4. Leseabschnitt: Seite 213 bis Ende

GAIA

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Auch den letzten LA habe ich interessiert gelesen.
Zum Besuch von Suzu bei ihren Eltern: Ihr Vater ist wirklich 1-zu-1 wie meiner! Die gleichen Aussagen, die gleiche Art, selbst die Sache mit der Klimaanlage! ;)
Nun aber zurück zum eigentlich Roman: Herr Sakai und sein Tod. Natürlich schade, aber auch gut gemacht. Klasse fand ich die Aussage des Mönchs zum Tod "Sterben ist scheiße". Und letztlich starb zwar Sakai allein, aber doch nicht allein, weil er zuvor diese vielen Freunde um sich hatte. Die leere Wohnung war dann keine Überraschung mehr, so umtriebig, wie er in seinen letzten Lebensmonaten gewesen ist.

Sprachlich hat mich eigentlich über den ganzen Roman hinweg dieses ständige "Link" gestört. Ging euch das auch so? Dieser eingedeutschte Anglizismus, den ich mir irgendwie nicht so richtig im Gespräch bzw. in den Gedanken von jemanden, dessen Muttersprache Japanisch ist, vorstellen kann. Aber da bin ich nicht Expertin. Mir ist das bloß immer wieder aufgestoßen. Da hätte man doch gut "Verbindung" schreiben können.

Und noch eine Frage. Ich habe folgenden Satz auf der letzten Seite nicht richtig verstanden: "Wir betätigten die Klospülung, die noch nie einer benutzt hatte, und hörten, wie das Wasser ablief." Warum hat die Klospülung noch nie jamend benutzt? Herr Sakai hatte doch dort gewohnt, er hat halt bloß alles schön sauber gemacht, bevor er ins Krankenhaus ist. Deshalb wird er doch aber die Jahre zuvor die Klospülung benutzt haben. Stehe ich grad vollkommen auf dem Schlauch? Das scheint irgendwie eine wichtige Stelle zu sein, so im letzten Absatz ganz präsent.
 

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Ich habe das Buch gestern auch beendet.
Es zog sich ja die Idee des Verhältnisses von Leben und Tod ein wenig durch den Abschnitt: dass Beides zusammengehört, das eine das andere stets impliziert. In diesem Kontext tauchte dann auch der Titel wieder auf. In Bezug des Verhältnisses von Leben und Tod scheint er genau auf diese Verwobenheit anzuspielen.
Sakai stirbt an einer Krankheit und bereitet alles vor, um nicht ein Chaos zu hinterlassen. Damit rechnen die KolegInnen zwar, doch dann ist überraschenderweise alles bereits leer und gereinigt.
Offensichtlich geht es in dem Buch darum, wie jeder individuell einen Weg aus der Einsamkeit herausfindet. Auch Sakai war am Ende nicht allein.
Alles in allem ein Buch, das ich sehr, sehr gerne gelesen habe.
 

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Sprachlich hat mich eigentlich über den ganzen Roman hinweg dieses ständige "Link" gestört. Ging euch das auch so? Dieser eingedeutschte Anglizismus, den ich mir irgendwie nicht so richtig im Gespräch bzw. in den Gedanken von jemanden, dessen Muttersprache Japanisch ist, vorstellen kann.
Das ist mir ehrlich gesagt nicht einmal aufgefallen. Ich kenne aber diese Angewohntheit, Anglizismen einzubauen auch von taiwanesischen Freunden zum Beispiel.
Und noch eine Frage. Ich habe folgenden Satz auf der letzten Seite nicht richtig verstanden: "Wir betätigten die Klospülung, die noch nie einer benutzt hatte, und hörten, wie das Wasser ablief." Warum hat die Klospülung noch nie jamend benutzt? Herr Sakai hatte doch dort gewohnt, er hat halt bloß alles schön sauber gemacht, bevor er ins Krankenhaus ist. Deshalb wird er doch aber die Jahre zuvor die Klospülung benutzt haben. Stehe ich grad vollkommen auf dem Schlauch? Das scheint irgendwie eine wichtige Stelle zu sein, so im letzten Absatz ganz präsent
Mmmh- sehr gute Frage. Ich habe auch erst mal keine Antwort. Ich werde mir die Stelle noch mal anschauen und mir Gedanken darüber machen ;)
 

Literaturhexle

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Deshalb wird er doch aber die Jahre zuvor die Klospülung benutzt haben
"Sein Traum vom Neubeginn.
Das Bad war neu gekachelt.
Alles war da, um zum ersten Mal in Besitz genommen zu werden."

Wenn das Bad neu gekachelt wurde, hat es gewiss auch neue Armaturen und eine neue Toilette bekommen.
Für mich passt das.
In Bezug des Verhältnisses von Leben und Tod scheint er genau auf diese Verwobenheit anzuspielen.
Sehr gut gemacht! Himmel und Erde werden immer wieder in Bezug gesetzt. Der Tod durchzieht das Buch als permanentes Motiv zusammen mit anderen philosophischen Themen. Der Titel passt perfekt.
Das ist mir ehrlich gesagt nicht einmal aufgefallen
Mir auch nicht. Ich gestehe, auch oft den Begriff Link zu benutzen und man muss der Autorin ihre "Jugend" (geb 1980) zugute halten. Je jünger, desto eher schnappt man englische Begriffe auf, glaube ich. Außerdem passt Link für diese Wortverknüpfungen recht gut. Die Verbindungen sind oft ja um die Ecke gedacht und sehr vage.

Flasar schreibt übrigens auf Deutsch;)
 

Literaturhexle

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Wie mutig von der Autorin, ihren Roman nicht in Friede, Freude, Eierkuchen enden zu lassen! Das wäre so einfach: Sie lebten froh bis an ihr Ende.... - hätte aber zweifelsohne nicht zum Tenor des Romans gepasst.

Herr Sakai ist schwerkrank. Er weiß, dass er sterben wird und macht kein Geheimnis darum. Er kann aber "seine Angelegenheiten" noch ordnen. Insbesondere mit der geräumten und gewienerten Wohnung überrascht er seine Mitarbeiter. Suzu denkt unwillkürlich an den "weißen Raum", an den Neubeginn, von dem er träumte.
Sehr realistisch dargestellt: der Sterbeprozess von Herrn Sakai. Wie schade, dass er nicht in einem Hospiz gehen konnte, wo die Besuchsregeln weit liberaler wären als in einem (japanischen) Krankenhaus.

Mit der jungen Frau, die in der Badewanne starb, wird mit unseren Erwartungen gespielt. Zunächst erscheinen uns die Eltern als unverantwortlich, weil sie sich nicht um ihre Tochter kümmerten. Später stellt sich raus, dass sie von ihrer Herzkrankheit wussten und sie sie bewusst haben "leben" lassen. Solche Momente habe ich mehrfach empfunden, dass sich die Dinge anders darstellten, als ich zunächst dachte. Toll gemacht!

Immer wieder hat Suzu erhellende, weitsichtige Gedanken. Es macht Freude, sie zu begleiten. "Älterwerden geschieht einfach." Auch so eine völlig logische Weisheit, auf die man kommen muss. Suzu wendet sich den Menschen in ihrem Umfeld immer stärker zu, ohne sich aufzudrängen, und merkt, wie gut das allen Beteiligten tut. Herr Sakai hat ihr wesentlich dabei geholfen. Nebenbei sorgt sie auch für sich selbst besser: Das Kochen gehört dazu.

Die Formulierungen. Habt ihr auch schon Leute "durcheinander schweigen" hören? Das trifft es einfach genau.
"Das Alte kam weg. Eine Lücke entstand. Und man schloss sie wieder."
Genau das ist das Leben. Der Tod gehört dazu. Das Buch ist für mich auch eine Hommage an einen selbstverständlicheren Umgang mit demselben.

Immer wieder taucht der Buchtitel in abgewandelter Konstellation auf. Ich bin ganz begeistert davon, er passt hervorragend!

Hoffnungsschimmer zum Ende hin: Ob Takada auf dem Gästefuton schlafen darf? Alles sehr glaubwürdig, gemächlich, in einem Tempo, das zu den beiden passt.

Von A bis Z eine wunderbare Geschichte, in die man abtauchen kann und die trotzdem zu keinem Zeitpunkt trivial oder flach wird.
 

GAIA

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Flasar schreibt übrigens auf Deutsch;)
Das ist ja von Anfang an klar.
Noch ein Hinweis, als ich meinen Mann, der sehr viele japanische Animes im Originalton mit Untertiteln schaut (er kann selbst kein Japanisch), nach dem "Link" fragte: Da würden die Japaner vielleicht "Linku" oder so sagen. Sie hängen wohl an englische Begriffe und Eigennamen häufig ein -u oder -o einfach an das Wort hinten dran. Welche sprachwissenschaftlie Bewandtnis das nun hat, konnte er mir aber auch nicht erklären. Er kennt es ja nur vom Hören.
Vielleicht weiß da mal wieder @otegami mehr?
 
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Sehr gut gemacht! Himmel und Erde werden immer wieder in Bezug gesetzt. Der Tod durchzieht das Buch als permanentes Motiv zusammen mit anderen philosophischen Themen. Der Titel passt perfekt.
Mir hat es gut gefallen, wie der Titel immer wieder aufgegriffen und dessen Facetten ins Spiel gebracht wurden.
Mir auch nicht. Ich gestehe, auch oft den Begriff Link zu benutzen und man muss der Autorin ihre "Jugend" (geb 1980) zugute halten. Je jünger, desto eher schnappt man englische Begriffe auf, glaube ich.
Ich kenne das aber grundsätzlich von Menschen, die zwischen zwei oder mehreren Kulturen aufwachsen. Da vermischen sich die Sprachen in der Kommunikation oft.
 
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otegami

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17. Dezember 2021
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*Schnief* soooo schön und sooo passend das Ende! Nicht kitschig, aber sehr berührend! (Herr Sakai hatte weitsichtig geplant und alles geregelt!)

Bei der Planung eines Betriebsausflugs (WE in einem Onsen-Ressort) S. 262, kamen bei mir Erinnerungen hoch: in Kyoto übernachteten wir mit Sohn und Schwiegertochter in einem solchen! *schwelg* (Tochter, SchwieSo und unser 7-Monat alter Enkelsohn waren zurück gefahren ins Hotel - sie wollten dem Kleinen nicht noch eine Umstellung zumuten.)

Im Onsen sind ja Männlein und Weiblein streng getrennt im Bad. Ich war heilfroh, dass ich SchwieTo dabei hatte, die mir die Gepflogenheiten erklärte und mich einführte. (Vorher reinigen!!!!! In ein Bad, auch daheim, steigt man in Japan nur zur Entspannung, nicht zur Reinigung!) Und dann: das Wasser ist heiß!!!! Mit mit Aaaahs und Oooohs lässt man sich ins Becken gleiten und gibt sich dem Genuss hin.
Vorher war das Essen: alleine zu Viert in einem Raum! Serviert wurde von einer Servicekraft im Kimono, die jeweils auf den Knien rutschend sich zu unserem Tisch bewegte und servierte. Anders als bei uns, werden die Gänge nicht nacheinander serviert, sondern alles zusammen steht in x Schälchen und Tellerchen auf dem Tisch! Köstlich!

Als wir im Ressort ankamen, durften wir uns einen Yukata (vereinfachter Kimono, einfach zum Wickeln, zum Anziehen eines richtigen Kimonos braucht man 2 Std. und eine Hilfe!) aussuchen. Äußerst praktisch! Den trägt man dann bis zum Abschied vom Onsen. Während des Bades werden im Zimmer vom Personal die Futons ausgerollt!

Auch das Frühstück (klassisch japanisches!) war wieder fantastisch: auch warm, mit x Tellerchen, Schüsselchen....... :joy

*Gg* Wenn ich an den 2. Tag in Kyoto denke, muss ich auch immer an meinen Einkauf in einem Laden für Räucherstäbchen denken. (S. 232!) Ich schwelgte, suchte aus (nicht nur als Mitbringsel, sondern auch für den Eigenbedarf! *Hüstel* ich werde 100%ig nie in meinem Leben mehr ein Räucherstäbchen kaufen müssen! :rofl )
Was mir auffiel: der Verkäufer lief mit einer Leichenbittermine rum! Das wunderte mich sehr - war ich doch vom Verkaufspersonal in Japan total anderes gewohnt gewesen. (Alle hatten einen angestrahlt!) Ich fragte natürlich SchwieTo! Erklärung: Räucherstäbchen nimmt man in Japan nur in Verbindung mit Tod! So, wie wir das als Wellness benutzen, kennt man das nicht in Japan! O.k., alles klar! :thumbsup
 

Renie

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Sprachlich hat mich eigentlich über den ganzen Roman hinweg dieses ständige "Link" gestört. Ging euch das auch so?
Wenn ich Link lese, denke ich automatisch an die Verlinkung mit einer Internetseite. Darüber bin ich auch immer wieder gestolpert und es hat mich gestört. Aber eigentlich jammere ich damit auf hohem Niveau, denn es ist schließlich das Einzige, das mich gestört hat. ;)
Warum hat die Klospülung noch nie jamend benutzt? Herr Sakai hatte doch dort gewohnt, er hat halt bloß alles schön sauber gemacht, bevor er ins Krankenhaus ist.
Ich glaube nicht, dass er selbst hübsch sauber gemacht hat. Da er sehr krank war und zum Sterben ins Krankenhaus gegangen ist, wird er seine Zeit nicht mit Ausmisten und Aufräumen verschwendet haben. Er wird eine Entrümpelungsfirma beauftragt sowie die Renovierung seiner Wohnung veranlasst haben. Es las sich, als ob die Wohnung wie neu war als Suzu und die Anderen hineinkamen.
Hoffnungsschimmer zum Ende hin: Ob Takada auf dem Gästefuton schlafen darf? Alles sehr glaubwürdig, gemächlich, in einem Tempo, das zu den beiden passt.
Und später können sie in Herrn Sakais Wohnung einziehen ;)
 

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Er wird eine Entrümpelungsfirma beauftragt sowie die Renovierung seiner Wohnung veranlasst haben. Es las sich, als ob die Wohnung wie neu war als Suzu und die Anderen hineinkamen.
Ja, das scheint mir auch plausibel. Möglicherweise wollte er sein eigenes Lebensprojekt ebenso gewissenhaft abschließen wie die Arbeit als "Tatortreiniger".
 

Renie

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Ja, das scheint mir auch plausibel. Möglicherweise wollte er sein eigenes Lebensprojekt ebenso gewissenhaft abschließen wie die Arbeit als "Tatortreiniger".
Ich sehe es eher so, dass er seine Kollegen nicht in Anspruch nehmen wollte, weil er es auch nicht musste. Schließlich ist er nicht als ein Kodokushi gestorben, hat also nicht tagelang unbemerkt tot in seiner Wohnung gelegen und brauchte also auch keine Leute, die seine Schweinerei wegmachen mussten. Die leere, saubere und frisch-duftende Wohnung ist daher eine Verneigung vor den Leuten, die ihm ans Herz gewachsen sind und ein Dankeschön, dass sie bis zum Schluss für ihn da waren.
 

Renie

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Ich überlege, was es noch zu diesem letzten Abschnitt zu sagen gibt und es fällt mir schwer meine Gedanken zu sortieren.
Wir haben hier eine Auflösung des Titels, wobei ich mich immer noch nicht in der Lage sehe, in einem Satz zusammenzufassen, welche Bedeutung dahintersteckt. Mir schwirren einige Ansätze durch den Kopf, doch ich kriege sie nicht auf den Punkt gebracht. Aber alle Ansätze gehen in eine positive Richtung. Daher ist der Roman für mich trotz aller Einsamkeit, Traurigkeit und Betroffenheit eine optimistische Geschichte. Ich hoffe, Ihr versteht, was ich meine.

Hattet Ihr eigentlich auch zwischendurch das Gefühl, das Suzu in alte Verhaltensmuster verfällt? Die Dating App sorgt ja immer noch für ihre Freizeitgestaltung, nur dass sie selbstbewusster an die Sache herangeht. Auf jeden Fall habe ich mich gewundert, dass sie das Daten nicht aufgegeben hat.
 

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Wir haben hier eine Auflösung des Titels, wobei ich mich immer noch nicht in der Lage sehe, in einem Satz zusammenzufassen, welche Bedeutung dahintersteckt. Mir schwirren einige Ansätze durch den Kopf, doch ich kriege sie nicht auf den Punkt gebracht. Aber alle Ansätze gehen in eine positive Richtung
Alles zusammenzubringen in Sachen Titel finde ich auch schwierig. Ich hoffe, dass es mir im Nachgang noch etwas leichter fallen wird. Ein zentrales Motiv scheint mir aber die Infragestellung der vorherrschenden Dualität von Himmel und Erde mitsamt der gängigen Implikationen zu sein.
Bzgl. des positiven Drills gebe ich Dir vollkommen Recht. Für mich ist es auch eine hoffnungsvolle, optimistische Geschichte.