Interessant sind ebenfalls die Thesen des Professor's Brunkhorst. Erklärungen über Menschen, die man so nicht versteht, weil ihre gesamte Kultur eine andere ist. Sicherlich ein für die Zeit typisches Verhalten, zeigt es dennoch wie überlegen sich die Kolonialherren gefühlt haben müssen. Trotz aller Verbrechen gegen die Bevölkerung wird angenommen, dass es ja auch zum Vorteil für sie wäre.
Ein guter Blick in die Gedanken der Menschen.
Die Kolonialmacht bringt immer mehr Soldaten ins Land und kann die Aufständischen trotzdem nicht endgültig besiegen. Die ausländischen Zeitungen spotten bereits, welche Blamage!
Die Kolonialmacht bringt immer mehr Soldaten ins Land und kann die Aufständischen trotzdem nicht endgültig besiegen. Die ausländischen Zeitungen spotten bereits, welche Blamage! Interessant ist hierbei, dass der Sieg 1908 ausgerechnet mit einer Kamelreitertruppe kam und Gottschalk mit seiner Kamelforschung dafür den Grundstein gelegt hat. Das hat Uwe Timm geschickt eingefädelt. Ein bisschen erinnert mich das an Dürrenmatts "Die Physiker" - aber das ist vielleicht auch zu weit hergeholt. Der Pazifist und Ex-Dominikanerpater Meisel hat also schon recht, wenn er Gottschalk beschuldigt, den Unterdrückern bei ihrem blutigen Handwerk geholfen zu haben. Er hat allerdings unrecht, wenn er Gottschalk unterstellt, er hätte sich mit dem Unrecht abgefunden, denn das hat er definitiv nicht. Er hat Magenschmerzen und fühlt sich innerlich wund.
Gottschalk hat Heimweh. Der Gedanke an eine Farm in Afrika erscheint ihm inzwischen absurd. Wie hat der Mann sich verändert!
Den Professor aus Greifswald habe ich zunächst als historische Figur begriffen. Sein Bericht an die Kgl. Preuß. Akademie der Wissenschaften schien mir ein historisches Originaldokument zu sein. Nach langem Suchen neige ich jetzt aber dazu, dass er erfunden sein muss. Was meint ihr? Ich hätte mir hierzu einen Anhang mit Anmerkungen gewünscht.
Morenga spielt jetzt eine etwas größere Rolle, aber für einen Titelhelden ist sie trotzdem erstaunlich klein.
Das können wir ja heute auch noch beobachten: Beim Krieg in Syrien unterstützen ausländische Staaten Regierungstruppen bzw. die Aufständischen und verfolgen damit ihre ureigenen Ziele.Interessant ist hier auch der Gedanke, dass andere Länder den Aufständischen in anderen Kolonien helfen, aber sicher die Aufständischen in den eigenen Gebieten verfolgen. ...
Das Vermessen der Schädel war zu dieser Zeit eine anerkannte Wissenschaft, um geistige und charakterliche Eigenschaften in verschiedenen Regionen des Kopfes zu lokalisieren. Später war das ein Instrument der Rassenlehre.Die Episode mit dem Professor aus Greifswald hat mich an die Gebrüder Schlagintweit erinnert, die auch Schädel vermessen und sogar Masken der Menschen in Indien angefertigt haben.
Mir gefiel, dass Timm hier kein „ Heldenepos“ geschrieben hat, sondern einen Zweifler und Zögerer als zentrale Figur gewählt hat. Dann hätte er vielleicht Westrups Werdegang verfolgen müssen.Im Grunde ist mir Gottschalk auch sympathisch, aber ich war trotzdem enttäuscht, dass er doch noch eine aktivere Rolle in diesem Konflikt übernimmt, wenn auch nicht aus eigenem Antrieb... Ich habe mich zwischendurch gefragt, ob er nicht etwas Sabotage hätte betreiben können, um die Eignung der Kamele herunterzuspielen.
Das habe ich auch als Zeichen seiner eigenen Zweifel "erkannt". Äußerst interessantes Bild, dass Timm hier zeichnet.Er hat allerdings unrecht, wenn er Gottschalk unterstellt, er hätte sich mit dem Unrecht abgefunden, denn das hat er definitiv nicht. Er hat Magenschmerzen und fühlt sich innerlich wund.
Wenn Timm den Roman "Gottschalk" betitelt hätte, wäre das Buch wahrscheinlich in den Regalen liegen geblieben. Er brauchte einen historisch verbürgten "Kämpfer", um seine kolonialkritischen Gedanken an die Leser*innen zu bringen. Das ist ihm sehr überzeugend gelungen, wie ich finde.Morenga spielt jetzt eine etwas größere Rolle, aber für einen Titelhelden ist sie trotzdem erstaunlich klein.
Schön ausgedrückt, liebe @renee !In diesem Leseabschnitt geht in meinen Augen dem Buch etwas die Puste aus. Es steuert auf das Ende zu, so viel Neues kommt nicht mehr.
Dennoch wird die Entwicklung der Person Gottschalk wunderbar geschildert. Ein Menschenfreund, den es ein Glück auch damals gegeben hat! Ein nachdenklicher und empathischer Mensch, der sich traut sich selbst und anderen unangenehme Fragen zu stellen. Und damit auch andere zum Nachdenken bringt und ihnen vielleicht auch zeigt, dass es auch noch mehr ähnlich denkende Menschen gibt. Damit schließt sich irgendwie auch der Kreis, Wenstrup regt Gottschalk zum Nachdenken an und Gottschalk wieder Zeisse. Und dem Leser wird klar, es gibt den humanistischen Grundgedanken auch in den Zeiten des Rassismus! Ein Glück! Und irgendwie auch ein Wunder, wenn man bedenkt und hier auch sieht, wie diese Menschen misstrauisch beäugt werden.
*zustimm*Aber er ist auf jeden Fall ein interessanter, gut geschriebener Charakter.
*zustimm*Mir gefiel, dass Timm hier kein „ Heldenepos“ geschrieben hat, sondern einen Zweifler und Zögerer als zentrale Figur gewählt hat. Dann hätte er vielleicht Westrups Werdegang verfolgen müssen.
Und als er sie fallenlässt, weil sie ihrer Mutter ähnlich werden könnte.Ich fand Gottschalks Liebesgeschichte mit der "Hottentottin" Katharina sehr bewegend, vor allem die Stelle in "Durststrecken", als er ihre Familie besucht. Der Kamelritt war demgegenüber wieder hinreißend komisch.