennen.