Das zwölfte Kapitel habe ich so nicht kommen sehen, aber es ist meines Erachtens ein grandioser Abschluss für den Roman. Eine Frau, die ein einschneidendes Ereignis brauchte (und viele kleine bis dahin), um endlich erwachsen zu werden und eigene Entscheidungen zu treffen.
Wenn 3/4 eines Romans so klasse waren, überkommt mich immer eine gewisse Angst, die Begeisterung könnte durch einen enttäuschenden Schluss noch gemindert werden.
Ja, das ist ein ganz großer Schluss, den ich sehr zu schätzen weiß. Es gibt tatsächlich so viele Roman, die leider so schlecht über die Ziellinie gebracht werden und da ist es eine absolute Wohltat, wen man dann einen lesen darf, der es nicht nur gut macht, sondern außergwöhnlich und wirklich grandios.
Insgesamt habe ich das Gefühl, eine Art Coming-of-Age-Roman mit einer Erwachsenen gelesen zu haben, bei der Entwicklung, die Rachel durchmacht. Das finde ich toll und weiß gar nicht, ob ich Ähnliches schon einmal gelesen habe.
Ja, absolut: eins sehr gelungenes, sehr spätes Coming-of-Age. Ich habe so etwas schon öfters gelesen, aber es ist hier einfach phänomenal umgesetzt - auch alle Elemente, die ein Coming-of-Age-Roman so braucht, werden umgesetzt. Wirklich exzellent.
Vermutlich war es auch seine Angst, sie könnte ihn in Manawaka festnageln, denn dass sie ihre Mutter und den Heimatort je verlassen würde, war für ihn nicht absehbar.
Für mich war es die ganze Zeit deutlich, dass er einfach nicht auf sie "stand", wie man heute sagen würde. Sie war ein netter Zeitvertreib mangels ansprechenderer Alternativen. Zu keinem Zeitpunkt habe ich da auch nur eine Hauch von Überlegen oder Abwägen bezüglich einer Zukunft gesehen.
Insofern bin ich mit Nick versöhnt, er hat ihr dazu verholfen, wenn auch ungewollt.
Auf jeden Fall. Nick ist der wesentliche Geburtshelfer für die neue Rachel - im Coming-of Age-Roman braucht es eine unglückliche, einseitige Liebe um reifen zu können..
Doch weglaufen ist noch nie eine Lösung gefinden. Insofern wäre es spannend, ihre Entwicklung nach diesem Umzug verfolgen zu können.
Das stimmt, aber im Coming-of-Age-Roman ist ein Ortswechsel notwendig - man muss eine Reise machen oder an einen neuen Ort gehen, um sich vollständig entwicklen zu können. Männliches Coming-of-Age endet meist am neuen Ort, weibliches kehrt oftmals zurück ins Heim an den Herd - daher sehr schön, dass hier eine Kombination erreicht wird. Ortswechsel, aber die Heimat wird in Form der Mutter mitgenommen. Dadurch, dass das Zeil auch die Heimat der Schwester ist, ist die "Ferne" auch nicht ganz so fremd.
Worauf bezieht sich ganz konkret die Laune Gottes?
Ich finde den Titel tatsächlich nicht so gut übersetzt. Das Original "A Jest of God" impliziert sehr stark einen Witz, etwas Amüsantes, etwas Spielerisches - das fehlt mir in der "Laune" - und da sehe ich dann auch viel deutlicher die Verbindung zu den letzten drei Sätzen. Ich verstehe sie so, wie
@GAIA und
@Christian1977 es weiter oben schon besprochen haben, aber zusätzlich auch so, dass es auf der Erde nur "unfreiwillige Clowns" und "Narren" gibt. Mitleid muss Gott mit Gott haben, weil ihm seine Schöpfung nicht besser gelungen ist (siehe all die Personen in Manawaka) und weil er den Menschen nach seinem Ebenbild schuf...
Ich finde es so offen tatsächlich besser.
Ich auch, weil die Offenheit sich auch unwahrscheinlich stark im letzten Kapitel widerspiegelt. Da ist so viel Freiheit und Leichtigkeit, da würde ein geschlossenes Ende gar nicht funktionieren.
So insgesamt bleibt mir nur: geniales Buch!