5. LA: "Erinnerte Memoiren" - Teil III., II. und IV. (Seite 301 bis 367)

Wandablue

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18. September 2019
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Treue wird hier zum Mittelpunkt des Geschehens. Wem kann Ida noch trauen? Jack hat sie erfolgreich in die Flucht geschlagen. Bravo! Dann erkennt sie, dass sie ihrem Vater auch nicht trauen kann, dass er die Seiten aus dem Papierkorb gestohlen hat.

Aber den größten Treuebruch beschert ihr Bevel. Anstatt dass er ihr hilft, sein Buch zu schreiben, vereinnahmt er ihre ausgedachte Geschichte als seine eigene und weiß sogar von Dingen zu berichten, die sie ihm gar nicht vorgelegt hat.

Die einzige treue Seele ist hier Ida. "Fast" hat sie ein schlechtes Gewissen, Jack aus den falschen Gründen in die Flucht geschlagen zu haben. Sie kehrt zu ihrem Vater zurück, sogar mit einem Geschenk und sie schmeißt auch nicht ihren Job bei Bevel, der sie doch so offensichtlich in die Irre führt.

Ich fand übrigens die Szene in Mildreds privaten Gemächern recht überraschend und gruselig. Da scheint eine Frau gelebt zu haben, die sich so gar nicht in ihr bisheriges Bild fügen will.

Wenn Bevel so erpicht darauf ist, seine eigene Darstellung unter die Leute zu bringen, warum lässt er dieses Andenken an seine Frau bestehen? Warum beharrt Bevel so sehr darauf, dass die ganzen Finanztransaktionen sein Kind zum Wohl und Wehe der Nation waren

Treue wird hier zum Mittelpunkt des Geschehens. Wem kann Ida noch trauen? Jack hat sie erfolgreich in die Flucht geschlagen. Bravo! Dann erkennt sie, dass sie ihrem Vater auch nicht trauen kann, dass er die Seiten aus dem Papierkorb gestohlen hat.

Aber den größten Treuebruch beschert ihr Bevel. Anstatt dass er ihr hilft, sein Buch zu schreiben, vereinnahmt er ihre ausgedachte Geschichte als seine eigene und weiß sogar von Dingen zu berichten, die sie ihm gar nicht vorgelegt hat.

Die einzige treue Seele ist hier Ida. "Fast" hat sie ein schlechtes Gewissen, Jack aus den falschen Gründen in die Flucht geschlagen zu haben. Sie kehrt zu ihrem Vater zurück, sogar mit einem Geschenk und sie schmeißt auch nicht ihren Job bei Bevel, der sie doch so offensichtlich in die Irre führt.

Ich fand übrigens die Szene in Mildreds privaten Gemächern recht überraschend und gruselig. Da scheint eine Frau gelebt zu haben, die sich so gar nicht in ihr bisheriges Bild fügen will.

Wenn Bevel so erpicht darauf ist, seine eigene Darstellung unter die Leute zu bringen, warum lässt er dieses Andenken an seine Frau bestehen? Warum beharrt Bevel so sehr darauf, dass die ganzen Finanztransaktionen sein Kind zum Wohl und Wehe der Nation waren?
Ich empfinde es nicht so, dass Treue das Thema ist. Der Titel führt ein wenig in die Irre. Es geht für mich doch eher um die Finanzwelt, darum, wie sie funktioniert und wie 2 Leute sie zu ihrem Vorteil nutzen. Treue ist nur so ein Fizelchen. Dann geht es noch um Verschleierung. Um Realitätsverbiegung. Eigentlich um Trumpismus.
 

GAIA

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27. Dezember 2021
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Thüringen
Warum eigentlich? Was ist so gefährlich an einer ebenbürtigen oder überlegenen Frau? Dass sie nicht alles einfach hinnimmt, dass sie Dinge in Frage stellt, dass sie sich vom Mann abwendet?
warum? Gilt das Gegenteil auch?
Ach, das ist aber schon entsetzlich plakativ;)! Für vergangene Zeiten lasse ich das gelten. Aber die Gleichberechtigung schreitet voran. Mittlerweile wissen kluge Männer auch intelligente Frauen zu schätzen.
Die Zauberworte sind: Machtverlust, Verlust von Entscheidungsgewalt und Reduktion des eigenen Egos. Ja ja, heutzutage ist alles besser... Ein bisschen vielleicht und einige kluge Männer können neben sich auch intelligente Frauen akzeptieren, aber tatsächlich hat sich im vergangenen Jahrhundert nicht sooo unglaublich viel in den "oberen Etagen" geändert. Seit Jahrhunderten, in manchen Kulturen auch seit Jahrtausenden, haben Männer das Machtmonopol und gerade Männer in den Machtpositionen, aber auch das "normale" Volk, wollen immer noch keine Frauen in der Macht sehen. Es gibt politologische Untersuchungen, die gezeigt haben, dass Donald Trump in den USA die Präsidentschaftswahl nicht nur wegen den vielen "abgehängten" Wählern, die auf die populistischen Äußerungen angesprungen sind, gewonnen hat, sondern weil eine Mehrheit der Menschen in den USA (auch unter den Frauen) einfach keine Frau an der Spitze ihres ach so great Landes sehen wollten. Es gibt die Vermutung, dass es relativ egal war, wer sich gegen Hilary Clinton aufgestellt hätte, viele hätten immer die andere, männdliche Person gewählt, einfach damit keine Frau an die Macht kommt. Ich stimmte definitiv auch nicht mit Hilary Clontons Politik immer überein, aber eines ist diese Frau: Intelligent!
Wie gesagt, es geht mir ihr nicht um Ehemann oder Partner XY, der es toll findet, wenn seine Frau intelligent ist und dies auch sehr gut akzeptieren kann. Es geht mir um Machtpositionen. Die in Politik und Wirtschaft herrschende Männerriege möchte nicht von intelligenten Frauen verdrängt werden.

Ich sehe ihn als Background für die Figur Ida und als Kontrastprogramm zu Andrew. Gleichzeitig aber hat er ähnliche Verhaltensmuster wie Andrew. Er lässt nur seine Weltsicht gelten, wird zornig, wenn man ihm was entgegenhält.
Die Männer im Roman sind alle Kinder ihrer Zeit, die Frauen ihrer Zeit voraus.
Treue wird hier zum Mittelpunkt des Geschehens. Wem kann Ida noch trauen? Jack hat sie erfolgreich in die Flucht geschlagen. Bravo! Dann erkennt sie, dass sie ihrem Vater auch nicht trauen kann, dass er die Seiten aus dem Papierkorb gestohlen hat.
Das finde ich von euch beiden ganz toll gesagt und macht mir die Funktion des Vaters und auch dessen Treuebruch bezogen auf das Klauen der Mitschriften plausibler!
Das funktioniert literarisch, also hier in diesem Roman - aber ich glaube nicht, dass es in der Realität auch so ist. Andrew wüßte doch genau, was er mit seiner Frau zusammen gemacht hat und was nicht. Ich glaube nicht, dass ein gesunder Mensch sich selbst so betrügen könnte. Vor allem dann nicht, wenn er ein analytischer Mensch ist.
Tatsächlich gibt es ein interessantes psychologisches Experiment. Dabei wurde gesunden (!) Versuchpersonen einfach ein emotionaler, mit Details gespickter Text gegeben, in dem in der Ich-Perspektive eine Blinddarm-OP in der Kindheit geschildert wird, dieser sollte vorgetragen werden. Anderen Versuchspersonen wurden andere, neutralere Texte gegeben. Sowohl die VPs (am 1. Untersuchungstag) als auch die Eltern der VPs (kurz nach dem Untersuchungstag) wurden gefragt, ob die VP jemals eine Blinddarm-OP hatte. Nach einigen Monaten wurden die VPs wieder einbestellt und sie wurden suggestiv zu ihrer Blinddarm-OP in der Kindheit befragt. Ob sie sich daran erinnern könnten, dass sie danach ein Vanilleeis bekommen hätten, etc. pp. Ohne dass der Inhalt des Textes in der Zwischenzeit immer wieder besprochen, oder in irgendeiner Weise wiederholt wurde, hatte sich die Geschichte im Unterbewusstsein festgesetzt. Suggestiv danach befragt (soll heißen, es wird nicht gefragt: "Hattest du eine BLinddarm-OP?" Ja-Nein? Sondern nach den Details etc.) gaben signifikant viele VPs an, sie können sich an dies und jenes erinnern. Am Ende befragt, ob sie eine Blinddarm-OP gehabt hätten, sagten sie Ja und waren sogar überzeugt davon. Obwohl es sie nie gegeben hat. Erst mit den Fragen, ob sie sich sicher seien und auch gleich mal die Narbe zeigen könnten, wurde es aufgelöst.
Soll heißen: Selbst bei geistig gesunden Menschen kann Selbstsuggestion (das ist es im Hintergrund) dazu führen, dass sie glauben nie geschehene Szenen erinnern zu können. Wir wissen ja, dass Andrew kurze Zeit später verstarb. Vielleicht hat das Grübeln über die Vergangenheit und das massive Verändern Mildreds und damit auch seiner Geschichte dazu geführt, dass er tatsächlich und wahrhaftig der Meinung war, dass es diese Krimiabende gegeben hat.
Ich fand übrigens die Szene in Mildreds privaten Gemächern recht überraschend und gruselig. Da scheint eine Frau gelebt zu haben, die sich so gar nicht in ihr bisheriges Bild fügen will.
Sie war, wie @RuLeka schon an anderer Stelle meinte, ihrer Zeit voraus. Denn das scheint ja ein Bauhaus-Zimmer gewesen zu sein. Sie setzte auf Funktion nicht auf Pomp. Diese Wendung hat mir gefallen. Ich hatte nämlich erwartet, dass hier vielleicht doch ein gewissen "Wahnsinn" durchscheinen könnte. Die Tür geht auf und es ist alles voller wild verteilter Bücher usw. Aber das komplette Gegenteil ist der Fall. Ich war sehr positiv überrascht, was sich das Diaz mal wieder hat einfallen lassen.
Die Übersetzung halte ich für hervorragend!
Das finde ich auch! Gut, dass du es noch einmal erwähnst, hoffentlich vergesse ich es nicht in meiner Rezi. Das passiert mir leider zu häufig. Auch die Übersetzer:innen eines Buches gehören gelobt. Und hier ist das eindeutig dran.
Auf in den letzten kurzen Abschnitt. Da müsste jetzt Blitz und Donner kommen, um dem Roman den 5ten Stern zu klauen :p
Haha. Ich hatte nach dem Verfassen meines Beitrags zu diesem LA schon in meiner Excel-Tabelle das Buch mit 5 Sternen eingetragen, weil ich mir dachte: "Ach egal, was jetzt noch kommt, der DIaz kann das gar nicht versauen. Das werden 5 Sterne!" :p
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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Empfindest du das so?
Ich denke, Ida ist weitgehend im Reinen mit ihm. Sie kreidet ihm höchstens seine Unaufrichtigkeit in Bezug auf Mildred an. Er war ihr Arbeitgeber, die Beziehung überwiegend geschäftlicher Natur. Kann ein solcher Mensch einen stärkeren Treuebruch betreiben als ein Vater oder ein Jugendfreund, die dem Herzen nahe stehen?

So war zumindest mein erstes intuitives Empfinden. Natürlich verletzen Menschen, die einem nahe stehen, einen tiefer und nachhaltiger. Doch Ida ist gerade von ihrem Vater und Galan hintergangen worden und da ist Bevel der Fels in der Brandung, ihre Einkommenquelle und ihre berufliche Aufgabe. Aber sie bemerkt, dass sie mit Halbwahrheiten und Undurchsichtigkeiten abgefüttert wird. Für eine so persönliche Aufgabe, wie das Verfassen einer Biografie, wird ihr Arbeitgeber auch "untreu".
 

Irisblatt

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Es wurde bereits von euch angesprochen, dass Idas Vater und Bevel - obwohl sie in ihrer gesellschaftspolitischen Meinung unterschiedlicher nicht sein könnten - doch viele Gemeinsamkeiten haben. Das ist richtig. Es gibt allerdings einen großen Unterschied im Umgang mit anderen Menschen. Ich erinnere keine Szene, in der Ida von ihrem Vater irgendetwas aufgezwungen wurde. Er erwartet zum Beispiel nicht, dass sie den Haushalt schmeißt. Ida erträgt den Dreck nicht und kümmert sich deshalb darum. Sie belastet die Situation - dem Vater könnte man vorwerfen, dass er blind ist für die Bedürfnisse seiner Tochter, aber nicht, dass er etwas von ihr fordert oder gar Gehorsam erwartet. In dieser Hinsicht lebt er den Anarchismus. Er sagt deutlich, was er von Sekretärinnenjobs und der Arbeit an der Wall Street hält, geht aber nie soweit Ida die Arbeit dort zu verbieten. Weiß jemand wie das mit der Frauenerwerbstätigkeit zu dieser Zeit in New York war? In vielen Ländern durften ja die Ehemänner und Väter (?) bei ledigen Frauen entscheiden, ob diese eine Arbeit aufnehmen durften.
Bevel hingegen fordert absoluten Gehorsam und entscheidet über Idas Kopf hinweg (z.B. als er ungefragt eine Wohnung anmietet und verlangt, sie möge zügig umziehen).
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich finde, man kann den unorganisierten chaotischen Vater schwer mit Bevel gleichsetzen. Der Vater ist ein Idealist, ein Kommunist, der eine tiefe Abneigung gegen die Welt des Geldes verspürt. Entsprechend sieht seine Wohnung aus, entsprechend schwach strukturiert sind seine politischen Agitationen...
Er liebt seine Tochter aufrichtig. Wie oben geschildert, könnte es auch sein, dass er die Seiten zu ihrem Schutz an sich genommen hat. Wir wissen es nicht.

Bevel ist das komplette Gegenteil: er ist strukturiert bis zum Anschlag. Wenn er jemanden vernichten will, tut er es strategisch durchdacht. Macht und Geld haben seinen Charakter geprägt. Er entscheidet. Andere gehorchen.

Ich empfinde die beiden Figuren äußerst interessant gezeichnet. Aber gleichsetzen würde ich sie nie.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Der Titel führt ein wenig in die Irre.
Deshalb wäre der amerikanische Titel aussagekräftiger gewesen, auch wenn im Deutschen die Doppeldeutigkeit verloren geht. Aber für mich war es auch mehr ein Roman über das Finanzwesen und die darin involvierten Menschen als um das Thema Treue. Dann noch eher „ Vertrauen“. Wem kann man trauen, wem glauben, welcher Erzähler schreibt die Wahrheit?
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Wie gesagt, es geht mir ihr nicht um Ehemann oder Partner XY, der es toll findet, wenn seine Frau intelligent ist und dies auch sehr gut akzeptieren kann. Es geht mir um Machtpositionen. Die in Politik und Wirtschaft herrschende Männerriege möchte nicht von intelligenten Frauen verdrängt werden.
Da hast Du vollkommen recht. Im privaten Bereich gibt es immer mehr Männer, denen es nicht genügt, ein hübsches Dummchen an ihrer Seite zu haben. Aber im politischen und wirtschaftlichen Bereich sind Männer immer noch gern unter sich und viele Leute , auch Frauen, trauen Männern mehr Kompetenz und Entschlossenheit zu. Das haben wir bei uns im letzten Wahlkampf auch bemerkt. Wie wurde Frau Baerbock angegriffen und jedes Wort von ihr hämisch aufgegriffen. Auch jetzt ist sie das Hassobjekt von AfD und anderen Schwurblern.
 

Irisblatt

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15. April 2022
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und Eifersucht. Er war mit Mildred befreundet, vielleicht hatte Andrew das Gefühl, Vanner könne seiner Frau was geben ( intellektuelles Verständnis ), was ihm fehlt
Das sehe ich auch so. Mildred genoss die anregenden Unterhaltungen mit diversen Künstlern, was Bevel nicht verborgen blieb. In ihrer Ehe gab es das nicht.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Dann noch eher „ Vertrauen“. Wem kann man trauen, wem glauben, welcher Erzähler schreibt die Wahrheit?
Dem schließe ich mich an. Den Begriff "Treue" verbinde ich eher mit persönlichen (Liebes-)Beziehungen. Spontan hätte ich den Originaltitel auch eher mit "Vertrauen" übersetzt.
Man hätte es aber auch bei Trust lassen können.
Egal, auch so bleibt der Roman ein Sahnestück.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Essen
Jetzt wissen wir also, was die beiden ersten parallelen Teile bedeuteten: 2 sehr subjektive, einseitig verfälschte Darstellungen einer Lebensgeschichte, wobei Nr. 2 Reflex auf Nr. 1 ist, aber wohl genauso falsch. Und dazwischen steht Ida, die das ganze in Form bringen soll und darum kämpft, irgendwie endlich diese Frau, über deren Leben und Wesen sie schreiben soll, zu verstehen und sich selbst ein Bild von ihr zu machen. Das dann wahrscheinlich auch wieder der Realität nur mäßig nahe kommen könnte.
Von daher ist dies wohl ein Roman, der schonungslos die Grenzen des Schreibens aufdeckt. Können wir jemals schreibend (und damit auch lesend) der Realität gerecht werden? Können wir jemals relitätsgeTREU (s. der Titel des Romas) schreiben und lesen? Ich denke in unseren Leserunden ist uns schon klargeworden, wie begrenzt dazu die Möglichkeiten sind, denn lesen wir auch das identische Buch, den identischen Text, so kommt in unserer Rezeption doch jeweils etwas ungemein anderes heraus. Und jetzt lesen wir bei Diaz auch, dass der Input des Schreibens ebenso unterschiedlich ist.
Auf jeden Fall stärkt dieser Roman meine Unlust, Biografien oder gar Autobiografien zu lesen. Die habe ich immer gehasst und umgangen, denn da war immer das abschreckende Gefühl: ich kann dem nicht vertrauen (jedenfalls stärker als bei jedem anderen Genre).
Aber ich mag die Struktur und das Experiment, das dieser Roman uns hier vor Augen führt. Er berichtet von der Vermittlung falscher Eindrücke, macht dies aber transparent und offen, ohne mich an der Nase herum zu führen.
 

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
@Anjuta : Nun ja, man hat so seine Vorlieben und Abneigungen.

ich habe von Hildegard Knef 3 Biografien gelesen, darunter die Autobrografie "Der geschenkte Gaul" - und habe den Eindruck, dass ich mehr von ihr weiß als vorher.
Wenns danach geht, darf man gar nichts mehr lesen bzw. nichts mehr vertrauen! Nicht einmal wikipediaEinträgen!
Ich lese gerne Biografien und manchmal auch Autobiografien (denn wie sagt Otegami so schön, was du schreibst, sagt auch etwas über dich aus; das stimmt ein bisschen, wenn auch nicht ganz), wenn sie gut gemacht sind.
Man erfährt in der Regel mehr als man vorher wusste, z.b. bei der hervorragenden 3 bändigen Biografie über Kafka. (ich hab nur 1einhalb Bände geschafft) ... es gibt aber auch ganz schreckliche und langweilige Biografien/Autobiografien, z.B. die von Fussballern (von Ghosts geschrieben).

Interessant der Gedanke, dass nicht jeder den gleichen Roman liest, sondern Roman plus was A (B; C; D; etc) im Kopf hat.
 
Zuletzt bearbeitet:

RuLeka

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30. Januar 2018
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Interessant der Gedanke, dass nicht jeder den gleichen Roman liest, sondern Roman plus was A (B; C; D; etc) im Kopf hat.
Das stellen wir nicht nur hier fest. Das merke ich bei jedem Treffen unseres Lesekreises. Jeder liest ein Buch mit deinem speziellen Background ( Leseerfahrungen und Lebenserfahrungen ).

Ich lese auch sehr gerne Biographien. Sicherlich weiß man danach nicht alles über den Portraitierten, aber immer mehr als die reinen Fakten.
 

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29. März 2022
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Ich kenne einen Menschen, bei dem das genauso ist. Es ist erstaunlich unheimlich - vor allem weil klar ist, dass die Person tatsächlich an ihre erfundene Vergangenheit glaubt. Für mich hat das schon krankhafte Züge - ich glaube, solche Mechanismen funktionieren unabhängig davon, ob man ein analytischer Mensch ist.
Ich glaube auch schon, dass es so etwas gibt, aber dass es dann pathologische Züge hat. Es gibt sie schon die Menschen, die alles verdrehen und irgendwann an diese verdrehten Versionen glauben...
 

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29. März 2022
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Hier wurde schon so viel Schlaues und Erhellendes geschrieben, dass ich dem im Grunde gar nichts mehr hinzugügen kann. Eure Anmerkungen haben mein Verständnis hier und da auch noch einmal sehr gschärft. Wunderbar, lieben Dank!
Nun bin ich sehr auf den letzten Abschnitt gespannt, der wohl eine Schlüsselstellung einnehmen wird.
Ich denke, ich werde mich mit dem Mich noch mal näher befassen, wenn ich wieder zurück zu Hause bin und mehr Ruhe habe. Hier ist es doch sehr turbulent, zumal unser ins Alter gekommene Seelenhund uns in den letzten Tagen sehr roße Sorgen bereitet hat. Es scheint aber wieder aufwärts zu gehen.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Genau, sowohl Vanner, wie auch Bevel verändern Mildred nach ihren Wünschen. Ida hilft Andrew dabei und wird von Andrew genauso auf ihren Platz verwiesen. Streichen sie dieses und jenes und ändern sie dieses und jenes. Ida hat ein Gefühl dazu. Aber letztendlich weiß nur Mildred selbst, wer und was sie war. Und das zeigt dann das letzte Buch.
Ich hoffe sehr das es uns erhellen wird, denn wenn Ida die Aufzeichnungen nicht entschlüsselt, werden wir es nie erfahren