5. Leseabschnitt: Kapitel 16 bis Ende (S. 287 - Ende)

wal.li

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1. Mai 2014
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Zum Ende hin möchte man immer nicht so viel sagen. Beide Familien die Richardsons und die Warrens haben eine Veränderung durchgemacht. Auch nach der Beendigung der Lektüre habe ich noch weiterüberlegt, was wohl geschieht und wie sich die Familien entwickeln.
 

Momo

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10. November 2014
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Mit dem Schluss habe ich mich ein wenig ausgesöhnt gefühlt. Jeder bekommt, was sie/er verdient. Klingt vielleicht hart, aber so empfinde ich es. Ich mag jetzt auch nicht auf die Details eingehen, um anderen, die das Buch auch noch lesen möchten, nichts vorwegzunehmen.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Essen
Jetzt wissen wir also genau, was zu den kleinen Feuern im Hause Richardson geführt hat und warum die schon am Anfang bekannte oder zumindest vermutete Täterin Izzy das getan hat. Die Gewissheiten der Richardsons an die Allmacht und Einzig-Gültigkeit ihrer Lebensweise ist deutlich gebröckelt. Die Geschichte Mias und ihr Leben hat Mrs Richardsons Weltbild ins Wanken geraten lassen:
S. 344: "Das wurmt Sie, stimmt's?" sagte Mia plötzlich. "Weil Sie es sich nicht vorstellen können. Warum sollte jemand anders leben wollen als Sie? Warum sollte jemand sich etwas anderes wünschen als ein großes Haus mit einem großen Garten, einem schicken Auto, einem Job im Büro?" ..."Sie haben Angst, dass Sie etwas verpasst haben. Dass Sie etwas aufgegeben haben, von dem Sie nicht wussten, wie sehr Sie es wollten."... "Was war es? War es ein Mann? Eine Berufung? Oder ein ganzes Leben?"
Im Grunde Ihres Herzens hat Mrs Richardson genau erkannt, dass da etwas ist, das ihr fehlt. Und Mia ist es, die sie daran erinnert. Deshalb muss sie gehen. Und auch wenn Sie geht: Das Leben wird für Mrs Richardson nie mehr das gleiche sein wie zuvor. Und das genau ist das Hoffnungsvolle am Ausgang des Romans. Das reinigende Feuer bekräftigt im Grund nur noch, was vorher schon klar ist: Die in dem Roman aufeinander gestoßenen Familien Richardson und Warren haben voneinander gelernt und nehmen etwas voneinander mit in die Zukunft: die Warrens die offenkundig gemachte Wahrheit über ihre Vergangenheit und die Richardsons den beständigen Zweifel an der Regelhaftigkeit und selbstverständlichen Richtigkeit ihrer Lebensweise und sicher auch eine neue Mutter-Tochter-Beziehung zwischen Mrs Richardson und Izzy - doch das liegt außerhalb des Romans und wäre eine neue Geschichte ... oder zumindest eine (gute) Fortsetzung.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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@Anjuta hat das Resümee dieses aus meiner Sicht großartigen Romans wunderbar gezogen. Da möchte ich allem gesagten nur voll und ganz zustimmen!

Daran, dass Mia und Pearl ihre aufgedeckte Vergangenheit mitnehmen, hätte ich jetzt gar nicht gedacht. Aber es stimmt: Mia hat schon viel zu lange geschwiegen - über ihre Eltern, den Bruder, Pearls Erzeuger. Das Mädchen muss wissen, wo es herkommt.

Großartig ist eben genau das, dass der Roman Luft lässt für eigene Gedanken. Es wird wenig stigmatisiert, es werden stets beide Seiten beleuchtet: wo kommt man her, was hat einen geprägt und zu dem gemacht, was man ist. Wenig schwarz/weiß, dafür viele Grautöne.

Mias Bilder als Hinterlassenschaft haben mir imponiert: wie genau sie die Familie R. beobachtet hat, wie kunstvoll und feinfühlig sie deren Innerstes in einem Bild festgehalten hat - nur sichtbar für die betroffene Person...

Diese ständigen Anspielungen auf das titelgebende Feuer, das in dem guten Rat an Izzy mündet, dass man manchmal alles abbrennen muss, um neu anfangen zu können.... Großes Kino!

Das Ende so grandios komponiert: wir erfahren, wie es weitergeht oder weitergehen könnte. Die McCulloughs "holen" sich ein Baby, das ihnen keiner mehr wegnehmen kann, Mia und Pearl werden zu ihren Wurzeln zurückgehen- nicht gleich, aber irgendwann, Izzy fliegt aus und sucht sich Unterstützer, usw.

Am interessantesten die Figur der Mrs R.: wird sie sich nachhaltig ändern können? Vieles ist ihr klar geworden. Sie würde Izzy wohl kaum mehr den Kopf abreißen, wenn sie zurück käme...

Mit Mrs. R. kann ich mich nicht völlig versöhnen. Zu revanchistisch war sie in der Geschichte unterwegs, zu schnell fällt sie ihre Urteile, schadet anderen Menschen ohne Rücksicht. Aber sie bewegt sich am Ende eben doch und das macht Hoffnung.
 

Leseglück

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7. Juni 2017
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b: Die in dem Roman aufeinander gestoßenen Familien Richardson und Warren haben voneinander gelernt und nehmen etwas voneinander mit in die Zukunft:

Mia sagt selbst, dass sie von der Begegnung mit den R.s profitiert hat: S. 377 spekuliert Pearl, über den Wert der Abschiedsgeschenke. Und Mia antwortet: "Wenn es so wäre, dann würde ich ihnen viel, viel mehr schulden, als vom Verkauf der Fotos zu erwarten wäre."

Ein bisschen stört mich das auch: Mia wird als durch und durch positiver Charakter geschildert. Sie ist selbstkritisch, reflektiert und geht mit sicherem moralischen Kompass durchs Leben ...hier hätten mir mehr Grautöne besser gefallen.
Mrs. R. wird über weite Strecken des Romans fast nur negativ dargestellt,(auch wenn die Entwicklung ihres Charakters gezeigt wird) deshalb finde ich es sehr gut, dass der Roman am Ende doch noch eine Entwicklung bei Mrs. R. zulässt.



Mias Bilder als Hinterlassenschaft haben mir imponiert: wie genau sie die Familie R. beobachtet hat, wie kunstvoll und feinfühlig sie deren Innerstes in einem Bild festgehalten hat - nur sichtbar für die betroffene Person...

Besonders interessant fand ich das Bild für Mrs. R.: der Käfig, geformt aus einer ihrer langweiligen Reportagen, in der Mitte eine goldene Feder. Das Bild ist auch ein Symbol für die Mutter-Tochter-Beziehung Mrs. R. und Izzy, wie uns auf der letzten Seite erklärt wird. Mrs. R. erkennt die Ähnlichkeit zwischen sich und ihrer Tochter. Beide sind wohl leidenschaftliche Menschen, wobei Mrs. R. ihr Feuer unter Kontrolle gehalten hat, weil bei ihr die Ängstlichkeit überwogen hat. Die Leidenschaft von Mrs. R. zeigt sich noch am Schluss wenn sie denkt: Sie würde Izzy so lange suchen bis sie sie fand, wenn es sein musste für immer.

Die männlichen Protagonisten werden in dem Roman kaum behandelt, außer Moody, (für den ich großes Mitleid hatte). So habe ich das Bild für Mr. R. nicht verstanden, wieso fragt er sich wo er stand.
Aber anderseits gefällt mir an dem Roman, dass er sich eher auf die Tochter-Mutter-Beziehungen und auf die weiblichen Protagonisten konzentriert. Mia-Pearl, Mrs. R. - Izzy und Mrs. McCoullogh - Mirabelle, Bebe - Mirabelle. Was macht eine gute Mutter - Tochter - Beziehung aus? Wie wichtig ist ein geregeltes Leben? wie wichtig ist die Blutsverwandtschaft? Wie wichtig ist Wahrheit über die Abstammung?
 

Literaturhexle

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So habe ich das Bild für Mr. R. nicht verstanden, wieso fragt er sich wo er stand.
Wie du richtig sagst, bleibt er insgesamt echt blass als Figur. Man spürt zwar manchmal, dass er eine andere Meinung vertritt als seine Frau, aber durchsetzen tut er sich nicht.
In der Frage rund um Mirabelle scheint seine Meinung hin und her zu schwenken. Letztlich tut er aber seine Pflicht als Anwalt...
Versuchte er noch auch mal, einen Gewittersturm seiner Frau auf Izzy abzumildern? Ich habe gerade das Buch nicht zur Hand, aber ich meine, da war was.
 

Sassenach123

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Wie du richtig sagst, bleibt er insgesamt echt blass als Figur. Man spürt zwar manchmal, dass er eine andere Meinung vertritt als seine Frau, aber durchsetzen tut er sich nicht.
In der Frage rund um Mirabelle scheint seine Meinung hin und her zu schwenken. Letztlich tut er aber seine Pflicht als Anwalt...
Versuchte er noch auch mal, einen Gewittersturm seiner Frau auf Izzy abzumildern? Ich habe gerade das Buch nicht zur Hand, aber ich meine, da war was.
Da liegt mir auch etwas an, dass er Izzy zumindest in Schutz genommen hat. Ich denke, dass er es aber an der Seite seiner Frau auch nicht immer leicht hatte. Sie ist ja sehr durchsetzungsstark. Irgendwann beschreibt er auch, dass er ihren Perfektionismus mal bewundert hat. Tja, aus der Bewunderung wurden sicher irgendwann auch mal Zweifel, ob wirklich alles so besser ist, aber wie sagt man so schön, der Mensch ist ein Gewohnheitstier? Es ist bestimmt schwer aus solchen Mustern auszubrechen, vor allem wenn alles ja doch gut läuft.
 
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Sassenach123

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Das Ende hat mir gefallen, wenn auch einiges offen bleibt. Wie geht es mit Izzy weiter? Das wäre ein Punkt, den ich gerne geklärt hätte. Ich habe kein Problem damit, wenn Dinge offen bleiben, im Gegenteil, manchmal gefällt es mir sogar sehr gut mir selbst Gedanken zu machen.
Aber bei Izzy fällt mir kein positives Ende ein. Selbst wenn sie auf Mia trifft, wird diese sie aufnehmen, auf die Gefahr hin, sich strafbar zu machen? Da das Buch noch über einen Zeitraum von einem Jahr nach dem Feuer hinaus berichtet, weiß ich, dass Izzy nach wie vor nicht zu Hause. Ist sie nun bei Mia, oder nicht? Was denkt ihr?
 
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parden

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Niederrhein
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Izzy ist ein wirklich starker Charakter. Ich glaube, sie wird ihren Weg machen, so oder so. Sie hat Anlaufstellen, und wenn sie dort nachfragt, wird irgendwann die Verknüpfung zu Mia gelingen, denke ich. Was dann passiert - who knows? Izzy war so konsequent in ihrem Handeln - ich denke, dass sie letztlich so einigen - nicht zuletzt ihrer Mutter - damit die Augen geöffnet hat...

Die Fotos waren so berührend - ging das nur mir so? Was für ein toller Einfall. Ich habe mich zwar gewundert, weshalb es diese Fotos überhaupt gab - denn eigentlich ging ja auch Mia davon aus, dass sie in Shaker Heights bleiben würden, da wären ja keine Abschiedsgeschenke nötig gewesen - aber ich finde es schön, dass sie von jedem einzelnen so etwas Treffendes als Fotomotiv gefunden hat. Irgendwie denke ich dabei dann auch darüber nach, welches Foto ich hinterlassen bekommen hätte. Schon toll, wenn man über Kunst so viel auszudrücken vermag...

Während ich am Anfang nicht wirklich glauben wollte, dass Izzy die Brandstifterin war, war es am Ende mehr als logisch. Sie hat Mias metaphorischen Abschiedssatz in die Tat umgesetzt und damit wirklich das Gefühl gehabt, dass sie dadurch frei ist. Das Ende ist sehr offen, aber hier kann ich gut damit leben.

Ein wirklich beeindruckender Roman, der noch lange über die letzte Seite hinaus nachhallt...
 

milkysilvermoon

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Die männlichen Protagonisten werden in dem Roman kaum behandelt, außer Moody, (für den ich großes Mitleid hatte). So habe ich das Bild für Mr. R. nicht verstanden, wieso fragt er sich wo er stand.

Ich finde es auch ein bisschen schade, dass man so wenig über Mr. Richardson und Trip erfährt. Das wäre aber auch mein einziger Kritikpunkt.
 
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milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Mir tut am Ende vor allem Pearl leid. Wieder wird sie entwurzelt und aus der gewohnten Umgebung gerissen und muss außerdem ihre schwierige Herkunft erfahren. Für mich trägt sie am allerwenigsten schuld an der ganzen Sache, obwohl sie mit ihrer Heimlichtuerei bezüglich Trip natürlich auch zur ganzen Verwirrung beigetragen hat.

Auch der letzte Leseabschnitt zeigt, dass wirklich niemand perfekt und moralisch überlegen ist. Niemand von der Familie Richardson, aber auch nicht Mia und Bebe. Sie alle haben Dinge getan, auf die man nicht stolz sein kann. Und selbst Izzy, die Lexie kurz zuvor noch als egoistisch bezeichnet, tut letztlich auch das, was sie tut, ohne Rücksicht auf die anderen und nur für sich selbst.