4. Leseabschnitt: Kapitel "Das Flugzeug, der Traktor und das Warten" bis Ende

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Enttäuscht war ich von den Eigentümern, die diese Kündigung stillschweigend akzeptiert haben. Das war ein bisschen unglaubwürdig. Bis auf Read
Das hat mich auch enttäuscht. Paul hat sich über so viele Jahre fast schon aufgeopfert, hier kann man ja nicht mehr davon sprechen, dass er lediglich einen guten Job gemacht hat, und dann so etwas.
Unglaubwürdig empfand ich es persönlich nicht. Viele Menschen neigen ja dazu sich unterzuordnen, und Sedgwick gab den Ton eindeutig an.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Rückwirkend verstehe ich auch vielen kleinen Seitenschritte, vor allem bei denen es um technische Details ging.
Paul ist ein mann der Dinge, einer der was auseinander und wieder in Stand setzt. Es ist nicht meine Welt. Das ist Pauls Welt und das muss so sein. Ich kann doch nicht dem Buch anlasten, dass mich technische Dinge nicht interessieren.
Im Nachhinein sehe ich das auch so, aber im zweiten Abschnitt habe ich mich damit doch etwas schwer getan. Vielleicht müsste man dazu auch wirklich erst die ganze Geschichte um Paul kennen.....
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Das Buch hat mich am Ende sehr mitgenommen. Wie Paul den Tod seiner Frau beschreibt, seine Empfindungen, die Nähe des Hundes, die ihm Trost spenden kann, das ging wirklich nah.
Seine Wut auf Sedgwick ist nachvollziehbar, und die Genugtun als Gast im Pool zu schwimmen habe ich Paul total gegönnt.
Das er Patrick die Bücher ins Gefängnis geschickt hat, zeigt, dass doch noch viel des alten Paul in ihm steckt. Ich hoffe, dass er in Dänemark gut aufgenommen wird, und sicher gibt es auch dort eine Menge zu reparieren.
 

Sassenach123

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27. Dezember 2015
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Das Ende, das er dann nach Skagen wieder zurückgeht, fand ich eher unbefriedigend, den was verbindet ihn den mit diesem Ort? Er kennt doch nach so vielen Jahren hier niemanden mehr.
Vielleicht ist es gerade das? Ein Neuanfang? Und ein paar schöne Erinnerungen aus seiner Kindheit hat er an diesen Ort.
 

SuPro

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28. Oktober 2019
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Bei Dir hat der Roman genau die gleichen Emotionen ausgelöst wie bei mir. Paul ist eine Figur, die mir ans Herz gewachsen ist, mit dem ich gelitten, mich empört und geweint habe ( passiert mir sehr selten bei Büchern ). Aber als seine Frau abends nicht zurückgekehrt ist, habe ich gehofft und zugleich das Schlimmste befürchtet. Es war so ergreifend, wie Dubois das schildert, ohne jeglichen Kitsch, absolut nachvollziehbar.
Ich freue mich , dass Du das Verhalten immer auch aus Deiner Berufspraxis heraus analysierst. Hier hast Du bestätigt, was ich als echt empfunden habe, nämlich Pauls Ausraster. Und ich kann mir gut vorstellen, dass unter bestimmten Bedingungen auch der friedlichste Mensch Mordabsichten bekommen kann. Paul war da nicht mehr ganz bei Sinnen. Dazu passt auch, dass er danach keine Erinnerungen mehr daran hat.
Oh, Du sprichst mir aus dem Herzen!
 

SuPro

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28. Oktober 2019
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Bei seinem ersten Besuch in Skagen heißt es : „ Gleich bei meiner Ankunft,..., als ich von dem Wohlwollen einer Familie umfangen wurde, die so groß war wie eine kleine Armee, hatte ich das seltsame Gefühl, plötzlich unter den Meinen zu leben.“
... ja genau, und deshalb ist es meines Erachtens keine Illusion, die ihn nach Skagen treibt. Sondern eine Hoffnung, deren Erfüllung gar nicht so unwahrscheinlich ist.
 

ulrikerabe

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Bei Dir hat der Roman genau die gleichen Emotionen ausgelöst wie bei mir. Paul ist eine Figur, die mir ans Herz gewachsen ist, mit dem ich gelitten, mich empört und geweint habe ( passiert mir sehr selten bei Büchern ). Aber als seine Frau abends nicht zurückgekehrt ist, habe ich gehofft und zugleich das Schlimmste befürchtet. Es war so ergreifend, wie Dubois das schildert, ohne jeglichen Kitsch, absolut nachvollziehbar.
Mir ging es ähnlich (und ich weine sehr selten bei Büchern). Ich glaube, was es für mich besonders schwer gemacht hat war, dass wir als Leser ja schon die ganze Zeit wussten, dass Winona stirbt und damit mehr wussten als Paul.
 

Wandablue

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@Barbara62: was soll ich jetzt noch sagen. Du hast es sehr gut auf den Punkt gebracht.

Ich denke nicht, dass Paul passiv ist und sich anpasst.
Passiv im Sinne von wortkarg. Er hätte, wäre er der Typ gewesen, Edouard leicht in seine Schranken verweisen können. Aber er ist ein Mann der Tat (aktiv) und nicht ein Mann der Worte (passiv).


@RuLeka. Mit leichter Hand erzählt und letztlich eine tragische Geschichte: ich sehe da keine Diskrepanz zwischen dir und Barbara. Ihr kommt eben von den verschiedenen Enden des Buches her. Trefft euch aber doch in der Mitte.

Und warum akzeptieren wir, dass die Excel-Menschen immer mehr Macht bekommen und sich - wie im Fall Sedgwick - zu Despoten aufschwingen?
Die Mehrheit der Menschheit ist dumm, will nicht nachdenken und läßt sich gerne blenden (siehe Wahlverhalten, Afd, Republikaner in den USa - es gibt sicherlich noch mehr Beispiele).

Aufgestanden ist niemand, um dieser schreienden Ungerechtigkeit etwas entgegen zu setzen.
Aber ja: der Ich-Erzähler ist unzuverlässig und berichtet seine eigene

Don t know. man heult gerne mit den Wölfen.

Resultat: ich muss nachdenken. Das Buch hat schon Tiefe. Auch eine gewisse Emotionalität. Aber es hat mich emotional nicht so gepackt, ich war berührt, aber nicht weggerissen. Muss auch nicht immer.

Das Leben eines Handwerkers. Hm. Erinnert mich ein bisschen an Handketitel.

Diese vielen Ethnien fand ich ja nicht gut. Die waren zu sehr nebenbei. Na ja, ich brauche ja noch etwas, um es in die Rezension zu schreiben.
Das Buch ist jedenfalls nicht banal, das ist schon mal gut für ein Preisbuch.
 

Literaturhexle

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Resultat: ich muss nachdenken. Das Buch hat schon Tiefe. Auch eine gewisse Emotionalität. Aber es hat mich emotional nicht so gepackt, ich war berührt, aber nicht weggerissen. Muss auch nicht immer.
Nimm dir die Zeit! Ich habe auch gebrütet, nochmal quer gelesen (mit den Kommentaren der anderen im Hintergrund)... Dadurch bin ich dann zu einer richtig guten Bewertung gekommen.
Nein, es ist nicht trivial. Ich habe auch an keiner Stelle geheult. Aber es ist intelligent komponiert, erzählt eine tieftraurige Geschichte ohne Pathos und Jammerei. Im Nachhinein ergeben auch die von mir kritisierten Nebengeschichten, zumindest überwiegend, einen Sinn.
Erinnert mich an "Die Schauspielerin", die musste sich bei mir auch erst setzen ;)
 

Wandablue

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Nimm dir die Zeit! Ich habe auch gebrütet, nochmal quer gelesen (mit den Kommentaren der anderen im Hintergrund)... Dadurch bin ich dann zu einer richtig guten Bewertung gekommen.
Nein, es ist nicht trivial. Ich habe auch an keiner Stelle geheult. Aber es ist intelligent komponiert, erzählt eine tieftraurige Geschichte ohne Pathos und Jammerei. Im Nachhinein ergeben auch die von mir kritisierten Nebengeschichten, zumindest überwiegend, einen Sinn.
Erinnert mich an "Die Schauspielerin", die musste sich bei mir auch erst setzen ;)
Wir ticken da vllt ähnlich. Muss sich noch verifizieren.
 

Emswashed

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Als tieftraurig empfinde ich die Geschichte nicht. Ich sehe Paul als geduldigen "Schlucker", bei dem eines Tages das Fass einfach zum Überlaufen kommt. Ich weiß nicht, ob er wirklich mit der Solidarität der Hausbewohner gerechnet hat, vielleicht ist es auch die Erzählperspektive aus dem Nachhinein, die ihn alles so gelassen sehen lässt. Der Titel "Jeder von uns..." beschreibt treffend den Aufbau des Buches, der zwar ein Ereignis, Pauls Inhaftierung, als Mittelpunkt wählt, aber die Protagonisten drumherum fast gleichgewichtig behandelt.

Eine sehr schöne Komposition, die viele Gemüter befriedigen sollte.
 

parden

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Es ist schon verrückt, wie es mir mit diesem Roman erging. Am Anfang gab es bei aller Begeisterung über den eigenwilligen Schreibstil doch auch häufig Passagen, die ich als überflüssig empfand, und auch die Rückblenden in die Vergangenheit wusste ich nicht so recht einzuordnen. In der zweiten Hälfte des Romans drehte sich das Blatt, und die Erzählung ließ mich nicht mehr los. Ich gehöre zu denjenigen, die die Erzählung und der tragische Hauptcharakter wirklich berührt hat. Bei aller Distanziertheit der Charaktere wurden hier die Emotionen so klar transportiert.

Dubois gelingt es, über das kleine Universum des Hausmeisters Paul darzulegen, wie sich die (westliche) Welt heute präsentiert. Die Werte haben sich verschoben, Kosten-Nutzen-Überlegungen zählen weitaus mehr als das einzelne Schicksal, die Excel-Typen und Betriebswirte entscheiden über Dinge, die eigentlich nicht messbar sind. Werte wie Mitmenschlichkeit, Hilfsbereitschaft, Zugewandtheit werden an die Wand gedrückt, die Prämisse Zeit ist Geld steht über allem, für jede Sekunde muss Rechenschaft abgelegt werden. Wenn man darüber nachdenkt, bekommt man gleich wieder das K...zen, aber wer steht denn wirklich dagegen auf? Nehmen wir die Veränderungen z.B. im sozialen Bereich (immer mehr Vorschriften, Bürokratismus und Dokumentationszwang zu jeder Kleinigkeit) nicht auch hin, wenn auch zähneknirschend? Geht es uns nicht ähnlich wie Paul, dass wir vor der Entscheidung stehen: wir ertragen es irgendwie, weil wir Geld verdienen müssen - oder wir suchen den Neuanfang?

Für mich ein grandioser Roman, der viele Saiten in mir zum Klingen gebracht hat, wie @ulrikerabe schon schrieb. Und diese Gleichzeitigkeit von einem im Grunde nüchternen, wenn auch geschliffenen Schreibstil und den so klaren, deutlichen Emotionen, die den Leser in manchen Zeilen geradezu anspringen, fand ich einfach großartig. Für mich in jedem Fall ein Highlight...
 

Literaturhexle

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Die Parallele verstehe ich überhaupt nicht. Zum Glück hatte ich diese Assoziation nicht... Dieser Roman hier hat mir ganz im Gegensatz zur Schauspielerin richtig gut gefallen...
Für mich persönlich gab es Parallelen, weil sich beide Romane bei mir erst setzen mussten. In der Rückschau hat sich mir manches erschlossen, was mir beim Lesen nicht so aufgefallen war. Dieses Setzenlassen hat beiden Büchers den 5ten Stern beschert. Inhaltlich wollte ich die Bücher keineswegs nebeneinander stellen.
Auch bei dir sehe ich bei Dubois diese Entwicklung: Anfangs hatten dich manche Nebengeschichten auch nicht so gepackt, am Ende versteht man sie (auch dank unserer Diskussion) besser.
 
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Anjuta

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Im letzten LA erleben wir Paul in seinem neuen Leben in Montreal als Faktotum in einem großen Haus. es ist ein glücklicher Lebensabschnitt für ihn, vor allem, weil er seine Frau trifft und mit ihr und dem Hund ein gutes Team bilden kann. Und die Arbeit ist für ihn weitestgehend befriedigend und interessant. Vor allem, weil er seine Funktion auf seine Art und Weise interpretiert und neben dem technischen Teil der Arbeit auch eine soziale Komponente einbaut.
Diese glückliche Zeit endet einerseits mit dem Tod seiner Frau und andererseits dadurch, dass er immer mehr von seinem Chef gemobbt wird.
Und dieses Mobbing führt letztlich zu dem Verbrechen, das Paul dann ins Gefängnis bringt. Für mich war das eine etwas enttäuschende Auflösung der Frage, die mich über den gesamten Roman bewegt hat.
Das wäre dieser Typ nicht wert gewesen und ich hätte mir deshalb gewünscht, dass Paul dieses ungehörige Verhalten seines Chefs anders verarbeiten kann als durch Gewalt. Da hätte ich Paul als souveränere Persönlichkeit eingeschätzt, die sich eine Alternative sucht und findet.
Deshalb muss ich Euch leider sagen: Diese Auflösung war für mich eine Enttäuschung und gibt dem Roman für mich einen faden Beigeschmack.:(
 
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RuLeka

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30. Januar 2018
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Das wäre dieser Typ nicht wert gewesen und ich hätte mir deshalb gewünscht, dass Paul dieses ungehörige Verhalten seines Chefs anders verarbeiten kann als durch Gewalt. Da hätte ich Paul als souveränere Persönlichkeit eingeschätzt, die sich eine Alternative sucht und findet.
Deshalb muss ich Euch leider sagen: Diese Auflösung war für mich eine Enttäuschung und gibt dem Roman für mich einen faden Beigeschmack.:(
Das mag schon sein, dass ein anderes Umgehen mit diesem idiotischen Vorgesetzten wünschenswert gewesen wäre. Allerdings funktioniert dann die gesamte Konstruktion des Romans nicht mehr. Die Frage war doch, weshalb landet ein friedlicher und hilfsbereiter Mensch im Gefängnis.
 

Anjuta

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8. Januar 2016
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Das mag schon sein, dass ein anderes Umgehen mit diesem idiotischen Vorgesetzten wünschenswert gewesen wäre. Allerdings funktioniert dann die gesamte Konstruktion des Romans nicht mehr.
Ja, aber mein Schluss ist dann anders: Für mich funktioniert deshalb der Roman eben nicht. Bei dem geht es doch um die Frage, wie kann ein solch menschlicher Mann zum Verbrecher werden. Und die gelieferte Antwort ist für mich eben nicht überzeugend!
 
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Mikka Liest

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14. Februar 2015
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Hilter am Teutoburger Wald
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@Barbara62

Ja, ich dachte mir auch schon, dass Paul Sedgwick angreifen würde. Ich hatte allerdings befürchtet, dass Sedgwich den Tod von Nouk verursachen und Paul in deswegen angreifen würde.⠀

Read ist ein wunderbarer Charakter, so einen Freund will doch jeder in seinem Leben haben!⠀

Für mich ist das Buch tatsächlich ein 5-Sterne-Buch, sowohl inhaltlich als auch stylistisch fand ich es einfach großartig. Für mich hat es echten Tiefgang, auf einzigartige Weise verpackt.⠀

@RuLeka

Sedgwick hat ja schon lange auf eine Chance gelauert, Paul abzusägen, da war ihm jede Nichtigkeit recht... Enttäuschend ist für mich die Reaktion der Bewohner, für die Paul sich so lange abgerackert hat.⠀

@Barbara62

Ja, ich denke auch, Paul ist einfach keine Kämpfernatur, und daher hat er kaum eine Chance gegen dieses selbstherrliche Ekel... Es ist alles doppelt traurig, weil Paul in diesem Haus ja eigentlich mal eine Heimat und einen Lebensinhalt gefunden hatte.⠀

@RuLeka

Das kann ich nur unterschreiben!⠀

@Literaturhexle

Ich fand es sehr armselig von den Eigentümern, aber leider nicht unglaubwürdig... Ich denke, viele haben einfach geschwiegen, weil das einfacher ist, obwohl sie es vielleicht nicht wirklich gut fanden.⠀

@ulrikerabe

Auf den letzten Seiten war ich auch richtig aufgewühlt. Und ich habe mich die ganze Zeit schon vor dem Moment gefürchtet, an dem wir erfahren, wie Nouk gestorben ist... Wenigstens war sie nicht alleine, als sie starb, aber es ist unglaublich traurig, dass IHR Mensch nicht da sein konnte.⠀