4. Leseabschnitt: Seite 268 bis Kapitel 17 (S. 268 bis S. 351)

Literaturhexle

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Das Pflichtbewusstsein ließ mich weiter lesen. Leider hat sich an der Darstellungsweise der Autorin nichts geändert. Sie lässt verschiedene Figuren ihre Erinnerungen erzählen, die sich breit auffächern, um über möglichst viele Geschehnisse, Orte, Ungerechtigkeiten etc. berichten zu können. Auch wenn tragische Schicksale beleuchtet werden, haben sie mich in dieser Struktur nicht erreichen können.
So dezidiert muss ich auch nicht wissen, wie kompliziert und am Ende unfair die Rückerstattung der von der NS beschlagnahmten Grundstücke iñ der ehemaligen DDR war...
Das Streitgeapräch zwischen Leo und Nira liest sich am Ende des Abschnittes flüssig. Die Unnachgiebigkeit des Großvaters will aber nicht so recht zu der Figur passen, wie ich sie bislang empfunden habe. Insofern scheint auch dieser Dialog den Zweck zu haben, die unterschiedlichen Sichtweisen pro und Contra Israel zu aufzuzeigen. Das scheint mir alles zu gewollt. Es geht Gefühl und Tiefe verloren, weil die Erinnerungen nur abgespult werden. Ist es zudem glaubwürdig, dass diese alten Menschen sich wirklich noch an alle Namen, Chronologien und Details erinnern?

Pflichtbewusst lese ich auch den letzten Abschnitt. Aber freudlos. Ich hoffe, dass Leo nun doch noch auf Gertrud trifft. Das habe ich mir verdient;)

Schade, schade. Nach den ersten zwei Abschnitten war ich wirklich positiv gestimmt. Das hat sich nun verloren.
 

KrimiElse

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Was an mir mittlerweile völlig vorbei fliegt ist das Schicksal der Romafrauen in der Gegenwart, und ich merke es mir nur, weil ich es aufgeschrieben habe. Anfangs habe ich Empathie für sie empfunden, aber aufgrund der Fülle der Fakten gehen sie leider unter, und das ist schade.
Die Autorin will Zuviel, jeder einzelne Strang ist interessant, aber parallel nebeneinander ist es so, als würde man zwei oder mehr Bücher gleichzeitig lesen. Ich kann das zwar manchmal, will es aber nicht in einem Buch haben.

Leos Geschichte ist mir am nächsten, und ich habe mal wieder in bisschen nachgelesen zur Gründung Israels aus dem Britischen Mandat (am letzten Tag desselben um Mitternacht), der Status, den Palästina nach dem Ersten Weltkrieg hatte. So etwas finde ich äußerst interessant, und wenn Autoren kleine Abschnitte dazu schreiben, muss ich einfach stöbern gehen. Mir gefällt, dass hier keine Schwarz-Weiß-Malerei von der Autorin betrieben wird, sondern das, was schief ging, zumindest im Ansatz kurz erwähnt ist. Wären nämlich die ursprünglichen UN-Pläne und Auflagen eingehalten worden, gäbe es sicher weit weniger Stress heute.

Ich bin neugierig, ob sich in Leos Kopf etwas ändert, ob er sich Niras Worte annimmt und umdenkt. Natürlich hat er schreckliches erlebt, und nach dem Krieg musste er mit ansehen, dass die Verfolgung nicht zuende war, dass die Verlierer oft mehr jammerten als sich zu schämen, dass Schuld einfach abgewiesen wurde. Verständlich, dass dies in seinem Kopf verankert ist und dass er entsetzt darüber ist, dass Nira ausgerechnet in Berlin bleiben möchte.

Frana Geschichte hat mich erstmals berührt, wie sie von Marzahn über Birkenau und Ravensbrück erzählt, und besonders von ihren Erlebnissen nach dem Krieg. Für mich äußerst glaubhaft der noch fest verankerte Hass in den Köpfen, das verschwindet nicht in kurzer Zeit. Als der jüdische Max Lewinson und Frana auf dem Markt in Gpstrow angefeindet werden und letztlich im Gefängnis landen, das ist für mich der aufwühlendste Teil dieses Leseabschnittes.
Und nochmal finde ich es schade, dass es nicht nachhallen kann, weil zwischendurch wieder von Axtmann die Rede ist und unmittelbar danach Leo ins Nira in Seedorf der Wannseekonferenz, Max Liebermann und denn Architekten Paul O.A. Baumgarten nachspüren. Zu viel...
 

KrimiElse

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Die Unnachgiebigkeit des Großvaters will aber nicht so recht zu der Figur passen, wie ich sie bislang empfunden habe.
Ich schiebe das komplett auf seine Erlebnisse während und nach dem Krieg. Und gegenüber Gertrud ist er die ganze Zeit schon unnachgiebig.

Ich lesen jetzt auch den letzten Abschnitt, werde heute sicherlich das Buch zuklappen. Und leider vieles darauf schon wieder vergessen haben.
 
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Ist es zudem glaubwürdig, dass diese alten Menschen sich wirklich noch an alle Namen, Chronologien und Details erinnern?
Verrücktest, dass meine Oma alte Sachen ganz genau wusste, aktuelles aber durchaus ab und zu vergaß. Ich war immer sehr erstaunt über die Fülle an Namen und Geschichten, die sie im Gedächtnis behalten hatte, insbesondere als sie am Ende sehr unbeweglich war und sehr schlecht gesehen hat.
 
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Pflichtbewusst lese ich auch den letzten Abschnitt. Aber freudlos. Ich hoffe, dass Leo nun doch noch auf Gertrud trifft. Das habe ich mir verdient;)

Schade, schade. Nach den ersten zwei Abschnitten war ich wirklich positiv gestimmt. Das hat sich nun verloren.
Ganz so schlimm empfinde ich es nicht, aber die Begeisterung hat nachgelassen.
 
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Literaturhexle

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habe ich Empathie für sie empfunden, aber aufgrund der Fülle der Fakten gehen sie leider unter, und das ist schade.
Die Autorin will Zuviel, jeder einzelne Strang ist interessant, aber parallel nebeneinander ist es so, als würde man zwei oder mehr Bücher gleichzeitig lesen.
Ja und ja !!!
Mir gefällt, dass hier keine Schwarz-Weiß-Malerei von der Autorin betrieben wird,
Das halte ich ihr auch zugute!
Als der jüdische Max Lewinson und Frana auf dem Markt in Gpstrow angefeindet werden
Das war wirklich die Höhe! Aber wie du schreibst: der Hass auf Minderheiten ist jahrelang kultiviert worden, der verliert sich nicht so schnell. Tragisch, dass Max das nicht mehr aushält .
Jaaaa!!! Warum tut sie das:confused:
Und gegenüber Gertrud ist er die ganze Zeit schon unnachgiebig.
Aber er hält sie auch für eine schlimme Verräterin. Da kann ich ihn schon verstehen, dass er vor einem Treffen zurückschreckt. Andererseits reift es in ihm, er sitzt ja oft vor dem Haus und schaut hin...
Ich lesen jetzt auch den letzten Abschnitt, werde heute sicherlich das Buch zuklappen.
Das ist auch mein Ziel :)
 
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ulrikerabe

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Die Autorin will Zuviel, jeder einzelne Strang ist interessant, aber parallel nebeneinander ist es so, als würde man zwei oder mehr Bücher gleichzeitig lesen. Ich kann das zwar manchmal, will es aber nicht in einem Buch haben.
Ich bin hier ganz deiner Meinung, da werden weinfach viel zu viele Geschicten erzählt. Ich habe einfach oft den Eindruck, keinen Roman zu lesen, sondern den Lebensgeschichten verschiedenster Menschen zuzuhören. Fast ein bisschen so wie eingeblendete Interviews in historischen Dokusendungen.

Für Laila finde ich es schön, dass Frana über ihr Leben erzählt. Als Jungendliche hätte ich gerne etwas über das Leben meiner Großmutter erfahren, und meine Mutter ließ sie nie erzählen.
 

Sassenach123

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In großen Teilen sehe ich es wie ihr hier...es ist alles zu komprimiert. Die einzelnen Schicksale hätten besser ausgearbeitet werden müssen, auch die Verbindungen zu allem und jedem wirkt nun nicht mehr so positiv auf mich wie am Anfang. Dennoch finde ich es schon interssant, wie an einem Stadtteil, einem einzelnen Haus eine Geschichte über Generationen entsteht.
Am besten gefällt mir der Strang um Gertrud, sie hat fast schon mit allem abgeschlossen, nur ein letztes Gespräch mit Leo scheint noch anzustehen, zumindest hoffe ich das.
Laila und ihre Großmutter Frana gehen auf eine Reise in die Vergangenheit. Dies habe ich ein wenig unglaubwürdig empfunden, denn ihr Ex kannte diese Geschichten ja alle, warum waren sie Laila nur in Bruchstücken bekannt? Das Gefühl von Familie und Zusammenhalt was dabei aufkam, hat mir gut gefallen, schade, dass sie sich nicht zu den Cousinen gesetzt hat. So wirkte es ein wenig so, als ob Laila sich doch abgrenzt.
 
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Sassenach123

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Ich bin hier ganz deiner Meinung, da werden weinfach viel zu viele Geschicten erzählt. Ich habe einfach oft den Eindruck, keinen Roman zu lesen, sondern den Lebensgeschichten verschiedenster Menschen zuzuhören. Fast ein bisschen so wie eingeblendete Interviews in historischen Dokusendungen.

Für Laila finde ich es schön, dass Frana über ihr Leben erzählt. Als Jungendliche hätte ich gerne etwas über das Leben meiner Großmutter erfahren, und meine Mutter ließ sie nie erzählen.
Mir ist aufgefallen, dass ich erst jetzt wirklich Interesse an dem entwickelt habe, was früher im Leben der älteren Verwandten passierte. Einiges war bekannt, von den Geschichten die immer und immer wieder erzählt wurden, einiges, vorallem das unschöne, wurde gar nicht erst thematisiert. Nun bereue ich es, nicht nachgefragt zu haben, denn einige kann ich nun nicht mehr fragen. Von daher glaube ich, dass die Reise für Leos Enkelin sehr wertvoll war.
 

Literaturhexle

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Laila und ihre Großmutter Frana gehen auf eine Reise in die Vergangenheit. Dies habe ich ein wenig unglaubwürdig empfunden, denn ihr Ex kannte diese Geschichten ja alle
Schön, dass du diesen Gedanken aufwirfst. Mir ging es beim Lesen ebenso. Auch dass Frana die Cousinen, die im selben Verwandtschaftsgrad zu ihr stehen und mit ihr zusammen leben, raus schickt.... - nun ja.
So wirkte es ein wenig so, als ob Laila sich doch abgrenzt.
Sie ist eben außenstehend . Allein weil sie studiert hat. Das konnte ich nachvollziehen.
 

KrimiElse

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Mir ist aufgefallen, dass ich erst jetzt wirklich Interesse an dem entwickelt habe, was früher im Leben der älteren Verwandten passierte. Einiges war bekannt, von den Geschichten die immer und immer wieder erzählt wurden, einiges, vorallem das unschöne, wurde gar nicht erst thematisiert. Nun bereue ich es, nicht nachgefragt zu haben, denn einige kann ich nun nicht mehr fragen. Von daher glaube ich, dass die Reise für Leos Enkelin sehr wertvoll war.
Das ging mir bei der Lektüre ähnlich. Allerdings haben meine beiden Großväter nichts erzählt aus der Hitlerzeit und vom Krieg.
Die Großtante meines Vaters hatte gute Geschichten auf Lager und hat sich immer gefreut, wenn Kinder zugehört haben. Aber sie ist früh gestorben...
 

parden

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Es geht allmählich auf das Ende des Romans zu - und leider hat er mich auch ziemlich verloren. Zu viel von allem, in Einzelheiten faszinierend, in der Gesamtheit bedrückend, dennoch irgendwie distanziert und wenig einladend, empathisch zu sein.

Dennoch finde ich es schon interssant, wie an einem Stadtteil, einem einzelnen Haus eine Geschichte über Generationen entsteht.
Das stimmt in der Tat. Ich fühle mich nur so erschlagen, kann mich gar nicht entscheiden, welcher Problematik ich mich nun eigentlich zuwenden soll, werde gleich wieder ins nächste Thema gedrängt, entdecke schon wieder Personen, die hinzukommen, oft nur ein kurzes Gastspiel gebend - uff. Da bleibt die Emotion auf der Strecke...

Franas Geschichte hat mich erstmals berührt, wie sie von Marzahn über Birkenau und Ravensbrück erzählt, und besonders von ihren Erlebnissen nach dem Krieg. Für mich äußerst glaubhaft der noch fest verankerte Hass in den Köpfen, das verschwindet nicht in kurzer Zeit. Als der jüdische Max Lewinson und Frana auf dem Markt in Gpstrow angefeindet werden und letztlich im Gefängnis landen, das ist für mich der aufwühlendste Teil dieses Leseabschnittes. Und nochmal finde ich es schade, dass es nicht nachhallen kann, weil zwischendurch wieder von Axtmann die Rede ist und unmittelbar danach Leo ins Nira in Seedorf der Wannseekonferenz, Max Liebermann und denn Architekten Paul O.A. Baumgarten nachspüren. Zu viel...
Ein sehr schönes Beispiel, wie es mir mit dem Roman ergeht. Es ist in der Tat einfach zu viel. Das ist so schade, denn die akribische Recherche, die in diesem Roman steckt, nervt mittlerweile eher als dass sie beeindruckt. Es scheint, als hätte Regina Scheer alles für gleich bedeutsam gehalten und nichts davon weglassen wollen - aber der Leser wird so von der Fülle der Informationen, Themen, Personen, Orte usw. erschlagen. Ich mochte ihren ersten Roman 'Machandel' sehr und finde auch hier ihren Schreibstil gelungen - aber ich fühle mich mit dem Werk überfordert und bin erleichtert, dass ich das Buch bald endgültig zuklappen kann. Sehr bedauerlich, wirklich.