Ich fand die Beschreibung der verkleideten Krüppel im Festzug entsetzlich. Wie geschmacklos!Und jetzt ist Drusts doch verstärkt wieder da und das Ende erst! Doch von Anfang an:
'Der Bär'
wieder großartig bildhaft vorstellbar beschrieben. Zuerst ordentlich Kritik am Stadtrat; die Verkleideten torkeln und werden als 'alberne Hampelmänner' beschrieben. Dann ein Seitenhieb auf alle Deutschen, die die Ordnung verehren und Befehle haargenau erfüllen
Höchstwahrscheinlich ein Erwachsener, der seinerseits seine Kinder schlägt. Leider.Was wird aus einem Kind, das so lieblos erzogen und behandelt wird?!
Fantastisch! Vor allem die Farbvergleiche!'Melusine Frick'
Einfach umwerfend originell, wie er ihre Schönheit beschreibt, immer gepaart mit Vergleichen die aus der Metzgerei stammen: frische Rinderleber, Filet, Räuchersalamis, Finger wie geräucherte Würstchen.
Dieses letzte Kapitel war für mich noch einmal ein Höhepunkt. Der Rahmen, aber auch sein Nachsinnen über seine Zeit in Pfifferlingen, eine runde Sache und eben doch auch ein Ganzes bzw. ein ganzer Roman, bestehend aus Miniaturen. Er lässt, analog zum "Koffer in Berlin", eine Kiste mit lettischen Zeitungen in Pfifferlingen, obwohl er kaum aus Amerika zurückkehren dürfte.Das Ende
Und dann war ich ganz überrascht, dass die einzelnen Geschichten doch einen Rahmen und Zusammenhalt haben, denn als Drusts im Begriff ist, Pfifferlingen in Richtung Amerika zu verlassen und sich überall verabschiedet, kommen alle vorher beschriebenen Personen nochmal vor und wir erfahren sogar in aller Kürze, wie es mit ihnen weitergegangen ist. Und der Clou: da ist sie, die richtige Frau Bitzer!
Er hatte sich die schöne Melusine wohl ganz anders vorgestellt, engelhaft ätherisch und nicht so pragmatisch als Metzgerstochter. Ein typischer Fall von Desillusionierung.Entlarvend ist, dass Drusts zwar mit Appetit bei "Die Einladung" ein Kaninchen verspeist, Melusine aber das fachmännische Schlachten eines solchen verübelt.
Sehr schön zusammengefasst!, eine runde Sache und eben doch auch ein Ganzes bzw. ein ganzer Roman, bestehend aus Miniaturen
Nein, den Eindruck habe ich auch nicht. Ott möchte mehr scheinen als sein - das schon, er möchte großzügig sein und sich für die vielen Einladungen bei D. revanchieren.Hier habe ich mich gefragt, ob es sich tatsächlich nur um ein Problem der Sparsamkeit handelt.
Ja, finde ich auch! Ich habe lachen müssen bei ihrer Beschreibung: wie sich die schöne Melusine "unter fetten Schweinebäuchen" und "gespaltenen Schweinsköpfen" so engelhaft bewegt. Aber noch sieht er sie durch die berühmte rosarote Brille.in meinen Augen meisterhaft geschriebene Geschichte mit der schönen Metzgerstochter Melusine Frick,
Du hast es auf den Punkt gebracht. Ich finde diese Ringkomposition wunderschön gelungen. Da ist nichts Bemühtes oder Gewolltes, nichts Sperriges. Beim Abschiedsgang durch die Stadt nimmt er seinen Leser mit, und auch der Leser verabschiedet sich jetzt von den dramatis personae.Der Rahmen, aber auch sein Nachsinnen über seine Zeit in Pfifferlingen, eine runde Sache und eben doch auch ein Ganzes bzw. ein ganzer Roman, bestehend aus Miniaturen. Er lässt, analog zum "Koffer in Berlin", eine Kiste mit lettischen Zeitungen in Pfifferlingen, obwohl er kaum aus Amerika zurückkehren dürfte.
Mir ging es ähnlich. Ich habe zwischendurch innerlich schon leicht geknottert, weil mir eine Reihung von schwankhaften Geschichten bisschen wenig für war. Auch wenn er sie immer in der Nachkriegszeit verortet und die Probleme dieser Zeit spiegelt: die Rationierung, der Schwarzmarkt, die Erfahrungen der Geldentwertung, das Hamstern, die Armut und so fort.Dieses letzte Kapitel war für mich noch einmal ein Höhepunkt.
Drusts sorgt dafür, dass die Sache nicht eskaliert und der Polizist am Ende seinen Ruf nicht verliert. Eine Schelmengeschichte. "Trinken wir auf die Torheit. Prost." Dem schließe ich mich an.Gerade waren die Männer noch Kämpfer für die gerechteste Sache der Welt gewesen, nun irrten sie wie Symbole für die vielen Torheiten der Nachkriegszeit umher, ohne irgendwo Asyl zu finden. 237
Einer von vielen wunderbaren Sätzen!Der Alltag wickelte den Menschen ein wie ein warmes Wollgewand und dämpfte schonungsvoll die Größe und die Schrecken der Welt, während man sich selbst in seiner Winzigkeit warm und geborgen fühlte. 292
Das ist tatsächlich ein Punkt, der mir im Ländle anfangs aufgefallen ist: diese Super-Hausfrauen, die unter 20 Plätzchen-Sorten die Weihnachtsbäckerei nie beginnen würden, die immer alles passend zur Jahreszeit dekoriert haben und wöchentlich alles durchfeudeln. Bei Einladungen muss es das Besondere sein, spontan geht nichts...wegen der fanatischen Bemühungen um Perfektion aber die Leichtigkeit fehlte.
Er nimmt Drusts Gastfreundschaft ja gerne und reichlich in Anspruch, ohne eine Gegeneinladung auszusprechen. Das zeigt schon einen gewissen Geiz. Als es dann aber endlich so weit ist, lässt er sich nicht lumpen. (Wobei er sich währenddessen offenbar vollstopft, damit der Gast nicht mehr soviel bekommt.)obwohl sicher etwas davon mitschwingt.
Ja. Das Lesen war für mich ein täglich neuer Genuss, allein wegen der Sprache. Diese feine Ironie, die Vergleiche etc. - all das ist so elegant und leicht und hat Witz, aber Gott sei Dank nicht von der Schenkel-Klopfer-Art.Einer von vielen wunderbaren Sätzen!
Ja, fand ich auch. Fände ich auch heute geschmacklos, aber damals erst recht, direkt nach Kriegsende!Ich fand die Beschreibung der verkleideten Krüppel im Festzug entsetzlich. Wie geschmacklos!
Das ist mir auch aufgefallen. Der Arzt kam auch immer zur Essenszeit, und wenn noch nicht aufgetischt war, wartete er. Und dann diese gierige Art bei seiner eigenen Einladung. Die ganze Familie zeigte aber diese Gier nach Essen, wenn sie ratzfatz über das Kaninchen herfällt.Wobei er sich währenddessen offenbar vollstopft, damit der Gast nicht mehr soviel bekommt.)
Da waren noch ein paar mehr Stellen, wo etwas nicht in Ordnung war, z.B. einmal ein Wort zu viel. Aber ich wollte nicht kleinlich nach Fehlern suchen, weil mich das Buch ansonsten sehr begeistert hat.Ist es ein Druckfehler?
Nein, wirklich nicht. Aber leider gibt es das. Ich hatte einen Vetter, dem es so ging. da war es allerdings der Vater.Armer Kerl! Eine solche Mutter braucht kein Mensch!
Und mehr als das! Die feine Kritik, die überall drin steckt.Unkomplizierte Unterhaltung mit Niveau!
Das trifft es genau. Wie schade, dass es nicht mehr von Eglitis zu lesen gibt.Das Lesen war für mich ein täglich neuer Genuss, allein wegen der Sprache. Diese feine Ironie, die Vergleiche etc. - all das ist so elegant und leicht und hat Witz, aber Gott sei Dank nicht von der Schenkel-Klopfer-Art.
Ja, das sehe ich auch so. Ich habe auch nicht gesucht, sondern es fiel mir unterwegs auf.Da waren noch ein paar mehr Stellen, wo etwas nicht in Ordnung war, z.B. einmal ein Wort zu viel. Aber ich wollte nicht kleinlich nach Fehlern suchen, weil mich das Buch ansonsten sehr begeistert hat.
Ich habe gerade mein Fazit geschrieben, und auch darauf abgehoben. Das Capriccio ist nicht nur lustig meiner Meinung nach.Die feine Kritik, die überall drin steckt.
Ja - aber ich muss dabei immer an die Zeit denken, Lebensmittelrationierung...Armer Kerl! Eine solche Mutter braucht kein Mensch!
Das ist neben der letzten Geschichte ebenfalls eines meiner Lieblinge in diesem Buch. Herrlich, wie der Autor das zarte Pflänzlein der Zuneigung in die brutale Welt aus Blut, Schweinebäuchen und Rinderhälften einbettet. Eine filmreife Szenerie'Melusine Frick'
Köstlich fand ich die in meinen Augen meisterhaft geschriebene Geschichte mit der schönen Metzgerstochter Melusine Frick, in die sich Drusts verliebt. Sie hat nicht nur einen mythischen Namen, sondern wirkt auch so zart und ätherisch, dass Drusts kaum glauben kann, dass sie die Tochter der drallen, bodenständigen Metzgersleute ist. Einfach umwerfend originell, wie er ihre Schönheit beschreibt, immer gepaart mit Vergleichen die aus der Metzgerei stammen: frische Rinderleber, Filet, Räuchersalamis, Finger wie geräucherte Würstchen. Auch als ihr Blick ihn trifft, wird das im Metzgerjargon beschrieben (285 u.) Köstlich! Aber dann die Sache mit dem Kaninchen. Die engelsgleiche Melusine ist gar nicht so zart und zimperlich und Drusts ist so schockiert, dass er nicht mehr in die Metzgerei geht und sie nicht mehr sehen will.
Ich bin mir genauso sicher. Für mich hat die Einladung etwas mit Statusdenken zu tun. Drusts ist ein ausländischer Flüchtling, der trotz seines niedrigen gesellschaftlichen Status, den Arzt regelmäßig bewirten kann. Wie stünde der Arzt denn da, wenn er als angesehener Bürger von Pfifferlingen, nicht in der Lage wäre, mindestens ebenso opulent wie der Flüchtling aufzutischen.Nein, ich bin mir sicher, hier ist nicht Geiz das Hauptproblem, obwohl sicher etwas davon mitschwingt.
Und das wiederum bringt die Hausfrau so in Stress, dass sie völlig die Stimmung verdirbt. Nichts wirkt natürlich, alles gezwungen.Ich bin mir genauso sicher. Für mich hat die Einladung etwas mit Statusdenken zu tun. Drusts ist ein ausländischer Flüchtling, der trotz seines niedrigen gesellschaftlichen Status, den Arzt regelmäßig bewirten kann. Wie stünde der Arzt denn da, wenn er als angesehener Bürger von Pfifferlingen, nicht in der Lage wäre, mindestens ebenso opulent wie der Flüchtling aufzutischen.