4. Leseabschnitt: Seite 139 bis 167

Anjuta

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8. Januar 2016
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Ich schreit(b)e wieder voran. In diesem LA spielt Oscar Wilde eine große Rolle. Das kulminiert in dem wirklich witzigen Bild auf S. 159, in dem er aus Anlass seiner Amerikareise dort abgebildet wird als wirklich "crazy". Was für ein Gegensatz zu den üppigen Portraits, mit denen wir es bisher zu tun hatten. Und was für ein Gegensatz der europäischen Selbstsicht (dandyhafte Portraits) und der amerikanischen Fremdsicht (eher abwertende Karikatur). Für die Amerikaner ist er mit seinem (dandyhaften) Gehabe wohl sehr deutlich aus der Gesellschaft gefallen und wird dadurch in den Augen des amerikanischen Karikaturisten (?) zu einem Farbigen (ein "schlaksiges afroamerikanisches Bürschlein"). Amerika und seine Beziehungen und Gegensätze zu Europa sind sowieso ein größeres Thea dieses Abschnitts. Auch Pozzi trifft dort auf eine für ihn ganz ungewohnte Beurteilung und Einschätzung: "Prof Pozzi, der nicht der katholischen Religion angehört, politisch entschieden 'rouge'..."
Zwischendurch fiel mir das vernichtende Urteil auf, das Barnes hier über seinen Helden des Buches, die 'Belle Èpoque", abgibt:
[zitat]... eine Zeit des unermesslichen Wohlstands für die Wohlhabenden, der gesellschaftlichen Macht für die Aristokratie, des hemmungslosen und ausgefeilten Snobismus, des ungezügelten Strebens nach Kolonialbesitz, des künstlerischen Mäzenatentums und des Duells, dessen Brutalität oft eher ein Gradmesser der persönlichen Erregung als der verletzten Ehre war. Man kann dem Ersten Weltkrieg nicht viel Gutes abgewinnen, aber wenigstens hat er davon viel hinweggefegt.[/zitat]
Puh! so schonungslos war mir Barnes' Haltung zur Zeit bisher nicht erschienen. Aber hier tritt er wohl klar und offen hinter jeder Erzählhaltung hervor.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Danke für deinen Einstieg, @Anjuta. Ich hatte gestern Abend begonnen und dann war das Akku leer.... Das obige Zitat hätte ich auch unbedingt gepostet. Es fasst viele Aspekte zusammen. Nun meine Zusammenfassung:

Ein schöner, leicht zu lesender Abschnitt, in dem wir zu unseren drei Reisenden zurückkehren. Prinz Polignac, in entspannter Pose auf S. 138 zu sehen, hat offenbar sein Vermögen durchgebracht.
[zitat]Und im Allgemeinen ging der ganze Reichtum nicht durch Revolutionen und Steuern verloren, sondern durch eine extravagante Lebensweise, Glücksspiel, Müßiggang und finanzielle Inkompetenz. S. 140[/zitat]
Zu jener Zeit war es wohl in diesen Kreisen üblich, sich eine reiche Erbin aus den USA kommen zu lassen, um sie zu heiraten. Befremdlich, aber wirkungsvoll. Der Graf fädelt eine solche Verbindung für den Prinzen ein: Winnaretta Singer (tatsächlich Nähmaschinen), schlappe 31 Jahre jünger als ihr Gemahl, heiratet Edmond. Win/Win:
[zitat]Sie hat wieder einen Status, er hat wieder Geld. S. 142[/zitat]
Interessant: Er ist ein verdeckter Schwuler, sie eine diskrete Lesbierin. Die Ehe verläuft überraschend harmonisch. Neidisch ist der Graf, der daraus keinen Hehl macht (er vermisst die "ewige Dankbarkeit" und sich dadurch aus vielen gesellschaftlichen Events bei Familie Polignac ausschließt.

Pozzi ist als "Modearzt" in Erinnerung geblieben. Dabei scheint er weit mehr gewesen zu sein. Er reformierte die Krankenbehandlung, hielt Vorträge und verfasste ein anerkanntes Standardwerk zur Gynäkologie, in das erstmals auch humane Aspekte aufgenommen wurden.

Eine weitere Kugel verletzte Gilles de la Tourette (nach dem das Tourette-Syndrom benannt wurde), in der britischen Ehe schulden sich die Ehegatten auch Liebe, in der französischen muss man mit Treue, Beistand und Respekt auskommen;). Diese kleinen vergleichenden Einsprengsel begleiten das gesamte Buch.

Graf Montequiou erhält immer wieder Auftritte und ich frage mich allmählich auch, warum Barnes diesen Mann so hervorhebt. Allzuviel scheint er mit dem Titelhelden nicht zu tun zu haben. Dafür ist er aber egoistisch und dekadent. Er spielt sich zum Mäzen auf (Leon Delafosse), hält sich den jungen Mann als Loverboy und lässt ihn dann fallen, wenn ihm die immerwährende Dankbarkeit entsagt wird.

Man hat Angst vor der Amerikanisierung Frankreichs, vor einem neuen Geist. Man bringt ihm aber auch Neugier entgegen. Oskar Wilde bricht 1882 zu einer Tournee auf, der Graf macht ebenfalls eine private, exklusive Tour dorthin, gibt vornehme Konferenzen. Zu der Wilde-Karikatur wurde oben bereits von Anjuta Stellung genommen.

Pozzi scheint kein monetäres Interesse an Amerika zu haben, sondern eher ein wissenschaftliches. Er darf 1893 als Mitglied der französischen Delegation zur Weltausstellung in Chicago reisen, von wo er weitere Reformierungsideen für Krankenhäuser, bessere OP-Methoden sowie viele Kontakte mitbringt. "Pozzi hatte inzwischen beträchtlichen Ruhm und gesellschaftliche Bedeutung erlangt." S. 161

Auch Sarah Bernhardt ging auf Tournee in die Staaten. Zahlreiche Autoren (Alexander Dumas, der Jüngere, Oskar Wilde, Edmond Rostand) schrieben Stücke für sie. Sie kann sich die Stücke aussuchen. Andere ihrer einstigen Unterstützer wie den Extremist Lorrain oder Goncourt lässt sie fallen. zumindest stellt Barnes es so dar. Wildes "Salome" wurde der Weg zur Bühne zunächst durch den Zensor verstellt, sie wurde erst vier Jahre später in Paris uraufgeführt.

1895 wird eine Petition gestartet, um eine Strafmilderung für den inhaftierten Oskar Wilde zu erwirken. Viele Prominente verweigern dessen Unterstützung: "Plötzlich wollte niemand mehr etwas mit Oscar Wilde zu tun haben".

Ein kurioses Duell wird noch angesprochen zwischen Marcel Proust und Lucien Daudet.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Zu jener Zeit war es wohl in diesen Kreisen üblich, sich eine reiche Erbin aus den USA kommen zu lassen, um sie zu heiraten.
Ich finde gerade die Stelle nicht, aber geschmunzelt und mich gleichzeitig geärgert habe ich bei der Stelle, wo gesagt wird, dass es dafür auch eine Bezeichnung gab "gold digger", diese aber nur angewandt wurde, wenn Frauen sich reiche Amerikaner geangelt haben und nicht andersherm
 

Literaturhexle

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Ich finde gerade die Stelle nicht, aber geschmunzelt und mich gleichzeitig geärgert habe ich bei der Stelle, wo gesagt wird, dass es dafür auch eine Bezeichnung gab "gold digger", diese aber nur angewandt wurde, wenn Frauen sich reiche Amerikaner geangelt haben und nicht andersherm
[zitat]Seltsamerweise ist der Begriff "gold digger" ausschließlich für Frauen reserviert, die um des finanziellen Aufstiegs Willen eine Verbindung mit einem Mann eingehen. Die größten "Goldgräber" der Belle Epoque waren Männer, (...), die reiche amerikanische Erbinnen heirateten." S. 160[/zitat]
Das ist wirklich immer zu schön, wie Barnes da die Finger in die Wunde legt und Kuriositäten aufdeckt.
 

Emswashed

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9. Mai 2020
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... eine Zeit des unermesslichen Wohlstands für die Wohlhabenden, der gesellschaftlichen Macht für die Aristokratie, des hemmungslosen und ausgefeilten Snobismus, des ungezügelten Strebens nach Kolonialbesitz, des künstlerischen Mäzenatentums und des Duells, dessen Brutalität oft eher ein Gradmesser der persönlichen Erregung als der verletzten Ehre war. Man kann dem Ersten Weltkrieg nicht viel Gutes abgewinnen, aber wenigstens hat er davon viel hinweggefegt.

Auch ich habe mir diesen Abschnitt vermerkt und bewundere Barnes mutige Worte, dem Krieg eine positive Seite abgewinnen zu wollen. Ich würde es nie laut aussprechen, aber ich stimme ihm da zu. Allerdings darf man da nicht den großen Teil der Bevölkerung vergessen, denen es bestimmt nicht so herrschaftlich gut ging, wie Pozzi und seinen Weggefährten.

Mein schönster Wortfund war auf Seite 139 und ist die "Edelfäule", die Barnes hemmungslos aus dem Weinanbau geklaut und kurzerhand dem Niedergang des Adeslgeschlecht zugeschrieben hat.
 

Querleserin

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30. Dezember 2015
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Graf Montequiou erhält immer wieder Auftritte und ich frage mich allmählich auch, warum Barnes diesen Mann so hervorhebt. Allzuviel scheint er mit dem Titelhelden nicht zu tun zu haben. Dafür ist er aber egoistisch und dekadent.
Ich denke, dass der Graf auch als eine Art "Negativfolie" für Pozzi wirkt. Ein adliger Dandy, der seine Umgebung manipuliert, ausnutzt (?) und sein Luxusleben genießt, während Pozzi sich als erfolgreicher Arzt einen Namen macht, wobei auch er weit davon entfernt ist, als Heiliger dargestellt zu werden.
Zudem ist Pozzi mit dem Grafen verheiratet, ebenso wie der völlig unsympathisch erscheinende Lorrain und das ist doch bemerkenswert. Pozzi, der mit allen gut Freund ist, das sagt auch etwas über ihn als Person aus.
Polignac ist dagegen "die Sorte Aristokrat, die mühelos zur Revolution anstachelt. Polignac war sanft, verschroben und ziemlich hoffnungsloser Fall: die Sorte Aristokrat, die eher harmlos erscheint und womöglich sogar leichtes Mitleid erregt." (140) Die Ehe mit Singer verläuft trotz aller Erwartungen harmonisch. Vielleicht spielt bei Montesquious Ärger auch Eifersucht eine Rolle, "wir wissen es nicht" ;) Barnes stellt mehrmals seine "Ichbezogenheit" (143) heraus. Für weiteren Ärger dürfte gesorgt haben, dass er zu den Konzerten im Haus Polignac nur zweimal eingeladen wurde.
@Literaturhexle hat Pozzis Leistungen als Arzt bereits herausgestellt, erwähnenswert ist noch, dass er "die französische Gynäkologie in jenen Jahren von einer bloßen Unterabteilung der allgemeinen Medizin zu einer eigenständigen Disziplin" (149) entwickelt hat und auch ein entsprechendes Lehrbuch herausgegeben hat, das bis in die 1930er Jahre als Standardwerk studiert wurde.
Sehr modern sind seine Ansichten, dass man auf das Schamgefühl der Frau Rücksicht nehmen muss.
Das vernichtende Urteil zur Belle Époque habt ihr schon angesprochen, als positiv daran könnte das "Mäzenatentum" angesehen werden, "obwohl es auch ein Art innerer Kolonialismus war" (152).
Der Klaviervirtuose im Salon der Prinzessin de Polignac wird Montesquiou als "Spielzeug, Ganymed" (153) von Proust angeboten, um sich der Dankbarkeit des Grafen sicher zu sein. Das zeugt nicht von Respekt für den jungen Klavierspieler, dessen finanzielle Lage schamlos ausgenutzt wird, was Barnes mit drastischen Worten beschreibt:
"Also verlor Montesquiou die Lust an seinem musikalischen Spielzeug und schlug es vor lauter Ärger kaputt. Warum? Weil er es konnte." (153)
Das macht diesen Grafen nicht sympathischer!
 

Literaturhexle

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Ich denke, dass der Graf auch als eine Art "Negativfolie" für Pozzi wirk
Ja, an so einen Gegenentwurf zu Pozzi habe ich auch schon gedacht. Außerdem ist er natürlich eine schillernde Persönlichkeit, die viel Schreibstoff liefert. Normale Leute waren damals auch schon langweilig.
Vielleicht spielt bei Montesquious Ärger auch Eifersucht eine Rolle, "wir
Das räumt Barnes auch unumwunden ein, schließlich hat der Graf mindestens seinen Reisepartner verloren.
Das zeugt nicht von Respekt für den jungen Klavierspieler, dessen finanzielle Lage schamlos ausgenutzt wird,
Die Geschichte ist mehr als heftig. Irritiert hat mich Barnes´ Aussage, dass die Arroganz seines Mäzens auf ihn überschwappte, weil er sich weigerte, ebenfalls nach Amerika zu gehen.... Dafür könnte es zahlreiche andere Gründe geben. Wir wissen es nicht;)
 

Bibliomarie

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Schon im letzten Abschnitt ist mir ein Satz aufgefallen, der aber auch hier Gülitigkeit hat.[zitat]Eine Biografie ist eine Ansammlung von Löchern die mit Bindfäden zusammengehalten wird...S. 127[/zitat]
Aber mir gefällt wie Barnes mit seinen Bindfäden umgeht.
Und immer wieder der Graf Montesquiou - dessen Charakter sich immer verabscheuungswürdiger präsentiert. Dem Prinzen Polignac neidet er die Ehe, wohl weil die ewige Dankbarkeit fehlte und sich Miss Singer als Prinzessin sehr gut schlägt - er hätte es sicher lieber anders gesehen.
Er vernichtet Menschen, "weil er es kann" , siehe den jungen Pianisten.
Es gärte wohl lange in ihm, dass er bei der Prinzessin nicht sonderlich ankam, ihr erfolgreicher Salon - fand ohne ihn statt.
Übrigens auch ohne Pozzi - er war dann doch nicht überall dabei - wie Barnes anmerkte.

Hier wird auch die medizinische Leistung erwähnt und gewürdigt. Pozzi war Modearzt, behandelte die Reichen und Schönen, aber er hat auch 35 Jahre in einer Klinik gearbeitet, sie modernisiert und überhaupt sehr viel für die Frauenheilkunde getan. Und es scheint, dass er seinen Patientinnen durchaus mit Respekt und Feinfühligkeit begegnete, zumindest in dem Maße, dass es für diese Zeit schon außergewöhnlich war. Mir scheint, der Mann hatte eine ganze Menge Facetten, war zwar noch ganz Kind seiner Epoche, dem 20 Jahrhundert aber zugewandter als viele andere.
 

Bibliomarie

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10. September 2015
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ch denke, dass der Graf auch als eine Art "Negativfolie" für Pozzi wirkt. Ein adliger Dandy, der seine Umgebung manipuliert, ausnutzt (?) und sein Luxusleben genießt,....

Das ist eine sehr einleuchtende Aussage, denn mir schien er wirklich zu viel Raum zu bekommen. Allerdings sind solch schillernde Personen mit einen Hang zur Grausamkeit auch immer Protagonisten die Farbe in den Text bringen. Ein dankbares Sujet eben.
 

Wandablue

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Done. Die Abschnitte gefallen mir ganz unterschiedlich.
Dass das Mäzenatentum zwei Seiten hat, wurde schön anschaulich gemacht. Arme "arme Verwandte". Eine gewisse Genugtuung ist es, zu hören, dass Graf M. im Salon der Polignacs nicht wirklich willkommen war. Das muss ihm schwer zu schaffen gemacht haben.

Über die Polignacs habe ich mich gefreut.

Schrecklich dass die Gyäkologie so stiefmütterlich behandelt wird und dass in der Medizin die Frauen immer noch diskriminiert werden.

In den Staaten macht dann jeder auf seine Weise sein Glück.
 

Wandablue

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Puh! so schonungslos war mir Barnes' Haltung zur Zeit bisher nicht erschienen. Aber hier tritt er wohl klar und offen hinter jeder Erzählhaltung hervor.

Jetzt kommt er hinterm Ofern hervor und tut Meinung kund. Sehr angenehm.

Graf Montequiou erhält immer wieder Auftritte und ich frage mich allmählich auch, warum Barnes diesen Mann so hervorhebt.
Er war zu seiner Zeit ein bedeutender Influencer - wie wir heute sagen würden.

Ich finde gerade die Stelle nicht, aber geschmunzelt und mich gleichzeitig geärgert habe ich bei der Stelle, wo gesagt wird, dass es dafür auch eine Bezeichnung gab "gold digger", diese aber nur angewandt wurde, wenn Frauen sich reiche Amerikaner geangelt haben und nicht andersherm

Hier greift jetzt wirklich mal, dass Sprache diskriminiert!
Also sagen wir zu solchen Männern auch gold digger.
 

Xirxe

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19. Februar 2017
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Puh, ihr habt ja praktisch schon alles geschrieben was zu schreiben wäre - ich bin wohl zu spät ;)
Eine Frage, die ich mir beim Lesen immer wieder stelle: Wie sind der Graf und der Prinz denn aufgewachsen? Beide stammen ja aus ähnlichen Verhältnissen und sind doch so verschieden, wie es zwei Menschen nur sein können. War das tatsächlich nur der Charakter? Oder genossen die Beiden eine völlig unterschiedliche Erziehung? Stand da bereits etwas darüber im Buch? Und ich habe es schon wieder vergessen? Ich glaube, ich recherchiere mal ein bisschen ...
 

Barbara62

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19. März 2020
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Zu jener Zeit war es wohl in diesen Kreisen üblich, sich eine reiche Erbin aus den USA kommen zu lassen, um sie zu heiraten. Befremdlich, aber wirkungsvoll. Der Graf fädelt eine solche Verbindung für den Prinzen ein: Winnaretta Singer (tatsächlich Nähmaschinen), schlappe 31 Jahre jünger als ihr Gemahl, heiratet Edmond. Win/Win:
[zitat][/zitat]

Ihr kennt doch sicher "Downton Abbey", da kann der Besitz auch nur durch die Heirat mit einer reichen Erbin erhalten werden.
Ich habe vor einiger Zeit eine wunderbare Biografie gelesen. Wäre sie nicht von der Wissenschaftlichen Buchgesellschaft, hätte ich sie vermutlich wegen des Titels gar nicht erst angeschaut und eine absolut interessante Frau verpasst:

Da geht es u.a. auch um dieses Thema.
 
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Barbara62

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Ein kurioses Duell wird noch angesprochen zwischen Marcel Proust und Lucien Daudet.

Ich habe es so verstanden, dass das Duell zwischen Proust und Jean Lorrain stattfand, weil letzterer Proust eine homosexuelle Beziehung mit Lucien Daudet unterstellte. So etwas reichte bereits für eine Forderung zum Duell.
 

Barbara62

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Und immer wieder der Graf Montesquiou - dessen Charakter sich immer verabscheuungswürdiger präsentiert.

Ich verstehe auch nicht so recht, warum Barnes dem Grafen so viel Platz einräumt. Er scheint sich keinerlei Verdienste erworben zu haben, war einfach nur Promi, eine Art Paris Hilton der Belle Époque. Nachträglich würde er sich über so viel Aufmerksamkeit sicher freuen, denn - wie es in diesem Abschnitt irgendwo hieß - auch negative Propaganda ist Propaganda.
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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verstehe auch nicht so recht, warum Barnes dem Grafen so viel Platz einräumt. Er scheint sich keinerlei Verdienste erworben zu haben, war einfach nur Promi, eine Art Paris Hilton der Belle Époque.
Ich bin kurz vor Schluss und es wird noch viel über den Grafen erzählt. Er muss ein Promi gewesen sein. Nicht nur Huysmans verarbeitete ihn literarisch, sondern auch andere Autoren, deren bekanntester Proust gewesen sein dürfte. Die Welt war noch kleiner. Da ist dein Vergleich mit Paris Hilton oder irgendeinem Showsternchen gar nicht so weit hergeholt. Die Leute hatten wenig Beschäftigung und haben sich in diesen Geschichtchen gesuhlt.