5. Leseabschnitt: Kapitel Achtzehn bis Einundzwanzig (S. 248 bis 331)

Literaturhexle

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Was ihn seine Mutter gelehrt hat, ist, dass man sich von den anderen nicht unterkriegen lassen darf.
In ihrem Milieu ist auch Agnes in gewissen Weise gegen den Strom geschwommen. Es ist ja nicht nur Ordnung, Sauberkeit und ein adrettes äußeres Erscheinungsbild, was sie lehrt (auch mit Strenge) und vorlebt. Auch die Sprache ist es: Sie achtet auf Hochsprache. Sie will nicht, dass ihre Kinder den ortsüblichen "runter gekommenen" Dialekt sprechen. Ich kann mir vorstellen, dass es u.a. diese Fähigkeiten sind, die Shuggie den sozialen Aufstieg ermöglichen könnten.
Allerdings ist er in seinem prekären Umfeld deshalb auch oft angegangen worden...
 
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Ich kann mir vorstellen, dass es u.a. diese Fähigkeiten sind, die Shuggie den sozialen Aufstieg ermöglichen könnten.
Allerdings ist er in seinem prekären Umfeld deshalb auch oft angegangen worden...
Ja, das ist ein Grund, warum die Kinder ihn mobben und ihn wegen seines adretten Aussehens und seiner Sprache immer direkt als „Schwuchtel“ titulieren.
Insgesamt fand ich diesen Abschnitt ganz furchtbar zu lesen. Mir hat Shuggie wirklich Leid getan, aber wo soll er hin? Und dann liebt er trotz allem seine Mutter, der er allerdings auch nicht mehr glaubt, dass sie einen Neuanfang schafft. Auch wenn er es inständig hofft, so wie er für sich selbst hofft, neu anfangen zu können. Das wird ebenso wenig gelingen.

Sprachlich finde ich den Roman sehr ansprechend, manchmal ist die Umgangssprache etwas holprig, aber die Metaphorik gefällt mir gut.
 

Barbara62

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Und während Agnes sich immer besser fühlt, geht es Shuggie immer schlechter.
Ich habe den Eindruck, dass er eifersüchtig ist, dass nicht er, sondern Eugene es geschafft hat, Agnes von der Flasche wegzubekommen.

Dass sie so oft auf Pump lebt (Katalogbestellungen ohne dass sie das Geld dafür schon hätte) bereitet mir Sorgen.
Die Ratenkäufe finde ich auch ganz fürchterlich. Von der Schuldnerberatung habe ich mal gehört, dass diese unzähligen, oft kleinen Beträge sehr oft die Ursache für eine totale Überschuldung sind.
 

Barbara62

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Ich habe diese Atempause in all dem Elend gebraucht und kann nun wieder besser weiterlesen! Dabei glaube ich genau wie ihr nicht, dass Agnes durchhält.

Wunderbar ist der Abschnitt über die geklauten Rosen. Wieviel Energie Agnes hat, wenn sie nüchtern bleibt! Shuggie beschreibt die Stärke seiner Mutter so:

"Jeden Tag schminkte und frisierte sie sich und stieg mit hoch erhobenem Kopf aus ihrem Grab. Wenn sie sich im Suff blamiert hatte, war sie am nächsten Tag aufgestanden, hatte ihren besten Mantel angezuogen und war der Welt entgegengetreten. Wenn ihr Magen leer war und ihre Kinder hungrig, machte sie sich zurecht und ließ sich vor der Welt nichts anmerken." (S. 312)

Vielleicht sorgt aber auch genau das dafür, dass so gar keine Hilfe von außen kommt.
 

Helmut Pöll

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Meine Begeisterung für das Buch nähert sich einem Tiefpunkt. Ja, die Geschichte ist verstörend und eine ziemlich schonungslose Milieustudie aus dem England der Thatcher-Zeit. Douglas Stuart hat das alles sehr eindrucksvoll beschrieben. Keinem Kind wünscht man so eine Kindheit wie die von Shuggie.
Trotz der skandalösen gesellschaftlichen Umstände packt mich die Geschichte aber nicht oder berührt mich. Die Figuren bleiben seltsam fremd. Vielleicht ist es diese immerwährende Wiederholung desselben Elends, derselben Trostlosigkeit, die das verursacht. Ich bin mir nicht ganz sicher. Nach der 100sten Schilderung von Agnes Trunkenheit beispielsweise kennt man die Details zur Genüge. Das führt meiner Meinung nach dazu, dass der Roman ziemliche Längen hat, beispielsweise in Kapitel 21 und 22.
 
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