Ja. Mittlerweile gilt als gesichert, dass Thomas Mann zumindest homosexuelle Neigungen verspürte. Das behauptet nicht nur Colm Tóibín, der vermutlich als Homosexueller die Anzeichen noch besser deuten kann als wir.
Ja, das ist mittlerweile hinreichend klar geworden ...
Mir ging es um etwas anderes. Um es platt auszudrücken, auch ein Schwuler kann schöne Hetero-Liebesromane schreiben, je nachdem wo er sein Lesepublikum verortet. Dass Thomas Mann für hübsche Jungs ein Auge hatte, mag unbestritten sein, aber was er mit "Tod in Venedig" ausdrücken wollte, muss ja über diesen Umstand hinausreichen, sonst wäre das Buch nicht so populär geworden.
Müssen wir annehmen, dass sein Protagonist Aschenbach schwul ist? Er hat Frau und Kind (gehabt). Dass ihm Männer bzw. Jungen gefallen, wird zumindest in dem Film nirgends angesprochen. Statt dessen die dauernden Diskussionen (Herr Hase fragte mich aus dem Off, warum die sich eigentlich dauernd so anschreien) um "reine Schönheit".
Ich finde es eine interessante Frage, wie man sich die Verkörperung "reiner Schönheit" vorstellt - ob männlich oder weiblich. Vielleicht geht die Vorstellung des schönen Knabenkörpers auf die Antike zurück.
Ich sehe schon, ich muss das Buch nochmal lesen. Mittlerweile habe ich Manns komplettes Oeuvre auf der Liste.
ps. ach, und noch was: der Wandel der Zeiten wurde m.M.n. auch sehr deutlich an dem Umgangston, den Aschenbach gegenüber dem Personal anschlug (Gondoliere, Diener, Verkäufer etc.). Ein derart herablassendes, schroffes Gehabe geht heute gar nicht mehr.