5. Leseabschnitt: Karton 2/13 bis 2/24 (Seiten 275 bis 339)

Naibenak

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Das macht den Roman für mich wieder interessanter, zumal wir hier erleben, wie die Normalos der DDR-Gesellschaft, diese Zeit erlebt haben. Man ist als Wessi ja immer davon ausgegangen, dass es das höchste Glück auf Erden für einen Ossi ist, wenn er sich komplett von seinem alten Leben verabschieden und wie ein Wessi leben kann. Hier erfahren wir, dass Änderungen gewünscht waren, den Menschen jedoch Probleme bereitete, dass sie keinen Einfluss darauf hatten, welche Auswirkungen diese Veränderungen auf ihren persönlichen Alltag hatten. Das ist verständlich. Denn wer wird schon gern überrollt.
Es gab ja in der DDR auch so einige, die wie Hans' Familie ein priviligiertes Leben geführt haben. Ingrid hat sich mal eben eine Jacke für 700 Mark gekauft - hallo? So etwas wäre für die "einfache" "arbeitende" Bevölkerung niemals ansatzweise in Frage gekommen. Auch die jährlichen Urlaubsreisen konnten sich nur wenige leisten.... Und dann gab es da noch die, die mit ihrem Leben zufrieden waren. Guter Job, genug Lohn um zurechtzukommen, kein Anlass für Aufbegehren.... die wollten auch keine Veränderung. Wie eigentlich überall ist die Bevölkerung sehr gemischt gewesen mit ihren Befindlichkeiten, Möglichkeiten, Träumen... Immer öfter sind aber gerade die Jungen und die Intellektuellen an Grenzen gestoßen, die sie nicht mehr hinnehmen wollten... Und wie du schon sagst: es waren Veränderungen definitiv gewünscht. Es herrschte aber auch Angst davor. Das ist eine ganz normale Sache eigentlich. Da braucht es auch viel Mut und Kraft. Und vorallem eine hoffnungsvolle Perspektive. Ach man könnte seitenweise Gedanken dazu niederschreiben *lach* :D
 

Naibenak

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2. August 2021
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Tatsächlich ist mir aber nicht klar, woher sie die Energie nimmt, aus der tiefen Grube, in die sie von Hans geschubst wurde, wieder herauszukrabbeln. Mir ist das zuviel Hin und Her. Mal verachtet er sie, mal missbraucht er sie, dann ist er wieder verständnisvoll und verliebt. Und Kathi zieht auch sämtliche Register von selbstmordgefährdet bis hin zu selbstbewusst. Hier hat Frau Erpenbeck eine Erzählschleife zu viel gedreht.
Ach Mist, nun wollte ich mal was verbinden mit dem Zitieren.... ich muss noch üben :rolleyes:

DAS, was du hier ansprichst, ist mir auch etwas schleierhaft. Ich hatte den Eindruck, dass Hans sie wirklich komplett gebrochen hatte. Sie war doch völlig auf. Ohne Hilfe scheinbar "plötzlich" doch noch wieder aufzustehen und sich zu wehren, das halte ich eher für unwahrscheinlich. Möglicherweise war Rosa da eine Hilfe. Vielleicht hat diese schöne, sanfte Frau an Katharinas Seite ja geholfen. Immerhin hat Kathi sich ihr anvertraut, das konnte sie bisher mit niemandem wirklich.... aber alles in allem ging mir das bisschen schnell.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Und wie du schon sagst: es waren Veränderungen definitiv gewünscht. Es herrschte aber auch Angst davor.
Die Angst ist menschlich: man weiß, was man hat, aber nicht, was man bekommt. Mit Sicherheit hätte man mit langsameren Veränderungen die Menschen stärker mitgenommen und weniger überrannt. Aber das war schwierig. Ich sehe es schon als historische Gunst der Stunde, die es zu ergreifen galt. Es gab nur ein relativ kleines Zeitfenster, nach Gorbi wäre das nichts mehr geworden. Ja, und wenn etwas schnell (und unvorbereitet) eintrifft, läuft nicht alles optimal...
Über 30 Jahre später sind wir aber doch ganz gut zusammengewachsen. Man darf nicht nur auf die Schwachstellen schauen.
Das Buch ist wirklich für alle Deutschen ein Lesegewinn. Es schildert, klagt aber nicht an (abgesehen von der Diktatur).
 
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