Ich glaube, Hella war für David nie eine echte Person, sondern nur ein Symbol, ein Trugbild, eine mögliche Rettung vor seiner eigenen Natur. Das finde ich an ihm so fatal: er benutzt Menschen. Hella als Freifahrschein in das Leben, das er sich vorstellt, Giovanni als Triebbefriedigung...
Ist David zu wahrer Liebe fähig? Ich glaube nein, nicht so, nicht bevor er nicht mit sich selbst ins Reihe kommt.
Ich fand die Überlegungen im Nachwort zum Thema der Scham sehr interessant. Tatsächlich werden die Personen in diesem Buch dann zu den schlimmsten Verfehlungen getrieben, wenn sie ihre Natur aus Scham verleugnen.
Ich glaube, Giovanni konnte einfach nicht mehr, er war zu tief verletzt und erniedrigt... Immer, wenn er glaubt, sein Glück gefunden zu haben, zerrinnt es ihm zwischen den Fingern. Erst sein totes Kind, dann die gescheiterte Liebe zu David, und das verbunden mit einem stetigen Abstieg in die Prostitution.
Ich glaube nicht, dass das Frauenbild, wie es sich in Davids Umfeld präsentiert, dem entspricht, was Baldwin für erstrebenswert hält. Hier geht es immer wieder um (falsche) Scham und Unterdrückung, in den verschiedensten Formen. Und immer wieder liegt die Wurzel des Übels in der Gesellschaft, in der fatale Vorstellungen und Erwartungen propagiert werden. Ich denke, das Frauenbild soll genauso wenig als positiv dargestellt werden wie Davids Verhalten.
David quält sich selber und andere, weil er die Vorstellungen, was eine normale Sexualität ist, einfach übernimmt. Hella verweigert sich ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen, weil sie das Frauenbild einfach übernimmt.
Das ist hier doch ein wiederkehrendes Thema: der Mensch wird zu seinem eigenen ärgsten Feind, weil er sich nicht lösen kann von dem, was die Gesellschaft ihm (oder ihr) vorschreibt.