Ich schrieb es im letzten LA: Die Abwärtsspirale nimmt Fahrt auf, für mein Empfinden etwas zu schnell und - ja, auch zu unglaubwürdig. Was soll das hier sein? Eine Gesellschaftssatire?
Unrat verliert erwartungsgemäß seinen Job. Alle Männer, auch und gerade der höchsten Schichten, beneiden ihn um seine schillernde Frau, die durch die Heirat die Treppe hoch gefallen ist. Sie kann sich noch schönere Toiletten leisten, das Geld wird mit vollen Händen ausgegeben...
Irgendwann sind die 30.000 Mark (!) ausgegeben und man muss Schulden machen. Schließlich wird eine Art Spielcasino/Lusttempel in Unrats Villa eröffnet. Alle strömen herbei, fröhnen dem Glücksspiel und bringen sich hintereinander in Schande. Unrat feixt, gibt seiner Frau sogar konkrete Aufträge, wen sie als Nächstes "vernichten" soll...
Dabei wiegt die Freude am Unglück der anderen weit höher als sein eigener Liebeskummer. Erst bei Lohmann, seinem ärgsten Feind, sieht er rot...
Das Ganze ist mir dermaßen böse, dass es sich wie ein Märchen liest. Ich verstehe den tieferen Sinn: Der Lehrer war damals fast gottgleich zu verehren, hatte einen hohen formalen Status, dem Raat aufgrund seines revanchistischen und menschenfeindlichen Verhaltens in sozialer Hinsicht überhaupt nicht entspricht. Entsprechend wird er als "Unrat" und Schlimmeres bezeichnet. Der Professor ist von Anfang an ein Unsympath, der Buchtitel weist zudem die Richtung an, in die es geht: Untergang.
Dieser Untergang speist sich aus dem übertriebenen Schutz- und Fürsorgebedürfnis Unrats. Es ist gerade, als hätte jemand den Schalter bei ihm umgelegt. Zuvor war er ein völlig angepasster, verschobener und Untergebenen gegenüber bösartiger Beamter, dann wird er zum Stalker, zum von Leidenschaft getriebenen, lächerlichen Alten. Das Lachen bleibt mir komplett im Hals hängen, warum, kann ich gar nicht sagen. Es ist wohl zuviel des Guten. Manchen hasserfüllten Absatz habe ich zum Ende hin als Länge empfunden.
Die Künstlerin Fröhlich bleibt sich treu: Sie ist liebes- und vergnügungshungrig, bemüht sich einer gewissen Diskretion, genießt das Unrat´sche Geld und seinen Status. Ihr Kind spielt für sie keine Rolle. Sie äußert zwar mal, etwas für die Kleine zurücklegen zu wollen, damit sie es im Leben mal besser habe, tut es aber nie, immer kommt eine Vergnügung/Geldausgabe dazwischen. Geschickt übrigens, wie sie Unrat das Kind untergejubelt hat.
Jetzt lese ich mal noch das Nachwort.