Eine Wahlverwandtschaft
Diese Geschichte gibt Aufschluss darüber, warum die Erzählerin kein gutes Verhältnis zu ihrer Mutter hat.
Erfreulich: Die Mutter konnte die Tochter Helga nicht vergiften, um sie vor den Russen zu schützen. Infolge dessen hat sie auch sich selbst nicht vergiftet, sondern ist geflohen. Krass, dass sich die Verwandtschaft heimlich vom Acker machen wollte. Moral: In der Not kennt man keine Verwandten???
Die Mutter kann mit Geld nicht umgehen. Ungewöhnlich für eine Frau dieser Generation. Oder nicht? Sie kam aus den NBL, hat sich nie kaufen können, was sie wollte. Ist das der berühmt-berüchtigte Nachholbedarf? Wäre vorstellbar. Soviel Lebenszeit hatte sie nicht mehr.
[zitat]Und er schlug seine hellblonde Tochter,...die so viel las und stundenlang Chopin und Schubert spielte, die Mathematik einfach nicht verstand, sein Lieblingsfach. S. 139[/zitat]
Ist das der Grund, warum Helga das Klavierspielen aufgeben musste in einer der ersten Geschichten? Weil sie selbst spielte?
Die Mutter war stark. Wir erfahren nicht, warum sie ihre Tochter nicht lieben kann. Ist es nur die Ähnlichkeit mit der Schwiegermutter? Komisch.
Helga begleitet ihre Oma mütterlicherseits beim Sterben, während deren eigene Tochter zur Arbeit geht. Hoppla!
Wunderbar der Satz: "In der Diktatur ist das so, sagte sie, da hat man Angst." Treffender geht kaum.
Milli wird quasi als Tochter adoptiert. Obwohl Milli durchaus eine eigene Familie hat, die ihr (zumindest im Urlaub auf Hiddensee) wichtiger war als die Ziehmutter. Milli bekommt Unterstützung und wertvolle Geschenke. Milli wird in der Vorsorgevollmacht benannt. Helga wird angepumpt. Diese Diskrepanz muss wehtun.
[zitat]Wenn du doch damals bei der Flucht gestorben wärst.[/zitat] Ohne Worte!
Eine sehr persönliche Geschichte der Autorin. Wobei uns die Perspektive der Mutter fehlt. Sie wäre auch interessant
Alt sein
Hier kann ich euch nur zustimmen. Die Gelassenheit, mit der die Erzählerin dem Alter begegnet, ist nachahmenswert. Sie streicht das Positive heraus: Dass man Zeit hat und keine Termine mehr, dass man Verständnis entgegengebracht bekommt. Dass man (im Idealfall) alles gesehen/erlebt hat, was man wollte und seinen Schatz mit sich trägt. Schön!
Kein Wort von steifen Gliedern, Sodbrennen und Ähnlichem. Herrliche Sichtweise
Die letzten beiden Geschichten haben mir auch gefallen. Da muss ich aber nichts ergänzen.