Schläft Norah ein zweites Mal mit ihm, damit er über das erste Mal schweigt?Aber gleichzeitig wusste ich, dass ich womöglich für den Sex mit Duggan
Diese Szene tat mir beinahe körperlich weh. Es ist erschreckend faszinierend, wie Anne Enright diese „ Vergewaltigung“ beschreibt. Die Szene ist nicht voyeuristisch, nein, man möchte garnicht so genau hinschauen. Aber die Frage bleibt. Warum lässt sich Norah darauf ein ? Und was sind die Beweggründe von Duggan.arum liefert sie sich ihm erneut aus, lässt sich im wahrsten Sinne des Wortes benutzen und beschmutzen?!?
Der Mann ist alt und hässlich, als "Ficker" bekannt. Ist es ihr Vaterkomplex? Warum wollte er sie innerlich brechen (S.214)? Vielleicht stellvertretend für die Mutter?
Der Gedanke kam mir auch.Ist Duggan ihr leiblicher Vater? Ist K. deshalb so geschockt
Sehr interessante Ausführungen, Leseglück! Ich glaube, da ist viel Wahres dran. An Weinstein habe ich während der letzten Seiten auch denken müssen. Ich glaube wirklich, man braucht jetzt das Ende, um alles einigermaßen einordnen zu können.Es kann sein, dass Duggan Norahs Vater ist. Auf den Gedanken bin ich gar nicht gekommen. Ich denke eher, dass man nie erfahren wird, wer der Vater war....
Ich reime mir diesen zweiten schrecklichen Sex von Norah mit dem Ficker folgendermaßen zusammen:
Der erste Sex mit Guggan war so eine Art Abenteuer, ein verrückter Streich, mit einem Stadtbekannten alten Ficker zu schlafen. Sie hatte danach ja den Drang, damit zu prahlen.
Das zweite mal empfand ich dann auch als Prostitution. Es hat mit ihrer Mutter zu tun. Aber ich sehe da keine Konkurrenz. Eher macht sie es für ihre Mutter. Ihre Mutter braucht den Dozenten für ihre Drehbücher bzw. für ihre angestrebte Karriere als Autorin. Duggan hat es auf Norah abgesehen. Wenn sie ihn jetzt zurückweist, wird er dann noch ihrer Mutter helfen? Sie kann ihn ja nicht zurückweisen mit dem Argument, dass sie nicht auf ihn steht, schließlich hat sie schon mal mit ihm geschlafen. Wie soll sie ihn zurückweisen, ohne dass er ernstlich sauer ist und auch mit der Mutter nichts mehr zu tun haben will?
Die Szene mit der verschütteten Milch war sehr symbolisch finde ich. Ich dachte an Sperma. Das Holz glänzte danach nicht mehr so wie früher aber Kitty bringt es wieder auf Hochglanz. Kitty scheint Ruhe und Verlässlichkeit in Norahs Leben zu bringen.
Als Norah sich weigert die Milch aufzuwischen wird K. klar, dass Duggan auf ihr Kind steht und nicht auf sie. Es wird ihr klar, dass sie Duggan als Unterstützer verloren hat. K. scheint sehr viel von Duggan und auch von Boyd zu halten und ihr Selbstwertgefühl vom Urteil dieser Männern abhängig zu machen. Andererseits haben diese Männer auch tatsächlich Macht über sie.
Das sind alles Spekulationen, sicher kann man es auch anders interpretieren. Man muss das Buch zu Ende lesen um Genaueres zu sagen.
Zu der Frage warum Duggan das macht.? Warum hat Harvey Weinstein Dutzende von Frauen gequält. Aus Sadismus, um sich mächtig zu fühlen. Der eigene Spaß zählt, um den Anderen macht man sich keine Gedanken. Warum auch...man tut es weil man es kann...man muss nicht mit negativen Folgen rechnen.
Wirklich? Manchmal hatte ich den Eindruck, dass Nora durchschaute, dass die meinungsbestimmenden Männer ein Interesse daran hatten, sie kleinzuhalten. Das Drehbuch scheiterte doch gar nicht am Inhalt, sondern am Urheberrecht.Sie schreibt unbrauchbare Drehbücher...
Bedingte Erfüllung. Keine, würde ich nicht sagen.Auch die Mutterrolle bringt ihr keine Erfüllung.
Schlimm, dass Menschen sie auf der Straße einfach ansprechen und kritisieren.
Als Norah heim kommt, ist er weg, kommt nie mehr ins Haus. Ihre Mutter ist genau da verrückt geworden.
Irgendwas habe ich nicht verstanden. Könnt ihr helfen?
Schläft Norah ein zweites Mal mit ihm, damit er über das erste Mal schweigt?
Wie soll sie ihn zurückweisen, ohne dass er ernstlich sauer ist und auch mit der Mutter nichts mehr zu tun haben will?
So weit muss man gar nicht gedanklich gehen.Die Szene mit der verschütteten Milch war sehr symbolisch finde ich. Ich dachte an Sperma. .
Meinst du Norah soll sich keine Gedanken machen über den Sex mit Duggan?So weit muss man gar nicht gedanklich gehen.
'there's no use crying over spilt milk' – d. h. über Dinge, die bereits geschehen sind, braucht man keine Träne mehr zu vergießen..
Ich sehe es als generellen Auftrag an Norah, Vergangenes sein zu lassen.Meinst du Norah soll sich keine Gedanken machen über den Sex mit Duggan?
Nein, das ist mir nicht aufgefallen. Ist doch immer wieder spannend, was Autoren für Kleinigkeiten verstecken und verarbeiten.Aber is euch aufgefallen, welche Affinität Enright zu Milchprodukten hat.
Das ist äußerst aufschlußreich, danke dafür. Ich habe beim Lesen auch deutlich gespürt, dass K. In Depression verfällt weil sie selbstverliebt und narzisstischer ist, aber deine klare Aufschlüsselung bringt es für mich auf den Punkt. Bravo!Was mir hier gefallen hat, war, dass recht gut herausgearbeitet wird, dass Katherine eine narzisstische Problematik, also eine Selbstwertproblematik, hat.
Und zwar in pathologischem/krankheitswertigem Sinn. Nicht im Alltagsjargon. (Die Problematik führt ja letztlich zu Depression und Psychose)
An 3 Beispielen möchte ich das festmachen,
1)Ein instabiles Selbst, das beim kleinsten Windhauch zusammenbricht:
Die Autorin präsentiert uns eine schöne Beschreibung einer narzisstischen Person (Katherine): „Und obwohl sie ihr Leben lang von der Liebe all jener getragen wurde, die sie vom dunklen Zuschauerraum aus bewunderten, reichte eine einzige Gehässigkeit aus, und sie rannte weinend nach Hause.“ (S. 201)
2)Die Unmöglichkeit bzw. Schwierigkeit, Ablehnung einzustecken.
Das Motiv für das Verbrechen rückt nochmal in den Fokus.
Boyd wurde eig. erst interessant für Katherine, nachdem er sie für „Meine dunkle Rosaleen“ ablehnte. Das ist ja erstmal nicht sooo ungewöhnlich.
Ab da war sie aber „besessen von dem Mann.“ (S. 194)
Es wurde von da an ihr Ziel, ihn zu erreichen. Jagen als Motiv.
Den Misserfolg, die Zurückweisung und die Demütigung konnte sie nicht hinnehmen. Nicht aushalten, nicht ertragen.
Es muss ein gutes Ende nehmen, darum muss er interessant, erreicht und mit Ehrgeiz gejagt werden.
Es ging also - aufgrund ihrer narzisstischen Problematik - darum, die persönliche Blamage umzukehren in einen Sieg/Triumpf.
(Sie war darüberhinaus aber auch beruflich abhängig von ihm, dem „Hauptverantwortlichen für den irischen Film“ (S. 197))
Er „trieb sie in den Wahnsinn.“ (S. 198)... so gelitten hat K. unter seiner Ablehnung.
(Nicht B. oder D. trieben sie in den Wahnsinn, sondern ihre narzisstische und histrionische Struktur)
3)Nachdem N. ein zweites Mal mit D. geschlafen und K. es herausgefunden hat, stürzt diese in eine Depression. Der Grund: sie ist gekränkt.
Einerseits, weil D. ihr das Liebste (ihren Besitz) weggenommen hat, andererseits aber auch, weil N. ihr ihr Alter und ihre abnehmende Anziehungskraft und Attraktivität vor Augen gehalten hat. D. ist eig. Teil von K.‘s Jagdrevier. Auch N. hat ihr etwas weggenommen.
Beide haben ihr etwas weggenommen und etwas vor Augen gehalten. Das konnte sie mit ihrer narzisstischen und histrionischen Struktur, mit ihrem zerbrechlichen und instabilen Selbst nicht ertragen.
N. weiß, was sie ihrer Mutter angetan hat. Deshalb geht es ihr danach so schlecht. Sie spricht von Selbsthass, Verachtung, Reue.
Wichtige Passagen in diesem Zusammenhang sind;
„Das hat man davon, wenn man seinem Daddy hinterher läuft, dachte ich. Man hat mehr davon, als man wollte.“ (S. 211)
„Ich sagte, zunächst einmal hätte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mit Duggan geschlafen hatte. Es fühle sich an, als hätte ich ihn meiner Mutter ausgespannt. Als konkurrierten wir um den alten Ficker, wo wir doch das Gegenteil von Rivalinnen seien.“
Duggan habe sie ihrer Mutter weggenommen. „Er begehrte, was meiner Mutter am meisten liebte: mich.“ (S. 223)
„Ein Mann hatte sie gestohlen. Er hatte ihr die einzige Freude und das beste auf der Welt genommen.“(S. 240)
„Selbstverständlich gebe ich mir die Schuld, obwohl ich mir nicht sicher bin, ob es wirklich die Aufgabe eines Kindes ist, für die seelische Gesundheit seiner Eltern zu sorgen.“ (S. 198)
(Endlich mal eine verhaltene Gefühlsäusserung!)
Ich denke, dass das bei großen Künstlern/Schauspielern normal ist. Man kann sicher ab einem gewissen Punkt nichts mehr trennen, und wer groß ist hat sowieso keine Zeit für anderes. Um zu überzeugen muss man anderes aufgeben und es bleibt nur noch ein Weg, keine Trennung der Privatperson vom Beruf.Diese Frau hat sich ihr ganzes Leben lang nur über ihren Beruf definiert, sie hat sonst nichts anderes. Leider hat sie es nie geschafft, Beziehungen zu anderen, nicht berechnenden, Menschen aufzubauen. Auch die Mutterrolle bringt ihr keine Erfüllung.