Rezension (5/5) Rezension zu "Das Zeichen der Erzkönigin" von Serena J. Harper

Darkangelsammy

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4. Januar 2021
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Kurzmeinung: Das Buch ist der pure Wahnsinn - im allerbesten Sinne! Das absolut erste Highlight dieses noch jungen Jahres! Phantastisch! Tiefgründig! Top

Die Tragik der "falschen Seite"!

Serena J. Harper ist 1991 geboren und hat Germanistik sowie Vergleichende Kultur - und Religionswissenschaften in München studiert. Sie arbeitet an ihrer Dissertation und lebt am Starnberger See.

Mit diesem Buch ist ihr der ganz große Wurf gelungen. Dieses Debüt ist überwältigend.

Einst herrschte die Erzkönigin vor vielen tausend Jahren gerecht über Norfaega. Allerdings kam es zu einem verheerenden Krieg und der Kontinent ist in einzelne Höfe aufgesplittert, die von jeweils einer Königin regiert wird.

Glynvail ist der noch letzte unberührte Teil, Shayla größtenteils unterworfen und dasselbe gilt fur das Sturmalbenheim Askyan.

Denn eine rücksichtslos grausame Königin, Lamia, herrscht mit der eisernen Knife, unterwirft noch alle widerständigen Königinnen und setzt an derer Statt Marionettinen ein. Sadistisch und gnadenlos. Sie hat auch zahllose Sklaven, die sie durch Magie kontrolliert, indem jenen ein verzauberter Kristallsplitter ins Auge getrieben wird und durch ein Kontrollstück an einer Kette unter Lamias Oberhoheit steht.

Amber Hall, der noch freie Hof der Königin Marielle und ihres Gatten Steffon Moonfall ereilt dasselbe schreckliche Schicksal. Die Mannen von Lamia kommen, töten alle, derer sie habhaft werden und dann brennt es auch noch. Sie haben sämtliche Bewohner Amber Halls hingerichtet? Nein, nicht alle!

Einem seltsamen Zufall verdankt es die kleine Lyraine, das sie überlebt, aber den Mord an ihrem Vater muß sie von unterm Bett mitansehen.

Der Truchsess Gorwyn rettet sie, aber was noch als wichtiger Faktor hinzukommt, der im Exil lebende Seher Varcas hat die entscheidende Vision und kann sie rechtzeitig retten.

Er kann sie ans Meer bringen, nach Sherfield, in die Häuser der Heilung, der Nyanna - Tempel, der von der Ersten Heilerin Rhiannon geführt wird. Varcas kennt sie noch von früher. Er hat eine mysteriöse Vergangenheit. Dort wird außer Rhiannons erwachsenem Sohn Kayden, der der Wächter des Hauses ist, keiner über die wahre Identität des Mädchens aufgeklärt. Denn Lamia würde sie sehr gerne tot sehen.

Norfaega ist von Alben bewohnt. Einige wenige Menschen gibt es ebenso dort. Alle Bewohner Norfaegas werden mit einer Rún geboren, aber erst im Alter von zwölf gibt es die Initiation bzw. das Aufblühen selbiger und dann ist klar, zu welcher Kaste jemand gehört. Krieger, Seher, Wächter, Heilerin, Königin, Hexe.

Aber die Farbe der Rún, mit dem der betreffende Alb zur Welt kommt, bestimmt einzig, wie mächtig ihre oder seine Beherrschung der Magie sein wird. Die mächtigste Farbe ist Schwarz. Rodric Blackthorne ist der erste Alb seit Jahrtausenden, der mit dieser Farbe geboren wurde, der einzige und damit der mächtigste seiner Zeit.

Aber er ist Sklave Lamias und wird durch weiter oben erwähnten Splitter kontrolliert. Von klein auf wurde er gedrillt, gequält, gefoltert und trotzdem ist er noch nicht gebrochen. Er hat nur einen einzigen echten Freund in Val Thalas, wo der Hof Lamias ist. Den Sturmalben Tyranar, ebenfalls versklavt und den Splitter im Kopf. Sturmalben haben übrigens Flügel!

Rodric ist zur gefährlichsten Waffe Lamias geschliffen worden. Er ist der berüchtigte Blutritter, der auch bevorzugt Schwarz trägt, passend zu seiner Rún und seiner Haarfarbe. Er hat faszinierend violette Augen.

Auf schicksalshafte Art und Weise kreuzen sich erst die Wege von Lyraine und Tyran. Aber nichtsdestotrotz schwebt sie in höchster Lebensgefahr und nur Flucht scheint weiterhin eine Option zu sein.

Lyraines wahre Bestimmung tritt zutage, als sie letztendlich erblüht. Und es könnte sein, daß ihr und Rodrics Pfad sich schneller kreuzen, als sie oder er für möglich gehalten hätten. Wird Rodric weiterhin in die Dunkelheit schreiten oder dem Ruf einer Königin folgen, sich den Himmelslichtern zuwenden?

Dies ist Superbes, erstklassige High und Dark Fantasy vom Allerfeinsten. Die Alben sind die Hauptprotagonisten des Buches und können viele viele Jahrhunderte, wenn nicht noch mehr alt werden. Aber altern nicht sichtbar wie Menschen, was schöne Reminiszenzen an Galadriel, Elrond und Arwen weckt.

Aber Serena J. Harper ist beileibe keine phantasielose Kopistin - bei den Himmelslichtern! Nein! Genau wie J. R. R. Tolkien aus bereits vorhandenen Mythologien und eigenen originären Ideen seine Welten baute, beruht das Konzept der Autorin auf denselben tragenden Säulen. Und welch prächtige Säulen!

Auch sie ist ein energetischer Ausbund an brodelnder Kreativität mit ihren ureigenen originären Ideen, die sie mit bereits vorhandenen Mythen zu etwas sehr Frischem verbunden hat. Ihr Werk atmet Vitalität, eine ungeheure Dynamik, versteht es einen tiefgründigst emotional zu packen und ob all der Ungerechtigkeiten zu erschüttern.

Sie zeigt auf, welche Folgen gezeitigt werden, wenn jemand gegen seinen Willen in ein Los gezwungen wird, das er sich nie aussuchen konnte, weil er schon qua Geburt nie eine Chance hatte.

Authentische, dreidimensionale Protagonisten lassen das Kopfkino glühen. Bewegend, mit unvorhersehbaren Kehren und Wendungen, fesselnd, wird man außerordentlich zum Mitfiebern - leiden gebracht.

Sympathische Hauptprotagonisten und richtig schurkische Antagonisten, die aber ebenso eine finstere Ausstrahlung besitzen sind die Würze und die Verve des Buches.

Unterschiedliche Perspektiven aus Sicht von Lyraine, Rodric, Varcas und Tyran verleihen der Geschichte Vielseitigkeit und tiefe Einblicke in die gebeutelten Charaktere. Es sind samt und sonders Protagonisten von ungeheurer Präsenz, Energie und Stärke.

Mit 814 Seiten hat das Buch den langen Atem, den es benötigt, um sich angemessen episch ausbreiten zu können. Eine komplex ausdifferenzierte Welt mit einer komplexen Handlung, in die man sehr schnell hineinkommt und nicht mehr zu lesen aufhören kann. Hohes Suchtpotential!

Der elegante, poetische, liquide und verständliche Schreibstil der von allen Musen geküßten Autorin ist einnehmend und hypnotisch - umgarnend.

Auf daß es bald eine Fortsetzung geben möge! Einfach unglaublich! Dafür fehlen einem die Superlative, um dieses Werk angemessen zu beschreiben!!!