4. Leseabschnitt: Siebentes bis Achtes Kapitel (S. 189 bis 255)

Literaturhexle

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2. April 2017
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Unterkühlt, das passt doch zu Thomas Mann. Das ist keiner, der sich die Haare rauft und in großes Lamentieren ausbricht.
Ich bin auch mit einem Norddeutschen verehelicht, der nicht zu großen Emotionen neigt. Seiner Meinung nach macht es keinen Sinn, sich über Dinge die Haare zu raufen, die man nicht mehr ändern kann.
Vergessen hat Thomas die Bücher ja nie. Viel Auflebens darum zu machen, hätte genau das Gegenteil befördern können: es hätte die Postsendung unnötig interessant gemacht.
Stattdessen denkt er lösungsorientiert und wartet auf die Gelegenheit... Gut gemacht.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich glaube, ich kann euren Ausführungen nicht mehr viel hinzufügen. Mir haben auch die politischen Diskussionen sehr gut gefallen. Für uns nicht viel Neues, aber ausländische Leser können anhand der Familie Mann sicher gut nachvollziehen, wie breite Teile der Bevölkerung die Nazis zunächst unterschätzt und als vorübergehendes Übel eingeschätzt haben. Auch deren Repressalien werden erwähnt. Wie man Thomas Mann während seiner Lesung bewusst und geplant mundtot gemacht hat - perfide.

Zuviel Raum hat mir der Rückblick auf Klaus Heuser eingenommen. Das liegt nicht am Homosexuellen, sondern daran, dass da offensichtlich zuviel hineininterpretiert wird. Denn die Tagebücher des Jahres 1928 müssten gemäß der Querleserin ja vernichtet sein...
Seine angebliche Vorliebe für junges Blut geht ja hier fast ins Pädophile, da hört meine Toleranz dann auch nahezu auf. Zuviel Raum, wie gesagt. Etwas weniger deutlich wäre okay, zumal wenn Belege fehlen.

Ich bewundere Katia immer mehr. Sie hat die Fäden der Familie in der Hand und steuert das bunte Boot durch die Wellen. Sie ist intelligent, stark und selbstbewusst. Faszinierende Person!

Die zahlreichen Selbstmorde. War das chic oder gibt es eine Anlage dazu? Tragisch sind sie allemal.

Ansonsten lese ich das Buch wirklich sehr gerne. Mir geht es wie der Häsin, ich möchte mich weiteren Werken Manns widmen. Seine Erzählungen stehen hier auch- überwiegend ungelesen.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Auch die Wirtschaftskrise wird glaubwürdig abgebildet. Julia Mann, der es im Leben stets sehr wichtig war, jemand zu sein, kommt mit der Geldentwertung und der daraus resultierenden Armut nicht zurecht. Sie beschließt zu sterben. Offenbar hat das den Sohn nachhaltig betroffen gemacht.

Wird klar, warum sich Ricki ins Herz schießt? Er war doch mit Klaus Mann verbandelt, sie wollten eine Weltreise machen...
Aber das Buch darf natürlich Leerstellen lassen. Manche Dinge werden auch im richtigen Leben nicht beantwortet.

Erika und Klaus müssen eine sehr liberale Schule besucht haben und sind dann in die künstlerische Schiene gewechselt. Ich denke, die goldenen Zwanziger in Berlin waren der richtige Ort dafür.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Wie sehr Thomas Mann sich doch getäuscht hat. Leider bewahrheitet sich seine Zuversicht nicht, die Nazis sind im. Ergriff Deutschland umzukrempeln. Schlimm für die Manns!
Die Schilderungen um Klaus Heuser sind ein Rückblick, der mir sehr willkommen war. Die Einblicke in diese Zeit lenken ein wenig von der bedrückenden Stimmung ab.
Die Beschreibung der Kinder der Manns finde ich übrigens sehr toll. Jeder ein Unikat.
Obwohl ich als Frischling in diese Runde gestartet bin, hat mir das Buch bisher einen guten Überblick über alles wichtige verschafft. Zusätzlich ist es nicht nur informativ, sondern auch sehr unterhaltsam. Außerdem macht es Lust darauf, nun endlich einmal etwas von Mann zu lesen
 

Sassenach123

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Wird klar, warum sich Ricki ins Herz schießt? Er war doch mit Klaus Mann verbandelt, sie wollten eine Weltreise machen...
Sicherlich die Angst davor, was das Regime mit ihm und seiner Einstellung tun wird. Er hätte sich komplett verstellen müssen, noch dazu fehlte ihm wahrscheinlich die Selbstsicherheit die Klaus besaß
 

milkysilvermoon

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13. Oktober 2017
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Das ist was so Tolles und Gewaltiges für ihn und der Autor huscht da ziemlich drüberweg!! Schade. Von Emotionalität keine Spur.

Ja, als er ihn tatsächlich bekommt, geht Toibin darüber fast hinweg. Finde ich auch komisch.

Gründgens heißt bei Klaus Mann Hendrik Höfgen. Ich habe das Buch gelesen, als ich ungefähr zwanzig war, aber ich erinnere mich an nichts außer an den wiederholt gebrauchten Ausdruck "aasiges Lächeln" (bei Höfgen).
Es wäre wohl Zeit für eine Wiederlektüre, aber ich habe mir beim Lesen von Toibins Buch schon eine ganze Liste gemacht. Vor allem möchte ich Thomas Manns Erzählungen lesen, die kenne ich bei weitem nicht alle.

Ich habe nur wenige Romane mehr als zweimal gelesen. „Mephisto“ gehört dazu.
Kann ich ebenfalls sehr empfehlen. Wenn man nur ein Buch von Klaus Mann lesen will, dann das.

Ansonsten macht auch mir Toibin Lust, mir noch nicht bekannte Mann-Werke kennenzulernen - obwohl mir das literarische Schaffen Manns teilweise immer noch etwas zu kurz kommt.

Völlig verkannt hat er die Gefahr durch die Nationalsozialisten, glaubt, sie könnten sich nicht halten.

Ich habe den Eindruck, dass Thomas Mann weite Teile seines Lebens ein Optimist war. Das macht ihn mir sehr sympathisch.
 

kingofmusic

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30. Oktober 2018
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Ich weiß schon, warum ich Herrn Mann nach
Buchinformationen und Rezensionen zu Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull von Thomas Mann
Kaufen >
einen Altar errichten wollte:
Auf Katias Vorschlag hin gab er vor der eigentlichen Lesung lange Einführungen und genoss die atemlose Stille [...]. Bisweilen fühlte es sich wie ein Gottesdienst an, bei dem er der Priester und eine Novelle oder ein Romankapitel der heilige Text waren. (S. 194)
:D
 
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Reaktionen: RuLeka und Die Häsin

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Ich weiß schon, warum ich Herrn Mann nach
Buchinformationen und Rezensionen zu Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull von Thomas Mann
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einen Altar errichten wollte:

:D
hahaha, geheime Starallüren. Aber das sei ihm gestattet.
 
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