5. Leseabschnitt: Kapitel 29 bis 35 (S. 360 bis 441)

Emswashed

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Ich würde sogar soweit gehen, zu behaupten, Melnitz ist das Salz in der Suppe. Sparsam dosiert ist es köstlich, aber ganz ohne, geht überhaupt nicht. (Wir machen hier ja keine Salz-Diät, schon gar nicht bei Lewinsky.)
 

Renie

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Beeindruckend, wie abgebrüht Chanele sein kann. Das hätte ich ihr dann doch nicht zugetraut.
Chanele ist mittlerweile ein Charakter, der mir immer besser gefällt. Sie ruht in sich selbst und macht ihr Ding. Was sie sich in den Kopf gesetzt hat, setzt sie um, macht aber nicht viel Aufhebens darum. Und sie ist so angenehm unprätentiös, legt keinen Wert auf Äußerlichkeiten. Ich mag sie.
 

Renie

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Hinda und Zalman sind ein entzückendes Paar. Erstaunlich, wie leicht er mit seiner Dreistigkeit durchzukommen scheint. Ein akzeptabler Schwiegersohn ist er ja ganz und gar nicht.
Und endlich mal ein Paar, das aus Liebe zusammenkommt. Bisher waren die Verbindungen in diesem Roman doch eher praktischer Natur.
 

Renie

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Bei aller Freizügigkeit der Schweizer (Stichwort Bürgerrechte) sieht man beim neu gegründeten Volksbildungsverein, dass man zwar Gesetze ändern, die Köpfe aber so schnell nicht leer bekommen kann. Es brodelt unter den Leuten, sie wollen Rache. Oder ist es eher die Angst um ihren Stand? Schließlich sind die Juden als tüchtige Geschäftsleute bekannt, hatten bisher schlechte Karten und holen jetzt mächtig au
Ich glaube, dass dieser Volksbildungsverein nicht ernst zu nehmen ist. Der Lehrer hat sich einen Debattierklub erhofft und die Mitglieder haben sich Unterhaltung erhofft, bei dieser konkreten Veranstaltung auf Kosten der Juden. Hier ging es weder um Tierschutz, noch um einen ernsthaften politischen Diskurs, sondern darum, die Juden in die Pfanne zu hauen. Diese Veranstaltung hat mich an eine Karnevalssitzung erinnert.
Rache sehe ich hier noch nicht. Aber auf jeden Fall geschäftliche Interessen. Wenn der Vorsitzende des Tiervereins ein Metzger ist, ist das schon ein Widerspruch in sich. Und dass diesem Metzger an einem Schächtverbot liegt, hat nichts mit Tierliebe zu tun, sondern damit, dass er die jüdische Metzger-Konkurrenz ausschalten will.
 

Renie

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Überhaupt nicht. Er als der ewige Mahner, der auf das Unrecht an den Juden hinweist.
Ich kann den Melnitz noch nicht richtig einordnen. Zwischendurch kommt er mir wie das jüdische Unterbewusstsein vor. Ich bin mir aber mit dieser Einschätzung noch nicht sicher.
Was mich irritiert, ist, dass einige Figuren in diesem Roman ihn wahrnehmen, andere aber nicht. In diesem Abschnitt sind es Pinchas und Janki, die ihn sehen. Vorher war Melnitz für mich immer nur eine Erscheinung für den Leser. Ich verstehe es nicht.
 

Literaturhexle

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Vorher war Melnitz für mich immer nur eine Erscheinung für den Leser. Ich verstehe es nicht.
Deshalb hat Lewinsky wohl auch ein Nachwort über diese Figur hinterlassen. Bei meiner Erstlektüre habe ich erst spät gemerkt, dass Melnitz eine Fantasiegestalt ist...
Ich hätte Chanele ohrfeigen mögen, weil sie sich von dem alten Mann hatte betatschen lassen im Bett o_O
 

sursulapitschi

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Was mich irritiert, ist, dass einige Figuren in diesem Roman ihn wahrnehmen, andere aber nicht.
Ich habe gedacht, er ist immer da, alle sehen ihn immer und überall, es spricht nur nicht jeder drüber.
Er ist ein bisschen wie das Wetter, für manch einen ein unerschöpfliches Thema, für andere ist es halt da. :)
 

Barbara62

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Ich kann den Melnitz noch nicht richtig einordnen. Zwischendurch kommt er mir wie das jüdische Unterbewusstsein vor. Ich bin mir aber mit dieser Einschätzung noch nicht sicher.
Was mich irritiert, ist, dass einige Figuren in diesem Roman ihn wahrnehmen, andere aber nicht. In diesem Abschnitt sind es Pinchas und Janki, die ihn sehen. Vorher war Melnitz für mich immer nur eine Erscheinung für den Leser. Ich verstehe es nicht.
Das geht mir genauso. Vor allem tauchte er ja auch bei Arthur auf - obwohl der lange nach Melnitz' Tod geboren wurde.
Ich bin gespannt auf das von euch angesprochene Nachwort, das ich aber tatsächlich erst im Anschluss lesen werde.
 

Emswashed

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Ich kann den Melnitz noch nicht richtig einordnen. Zwischendurch kommt er mir wie das jüdische Unterbewusstsein vor. Ich bin mir aber mit dieser Einschätzung noch nicht sicher.
Was mich irritiert, ist, dass einige Figuren in diesem Roman ihn wahrnehmen, andere aber nicht. In diesem Abschnitt sind es Pinchas und Janki, die ihn sehen. Vorher war Melnitz für mich immer nur eine Erscheinung für den Leser. Ich verstehe es nicht.

In dem Fall ist es vielleicht wirklich angebracht, das Nachwort zu lesen - es wird auch nichts von der Geschichte verraten, zumindest bisher, aber danach kann man Melnitz viel gelassener sehen und sogar genießen!
 

Barbara62

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Zwischen quasi gar nichts sagen und vorgekaut bekommen, liegen Welten. Eigentlich gilt: was ich nicht im Buch selber finde, existiert nicht zur Beurteilung. Also von daher. Nein. Ich finde es furchtbar, dass man verlangt, sich Extrawissen aus anderen Quellen anzueignen. Das muss das Buch vermitteln. Darum lese ich doch. Nicht wegen ner Familiengeschichte. Diese langweilt auch mitunter. Ist mir doch egal, was die Meijers so treiben. Nein, ich will nebenbei was lernen. Und zwar nicht von Wiki. Bei 900 Seiten und extra. Das gibt Punktabzug.
Bei "Der Halbbart" war das ähnlich. Ich habe mir damals Videos im Internet zur Schweizer Geschichte angeschaut und hatte erst dann den Eindruck, dass ich das Buch richtig verstanden hatte. Es hat mich aber nicht gestört und stört mich auch hier nicht. Wenn man es weiß, ist es kein Problem. Wahrscheinlich will Lewinsky die Schweizer nicht langweilen mit altbekanntem Schulwissen. ;)
 

Barbara62

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Ich habe begonnen, mir die Melnitz-Stellen herauszuschreiben, damit ich sie am Ende noch einmal im Zusammenhang lesen kann. Die verschiedenen Familienmitglieder reagieren sehr unterschiedlich auf ihn. Janki, der ihn gar nicht mehr erlebt hat, versucht ihn zu ignorieren, in der Hoffnung, ihn so zu vertreiben. Pinchas nickt ihm freundlich zu. Ich finde Melnitz sehr spannend. Er ist einer der roten Fäden in der Familiengeschichte.

Zalman ist eine echte Lieblingsfigur. Sein Motto "Frechheit siegt" ist herrlich - und sehr erfolgreich. Nach Salomon und Golde könnte es die zweite glückliche Ehe in diesem Roman werden. Wobei Mimi und Pinchas auf ihre Art auch glücklich sind. Ich bin gespannt, wie Mimi sich als Mutter macht. Nun braucht sie einen neuen Grund für ihre Hinfälligkeit und ihr Leiden, nachdem der unerfüllte Kinderwunsch zukünftig ausfällt. :)
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ich habe begonnen, mir die Melnitz-Stellen herauszuschreiben, damit ich sie am Ende noch einmal im Zusammenhang lesen kann. Die verschiedenen Familienmitglieder reagieren sehr unterschiedlich auf ihn.
Sehr gute Idee. Vielleicht kannst Du uns am Ende Dein Resume zukommen lassen.
Mir gefallen diese Melnitz- Abschnitte sehr gut. Er relativiert immer wieder die Handlungen oder Überlegungen der einzelnen Figuren. Zeigt auf, wo sie sich irren, wo sie sich Illusionen hingeben, denn er kennt die Geschichte und ist gleichzeitig vorausschauend.
 

Renie

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Ich bin gespannt, wie Mimi sich als Mutter macht. Nun braucht sie einen neuen Grund für ihre Hinfälligkeit und ihr Leiden, nachdem der unerfüllte Kinderwunsch zukünftig ausfällt. :)
Mimi wird die Rolle der Mutter spielen, wie sie sich die Mutterfigur in einem Roman vorstellt. Also ohne den mühsamen Teil. Das Windelwechseln überlässt sie sicherlich anderen. Aber dennoch wird sie nicht versäumen, auf die Selbstlosigkeit und Mühsal einer Mutter hinzuweisen und dabei vor Publikum "heimlich, still und leise" ;) leiden.
 

Literaturhexle

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Das erklärt vieles. Man durfte also nur in Endingen und Lengnau leben. Deshalb ist dort ein jüdisches Ballungszentrum
Aber die Freizügigkeit kam schon 1866 und das Buch setzt erst 1871 ein. Warum ein großes Thema davon machen? Mir hat da jetzt nix gefehlt, aber deine Infos nehme ich sehr gerne :p.

Mir ist Artur ein bisschen ans Herzchen gewachsen. Wir bekommen viel von seinen pubertären Zweifeln mit. Er ist der Nesthaken und wird nebenbei ohne eigene Aufgaben groß. Sein Vertrauter war Salomon. Treu bis in den Tod steht er seinem großväterlichen Freund zur Seite. Sehr realistisch geschildert wurde dieser letzte Akt eines langen Lebens. Ich wette, das Mikroskop hat Salomon noch angeleiert, ich war fast ein bisschen gerührt, als Artur es auspackte...
Die treue Christine hat immer den Beinamen die "dicke Christine". Das stört mich, sie ist die gute Seele des Hauses und eine andere Christine scheint es nicht zu geben. Markant, dass Chanele und ihr Mann den alten Salomon aufnehmen. Prinzessin Mimi ist für solch profane Aufgaben nicht zuständig:rolleyes:.

Das Fiasko in Endingen hätte man etwas kürzer fassen können. Offenbar hat die Volksabstimmung antisemitische Züge. Andererseits finde ich Schächtung auch ziemlich brutal. Heutzutage werden Rinder auf den Kopf gestellt, der Hals wird durchtrennt und bei vollen Bewusstsein bluten sie mit aufgerissenen Augen aus. Ich hab das im TV gesehen und es ist heftig. Ein Schuss scheint mir humaner zu sein und religiöse Gründe anzuführen ist zu wenig begründet. Aber klar: Zur damaligen Zeit war das ein vorgeschobener Grund, da hatten Tiere noch überhaupt kein Standing.
 
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Anjuta

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5. LA: Die Geschichte hält immer wieder neue Facetten und Geschichten bereit. Hier steht im Mittelpunkt die Initiative gegen das Schächten. Ich finde eine sehr aktuelle und spannende Episode. Denn auch in unserer Zeit haben sich ja viele Wertmaßstäbe und die Einordnung von Gepflogenheiten sehr verschoben. Wenn Klima- und Umweltschutz immer wichtiger werden, müssen wir uns eben von Altgewohntem und Geliebtem verabschieden. Damit kann man aber auch Schindluder treiben und neue Werte und Ansichten eben nur als Vorwand nutzen, um eine ganz andere Agenda zu verfolgen. Hier eben: antisemitische Tendenzen, die sich letztlich, mal wieder durchsetzen, oder ist es doch das Tierwohl, das hier gewinnt? Die Grenzen zwischen den Absichten und Beweggründen auf jeden Fall sind fließend und nicht klar definiert.