4. Leseabschnitt: Siebentes bis Achtes Kapitel (S. 189 bis 255)

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Thomas Mann bekommt den Literaturnobelpreis!
Das ist was so Tolles und Gewaltiges für ihn und der Autor huscht da ziemlich drüberweg!! Schade. Von Emotionalität keine Spur. Anderes ist besser gelungen.
Die Familie ist von diversen Suiziden betroffen.
Nach Carla nimmt auch Lula sich das Leben. Sie war morphiumabhängig. Wieder kommt nur oberflächlich heraus, dass es scheinbar richtige "clubs" gab, weil es sich wohl um eine Modeerscheinung gehandelt hat. Woher kam das? Sehr seltsam aus unserer heutigen Sicht. War man sich nicht klar über die Folgen?

Erika Mann heiratet Gustav Gründgens. Mei, das wusste ich nicht. Diese Berühmtheit. Die heute noch "jeder" kennt. Unvergleichlich seine Darstellung als Faust.

Gründgens wird als Langweiler und Spießer dargestellt. Hm. Immerhin hat er Erika geheiratet, die (wie auch ihr Bruder Klaus) promiskuitiv ist und eine Liebschaft mit Pamela Wedekind hat. Erika ist auch Schauspielerin? Habe ich dem jedenfalls entnommen. Oder vllt noch mehr Theaterdarstellerin. Haben Klaus und Erika je eine Ausbildung durchlaufen? Wir wissen es nicht, weil wir nichts erfahren.

Klaus hat einen Lebensgefährten gefunden. Ricky Hallgarten, ein Jugendfreund. Als klar wird, dass die Nazis immer stärker werden und sich die Atmosphäre in Deutschland verändert, nimmt sich auch Ricky das Leben, was Erika und Klaus zutiefst verstört.
Anscheinend macht sich niemand Gedanken darüber, wie ungewöhnlich viele Suizide in ihrer Umgebung passsieren.

Den langen Zeitraum von Thomas Manns Karriere und Leben zusammenzufassen und zusammenzustreichen ist eine schwierige Aufgabe. Mit den kleinen Zeitsprüngen bewältigt der Autor dies gut. Die politische Lage wird bedrohlich.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Erika Mann heiratet Gustav Gründgens. Mei, das wusste ich nicht. Diese Berühmtheit. Die heute noch "jeder" kennt. Unvergleichlich seine Darstellung als Faust.

Gründgens wird als Langweiler und Spießer dargestellt.
Interessant hierzu ist Klaus Manns Roman „ Mephisto“, auch als Film zu genießen mit Klaus Maria Brandauer in der Hauptrolle.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Erika Mann heiratet Gustav Gründgens. Mei, das wusste ich nicht. Diese Berühmtheit. Die heute noch "jeder" kennt. Unvergleichlich seine Darstellung als Faust.
@RuLeka hat schon auf Klaus Manns Roman hingewiesen, den ich euch auch ans Herz legen möchte. Darin rechnet er gnadenlos mit Gründgens ab, der im 3.Reich als Schauspieler Karriere gemacht hat. Der Roman war bis 1984 (glaube ich) in der BRD verboten, wegen der Verletzung von Persönlichkeitsrechten. Die Darstellung Mephistos durch Gustav Gründgens sucht allerdings ihresgleichen, die ist einfach Weltklasse.
Doch auf der Bühne funkelte er förmlich. (208)
 

Die Häsin

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Gründgens heißt bei Klaus Mann Hendrik Höfgen. Ich habe das Buch gelesen, als ich ungefähr zwanzig war, aber ich erinnere mich an nichts außer an den wiederholt gebrauchten Ausdruck "aasiges Lächeln" (bei Höfgen).
Es wäre wohl Zeit für eine Wiederlektüre, aber ich habe mir beim Lesen von Toibins Buch schon eine ganze Liste gemacht. Vor allem möchte ich Thomas Manns Erzählungen lesen, die kenne ich bei weitem nicht alle.
 

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Am Anfang des LA stirbt Thomas Mutter, allerdings einen natürlichen Tod, um die er weint. Für Erika ein ungewohnter Gefühlsausbruch, der Zauberer ist im Kreis der Familie wohl eher reserviert.
Völlig verkannt hat er die Gefahr durch die Nationalsozialisten, glaubt, sie könnten sich nicht halten.
Die mögliche Beteiligung der Nazis an irgendeiner künftigen deutschen Regierung war keiner ernsthaften Überlegung wert. (216)
Trotzdem kommt es während einer seiner Reden zu einem Fiasko, weil er gezielt von Nazis unterbrochen und provoziert wird.
Die Teile des Romans, die sich mit der Politik auseinandersetzen, finde ich bisher am bestens interessantesten.
Klugerweise bleibt Familie Mann 1933 in der Schweiz und doch bekennt Thomas zunächst keine klare Stellung gegen die Nationalsozialisten. Aus Angst die Daheimgebliebenen zu gefährden, nicht mehr gelesen zu werden, vor den Nazis selbst…
Sein einstiger Freund Bertram verhindert sogar die Verbrennung der Bücher Manns - wahrlich keine Auszeichnung!
Der letzte Teil des LA widmet sich den geheimen Tagebuchaufzeichnungen, in denen Thomas Mann recht offen eine Liebesbeziehung zu einem jungen Mann zugibt. Glücklicherweise geraten die Tagebücher nicht in die falschen Hände.
 

Die Häsin

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Ich habe den LA eben fertig gelesen und bin fast ein bisschen enttäuscht von der Art, wie die Geschichte mit dem Handkoffer erzählt wird. Wenn ich Thomas Mann wäre, ich hätte Blut und Wasser geschwitzt. Es heißt ja auch ein paarmal, dass er auf die Post lauert, das Geräusch des Postwagens, aber insgesamt finde ich die Schilderung seiner Ängste eher etwas unterkühlt.
Sehr gut gefallen hat mir die Schilderung, wie die Familie unter dem Druck der Nazis steht. Dass die Schwiegereltern, die noch in Deutschland sind, von einer Angst in die andere fallen, was ihr im Ausland lebender Schwiegersohn wohl gegen die Nazis sagen könnte (was letztlich auf sie zurückfallen wird).

Ich habe gestern einen Teil des Films über Stefan Zweig gesehen ("Vor der Morgenröte"), den Rest schaue ich mir auch noch an. Da hat Stefan Zweig, glücklich in Brasilien angekommen, sich geweigert, ein Statement gegen die Zustände in Deutschland abzugeben: Aus dem sicheren Ausland heraus fand er das billig und unangemessen. Erschüttert hat mich eine Szene, als er die Liste der Intellektuellen aufzählte, die ihn um Mithilfe bei der Einreise in die USA gebeten hätten. Das war eine Liste, die kein Ende nahm, lauter bekannte Namen. Es ist unglaublich, wie sich Deutschland damals planmäßig von seiner geistigen Elite befreit hat.
 

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Zu den Tagebüchern aus Wikipedia:
Alle Tagebücher aus der Zeit vor März 1933 hat Thomas Mann im Mai 1945 im Garten seines Wohnhauses in Pacific Palisades verbrannt. Allein die Hefte aus der Zeit September 1918 bis Dezember 1921 blieben erhalten, da der Autor sie für die Arbeit am Doktor Faustus benötigte. Die noch vorhandenen und heute veröffentlichten Tagebücher umfassen die Zeiträume von September 1918 bis Dezember 1921 und von März 1933 bis Juli 1955. Thomas Mann hatte verfügt, dass die versiegelten Pakete mit den Tagebüchern erst 20 Jahre nach seinem Tod geöffnet werden dürfen.
Sie sind alle beim Fischer-Verlag erschienen und es gibt auch eine Hörfassung, die allerdings nur eine Auswahl darstellt.
Das Verbrennen wird sicherlich noch thematisiert.
 

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Unterkühlt, das passt doch zu Thomas Mann. Das ist keiner, der sich die Haare rauft und in großes Lamentieren ausbricht.
Distinguiert - der Begriff passt genau zu Thomas Mann. Ich finde, man spürt seine innere Aufruhr und auch die Angst, die er hat, seine geheimen Gedanken könnten in die falschen Bände geraten deutlich.