5. Leseabschnitt: S. 371 bis S. 465

parden

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13. April 2014
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Niederrhein
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Wie kommt es, dass ihr alle über diesen Abschnitt hinweggeht? Da steckt so vieles drin! Die Autorin hat wahrlich einen guten Job gemacht, indem sie die Facetten des Lebens als Koreaner in Japan ganz unprätentiös anhand vieler Figuren und Schicksale schildert.

Noa ist untergetaucht, geht nach Nagano. Obwohl er seine koreanische Abstammung verleugnet, findet er nur Arbeit in einer Pachinko-Verwaltung.
Der Inhaber des Pachinko-Lokals "hatte die Vermutung, dass Noa Koreaner war, aber er sagte nichts, denn solange niemand es wusste, war es ohne Belang." (S. 383) Ein Satz, der später eine unglaublich tragische Bedeutung bekommt!

In Etappen erfahren wir, dass er sich mit einer anderen "gefallenen" Seele verheiratet. Der Vater seiner Frau hatte Selbstmord begangen, weshalb sie selbst einen Makel erhalten hat, die ihr eine standesgemäße Ehe unmöglich macht (!!!). Die beiden bekommen vier Kinder, leben in geordneten Verhältnissen und scheinen zufrieden zu sein. Höchst metaphorisch das Gespräch zwischen Noa und seinem Sohn im Park, als es um Flüche geht... Schließlich empfindet Noa sein Leben als verflucht.

Mozersu ist glücklich mit seiner Frau Yumi, nach zwei Fehlgeburten bekommen sie ihren Sohn Solomon. Sunja steht dieser jungen Frau zur Seite, die der Älteren großes Vertrauen entgegenbringt und ihr sogar von ihrer schweren Kindheit erzählt. Wie tragisch, als diese lebensbejahende Frau bei einem Unfall ums Leben kommt!

Wir lernen Haruki, den Freund Mozersus besser kennen, den er einst in einer Schneiderwerkstatt traf. in einem einzigen Satz erfahren wir nebenbei von dessen Homosexualität... Trotzdem heiratet er Ayame, die Ehe bleibt kinderlos. Sie erwischt ihren Mann beim Liebesspiel im Park - mit einem anderen Mann...! Noch wissen wir nicht, was daraus wird, dennoch wird deutlich, dass man in Japan offenbar weder Koreaner noch homosexuell sein darf.

Haruki ist Polizist. Er muss eine koreanische Familie besuchen, deren Sohn sich umgebracht hat. Es gibt Beweise, dass der Junge von Mitschülern gemobbt wurde. Man kann die Schuldigen aber nicht zur Rechenschaft ziehen.
Haruki ist völlig überrascht, dass sein Freund Mozersu Ähnliches in seiner Kindheit zu erleiden hatte.

Am meisten bewegt hat mich natürlich Noas Schicksal: Als seine Mutter ihn aufgefunden hat, sieht er seinen einzigen Ausweg im Freitod! Oh wie konsequent ist dieser Mann!!! Allerdings nimmt er wenig Rücksicht aud die anderen Menschen, die ihn lieben. Wie soll seine Ehefrau nun die 4 Kinder großziehen? Was bedeutet der verpöhnte Selbstmord gesellschaftlich für sie? Erneut wird Sunja mit ihrer Schuld konfrontiert. Diese Erbschuld, die Noa bei sich sieht, ist für aufgeklärte Menschen unerträglich. Dieses Leiden!

Mozersu hat eine neue Freundin: Etsuko. Auch sie hat gefehlt und ihren Mann betrogen, die Kinder verlassen. Eine sehr interessante Frau. Nach Jahren kommt ihre 15-jährigeTochter Hana und bitte bei einer Abtreibung um Hilfe. Sie ist ein bunter Vogel und "schmeißt" sich an Solomon heran...

Ich bin total begeistert von diesem anspruchsvollen Schmöker und begebe mich jetzt auf die letzten 80 Seiten. Wie erwähnt habe ich überwiegend das Hörbuch am Ohr. Hier fällt das von @Xanaka angesprochene "nee" gar nicht ins Gewicht, es ähnelt unsererer Rückversicherung "ne?" von der Aussprache her.
Sehr schön zusammengefasst, und gleichzeitig bildet dieser Kommentar ab, wie vielseitig uns die Autorin an dem Phänomen der japanischen Gesellschaft, insbesondere der Koreaner in Japan, teilhaben lässt. Noas Selbstmord war wie ein Faustschlag in den Magen. Danach konnte ich erst einmal nicht weiterlesen, ich war richtig geschockt. Statt der erwarteten vorsichtigen Wiederannäherung - Ende. Was für ein enges Korsett die Werte und Normen in Japan darstellen, wie leicht man da aus der Zugehörigkeit herausfallen kann und plötzlich unwiderruflich ein Leben am Rande der Gesellschaft führt. Nach wie vor ein beeindruckender Roman für mich...
 
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Literaturhexle

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Noas Selbstmord war wie ein Faustschlag in den Magen.
Nach wie vor ein beeindruckender Roman für mich...
Absolut. Stimmt beides.
Ich bewunderè die Autorin, wie sie Noas Selbstmord einfach so stehen lässt. Der Leser wird in keiner Weise mit Sentimentalitäten geflutet, sondern durch deren Auslassung geradezu gezwungen, selber nachzudenken, sich hineinzufühlen... Großartig ist das !