4. Leseabschnitt: Kapitel 7 und 8 (Seite 340 bis 455)

Wandablue

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18. September 2019
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Brandenburg
Die Hochzeitsfantasien sind ebenso schizophren.
Ach ... mir hätte der Roman wesentlich besser gefallen, wenn diese Ehe zustande gekommen wäre ... die beiden hätten eine krasse Karriere gemacht, weltberühmt, Roland hätte mit diversen Groupies was gehabt, Miriam flippt aus, wird handgreiflich, sie versöhnen sich, werden immer besser, dann kann Miriam nicht mehr mithalten und eine Katastrophe spielt sich ab, keine Ahnung welche, aber das kann sich Ian ja ausdenken.
Aber so, nee, bei aller Liebe, der vorletzte Abschnitt ist gut, aber sonst ist das Buch nicht mehr als nett. Wenn überhaupt. Und viel zu lang. Ich freue mich auf die Rezension.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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Ach ... mir hätte der Roman wesentlich besser gefallen, wenn diese Ehe zustande gekommen wäre ... die beiden hätten eine krasse Karriere gemacht, weltberühmt, Roland hätte mit diversen Groupies was gehabt, Miriam flippt aus, wird handgreiflich, sie versöhnen sich, werden immer besser, dann kann Miriam nicht mehr mithalten und eine Katastrophe spielt sich ab, keine Ahnung welche, aber das kann sich Ian ja ausdenken.
„Wandas Buch der alternativen Romanenden“ - das wär bestimmt ein Renner.
 

Barbara62

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19. März 2020
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Baden-Württemberg
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Ach ... mir hätte der Roman wesentlich besser gefallen, wenn diese Ehe zustande gekommen wäre ... die beiden hätten eine krasse Karriere gemacht, weltberühmt, Roland hätte mit diversen Groupies was gehabt, Miriam flippt aus, wird handgreiflich, sie versöhnen sich, werden immer besser, dann kann Miriam nicht mehr mithalten und eine Katastrophe spielt sich ab, keine Ahnung welche, aber das kann sich Ian ja ausdenken.

Kann ich mich für ein Leseexemplar anmelden?
 

luisa_loves-literature

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9. Januar 2022
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Ich habe gar nicht mehr viel hinzuzufügen. Was meinen Leseeindruck anbelangt, stehe ich irgendwo zwischen @Wandablue und @Lesehorizont. Ich lese den Roman ganz gern, er ist ja recht süffig und einigermaßen flüssig und natürlich einwandfrei geschrieben, aber so langsam habe ich überspitzt gesagt von Rolands "Hamlet"mäßiger Unentschlossenheit die Nase voll. Die ganze Zeit möchte ich ihm zurufen: nun tu doch mal etwas - und dann macht er wieder: nichts. Die einzige wirklich aktive Tat in diesem Abschnitt ist doch die Flucht vor Miriam, allerdings passiert diese auch erst nachdem die ihn zum Handeln zwingt. Insofern bin ich absolut eurer Meinung, was das ausschließlich auf Reaktionen beruhende Handeln anbelangt (aber vielleicht sind die meisten Leben so, ich brauche nur nicht 700 Seiten um das vor Augen geführt zu bekommen.)

Durch diese Umdrehung bekommt beides ein anderes Gewicht.
Der "Clou" ist für mich auch tatsächlich das umgedrehte Geschlechterbild: Roland, das passive Heimchen am Herd (er kocht ja leidenschaftlich seine Lammkoteletts), der sich der Kindererziehung widmet und die erfolgreiche Autorin Alissa, die in der Öffentlichkeit steht. Allerdings ist der Clou insofern eingeschränkt, als das ja nun auch kein besonders neues Thema ist und seit dem 19. Jahrhundert schon öfter mal aufgegriffen und durchgefochten wurde (meist natürlich mit dem Fokus auf der aktiven Frau). Erstaunlich ist höchstens wie wohlwollend und geduldig sich Roland in diese "weibliche" Rolle fallen lässt (in der Literatur des Ersten Weltkriegs erleiden die Männer durch ihre Passivität bleibende psychische Schäden, aber da Roland durch Miriam ja schon früh zur Untätigkeit erzogen wurde, wird er wohl weiterhin damit klar kommen).

Ansonsten steht der LA ja völlig im Zeichen der Frauen und Rolands Unfähigkeit eine Position auf Augenhöhe in seinem Bezug auf Frauen einzunehmen: Alissa übertrumpft ihn, lässt ihn sitzen. Das nimmt er dann mal so hin. Die Italienerin lässt ihn nach einem (wie er findet) tollen Wochenende sitzen, das nimmt er so hin. Seine Mutter hat ihm sein ganzes Leben ein "Märchen" erzählt, jetzt möchte und kann er sie nicht mehr darauf festnageln und vorher hat er es nicht wirklich hinterfragt. Susan bestimmt, wie es alles so läuft. Daphne entscheidet sich gegen ihn, okay, dann ist das so. Miriam dominiert, benutzt und missbraucht ihn, auch das nimmt er so hin. Jane verweigert den Kontakt, dann ist das so.

Neben der Tatsache, dass Roland anscheinend über einen wenig ausgeprägten Kampfgeist und ein hohes Maß an Akzeptanz verfügt, könnte ich aber auch fast den Eindruck bekommen, dass der Roman leichte misogyne Tendenzen aufweist - denn positive Frauenfiguren sind hier doch sehr rar gesät. Sind es nicht die Männer, die hier durchweg verlässlicher sind? Die Lehrer, die sich um ihn kümmern, der Freund Oliver, der ihm einen Job verschaffte, sein Vater, zu dem er zwar kein gutes, aber in der Rückschau auch kein wirklich schlechtes Verhältnis hatte? Allerdings nehmen die Männer (bis auf Lawrence) insgesamt ja nur eine marginale Rolle in Rolands Leben ein, Frauen scheinen ihn zu prägen.
 

RuLeka

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30. Januar 2018
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dass der Roman leichte misogyne Tendenzen aufweist - denn positive Frauenfiguren sind hier doch sehr rar gesät.
Herausragende „Heldenfiguren“ sucht man im ganzen Roman vergebens, unabhängig vom Geschlecht. Vater und Mutter sind Roland keine wahre Hilfe. Der Vater drängt auf das Internat, die Mutter wehrt sich nicht. Beide sind in ihren eigenen Problemen gefangen.
Daphne erweist sich später als die einzig zuverlässige Frau, während ihr Mann Peter ein ausgewiesener Idiot ist.
Und Roland ist für viele Leser hier anscheinend ein Waschlappen ( für mich nicht), aber auch hier stimmt McEwan kein Hohelied auf die Männerwelt an.
Ich denke, der Autor beschreibt Menschen mit ihren Fehlern und Unzulänglichkeiten, ohne hier ein spezielles Geschlecht an den Pranger zu stellen.
kein besonders neues Thema ist und seit dem 19. Jahrhundert schon öfter mal aufgegriffen und durchgefochten wurde
Missbrauch Minderjähriger war in der Literatur des 19. Jahrhunderts kein Thema, höchstens sehr unterschwellig und ohne das besonders schlecht zu bewerten. Auf jeden Fall geht man auch heute noch von missbrauchenden Männern aus und ist höchst erstaunt, wenn Frauen daran beteiligt sind
Frauen scheinen ihn zu prägen
Das stimmt!
 

Literaturhexle

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2. April 2017
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Ich denke, der Autor beschreibt Menschen mit ihren Fehlern und Unzulänglichkeiten, ohne hier ein spezielles Geschlecht an den Pranger zu stellen.
Das sehe ich ebenso, Misogynie sehe ich überhaupt nicht - wenn man davon absieht, dass die Täterin Miriam eine Frau ist. Solch ein Fall dürfte eher ungewöhnlich sein und darf nicht davon ablenken, dass die meisten Täter männlichen Geschlechts sind. Außerdem hat Roland in gewisser Weise "mitwirken" müssen.

Wenn ich mir RuLekas Aufzählung so anschaue, scheint McEwan seine Sympathien ziemlich paritätisch an Männlein und Weiblein verteilt zu haben;)
 

luisa_loves-literature

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Missbrauch Minderjähriger war in der Literatur des 19. Jahrhunderts kein Thema, höchstens sehr unterschwellig und ohne das besonders schlecht zu bewerten. Auf jeden Fall geht man auch heute noch von missbrauchenden Männern aus und ist höchst erstaunt, wenn Frauen daran beteiligt sind
Ich stelle gerade fest, dass ich, glaube ich :grinning, das zu schwammig ausgedrückt hatte - sorry. Ich meinte das nicht auf den Missbrauch bezogen, sondern lediglich auf den Rollentausch zwischen aktivem Mann und passiver Frau. Mir vernebelt leider Corona gerade die Sinne, das Lesen, Denken und Schreiben ist doch extrem mühsam...:(
 

parden

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13. April 2014
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Ihr habt schon so viel zu dem Abschnitt geschrieben, da lässt sich kaum noch etwas ergänzen. Diesen Abschnitt habe ich irgendwie nicht so ungern gelesen wie den davor, vielleicht weil nun nicht wieder Lebensläufe von verschiedenen Charakteren dazwischen geschoben und Themen, die McEwan hier und aufgreift, meist nicht so breit ausgewältz wurden? Ich kann es gar nicht genau sagen. Aber der Roman reißt mich nach wie vor nicht vom Hocker. Ich bin neugierig, ob Lawrence seiner Mutter schlussendlich doch noch begegnen wird - und was sich daraus entwickelt.