Chapeau! Da hat die Autorin den Roman erneut gedreht, anders als man erwartet hätte, und ihn überaus sensibel und glaubwürdig zu einem Ende gebracht, das Fragen und Gedanken aufwirft, aber nicht alle zu Ende denkt. Das überlässt sie dann uns, den Lesern.
Wie ich schon im letzten Abschnitt erwähnte, war zu hoffen, dass dieser brutale Übergriff am Ende eine positive Wende einleitet. Allerdings ganz anders, als ich dachte: keine gezielte Therapie zunächst.
Simon kommt ins KKH, anschließend auf die Krankenstation eines Gefängnisses. Dort lernt er Vic/Charlotte kennen, die zur Schlüsselfigur seines eigenen Veränderungsprozesses wird. Welch ein geschickter Kunstgriff der Autorin! und wie aktuell! Angesichts der laufenden Gender- und Toleranzdebatte glaubt man schwer, dass der Roman schon 17 Jahre auf dem Buckel hat und nur uns deutschen Lesern bislang vorenthalten wurde.
Wieder wunderbar gezeichnet: Vic-Charlotte. Sie ist kein Überflieger, keine Muster-Quere. Auch sie hat Ecken und Schwachstellen, muss sich ins neue Leben erst einfinden. Ganz nebenbei bekommt man ihre Probleme mitgeliefert. Für Simon wird sie zum Vorbild: Wenn es jemand vom Mann zur Frau schafft, dann sollte sich selbst doch auch auf den Grund gehen und verändern können! Er ist klug, er weiß, wo seine dunklen Täler liegen und plant sie anzupacken.
Großartig, das mit Mandys Mutter Hazel einzuflechten! Simon hat sich tatsächlich viele Gedanken um sie gemacht, er spielte oft die Was-wäre-wenn-Frage durch. Es ist ihm klar, was er den Eltern angetan hat...
Sich selbst damit in der Person Hazel direkt zu konfrontieren, zeigt ungeheure Stärke. Aber auch ehrliche Reue.
Es passt aus meiner Sicht zum Buch, dass dieses Gespräch/Treffen nicht mehr auserzählt wird. Das kann man so stehen lassen.