... Sympathie kommt bei mir auch nicht auf. Aber neben Empörung und Fassungslosigkeit empfinde ich auch Mitgefühl für diesen zerrissenen und haltlosen Charakter.nsofern kommen wahrlich keine Sympathien für den Protagonisten auf...
... Sympathie kommt bei mir auch nicht auf. Aber neben Empörung und Fassungslosigkeit empfinde ich auch Mitgefühl für diesen zerrissenen und haltlosen Charakter.nsofern kommen wahrlich keine Sympathien für den Protagonisten auf...
Ich glaube, es ging nicht nur darum. Es ging, meine ich, um mehr.an der David ausprobiert hat, ob er bei den Damen noch seinen Mann stehen kann
...wir können nicht darauf schließen, dass Baldwin SEIN Bild vermittelt hat. Er kann genauso gut nur beschrieben haben, was er beobachtet hat. Und das vermute ich ehrlich gesagt auch. Genau aus dem Grund, den du anführst. Er erfuhr Diskriminierung am eigenen Leib und setzte sich für Gleichheit und Emanzipation ein. Meines Erachtens kann das nicht sein Frauenbild sein.Baldwin ist ein begnadeter Schriftsteller, was seinen Sprachstil und das Vermitteln von Stimmungen angeht. Aber dieses Frauenbild, das er zeichnet, nehme ich ihm übel.
... da er sich noch gar nicht wirklich im Klaren über seine sexuelle Orientierung ist, kann er sich noch gar nicht gegen eine eindeutige homosexuelle Orientierung wehren. Bis zuletzt scheint mir die Klarheit diesbezüglich zu fehlen. Er hat meines Erachtens weniger Probleme mit der sexuellen Orientierung, er ist wahrscheinlich bisexuell, als mit der Fähigkeit des sich Einlassens.D. wehrt sich mit aller Macht gegen seine Homosexualitat
Aber tappen wir nicht in eine Falle, wenn wir Baldwins Einstellungen, Haltungen und Meinungen hier durchblitzen sehen? Ich glaube, dass er einfach nur das damalige vorherrschende Bild beschrieb. Und dass er das so hervorragend macht, dass wir glauben, dass Dich sein Bild dahinter verbirgt spricht für seine Meisterschaft.Ja, mein positives Bild von James Baldwin ist durch diesen Roman stark ins Rutschen gekommen. War er da so in seiner Zeit verwurzelt, dass Befreiung nur ein Thema für Männer ist? Erstens haben die männlichen Figuren im Roman ein schreckliches Frauenbild, es geht immer nur um ihre Befindlichkeiten , ob dabei Gefühle von Frauen verletzt werden, ist zweitrangig. Und die Frauen im Roman sind, wie Du schreibst, auch so auf Männer fixiert , dass ein eigenständiges Leben ohne Mann undenkbar scheint.
Das hoffe ich auch! Und ehrlich gesagt, bin ich fast überzeugt, dass er nicht so denkt.Ich kann auch nur hoffen, dass der Autor selbst nicht so denkt.
So sehe ich das auch. Baldwin beschreibt das damalige vorherrschende Bild. So war es halt In den 60ern und 70ern nunmal...Ich finde das Frauenbild auch furchtbar, man muss es aber vor dem Hintergrund der Zeit bewerten
Gut, dass du nochmal auf das schlimme Schicksal hinweist, dass David so früh seine Mutter verloren hat. Weder Vater noch Tante konnten ihm Liebe geben. Da bleiben die ihm eigenen Emotionen auf der Strecke! Insofern ist es kein Wunder, dass er gefühlsarm wurde. Nichts desto trotz hat er sich sowohl Giovanni, als auch Sue und Hella gegenüber schäbig verhalten. Auch wenn er vielleicht nicht anders konnte.Ich glaube jetzt, am Ende, am ehesten, dass es weniger um die sexuelle Orientierung geht, als um die Fähigkeit bzw. Unfähigkeit des Euch Einlassens. Des sich Fallenlassens. Des sich Anvertrauens. Er ist, meine ich bisexuell. Kann sex. Genuss mit beiden Geschlechtern empfinden. Aber es geht um etwas viel tieferes. Die Liebesfähigkeit, als Oberbegriff des oben erwähnten. Und dabei spielt, m. E. eine große Rolle, dass er seine Mutter mit 5 Jahren verloren hat. Dieser einschneidende Verlust und noch dazu in der ödipalen Phase. Und was danach kommt, war schlimm. Emotionale Kargheit und keine Möglichkeit, den Verlust durch Austausch und emotionalen Halt auszugleichen/aufzufangen. Ich glaube also, dass es unterm Strich um viel mehr geht, als nur um die sexuelle Orientierung...
Ich erkenne nirgends, dass er sich mit dem damals vorherrschenden Bild identifiziert. Er beschrieb als neutraler Beobachter, was er sah. Weshalb sollte er werten und bewerten? Das ist hohe Kunst, seine eigene Meinung nicht einfließen, sondern den Leser selbst denken, fühlen und werten zu lassen...wobei ich gar nicht das Bedürfnis habe zu werten. Es machte mir einfach Spaß, in die innere Welt von David einzutauchen und zu versuchen, nachzuvollziehen oder zu verstehen...Da kann ich Dir nur bedingt zustimmen. Sicherlich muss man das Bild der Frau im Kontext der damaligen Zeit sehen. Das macht es aber nicht richtiger. Und gerade bei einem Intellektuellen wie Baldwin, der ebenfalls mit Rollenklischees zu kämpfen hatte, hätte ich mir mehr Distanz zu diesen Ansichten erhofft.
Baldwin steht über den Dingen. Er beschreibt die damalige Gesellschaft und seine Figuren repräsentieren diese Gesellschaft, deren Regeln und Schwierigkeiten... aber er kämpfte für Freiheit und Gleichberechtigung. Eine Meisterleistung, sich so zurückzunehmen und neutraler Beobachter und Erzähler zu bleiben.Ist es wirklich Baldwins Meinung? Oder ist es die Meinung seines Personals?
Dann bewegt er sich aber auf sehr dünnem Eis, wenn er auf seinen Ruf als "Ikone der Gleichberechtigung" baut und hofft, dass der Leser ihm nicht abnimmt, was er geschrieben hat. Für einen Leser, der Baldwins Hintergrund nicht kennt, bleibt der Eindruck der negativen Darstellung des Frauenbildes zurück. Baldwin korrigiert dieses Bild noch nicht mal ansatzweise.wir können nicht darauf schließen, dass Baldwin SEIN Bild vermittelt hat. Er kann genauso gut nur beschrieben haben, was er beobachtet hat.
... Ich sehe das tatsächlich anders. Baldwin wertet und bewertet nicht. Er beschreibt nur und der Leser muss ihm also nur abnehmen, dass das, was er beschreibt, stimmt. Und es stimmt ja auch. So war das damals. Das macht ja auch Salzmann in ihrem Nachwort noch mal deutlich.Dann bewegt er sich aber auf sehr dünnem Eis, wenn er auf seinen Ruf als "Ikone der Gleichberechtigung" baut und hofft, dass der Leser ihm nicht abnimmt, was er geschrieben hat. Für einen Leser, der Baldwins Hintergrund nicht kennt, bleibt der Eindruck der negativen Darstellung des Frauenbildes zurück. Baldwin korrigiert dieses Bild noch nicht mal ansatzweise.
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Hättest Du Dir gewünscht, dass er Stellung bezieht und seine Meinung einbringt? Ich verstehe nicht ganz, was Du mit „korrigieren“ meinst.
"Korrigieren" ist vielleicht das falsche Wort. Eigentlich meine ich damit, dass Baldwin ein paar Spuren hätte auslegen können, die dazu verleiten, Hella und Sue nicht mit diesem verächtlichen Frauenbild in Erinnerung zu behalten. Sie hätten zumindest als "moralischer Sieger" aus der Geschichte hervorgehen können. Ich spinne mal rum:Hättest Du Dir gewünscht, dass er Stellung bezieht und seine Meinung einbringt? Ich verstehe nicht ganz, was Du mit „korrigieren“ meinst.
... ich verstehe, was Du meinst. Mir kam aber gar nicht ernsthaft in den Sinn, dass Baldwin so ein Bild haben könnte. Nicht, weil ich ein Baldwin-Kenner wäre, sondern weil er mir dieses Bild, diesen Eindruck nicht implizit oder explizit vermittelt hat.Wenn alle Figuren im Roman einhellig eine Meinung vertreten neigt man sehr leicht dazu anzunehemn, dass dies auch die Meinung des Autors sei.
Ich bin jetzt nicht die Angesprochene, aber ich könnte mir vorstellen, dass eine "Korrektur" so aussehen könnte, dass es zumindest eine Person im Roman gäbe, die sich gegegn das misogyne chauvinistische Frauenbild stellt. Wenn der Autor eine Gegenrede zulässt, ändert sich auch die Sichtweise auf den Autor.
... gute Ideen. Aber würde Baldwin dadurch nicht einfach nur unsere bzw. Deine Wünsche befriedigen? Ich glaube, dass er mit seinem Personal die damalige Realität sehr gut abgebildet hat. Und dass es vielleicht tatsächlich sehr wenig Gegenrede gegeben hat… Und die Gegenrede kommt ja von uns. Hier. Jetzt. Heute."Korrigieren" ist vielleicht das falsche Wort. Eigentlich meine ich damit, dass Baldwin ein paar Spuren hätte auslegen können, die dazu verleiten, Hella und Sue nicht mit diesem verächtlichen Frauenbild in Erinnerung zu behalten. Sie hätten zumindest als "moralischer Sieger" aus der Geschichte hervorgehen können. Ich spinne mal rum:
Sue, die sich auf Davids Avancen scheinbar einlässt, ihn aber kurz vor Vollzug abblitzen lässt ... oder der Klassiker "vorgetäuschter Orgasmus", den sie ihm unter die Nase reiben könnte. Also, irgendeine Abreibung hätte David verdient, was auch keinen Einfluss auf Baldwins Gestaltung dieses Charakters gehabt hätte.
Oder Hella, die sich sang- und klanglos davon macht, nach Amerika zurückgeht und sich auf die Suche nach einem Ehemann und Erzeuger ihrer Kinder machen wird. Zu Beginn des Romans ist sie uns als selbstbewusste Frau begegnet, die ihr eigenes Ding macht und durch die Welt reist. Am Ende wäre es ein leichtes gewesen, sie wieder auf Reisen gehen zu lassen und ihr "altes" Selbstbewusstsein wieder aufleben zu lassen, nachdem sie ihre Wunden geleckt hat. Das hätte ich Baldwin sogar eher abgenommen, als ihr Streben nach einem Leben als "Männerzubehör".
Nein, aber er würde damit nicht den Eindruck beim Leser hinterlassen, dass er ein herabwürdigendes Frauenbild vertritt.Aber würde Baldwin dadurch nicht einfach nur unsere Bzw. Deine Wünsche befriedigen?
Als "Ikone der Gleichberechtigung" kann dies aber seinerzeit nicht in seinem Sinne gewesen sein.Und dass es vielleicht tatsächlich sehr wenig Gegenrede gegeben hat…
... und jetzt bestätigt es sich mal wieder, wie unterschiedlich die Eindrücke verschiedener Leser sind und wie interessant und bereichernd eine Diskussion darüber ist.Nein, aber er würde damit nicht den Eindruck beim Leser hinterlassen, dass er ein herabwürdigendes Frauenbild vertritt.
Als "Ikone der Gleichberechtigung" kann dies aber seinerzeit nicht in seinem Sinne gewesen sein.