Ich fand die Szene toll, weil sie meine "Wahrheit" komplett zunichte gemacht hat und endlich ein Puzzelstück den richtigen Platz fand. Die Parallelität ist für mich keine Überkonstruktion, sondern zeit den miesen Charakter Pauls, der nicht nur Martha vergewaltigt, sondern auch seinen Freund benutzt, um seine Tat zu vertuschen.Nun ja, dieser letzte LA hatte es aber in sich. Ich muss sagen, dass inhaltlich er für mich einen klaren Kipppunkt hatte: Als rauskam, dass Lars nicht nur mit Elide (im beidseitigem Einverständnis!) geschlafen hat, sondern auch noch zum exakt selben Zeitpunkt gerade der Ehemann von Elide Martha vergewaltigt und geschwängert hat.
Das kann ich nachvollziehen. Es ist unwahrscheinlich, aber durchaus möglich - für mich hat es etwas von einem versöhnlichen Neuanfang, den ich bei diesem Roman bitter nötig hatte.Ach ja, jahrelang ist Martha unfähig schwanger zu werden, aber in der Vulkannacht lässt sich dann doch ein Kind zeugen?!
Tut mir leid, aber mit diesen beiden Entscheidungen der Autorin kann ich mich nicht anfreunden.
Ich bin immer ganz erstaunt, was dir/euch an Texten auffällt. Ich lese glaube ich ganz anders, irgendwie überhaupt nicht analytisch im Hinblick auf die Sprache. Mir sind die Perspektivwechsel gar nicht aufgefallen. Ich tauche in eine Geschichte ein - wenn mir das gelingt, dann passt es.Sprachlich ist mir in diesem letzten Abschnitt so einiges aufgefallen, was mir wieder mehr aufgestoßen ist, als in den mittleren Abschnitten. Die muss ich jetzt nicht alle aufzählen und euch nerven, aber wichtig sind mir noch die Perspektiven:
Die Autorin wechselt jetzt sogar innerhalb der Kapitel und für mich ergibt das wenig Sinn. Auf S. 244 beginnt das Lise-Kapitel mit dem Satz "Jon ist warm, wie ein Lavatier in meinen Armen." Ich-Perspektive, die dann wieder zur personalen wird.
Das finde ich auch großartig!Jetzt aber ist alles anders. Und die Autorin zeigt, wie schnell man hinters Licht geführt werden kann. Nicht nur von der Autorin. Sondern von den Dingen, die man wahrnimmt, die man bewertet, ob bewusst oder unbewusst, dies sei mal einfach so dahingestellt.
Ich glaube, dass Handeln in einer solchen Extremsituation immer instinktiv erfolgt. Sam konnte sich nicht bewegen, Bert rannte. Es war ein Unfall. Aber Bert war sowieso lebensmüde, vielleicht fiel ihm die Entscheidung zu rennen in dieser scheinbar ausweglosen Situation deshalb so leicht.Bert opfert sich zur Rettung von Jon. Geplant oder einfach passiert, also ein Unfall. Das erschließt sich mir noch nicht. Was sagt ihr anderen? Wie kam dies bei Euch an?
Macht er dies für Martha, um das Kind zu retten, dass sie beide nicht hatten? So erschien es mir jedenfalls.
Da bekomme ich noch nachträglich eine Gänsehaut. Ein Satz wie der mit dem Baum und den Kindern gehört verboten - er kann viel anrichten.Bert und Martha. Er liebt sie innig. Er verzweifelt an ihr. Er bemerkt das etwas nicht stimmt, will ihr helfen und sie von ihrer Last befreien und scheitert und zerbricht darüber. Stimmig, wie ich finde. Interessant ist hier auch folgende Formulierung. "Wir erhielten Geschenke, die wir nicht wollten, der Pfirsichbaum wuchs im Garten allein, der Wind fuhr zwischen den Ästen hindurch und peitschte das Fenster." S. 233 Und dazu kommt mir der Satz in Erinnerung "Wenn der Baum groß ist, sind auch eure Kinder groß." S. 54 Warum wollten sie die Geschenke nicht? Er denkt ja er wollte die Geschenke verbrennen, wusste nur nicht warum. Sehr feinfühlig der Bert. Und kann man diesen Satz mit den Kindern je vergessen, wenn man keine bekommt.
Das ist treffend zusammengefasst.Du fühltest dich vera ... Warum?
Ja, es geht hin und her. Aber unglaubhaft fand ich dieses hin und her nicht. Ich empfinde die Schreibe ist gespickt mit Hinweisen. Die man nur nicht immer sofort findet, weil sie nicht offensichtlich formuliert sind, sondern unter poetischer Formulierung verwischt wurden. Man lernt jemanden kennen und nach und nach sickern mehr Informationen durch und man lernt diesen Menschen neu kennen, manchmal auch ganz anders als vorher. Oft in der Liebe zu finden, wahrscheinlich durch rosafarbene Gestelle bedingt. Und Lars und Martha wurden schon von einigen als passendes Paar erkannt. Jetzt haben sie sich gefunden, nach einigen Irrungen.
Deine Deutung gefällt mir!Gefallen hat mir aber, dass Jon plötzlich, wie hier schon besprochen wurde, quasi retardiert. Man hat den Eindruck, dass er die ganze Zeit auf Tristania ein wenig autistisch war, zumindest jedenfalls überfordert, und jetzt ein Stückweit die Kindheit nachholen darf.
absolut!Positiv finde ich aber nach wie vor, dass keine Figur so war, wie wir es uns vorgestellt haben. Marianna Kurtto hält uns und unseren Vorurteilen gekonnt den Spiegel vor. Lässig. Ich meine das gar nicht zwingend bei den Wendungen der Schlüsselstelle, aber auch bei den vermeintlich kleinen Figuren. Bert - eigentlich die große Enttäuschung des Romans - ist der Held schlechthin! Er rettet unseren Jon.