Danke für deinen Einstieg,
@Anjuta. Ich hatte gestern Abend begonnen und dann war das Akku leer.... Das obige Zitat hätte ich auch unbedingt gepostet. Es fasst viele Aspekte zusammen.
Nun meine Zusammenfassung:
Ein schöner, leicht zu lesender Abschnitt, in dem wir zu unseren
drei Reisenden zurückkehren. Prinz Polignac, in entspannter Pose auf S. 138 zu sehen, hat offenbar sein Vermögen durchgebracht.
[zitat]Und im Allgemeinen ging der ganze Reichtum nicht durch Revolutionen und Steuern verloren, sondern durch eine extravagante Lebensweise, Glücksspiel, Müßiggang und finanzielle Inkompetenz. S. 140[/zitat]
Zu jener Zeit war es wohl in diesen Kreisen üblich, sich eine reiche Erbin aus den
USA kommen zu lassen, um sie zu heiraten. Befremdlich, aber wirkungsvoll. Der Graf fädelt eine solche Verbindung für den Prinzen ein: Winnaretta Singer (tatsächlich Nähmaschinen), schlappe 31 Jahre jünger als ihr Gemahl, heiratet Edmond. Win/Win:
[zitat]Sie hat wieder einen Status, er hat wieder Geld. S. 142[/zitat]
Interessant: Er ist ein verdeckter Schwuler, sie eine diskrete Lesbierin. Die Ehe verläuft überraschend harmonisch. Neidisch ist der Graf, der daraus keinen Hehl macht (er vermisst die "ewige Dankbarkeit" und sich dadurch aus vielen gesellschaftlichen Events bei Familie Polignac ausschließt.
Pozzi ist als "Modearzt" in Erinnerung geblieben. Dabei scheint er weit mehr gewesen zu sein. Er reformierte die Krankenbehandlung, hielt Vorträge und verfasste ein anerkanntes Standardwerk zur Gynäkologie, in das erstmals auch humane Aspekte aufgenommen wurden.
Eine
weitere Kugel verletzte Gilles de la Tourette (nach dem das Tourette-Syndrom benannt wurde), in der britischen Ehe schulden sich die Ehegatten auch Liebe, in der französischen muss man mit Treue, Beistand und Respekt auskommen
. Diese kleinen
vergleichenden Einsprengsel begleiten das gesamte Buch.
Graf Montequiou erhält immer wieder Auftritte und ich frage mich allmählich auch, warum Barnes diesen Mann so hervorhebt. Allzuviel scheint er mit dem Titelhelden nicht zu tun zu haben. Dafür ist er aber egoistisch und dekadent. Er spielt sich zum Mäzen auf (Leon Delafosse), hält sich den jungen Mann als Loverboy und lässt ihn dann fallen, wenn ihm die immerwährende Dankbarkeit entsagt wird.
Man hat Angst vor der Amerikanisierung Frankreichs, vor einem neuen Geist. Man bringt ihm aber auch Neugier entgegen.
Oskar Wilde bricht 1882 zu einer Tournee auf, der Graf macht ebenfalls eine private, exklusive Tour dorthin, gibt vornehme Konferenzen. Zu der Wilde-Karikatur wurde oben bereits von Anjuta Stellung genommen.
Pozzi scheint kein monetäres Interesse an Amerika zu haben, sondern eher ein wissenschaftliches. Er darf 1893 als Mitglied der französischen Delegation zur Weltausstellung in Chicago reisen, von wo er weitere Reformierungsideen für Krankenhäuser, bessere OP-Methoden sowie viele Kontakte mitbringt. "Pozzi hatte inzwischen beträchtlichen Ruhm und gesellschaftliche Bedeutung erlangt." S. 161
Auch
Sarah Bernhardt ging auf Tournee in die Staaten. Zahlreiche Autoren (Alexander Dumas, der Jüngere, Oskar Wilde, Edmond Rostand) schrieben Stücke für sie. Sie kann sich die Stücke aussuchen. Andere ihrer einstigen Unterstützer wie den Extremist Lorrain oder Goncourt lässt sie fallen. zumindest stellt Barnes es so dar. Wildes "Salome" wurde der Weg zur Bühne zunächst durch den Zensor verstellt, sie wurde erst vier Jahre später in Paris uraufgeführt.
1895 wird eine Petition gestartet, um eine Strafmilderung für den inhaftierten Oskar Wilde zu erwirken. Viele Prominente verweigern dessen Unterstützung: "Plötzlich wollte niemand mehr etwas mit Oscar Wilde zu tun haben".
Ein kurioses
Duell wird noch angesprochen zwischen Marcel Proust und Lucien Daudet.