5. Leseabschnitt: Kapitel 9 und 10 (Seite 459 bis 589)

alasca

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13. Juni 2022
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Lawrence wiederholt - in abgeschwächter Form - das Leben seines Vaters. Das befürchtet der zumindest.

Roland fürchtet das Vergessen und schreibt dagegen in Form von Tagebüchern an, in denen er die Gespräche mit Freunden und Familie festhält. Eine tolle Idee, lädt zum Nachmachen ein, ist aber wohl nur für jemanden geeignet, der allein lebt und viel Zeit für sich hat, um zu reflektieren.

Die Konfrontation mit Miriam - die immer noch hammerhart drauf ist, aber ein weit erfolgreicheres Leben geführt hat als Roland. Er war also der einzige Fall von Kindesmissbrauch in ihrem Leben? Eine völlig aus der Kontrolle geratene Frau in einer schwierigen Lebenssituation? Die Frage liegt auf der Hand, wird aber nicht thematisiert. Er verzeiht ihr - oder verzichtet zumindest auf Rache, wiewohl die Auswirkungen des Missbrauchs sein ganzes Leben verändert haben - und nicht zum Guten. Ein Kreis schließt sich.

Nicht nur dieser Kreis - auch seine Freunde aus der DDR trifft Roland wieder, ausgerechnet in dem Hotel seiner Tätigkeit als Pianist.

Er heiratet Daphne - endlich eine bewusste, gute Entscheidung - und muss sie sofort wieder loslassen. Kreis No 3, der bitterste.

Rosalind verliert endgültig den Verstand und erlebt die Vereinigung all ihrer Kinder und die Auflösung ihres lebenslangen Geheimnisses nicht mehr. Robert als eine der vielen möglichen Versionen Rolands. Was für eine Wahnsinnsidee, toll umgesetzt.

Und der letzte Kreis, Alissa und Roland:
"Ob grausames Verhalten große oder schlechte Lyrik hervorbringe, mache letztlich keinen Unterschied. Eine grausame Tat bleibt eine grausame Tat." S. 533 Roland glaubt, damit abgeschlossen zu haben und widerspricht dem Verdikt des Professors: "Ja, ich habe ihr vergeben, weil sie gut ist, brillant sogar." S. 535 Ich bin nicht überzeugt, da kommt noch was, da bin ich sicher.

Ich lese immer noch sehr gefesselt und tauche völlig ein.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Wadern
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@alasca hat die wichtigsten Handlungslinien präzise zusammengefasst. Ich bin positiv überrascht über die Twists, die völlig glaubwürdig erscheinen. Endlich ergibt es einen Sinn, dass Rosalind ihre Kinder weggegeben hat - Sinn ja, aber sie gibt für den Major ihren Sohn auf. Kein Wunder, dass depressive Verstimmungen ihr Leben begleiten. Tragisch!
Die Viel-Welten -Idee nebenbei zu demonstrieren, auch eingebundener Schachzug. Wie oft fragt man sich selbst, was wäre gewesen wenn…
Allein an einem Tisch mit einem letzten Schluck Rotwein im Glas saß eine Version seiner selbst, nicht gerade ein Spiegelbild, aber Roland, wie er in einem anderen Leben, nach anders gefällten Entscheidungen aussehen könnte. Als wäre die Viele-Welte-Theorie Realität und ihm sei ein einmaliger Blick auf eine der unendlichen Möglichkeiten seiner selbst gegönnt, die angeblich in parallelen und unerreichbaren Sphären existiert ein. (559)
Die drei Teile haben deutlich Zeitsprünge und
Teil 1: Lawrence als Baby
Teil 2: als Kind bis ca. 10 Jahre
Teil 3: mit 16 bis zum Erwachsenen -
Inzwischen ist Roland über 60.

Ein Kreis schließt sich ebenfalls: Lawrence trifft seine Mutter und es ist ein einziges Desaster. Für Alissa kann man kaum Sympathien aufbringen. Rechtfertigt die eigenen Verwirklichung die Beschädigung eines Kindes, das nichts dafür kann? Sein Lebensweg zeigt, dass er vom Verlust der Mutter geprägt wird, aber auch vom unsteten Leben des Vaters, der allerdings tatsächlich einen Schlussstrich unter seine Affäre mit Miriam ziehen kann - auch wenn sie ihm lebenslangen Schaden zugefügt hat. Sich in einen 11-Jährigen zu verlieben, ist schwer vorstellbar. Ungewöhnlich für Roland, dass er die Beweise des Missbrauchs so lange aufbewahrt hat, oder hat er sie als Erinnerung behalten? Zumindest scheint es Miriam leid zu tun und sie weiß, dass sie sein Leben beschädigt hat.
Politisch sind die optimistischen Jahre vorüber, nach 9/11 verliert auch Roland seine positive Einstellung.
Letztes Jahr aber, als die Türme mit ihrer menschlichen Last zu Boden krachten, waren alle Hoffnungen zerstoben. Die Reaktion darauf würde brutal und irrational ausfallen. (503)
Eine andere Beziehung endet ebenfalls, aber nicht glücklich: Die von Alissa und ihrer Mutter. Was hat Alissa dazu getrieben, Namen zu nennen? Bei den ehemaligen Nazis kann ich es nachvollziehen, die nach dem Krieg einfach weitergemacht haben, aber ihrer eigenen Mutter das anzutun. Nein, sie wird mir nicht sympathischer.

Auch wenn einigen in der Leserunde McEwans Sprache zu „verschwurbelt“ vorkommt, mag ich solche Sätze, wie den folgenden, der die fortschreitende Demenz beschreibt:
Seit einigen Jahren schon glich ihr Leben einer sich langsam zurückziehenden Flutwelle, die im Zurückweichen zufällige Pfützen gestrandeter Erinnerung zurückließen. (550)
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich lese immer noch sehr gefesselt und tauche völlig ein.
Ich bin noch nicht ganz durch mit dem LA, aber geht mir genauso. Am liebsten würde ich heute den ganzen Tag nur lesen. Geht leider garnicht.

Die Diskussion, ob das Werk grausames oder unsoziales Verhalten rechtfertigt , finde ich spannend. Bisher wurde das meist bei männlichen Künstlern durchdekliniert. Gut, dass Mc Ewan das mal an einer Frau durchspielt. Hier verzeiht man es noch weniger. Bzw. Frauen hatten nur die Wahl, sich für die Kunst oder Familie zu entscheiden.
Es muss doch beides möglich sein. Oder sollten Künstler einem Zölibat unterliegen?
Es ist bestimmt nicht einfach, Bücher zu schreiben in einem Haus, in dem Kinder rumtoben und der Alltag einem permanent zum Ablenken einlädt. Schreiben mit eiserner Disziplin, in einem eigenen Zimmer, von 8 - … Uhr, wenn die Kinder aus dem Haus sind?
Alice Munro hat in einem Interview mal erklärt, ihr erlaube die Zeitspanne, wo sie allein war, nur Kurzgeschichten.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Oder sollten Künstler einem Zölibat unterliegen?
Es ist bestimmt nicht einfach, Bücher zu schreiben in einem Haus, in dem Kinder rumtoben und der Alltag einem permanent zum Ablenken einlädt.
Es wäre sicherlich sehr schwierig für Alissa geworden, v.a. weil Roland nicht den Eindruck macht, dass er ihr den Rücken frei gehalten hätte.
Das soll jedoch nicht ihr Handeln rechtfertigen, sie hätte es versuchen können und kein so gutes schriftstellerisches Werk rechtfertig in meinen Augen, dass man sein Kind willentlich verlässt.
Zudem bleibt es unverständlich, warum sie keinen Kontakt mit ihrem 16-Jährigen Sohn aufbauen will? Zu dem Zeitpunkt hätte sie eine Annäherung zulassen können. Ich bleibe dabei, dass sie viel grausamer agiert als ihre eigene Mutter.
 

Amena25

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Die Konfrontation mit Miriam - die immer noch hammerhart drauf ist, aber ein weit erfolgreicheres Leben geführt hat als Roland.
Interessant finde ich, dass Roland erst durch die neuen Ermittlungen der Polizei endlich den Mut oder die Energie aufbringt, Miriam wirklich aufzuspüren und sich ihr auch zu stellen. Ihre Erklärungen bzw- Rechterfertigungen finde ich persönlich überhaupt nicht nachvollziehbar. Aber wenn's Roland hilft, damit abzuschließen, ok.
 

Querleserin

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Ihre Erklärungen bzw- Rechterfertigungen finde ich persönlich überhaupt nicht nachvollziehbar.
Ich habe den Eindruck, dass sie es selbst nicht verstehen kann. Was keinerlei Entschuldigung für ihr Verhalten darstellen soll. Aber offenkundig hilft Roland der Umstand, dass sie sich keinerlei Gedanken um ihn gemacht hat. Es ging ihr darum, ihn zu besitzen. Was es umso schlimmer macht...
 

otegami

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Die Konfrontation mit Miriam - die immer noch hammerhart drauf ist, aber ein weit erfolgreicheres Leben geführt hat als Roland. Er war also der einzige Fall von Kindesmissbrauch in ihrem Leben? Eine völlig aus der Kontrolle geratene Frau in einer schwierigen Lebenssituation?
Ich habe den Eindruck, dass sie es selbst nicht verstehen kann. Was keinerlei Entschuldigung für ihr Verhalten darstellen soll. Aber offenkundig hilft Roland der Umstand, dass sie sich keinerlei Gedanken um ihn gemacht hat. Es ging ihr darum, ihn zu besitzen. Was es umso schlimmer macht...
Ihre Erklärungen bzw- Rechterfertigungen finde ich persönlich überhaupt nicht nachvollziehbar. Aber wenn's Roland hilft, damit abzuschließen, ok.

Ich fand auch die Entwicklung des Gesprächs sehr interessant: am Anfang so total arrogant, dann sich selber als Opfer hinstellen (soooo billig :rolleyes: , aber leider kein Einzelfall!), erst zuletzt die Einsicht und dass sie dazu steht!
Ich habe ja schon die ganze Zeit drauf gewartet - wollte wissen, w a s sie dazu geführt hat. Ja, o.k. sie war auch verletzt worden. Aber das ist in meinen Augen keine Rechtfertigung für i h r Verhalten, denn Roland konnte ja am wenigsten dafür!
 

otegami

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, v.a. weil Roland nicht den Eindruck macht, dass er ihr den Rücken frei gehalten hätte.
Diesen starken Verdacht habe ich auch. Ihm fehlte zu diesem Zeitpunkt eindeutig noch die Reife! Die Reife, die er wenigstens in Punkto Lawrence noch bekam.
Zudem bleibt es unverständlich, warum sie keinen Kontakt mit ihrem 16-Jährigen Sohn aufbauen will? Zu dem Zeitpunkt hätte sie eine Annäherung zulassen können.
Da fehlt mir auch jedes Verständnis dafür!!!!!
"Ob grausames Verhalten große oder schlechte Lyrik hervorbringe, mache letztlich keinen Unterschied. Eine grausame Tat bleibt eine grausame Tat." S. 533 Roland glaubt, damit abgeschlossen zu haben und widerspricht dem Verdikt des Professors: "Ja, ich habe ihr vergeben, weil sie gut ist, brillant sogar." S. 535 Ich bin nicht überzeugt, da kommt noch was, da bin ich sicher.
Das Ganze in Verbindung mit dem Vortrag über den veröffentlichten Lyrikband 'The Dolphin' von Lowells .........fand ich echt genial! Kennt jemand diesen Lyrikband?
Ich lese immer noch sehr gefesselt und tauche völlig ein.
Geht mir genauso! Wenn's geht!!!!! Z.Zt. bremsen mich jedoch unvorhergesehene Familienereignisse, die uns fordern, aus! Ich bin froh über jede Minute, wo ich da abtauchen kann! ;)
 

Circlestones Books Blog

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28. Oktober 2018
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Das soll jedoch nicht ihr Handeln rechtfertigen, sie hätte es versuchen können und kein so gutes schriftstellerisches Werk rechtfertig in meinen Augen, dass man sein Kind willentlich verlässt.
Das sehe ich auch so und auch die Tatsache, dass es mit einem anderen Ehemann, der sich weniger treiben lässt, sondern aktiv im Erwerbsleben steht, sicher leichter gehabt hätte zu bleiben, auch das erklärt für mich nicht, dass sie ihr Kind bewusst und so kompromisslos verlassen hat, ohne es wenigstens zu probieren, für sich die Zeit zum Schreiben zu finden, eine Regelung, die ihr die nötigen Stunden der Abgeschiedenheit erlaubt. Ihre Weigerung, wenigstens in Briefkontakt mit ihrem Sohn zu bleiben, verstehe ich nun überhaupt nicht. Dass sie sich damit selbst schützen will vor dem Schmerz ihres Verlustes etc. - Ausreden und sehr egoistisch.
 

Circlestones Books Blog

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Ich frage mich, ob der Verleger Rüdiger vielleicht vorab organisiert hat, dass er kurz aus dem Zimmer gerufen wird und der inzwischen beinahe 17 Jahre alte Lawrence die Adresse seiner Mutter auf dem Kuvert sieht? Dann Alissas Kommentar, als sie ihren Sohn sieht "Allmächtiger" - diese ganze Szene ist ziemlich abgefahren, wäre es nicht so ernst, müsste man lachen. Für mich ist dieses Treffen zwischen Sohn und Mutter eine der Kernszenen dieses Abschnitts. "Warum hast du nicht das Format, Bücherzu schreiben und mich zu sehen?" Wäre eine gute Frage gewesen, aber plötzlich will er nicht mehr, was ich absolut nachvollziehen kann. Drei Minuten insgesamt für dieses Treffen.

Roland beginnt, ein Tagebuch zu schreiben "Die Vergangenheit war nicht mehr zu retten, aber die Gegenwart konnte er vor dem Vergessen bewahren." (Seite 477) Kommt er mit seinem Leben doch noch zur Ruhe? Diese zwei Seiten, 478 - 480 mit seiner Idee, alle Stimmen und Meinungen gleichzeitig aufzuschreiben, scheinbar ein wirres Durcheinander, man weiß nicht, wer nun was gesagt hat, aber andererseits führt er ungemein klar die vielen unterschiedlichen Themen jeweils fort, sodass sich viele komplexe Aussgen ergeben, ich fand das großartig, habe ich zuerst atemlos "durcheilt", dann noch mal gelesen und noch mehr entdeckt.

Wiedersehen mit Miriam, eine Abtreibung, eine gescheiterte Beziehung war der Auslöser für ihr Verhalten? Das erklärt für mich nicht genug. Aber er findet so etwas wie einen Abschluss statt Vergeltung, die vermutlich beste Entscheidung. Dann entscheidet er sich, inzwischen 62 Jahre alt, für Daphne, heiratet sie - kommt er nun endlich zur Ruhe? Doch nein, Daphne hat Krebs. Roland hat viel zu lange gezögert, aber vielleicht wäre ja Daphne auf jeden Fall nochmals zu ihrem Mann zurückgekehrt. Das Leben der Hauptfigur - ein Leben der Träume und des sich Treiben-lassens, doch nun, im Alter, kann er einige seiner Lebenserinnerungen abschließen, positiv. Plötzlich hat er einen Bruder und er trifft durch Zufall Florian, Ruth und ihre Familie wieder. Dazu Daphnes Familie - plötzlich gibt es in seinem Leben wieder viele Menschen, die sich wirklich umeinander kümmern.
 

otegami

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17. Dezember 2021
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Ich frage mich, ob der Verleger Rüdiger vielleicht vorab organisiert hat, dass er kurz aus dem Zimmer gerufen wird und der inzwischen beinahe 17 Jahre alte Lawrence die Adresse seiner Mutter auf dem Kuvert sieht?
Dieser Gedanke kam mir auch schon! ;)

In diesem LA waren ja echt wieder 'Klopperer' drin :apenosee :

Alissa und ihr autobiografischer Bestseller!
Ja klar, sie hat es so empfunden (wie Lawrence voller Verständnis dafür, es ausdrückt), aber gerade sie hätte doch genug vor ihrer eigenen Türe zu kehren gehabt!
Schön und sehr treffend finde ich dann das Fazit von Roland auf S. 542: 'Von der schlimmen Kindheit anderer zu lesen bot vielen Trost, es ermöglichte darüber hinaus aber auch eine emotionale Selbsterkundung und legte offen, was jedermann wusste und sich doch immer wieder vergegenwärtigen musste: Unsere Anfänge formen uns, und wir haben uns ihnen zu stellen.'

Dann der 'neue' Bruder Robert William Core!

Das erklärt natürlich einiges, unter anderem auch die 62 Jahre alte Bürde, die Rosalind zu tragen hatte: ihre Trauer und Gedankenverlorenheit. (Ich hatte mich ja schon beizeiten gefragt, warum Rosalind nicht wollte, dass bekannt wird, dass Jack Tate der Vater der 2 großen Kinder war. Alles klar! Dabei war dieser Punkt nur der Gipfel des Eisbergs!)
Sehr eindringlich geschrieben: die Fahrt von Rosalind, ihrer Schwester Joy und dem Baby. (Ich freute mich deshalb auch riesig mit Joy, dass sie in ihrem hohen Alter noch Robert wiedersehen durfte.
Interessant auch in diesem Zusammenhang die 'Viele-Welten-Theorie'!

Das Zusammentreffen mit des Heises, den alten Freunden aus Ost-Berlin!

Da fiel mir besonders die Unzufriedenheit von Florian auf, von der Daphne erzählt. (Und wie wir alle wissen, ist er kein Einzelfall!) Wie Roland so schön empfand: manches will man gar nicht wissen!

Na und zuletzt: die Krebserkrankung von Daphne! Das tat mir dermaßen leid! Ich hatte ihnen ihr neues Glück soooo gegönnt! :sad
 

Amena25

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Das Zusammentreffen mit des Heises, den alten Freunden aus Ost-Berlin!

Da fiel mir besonders die Unzufriedenheit von Florian auf, von der Daphne erzählt. (Und wie wir alle wissen, ist er kein Einzelfall!) Wie Roland so schön empfand: manches will man gar nicht wissen!
Das geht einem ja hin und wieder so, dass man Leute von früher trifft, über die man sich viele Gedanken gemacht hat. Und dann ist das Treffen gar nicht so besonders, eher enttäuschend und desillusionierend.
 

Barbara62

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Baden-Württemberg
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Ich fand auch die Entwicklung des Gesprächs sehr interessant: am Anfang so total arrogant, dann sich selber als Opfer hinstellen (soooo billig :rolleyes: , aber leider kein Einzelfall!), erst zuletzt die Einsicht und dass sie dazu steht!
Liest eigentlich irgendjemand das Original? Der Übersetzer spielt mit der Du- und Sie-Form, was ich einerseits gut gemacht finde, was ja aber andererseits nicht aus dem Original kommt. Ist das nicht schon zu viel eigene Interpretation?

Das sehe ich auch so und auch die Tatsache, dass es mit einem anderen Ehemann, der sich weniger treiben lässt, sondern aktiv im Erwerbsleben steht, sicher leichter gehabt hätte zu bleiben, auch das erklärt für mich nicht, dass sie ihr Kind bewusst und so kompromisslos verlassen hat, ohne es wenigstens zu probieren, für sich die Zeit zum Schreiben zu finden, eine Regelung, die ihr die nötigen Stunden der Abgeschiedenheit erlaubt. Ihre Weigerung, wenigstens in Briefkontakt mit ihrem Sohn zu bleiben, verstehe ich nun überhaupt nicht. Dass sie sich damit selbst schützen will vor dem Schmerz ihres Verlustes etc. - Ausreden und sehr egoistisch.
Roland war viel zuhause, warum hätte er sich in dieser Zeit nicht um Lawrence kümmern sollen? Einen Versuch wäre es wert gewesen.

Plötzlich hat er einen Bruder und er trifft durch Zufall Florian, Ruth und ihre Familie wieder. Dazu Daphnes Familie - plötzlich gibt es in seinem Leben wieder viele Menschen, die sich wirklich umeinander kümmern.
Ein Grund, warum ich das Buch wirklich gerne lese, ist der Umstand, dass alle Fäden immer wieder aufgenommen werden. Die Desillusionierung vieler Ostdeutscher mag uns vertraut sein, den britischen Lesern und Leserinnen vermutlich weniger.

Alissa und ihr autobiografischer Bestseller!
Hier fühle ich mich tatsächlich ertappt, denn ich habe kürzlich in der LR zu "Verbrenn all meine Briefe" mit großer Begeisterung mitgelesen. Allerdings waren die Familienmitglieder hier immerhin tot.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Mir hat in diesem LA besonders die Viele-Welten-Theorie gefallen, die ich bisher nicht kannte. Persönlich vermeide ich die "Was-wäre-wenn-Frage", denn ich habe mich nun mal anders entschieden und das meist bewusst. In Bezug auf andere Menschen und Romanfiguren finde ich sie dagegen sehr spannend.

"Lektionen" ist ein für mich sehr bereichernder Roman. Mein Schneckentempo beim Lesen ist Turbulenzen in der Familie geschuldet.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Bis s. 495 gekommen. Noch immer keine Handlung. Einen Momente dachte ich, als die Kamera zu Lawrence schwenkte, ja, es geht voran. Aber nein, wieder rückwärts. Das mag ich an diesem Buch gar nicht, dieses Rückwärtsgehen.
Wozu soll das gut sein, Miriam zu finden? Immer nur Gedanken, Gedanken und Erinnerungen.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Es ist eine Menge passiert in diesem Abschnitt. Roland hat seinen Zenit überschritten, seine Sexsucht hat sich gelegt und er altert, was uns an einigen Beispielen vor Augen geführt wird.
Das er nach so vielen Jahren seine Klavierlehrerin wieder trifft, war längst fällig. Es war ja, zumindest für mich, ein sehr zentraler Punkt. Dass er sie so glimpflich davonkommen lässt, hat mich ein wenig gewundert.
Die Geschichte um seinen Bruder Robert schließt einige Lücken. In der Hinsicht agiert McEwan sehr geschickt, nichts was er in den Raum stellt, ist ohne Hintergedanken, auch wenn es fast ein Menschenleben dauert, bis man alle Fäden in der Hand hat.
Das Daphne Krebs hat, ist natürlich tragisch. Hier hatte ich zum ersten Mal das Gefühl, dass Roland mit seinen alten Geistern abgeschlossen hat und einen schönen Lebensabend mit ihr genießen kann, und dann das.