Aber: Wir erfahren diese Aussagen nicht im Rahmen eines vertraulichen Zweiergesprächs zwischen Neher und Brecht, sondern uns wird die Fiktion zugemutet, dass das, was wir hier erfahren ziemlich direkt den Verhören von Kusnezow entspringt. Jedenfalls lesen wir immer wieder von den Reaktion Kusnezows auf die jeweilige Sitzung sowohl an deren Enden als auch zu Beginn der jeweils nächsten.Carola schaut nervös zur Tür. Sie redet für Moskauer Verhältnisse entschieden zu offen, aber zu Brecht hat sie unendliches Vertrauen.
Obwohl auch ich den letzten Abschnitt am stärksten fand, begreife ich so einiges nicht. Was faszinierte Carola derart an Anatol? Bei Klabund lesen wir seitenweise darüber, bei Anatol sind es ein paar Halbsätze. Bereits in Rumänien hätte sie ihn durchschauen müssen.Dennoch: es bleibt wohl unbegreiflich, warum diese Frau, die alles erreicht hatte, Wohlstand und Ruhm, sich mit einem Lover und seiner naiven Weltschau hat einlullen lassen und mit ihm in die Sowjetunion ging. Und noch unbegreiflicher ist, warum sie nicht wieder zurück ging, nachdem sie die Verhältnisse begriffen hatte.
Sie war eine tragische Figur, aber da ich mich nie wirklich in sie hineindenken konnte, fiel auch mein Mitleid geringer aus, als zu erwarten gewesen wäre.Als sie zum Schluss hoffte ausgewiesen zu werden, tat sie mir unendlich leid, als man ihr mitteilte, dass für sie im Grunde kein Deutscher mehr verantwortlich ist. Die letzten Monate glichen dann ein Odyssee des Grauens.
Wer kann mir folgende Passage erläutern:
"Der Frisör versteht sein Handwerk. Routiniert verpasst er ihrem kurzen Haar einen Herrenschnitt, gibt ihr damit ein Stück verloren gegangener Weiblichkeit zurück." (S. 399)
??????
Ja, aber doch nicht weiblicher durch einen Männerhaarschnitt!Damit ist wohl gemeint, dass sie durch einen gelungenen Haarschnitt wieder ein bisschen ansehnlicher geworden ist. Kennen wir doch alle, dass wir uns nach dem Friseurbesuch wieder "schön" fühlen.
Er hatte sogar Probeleser!Und wo ist das Lektorat, wenn man es braucht?
Wohl wahr. Der Herr Haase hat es damit echt übertrieben. Daher finde ich merkwürdig, dass der letzte Abschnitt lesbarer ist. Man sollte meinen, dass wir es hier mit zwei unterschiedlichen Schriftstellern zu tun haben.ch bleibe dabei, die gewählte Erzählweise, Transport von Informationen fast nur durch Dialoge, bricht dem Roman das Genick.
Das war mir auch nicht klar.Was faszinierte Carola derart an Anatol?
Der Mutterwunsch war für mich auch nicht nachvollziehbar. Vorher hat sie ihre Karriere über alles andere gestellt und auf einmal strebt sie ein Familienleben an, mit einem Anatol als Vater, von dem wir so gut wie gar nichts wissen.Mir wurde auch nicht klar, warum Carola unbedingt Mutter werden wollte, es ergibt sich für mich nicht aus der Charakterisierung der Figur.
Etwa Verwandte und Freunde? Das ist immer so eine Sache mit der Sippe.Er hatte sogar Probleleser!
Perfide gelöst.Dass die Nazis es letztendlich waren, die sie (sehenden Auges) in das sowjetische Lager und damit in den sehr wahrscheinlichen Tod geschickt haben, erlebte ich als interessante Wendung. So mussten sie selbst sich die Hände gar nicht schmutzig machen (schmutzig genug waren sie allemal) und konnten sich einfach des Instrumentariums ihres neuen "Freundes" Stalin bedienen.